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Ausgabe:

1895

Spalte:

433-436

Autor/Hrsg.:

Schaefer, Aloys

Titel/Untertitel:

Die Bücher des Neuen Testamentes, erklärt von A. S. 5. Bd.: Der Hebräerbrief 1895

Rezensent:

Weiffenbach, Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung.

Herauso-ecreben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. SchÜrer, Prof. zu Göttino-en.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

N°- 17. *7- Auguft 1895. 20. Jahrgang.

Schaefer, Die Bücher des Neuen Teftamentes
erklärt, V. Bd. Der Hebräerbrief (Weiffen-
bach).

Rauch, Die Offenbarung des Johannes (Bouffet).
Witz, Keine Lücke im Leben Jefu (Lobftein).
Men<5go-z, Der biblifche Wunderbegriff, deutfch

hrsg. von Baur (Lobflein).
Goltz, Frhr. v. der, Ignatius von Antiochien

als Chrift und Theologe. — Kloftermann,

Griechifche Excerpte aus Homilien des Ori-
genes [Texte und Unterfuchungen von Gebhardt
u. Harnack XII, 3] (Krüger).

Flemming, Zur Beurtheilung des Chriftentums
Juflins des Märtyrers (Bouffet).

Sammlung ausgewählter kirchen- und dogmen-
gefchichtlicher Quellenfchriften, 10. Hft. Vin-
cenz von Lerinum Commonitorium hrsg.
von Jülicher (Loofs).

Adamnani Vita S. Columbae, edited with an
Introduction on early Irish Church History by
Fowler (Loofs).

Krumbacher, Michael Glykas (Ph. Meyer).

4vd?.exza ^IeQoaoi.viiizixijc Szayvoloyiag i)
ovXXoyij avcxihhatv xal anctvitov e).Xt]vix<5v
avyyQa<pwv, ixdid. vno IlaTtaSonov'/.ov-
KsQafiiwg, T.II (Ph. Meyer).

Kol de, Andreas Althamer (Boflert).

Schaefer Prof. Dr. Aloys, Die Bücher des Neuen Testa- nicht aus den hiftorifchen Zeugnifsen allein

fchöpfen kann, fondern fich auf eine äufsere beglaubigte

und beglaubigende Autorität ftützen mufs,---■ (die)

Geltung der fie verbürgenden Kirche' (p. 10)!

Auch bezüglich der Beftimmung der Adreffe des
Br. ifi Sch. rein traditionell gerichtet, indem er die Lefer
der Methode und der Schreibart ArSchaefer's find fo [ desfelben in Paläflina, bzw. in Jerufalem, wo die Juden-
ftark ausgeprägt, dafs durch unfere frühere Recenfion chriften (Hebräer) in gefchloffenem Verbände zufammen-
des Sch.'fchen Commentars zum Römerbrief (vgl. Theol. wohnten, fucht und dorthin das Schreiben zwifchen 63
Lit.-Z., 1893, Nr. 14, Sp. 349—352) der zum Hebräer- und 67 p. Chr. (,vor der Zeit der neronifchen Chriften-

mentes. erklärt von A. S. V. Bd. Der Hebräerbrief.
Münfter i W., Afchendorff, 1893. ( VIII, 343 S. gr. "

M. 5.

DieEigenthümlichkeiten des exegetifchen Verfahrens,

briefe bis zu einem gewiffen Grade, mutatis mutandis,
fchon mitbefprochen ift, wir uns alfo kurz halten dürfen.

Der Herr Verf. fagt mit Recht, dafs ,für die Kennt-
nifs der Gefchichte der neuteftamentlichen Offenbarung
dem Hebräerbriefe eine entfcheidende Stellung zukommt'
(p. VII). Um fo mehr intereffirt es uns, zu erfahren, wie
Sch. fich zu den Hauptproblemen desfelben, der Frage
nach dem Verfaffer und der anderen nach der Adreffe
des Hebr.-Br., geftellt, und ob er durch feine Auslegung
wirklich, wie er offenbar glaubt, die Kenntnifs der
neuteft. Offenbarungsgefchichte gefördert habe.

