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Ausgabe:

1895

Spalte:

409-410

Autor/Hrsg.:

Morgenstern, A.

Titel/Untertitel:

Die Scholien des Gregorius Abulfarag, Barhebraeus genannt, zum Buch der Könige (I und II) 1895

Rezensent:

Nestle, Eberhard

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Göttingen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

N°- 16.

Morgenftern, Die Scholien des Gregorius
Abulfarag, Barhebraeus genannt, zum Buch
der Könige (Neftle).

Lütgert, Das Reich Gottes nach den fynopti-
fchen Evangelien (Bouflet).

Schlatter, Der Chronograph aus dem zehnten
Jahre Antonins [Texte und Unterfuchungen
von v. Gebhardt u. Harnack XII, 1] (Erbes).

3. Auguft 1895.

Sepp, Religionsgefchichte von Oberbayern in
der Heidenzeit. Periode der Reformation und
Epoche der Klofteraufhebung (Boffert).

Quellenfchriften der elfaffifchen Kirchenge-
fchichte, 2. Bd. Die Jahrbücher der Jefuiten
zu Schlettftadt und Rufach 1615—1765, I. Bd.
Hrsg. von Geny (Reufch).

20. Jahrgang.

Köhler, Lehrbuch des deutfch-evangelifcheu
Kirchenrechts (FraDtz).

Weifs, Die kirchlichen Exemtionen der Klöfter
(Frantz).

Kahl, Ueber Parität (Koehler).

Lenz, Aus dem inneren Leben, ein Jahrgang
Predigten (Wächtler).

Müller, Der Hebräerbrief, ausgelegt in 34 Predigten
(Wächtler).

Morgenstern, Dr. A., Die Scholien des Gregorius Abulfarag,
Barhebraeus genannt, zum Buch der Könige (I und II).

Berlin, Calvary & Co., 1895. (VII, 39 S. gr. 8.) M. 2. —
Wieder ein Stück, und zwar ein recht werthvolles,
aus dem zuletzt in Nr. 9 befprochenen ,Schatz der Ge-
heimnifse' des Barhebräus. Zu den dort genannten
Namen ift hinzuzufügen: R. Gugenheimer, der im vorigen
Jahr in einer mir noch nicht bekannt gewordenen Schrift
die Scholien zu Ezechiel herausgab, und J. G. Haffe,
der fchon vor 100 Jahren in feinen ,biblifch-orientalifchen
Auffätzen' (Königsberg 1793) die Scholien zu 2 Reg. 1—5
edirt hatte, nach Morgenftern's Bemerkung in gänzlich
unbrauchbarer Weife. (In meiner Litteratura Syriaca ift
Haffe's Arbeit aus Verfehen auf S. 47 unter den Schriften
zur Chronik des Barhebraeus verzeichnet.) In Bearbeitung
fei das Lucas-Evangelium von Steinhart. Der Herausgeber
hat fehr pünktlich gearbeitet; leider ift auch er
von feinem Lehrer nicht angehalten worden, Regifter
beizugeben. Welche Autoritäten Barh. citirt (Daniel von
Salach, Jakob von Edeffa, der h. Severus), wo er Aquila,
Symmachus, Theodotion nennt, wo Perfifches u. dergl.,
hätte auf wenigen Zeilen, auf der ohnedies leergebliebenen
letzten Seite zufammengeftellt werden können, ähnlich
wie S. 22 die Stellen zufammengetragen find, welche für
das Verhältnifs der von Barh. benützten Bibelhand-
lchriften zu unfern heutigen Ausgaben in Betracht kommen.
(Eine fehr lehrreiche in diefer Hinficht ift 2 R. 22, 14:
Barh. und Ambr. izoi-z, ,um Gnade flehen', ftatt }t^i^z
,zweiter Stadttheil'.) — Gleich das Vorwort beginnt mit
einer Notiz, über die man in den altteftamentlichen
Einleitungen vergeblich Auffchlufs fucht: ,Diefes Buch
fchrieb ein Priefter Namens Jehu bar Channan, in der-
felben Zeit, in der das Buch der Chronik geichrieben
wurde, daher fie gegenfeitig auf einander verweifen; aber
weil im heiligen Geift gefchrieben, ift das Buch allgemeiner
angenommen'. Anderswo wird diefer Jehu bar
Channan der Priefter genannt, der nach 2 Reg. 17, 27 f.
die neuen Coloniften das Gefetz lehrte. Nach wieder
anderen Angaben heifst der letztere Afa oder Afarja und
gilt zugleich als Verfertiger der fyr. Bibelüberfetzung.
Der Urfprung diefer Traditionen ift noch nicht aufgeklärt.
Nach Barh. zur angeführten Stelle ftimmt das Gefetz,
das er fie lehrte, nicht mit dem der Juden, fondern mit
dem der Septuaginta überein. Einzelnes:

