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Ausgabe:

1895 Nr. 13

Spalte:

348-349

Autor/Hrsg.:

Auerbach, Heinr. Berthold

Titel/Untertitel:

Quellensätze zur Kirchengeschichte. 1. Stück: Alte Kirche 1895

Rezensent:

Bornemann, Wilhelm

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Theologifche Literaturzeitung. 1895. Nr. 13.

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Darftellung des 4. Evangeliums zu Grunde, der er dann
die befonderen Berichte der drei Synoptiker einzugliedern
und harmonifüfch anzupaffen fucht. Das Matthäusevangelium
ift jedenfalls das alterte, und feine Abfaffung
durch diefen Apoftel ift unbeftritten'. Auch Marcus
hat vor 70 gefchrieben, und zwar für Heidenchriften,
während das erfte Evangelium für Judenchriften beftimmt
ift. Das 4. Evangelium flammt vom Apoftel Johannes.
In der Gruppirung des Stoffes bleibt fich der Verfaffer
übrigens nicht treu: fo fagt er z. B. p. 39, Jefus habe
fich Luk. 5 zum erlten Mal ,Menfchenfohn' genannt;
aber er vergifst, dafs er felbft das Gefpräch mit Nikodemus
, alfo auch Joh. 3, 14 vorher (p. 32) angefetzt
hat. Sonft ift die Gruppirung überfichtlich und die Sprache
einfach, klar und knapp; auch ift im Einzelnen manches
Gute enthalten. Aber doch bietet die Auslegung einer-
feits zu viel Selbftverftändliches, andererfeits manche Erklärungen
, die der nöthigen Schärfe und Tiefe entbehren.
Seltfame, gefuchte oder unrichtige Deutungen finden fich
z. B. p. 32. 34. 35. 50. 53. 56. 62. 66. 69. 71. 73. 83. 91.
107. Was p. 18 über den Prolog des 4. Evangeliums getagt
wird, ift unzureichend; die Behandlung der Kind-
heitsgefchichte fordert oft den Widerfpruch heraus.
Ueberhaupt habe ich den Eindruck, dafs in dem Be-
wufstfein eines Seminariften doch noch viel mehr und
ganz andere Fragen und Schwierigkeiten bei der Behandlung
des Lebens Jefu auftauchen, als Stolzenburg
berückfichtigt. Die Einleitung (p. 1—13) ift auch nicht
ganz frei von nur halbrichtigen Bemerkungen, aber relativ
am Beften ausgefallen. Die eingeflochtenen Lieder-
ftrophen find zum Theil fehr paffend, zum Theil wunderlich
gewählt. Seltfam, aber charakteriftifch ift die Bemerkung
auf p. 57: ,bei der Erklärung (von Matth. 12,
22 ff. und Parallelen) fchliefsen wir uns an den Wortlaut
des Matthäus an, der den Herrn am vollftändigften und
auch hier zufammengehöriger {sie) reden läfst'. Ich
fürchte, dafs begabte und gründlich arbeitende Seminariften
durch eine folche Behandlungsweife nicht befrie'

und des Papftthums, entfernt, durch Anwendung ver-
fchiedenen Druckes das Wefentliche vom minder Wichtigen
äufserlich gefchieden und die dem eigenen Denken
der Schüler vorgreifenden Urtheile möglichft befchränkt
würden. Die äufsere Nöthigung zur Umgeftaltung war
mit dem Erfcheinen der neuen preufsifchen Lehrpläne
gegeben.' . . . ,Das Ganze legt wohl Zeugnifs davon ab,
dafs die neuefte wiffenfehaftliche und Schulbücherliteratur
gewiffenhaft zu Rathe gezogen und entfprechend benützt
worden ift, um die Brauchbarkeit diefes Lehrmittels zu
wahren und zu erhöhen'.

Nur an wenigen Punkten wünfehte ich Aenderungen
in der Anordnung, Darfteilung und Zufammenfaffung.
Auch find mir verhältnifsmäfsig nur wenige Druckfehler
und Ungenauigkeiten aufgefallen. Somit kann ich allen
Fachgenoffen dies Buch auf das Lebhaftefte empfehlen.

Magdeburg. W. Bornemann.

Auerbach, Palt. coli. Gymn.-Oberlehrer Heinr. Berthold,
Quellensätze zur Kirchengeschichte. 1. Stück: Alte Kirche.
Gera, Hof mann, 1893. (49 S. gr. 8.) M. —. 50

Die Zahl der kirchengefchichtlichen Lefebücher für
höhere Schulen mehrt fich in erfreulicher Weife. Auch
die vorliegenden Lefeftücke aus der altchriftlichen Literatur
find empfehlenswerth, obwohl dies Büchlein wie
alle andern ähnlichen noch etwas den Charakter des
Verfuchs trägt. Die einzelnen Stücke find mit Rückficht
auf kirchenhiftorifche Ereignifse und Zuftände von
bleibender Bedeutung ausgewählt, in möglichfter Ein-
fchränkung und Kürze; aber doch ift hie und da der
Rahmen der neuen preufsifchen Vorfchriften mit Be-
wufstfein überfchritten. Andererfeits hätte der Verfaffer
gern noch mehr bedeutfame Abfchnitte dargeboten,
aber er war durch den Raum daran gehindert.