Als guter Katholik wandelt hier Sch. vollftändig auf
den durch das Tridcntinum noch vertieften Spuren des
Origenes, wonach unfer Brief .paulinifch' ift, allerdings
fo, dafs nur die Gedanken desfelben von Paulus find,
während ,ein Anderer, etwa ein Schüler Pauli, den Gedanken
des Apoflels das äufsere Gewand in Ausdruck
und Aufbau gegeben habe' (p. 12Y, Eine fichere
Entfcheidung indeffen darüber, wer der .Formgeber' ge-
wefen fei, will Sch. nicht fällen. Ref. bezweifelt, dafs
durch diefe traditioneller Gebundenheit entflammende
Stellungnahme, die in der Gegenwart kaum noch einen
namhaften Vertreter aufzuwehen hat, das Verftändnifs
unferes Br. möglich, gefchweige gefördert werde. Diefe
Hypothefe einer Theilung des Brief-Inhaltes zwifchen
paulin. Gedankeninhalt und der .Formgebung' durch
einen Anderen hat fchon an fich etwas Abenteuerliches,
ift uncontrolirbar und unvollziehbar. Aber auch abge-
fehen hiervon, fpricht Nichts im Br. für Paulus, und
votiren alle Brief-Inftanzen — allen Entkräftungsver-
fuchen Sch.'s, z. B. zu 2, 3 (p. 65 f.) u. ö., zum Trotz —
gegen eine directeoder indirecte Autorfchaft des Apoftels.
Diefe Gegengründe im Einzelnen anzudeuten, hiefse Eulen
nach Athen tragen und Sachkundige beleidigen und bleibe
darum dem Ref. erfpart. Es darf dies um fo mehr
gefchehen, als Sch. dadurch, dafs er uns das füfse
Geheimnifs der Geburt feiner Hypothefe naiv genug
verräth, derfelben den letzten Anfpruch darauf, ,akatho-
lifchen' Schriftforfchern zu imponiren, raubt. Der Verf.
meint, dafs ,die Ueberzeugung von einem kanonifchen
und infpirirten Charakter des Br. ihre volle Gewifsheit

Verfolgung und in der Zeit feit Befreiung des Paulus
aus der erften Gefangenfchaft in Rom') aus Italien
(13, 3 u. 24b) gerichtet fein läfst (p. 21). Sein Zweck fei,
vor der Gefahr einer Rückkehr zum Judenthum zu warnen
und zur Ausdauer im Feilhalten am Neuen Bund zu
ermahnen (p. 17. 19. 21).

Von diefen Argumenten hat zwar die Phantafie über
die doppelte röm. Gefangenfchaft Pauli fowie das über
Rom als Abfaffungs-Ort Gefagte, da ein in Italien (Rom)
fchreibender Autor nicht ctamiC. 01 ctnü 'itaUag, fondern
nur ot iv 'Icalia fagen konnte, gar keine Beweiskraft.
Im Uebrigen aber ift der jede heidenchriftliche
Adr eff e (vgl. Holtzmann, Einl.3, p. 305) aus fch 1 iefsende
Hinweis auf die Nothwendigkeit, als das Publicum des
Hebr.-Br. eine in gefchloffenem Verbände lebende
Gemeinfchaft von Judenchriften zu ftatuiren, für Ref.
immer noch ftichhaltig. Diefer Umftand fowie die ganz
alexandrinifch-helleniftifche Bildung und Argumentationsweife
des Brieffchreibers, die, wenn fie nicht über
die Köpfe wegreden foll, gleichgerichtete Lefer vorausfetzt
, fowie endlich der gänzliche Mangel einer Nennung
Rom's, als Ortes der Adreffe, in der abendländifch-
kirchlichen Tradition machen es Ref. unmöglich, fich
den Vertheidigern der gegenwärtig fo beliebten r'ömi-
fchen Adreffe beizugefellen. Für ihn kann, wenn der
in der Hebräerbrief-Kritik immer noch thronenden Sphinx
eine pofitive Antwort gegeben werden mufs, aus den
oben angedeuteten Gründen felbft nicht einmal Jerufalem
(Schaefer), fondern nur Alexandria als Ort der Adreffe
in Betracht kommen.

Die Exegefe Sch.'s zum Hebräerbrief ift, ganz wie
die des Römerbriefes, im Allgemeinen gründlich, forgfältig
und befonnen und — dem exeget. Ideal, .Darlegung des
Inhaltes und der Entwicklung der Gedankenfolge' (p. Villi
zu fein, entfprechend — von dem fichtlichen Beftreben, dem
eigentlichen Sinne des Textes auf die Spur zu kommen,
geleitet. So wird z. B. zu 2, 16 {autQiiatng l^ao/t em-
laiiß') treffend bemerkt, dafs die Wahl des im Context
auffälligen Ausdrucks fich aus der thatfächlichen Qualität
der Lefer als Abrahams-Kinder nach dem
Fleifch erkläre (p. 92 f.) In 3, 2 wird das ,%Cu non'r

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