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Ausgabe:

1895

Spalte:

447-448

Autor/Hrsg.:

Adamnani vita S. Columbae, edited from Dr. Reeves’s text with an introduction on early Irish church history

Titel/Untertitel:

notes and a glossary by J. T. Fowler 1895

Rezensent:

Loofs, Friedrich

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447

448

die zumeift nachgedruckte dritte des Baluze (1684), fondern
die editio princeps des Sichardus (1528). Allein das
vollftändige Verzeichnifs der Varianten der Ausgaben des
Pithoeus (1586) und der drei ed. Baluzianae fowie der aus
letzteren erkennbaren Hff. zeigt, mit welcher Sorgfalt
Jülicher jene erfte Ausgabe controlirt hat, und fein Text
felbft, mit welchem Gefchick er fie corrigirt hat. Auch
die von Jülicher S. 26, 20 (cap. XVII al. 23) zuerft vorgenommene
Conjectur (non solum perlegi ftatt: non solum
perlegisse oder non solum non perlegi) fcheint mir
nach 13, 23—25 (cap. IX al. 14 fin.) unbedingter Billigung
werth. S. 9 Z. 1 hätte ich über sola . . . causa gern
Quantitätszeichen gefehen; die Kemptener Bibliothek hat
mit dem Satze nichts Rechtes anzufangen gewufst, fie
überfetzt, als läfe fie solam . . . causam; m. E. ift sola ...
causa nach Satzbau wie Sinn das Richtige. Für die Vor-
trefflichkeit der indices bürgt die Akribie, die Jülicher oft
als Kritiker derartiger Arbeiten bethätigt hat. Die Einleitung
ift knapp, forgfältig und inhaltsreich, — in ihrer
Art mufterhaft. Ich weifs an ihr nichts zu kritifiren;
höchftens den Satz (p. VII), der Excurs 9,7—10,8 (c. VI
fin., al. 11) fuche die fpäteren Wiedertäufer von den alten
zu fcheiden. Denn mir fcheint der Zweck des Excurfes
der zu fein, die ,hamitifche' Sünde derer, welche der
Väter Irrthümer ans Licht ziehen, dadurch als befonders
verwerflich hinzuftellen, dafs das umgekehrte Verfahren
als das von Gott geübte nachgewiefen wird (vgl. c. VII
mit.).

Halle a/S. Loofs.

Adamnani vita S. Columbae, edited from Dr. Reeves's text
with an introduction on early Irish church history,
notes and a glossary by Lecturer J. T. Fowler, M. A.,
D. C. L. Oxford, Clarendon Press, 1894. (XCIV, J
201 S. 8.) Geb. 8 s. 6 d.

Zwar ift's gewifs nicht richtig, was der Herausgeber
diefer vita Columbae in Uebereinftimmung mit vielen
englifchen und irifchen Urtheilen zu Beginn feines Vorworts
fagt: dafs Adamnan's hundert Jahre nach dem Tode
ihres Helden gefchriebene vita S. Columbae (Hiiensis,
-j- fpäteftens 597) würdig fei, mit Jonas' vita Columbae
Luxoviensis, Beda's vita Cudberthi und Eddius' vita Wil-
fridi zu rangiren — alle drei genannten vitae flehen m.
E. viel höher —; dennoch bietet die vita Columbae trotz
ihres geringen biographifchen Werthes in ihrem drei-
theiligen Wunderkatalog des gefchichtlich Intereffanten
foviel, dafs die Veranftaltung einer relativ billigen Ausgabe
begreiflich und dankenswerth ift. Denn unter den
zehn älteren Drucken, welche diefe neue Ausgabe (p. IX)
aufführt, find nicht nur diejenigen der älteren Sammelwerke
für weite Kreife fchwer zugänglich; auch die Ausgabe
, die alle andern antiquirt hat, die Ausgabe von
W. Reeves, ift kaum leichter erreichbar: fie ift zunächft
(1857) nur für die die Mitglieder der Irish Archaeological
and Celtic Society gedruckt, dann (1874) in dem Sammelwerk
,The Historians of Scotland' (vol. VI), das auch nur
in gröfseren Bibliotheken vorhanden ift. Und man darf
fagen, dafs diefe neue ,Studentenausgabe' in ihrer Art
mufterhaft ift. Der Text ift der von Reeves, der text-
kritifche Apparat ein Auszug aus dem feinigen; aber der
Neudruck ift peinlichft fauber und forgfältig. Die erklärenden
Anmerkungen ruhen vielfach gleichfalls auf der
Arbeit von Reeves-, aber ihre Auswahl und ihr Mafs ift
einwandfrei, ihr Inhalt dem Bedürfnifse der Lefer ange-
meffen und hinfichtlich aller localgefchichtlichen Fragen
und der Interpretationsfchwierigkeiten ergiebig. Auch
das Regifter ift mufterhaft. Das Gloffar (S. 167—173) ift
recht knapp; doch genügt es, um den Lefern einen Einblick
in die Keltizismen des Adamnanus zu geben; welches
Mafs von Vollftändigkeit ihm in diefer Hinficht zukommt
, entzieht fich meiner Beurtheilung. Nicht recht