Aufgenommen find 1) unter der Ueberfchrift ,Kampf
und Sieg': Tacitus, ann. XV, 44, Plinius d. J., Briefe X,
digt, fondern erft recht in Zweifel hineingeführt werden. J 96. 97; Eufeb. Ii. e. IV, 15; aus Origenes, c. Celsum II,

Oder wie foll z. B. bei der Auslegung von Joh. 6, 24—58 54—73. IV, 52—73. 99 die Einwendungen des Celfus
ein Satz wirken, wie der auf p. 62 befindliche: ,Demge- gegen das Chriftenthum (nach Keim); Minucius Felix,
mäfs ift auch die folgende Rede wieder ein Gleichnifs, ' Oct. 8, 3—10. Juftin d. M. Apol. I, 9—13; Tertullian,
fo dunkel und unverftändlich an unmögliche | apolog. 7. 24. 30. 45; Cyprian de lapsis 5—9; 2) unter

leibliche Verhältnifse angefchloffen (V. 54), dafs
es nur dazu dienen kann, die Verftockung der Herzen
zu vergröfsern'?

Magdeburg. W. Bornemann.

dem Titel ,Bekenntnifs und Lehre' vier Entwicklungsformen
des Symb. apostolicum; Arius' Gaftmahl nach
Äthan, c. Arian. I, 5. 6. 9; das Nicaenum, das Nicaeno-
Konftantinopolitanum, das Chalcedonenfe und fechs
Sätze des Pelagius; 3) unter der Ueberfchrift ,Kultus
und Sitte' I Clem. Rom. 61; Didache 7—10; Tert. de
Lohmann, D. Friedr., Lehrbuch der Kirchengeschichte für j oratione 23—25. 29; Cyrill von Jerufalem, Catech. 1—3.
höhere Lehranstalten. 3. umgearb. u. verm. Aufl., be- 5; Clem. Alex. hymn. siq ocoxüqa; Ambrofius, veni re-
forgt vonGymn.-Prof.Dr.Osk.Netoliczka. Göttingen, demtor gentium; endlich 4) in einem Abfchnitt ,Amt und
Vandenhoeck & Ruprecht, 1893. (VI, 166 S. gr. 8.) ; Gemeinde' Didache 11-15 und Cyprian, deumtateeed.

F yo v ' 5 ; j 4—6. Nur die kirchlichen Bekenntnifse find im gnechi-

M-a — fchen, bezw. lateinifchen Urtext wiedergegeben, die
Schon die zweite Auflage diefes Lehrbuchs für j beiden Hymnen im Urtext und deutfeher Üeberfetzung,
höhere Schulen war ein brauchbares und erfreuliches I alle anderen Stücke nur in deutfeher Üeberfetzung. In
Buch. Die vorliegende dritte Auflage halte ich unter j kurzen Anmerkungen find die nothdürftigften Erläuter-
den für die Hand der Schüler berechneten, gegenwärtig ! ungen gegeben, die meines Erachtens für den beab-
vorhandenen Kirchengefchichtsbüchern für das befte. fichtigten Zweck nicht genügen. Auch hätte Wichtiges
Das Büchlein, das trotz der Einfchaltungen und Nach- und Unwichtiges fchon durch den Druck erkenntlich geträge
gegenüber der zweiten Auflage um gut drei Druckmacht
werden können. Einzelne Stücke find ftark zubogen
an Umfang verloren hat, entfpricht im Allgemeinen | fammengezogen und verkürzt, zum Theil mit Recht (z. B.
allen fachlichen und formellen Anforderungen, die man die Katechefen des Cyrill), zum Theil wenig zweck

an ein Lehrbuch ftellt, und erfüllt dasjenige, was der
Bearbeiter, Gymnafialprofeffor Dr. Netoliczka, im Vorwort
fagt: ,Es galt, Veraltetes nach dem heutigen Stande der
Forfchung zu erneuern, die Darftellung der Gegenwart
in angemeffener Weife fortzuführen und zu vertiefen, die
chriftliche Sitte und Kunft in einzelnen Perioden der kirchlichen
Entwicklung mehr zu berückfichtigen. Andererfeits
fchien es wünfehenswerth, dafs fo manches Entbehrliche
, namentlich aus der Gefchichte des Dogmas

mäfsig (z. B. Euf. IV, 15, 1 Clem. Rom. 61). Die Ueber-
fetzungen find im Allgemeinen richtig und lesbar; nur
diejenige von Euf. IV, 15 läfst manches zu wünfehen
übrig und fleht hinter der von Clofs (Stuttg. 1839) weit
zurück. Auch ift p- 22, Z. 6 ,das quäkende Kind'
fchwerlich fachgemäls wiedergegeben. Nicht logifch ift
in der Anmerkung auf p. 29 das Wörtlein ,dazu'; ebenfo
ift die Anmerkung p. 47 nicht präcis genug. Auf p. 48.
Z. 17 wäre zu überfetzen ,als ein einheitliches' oder ,als