I, 1, 1. Während Kaleb mit 85 Jahren noch jugendlich
kräftig war, ift David mit 70 Jahren fchon kalt, entweder
weil er ein im Alter erzeugter Sohn war, oder weil er
nach 1 Chr. 21, 16. 30 fo erfchrocken ift. — 6, 1. Die
Chronologie der Königsbücher fetzt mit 480 Jahren den
Zeitraum um 157 Jahre zu kurz an, weil fie die Jahre

der Bedrückung nicht in Rechnung bringt. — Zu den
technifchen Ausdrücken über den Tempelbau werden
theilweife lehrreiche Auffchlüffe gegeben; die Treppen find
Wendeltreppen ,wie in den Thürmen der Mofcheen'. —
Die bis jetzt vergeblich gefuchte Etymologie von blBD
(9, 13 wie zum Trauern? blND??) fucht Barh. in bmn
,Verwüftung, Melancholie'. Der irreführende Geift, C. 22,
ift nicht der Satan, fondern Michael. — Statt ,Kahlkopf
komm herauf erklärt Barh. 2 Reg. 2, 23 mit faft allen
Syrern ,Steig auf, Sturmwind', um nämlich den gefährlichen
Elifa wie feinen Meifter aus dem Weg zu räumen.—
Zu 4, 4 wird ein Jofephus, Bifchof von Cyprus', als
Autorität dafür citirt, dafs die hier genannte Wittwe die
Frau des vom Löwen getödteten Propheten von 1 Reg. 13
fei. — 4, 12 Sulamitin, in der fyrifchep Bibel ,Silomitin'
heifst ,die von Silo*. — V. 41 Baal Sahsa, in der fyr.
Bibel .Stadt der Helden', ift Hebron. — Weil Jefaia den
Uzzia nicht ftrafte, wurde ihm 28 Jahre lang die Weis-
fagung von Gott vorenthalten. — nbn 17, 6 ift Chelwan;
IT13 ift Kata (St2D), das nördliche China. — Die Namen
17, 30. 31 find chaldäifche Stern namen. — Der Ausdruck
/Tochter Zion' für Jerufalem erklärt fich daher, dafs die
Stadt vor Zion, das auf den Berg gebaut ift, fitzt wie
die Tochter vor der Mutter. — Dem Hiskia wurde feine
Krankheit gefchickt, weil er glaubte, er fei der Meffias
und werde ewig leben. Die Feigenblätter haben von
Natur eine brennende Wirkung, alfo ift das Wunder um
fo gröfser. 15 Grade an der Sonnenuhr find eine Stunde,
geht die Sonne um 10 Grade zurück und wieder vor,
brauchte fie alfo IVa Stunde, um wieder an derfelben
Stelle zu fein. Das durchs Feuer gehen laffen gefchah
wie bei den Mongolen (fo nach S. 36, 18; wohl aber
richtiger nach S. 37 letzte Textzeile: wie bei den Magiern
), um den Teufel zu vertreiben. — Der Hohepriefter
Hilkia in c. 22 ift der Vater des Jeremia.

Dies einige Proben, von welcher Art die fachliche
Exegefe des Barh. in diefen Scholien ift. Seine Citate
aus der Hexapla bedürfen einer eigenen Unterfuchung.
Manchmal nennt er den ,Hebräer', da wo er offenbar
nur die im Text des Griechen erhaltenen hebräifchen
Ausdrücke meint. Wo in unfern Hexaplahandfchriften
die Sigeln für Aquila und Symmachus neben einander
flehen, nennt Barh. in der Regel nur den erfteren. Zu
2 Reg- 4, 39 war eilie Kleinigkeit in Field zu beffern;
Xfcnp y.olo/.vvdag des A2 gehört nicht zu m«, fondern
zu ntepB. Im Uebrigen verdient die Sorgfalt des Herausgebers
alles Lob.

Ulm. E. Neftle.

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