I befriedigt bin ich nur von der Einleitung, welche auf
70 Seiten einen Ueberblick über die irifche Kirchenge-
fchichte bis auf Adamnan zu geben verfucht. Zu gelehrter
Erörterung der mancherlei auf diefem Gebiete
ftrittigen Fragen ift fie zu kurz, für den Zweck einer vorläufigen
Orientirung zu lang. Ueberdies hält fie fich nicht
ftreng genug an das gefchichtlich Sichere; der Zauber der
die Lücken der Gefchichte füllenden irifchen Traditionen,
der auch Reeves und Skene m. E. mehr, als gut ift, be-
ftrickt hat, hat auch hier feine Kraft nicht verleugnet.
Eine fachliche Discuffion ift hier unmöglich, und ich fehe
j gern von ihr ab, weil die Fragen der irifchen Kirchen-
gefchichte mir jetzt fremder find, als vor 13 Jahren. Nur
das bemerke ich, dafs ich meine Palladius-Patrick-Hypo-
thefe, die auch in diefer Einleitung regiftrirt ift, jetzt nicht
mehr fo zuverfichtlich zu verfechten wagen würde, obgleich
ich nicht glaube, dafs fie inzwifchen als unhaltbar
erwiefen ift. — Wo die Einleitung über den Rahmen der
irifchen Kirchengefchichte hinausgreift, fcheint ihr Herr
Verf. über die vortreffliche Sachkenntnifs nicht zu verfügen
, die er dort verräth. Was p. XXXVII über die Anfänge
des Mönchthums gefagt ift, fteht nicht auf der Höhe,
und eine dogmengefchichtliche Würdigung des Stoffes
hat offenbar nicht in des Verfaffers Abficht gelegen. Was
in diefer Hinficht about the religion of St. Columba and
of the Scotic church in his time gefagt wird (p. LXXVI),
hat mich fast komifch berührt. Es heifst: it was ccr-
tainly neither ,Roman' nor ^Protestant' in the ordinary
sense of those terms; the modern System that comes nea-
rest to it is that of the Churches of the Anglican Com-
munion as understood by the school which has ariscn out
of the Tractarian movement.

Halle a/S. Loofs.

Krumbacher, Karl, Michael Glykas. Eine Skizze feiner
Biographie und feiner litterarifchen Thätigkeit, nebft

einem unedirten Gedichte und Briefe desfelben. [Aus:
,Sitzungsber. d. k. b. Akad. d. Wiff.'J München, [Franz'
Verl.], 1895. (70 S. gr. 8.) M. 1. 60

Während die Byzantiner, Theologen wie Profan-
fchriftfteller, noch allgemein unter dem Verdict der
tödtenden Langweiligkeit flehen, beginnen die Münchener
Byzantiniften, vor allen Krumbacher über die viel Ge-
fchmähten die Sonne gerechterer Beurtheilung aufgehen
zu laffen. Schriftfteller, von denen bisher nicht viel
mehr als der Name bekannt war, erhalten Fleifch und
Bein. Sie treten aus dem Dunkel hervor, zwar nicht
alles Menfchen, die uns fympathifch wären, — doch wo
fänden fich nur folche, zumal wenn fie mit der Genauigkeit
eines Taine geprüft werden, deffen Darftellungs-
weife Krumbacher als Mufter aufftellt —, aber auch
folche fehlen nicht, denen wir unfere Achtung nicht
verfagen können.

Zu den letzteren gehört Michael Glykas. Die äufseren
Umriffe feines Lebens find folgende. Geboren im erften
Drittel des zwölften Jahrhunderts, wurde Michael in Folge
eines politifchen Vergehens 1156 eingekerkert und trotz
einer fchriftlichen Bitte an den Kaifer, alfo an Manuel
Komnenos, von diefem leicht geblendet. In feiner Noth
wendet er fich 1161 noch einmal an feinen Richter und
zwar mit feiner Sprüchwörterfammlung, die in eine Bitte
eingekleidet ift, aber wiederum ohne Erfolg. Im fiebenten
Jahrzehnt fchreibt er dann feine Chronik und zwar an
feinen Sohn. In den letzten Jahren des Jahrhunderts
fcheint er aber eine bedeutende Stellung als praktifcher
Theolog und Seelforger eingenommen zu haben, denn
in etwa 90 uns erhaltenen Briefen ertheilt er Antwort
auf theologifche und praktifche Gewiffensangelegenheiten.
Glykas gehört zu den unpopulären Menfchen feiner Zeit.
Seine volksthümliche Richtung ftand im Gegenfatz zu
dem antikifirenden Geifte der Komnenen und ihres Zeit-