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1895 Nr. 11

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291

Titel/Untertitel:

Jahrbuch der sächsischen Missionskonferenz für das Jahr 1895 1895

Rezensent:

Wurm, Paul

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Seite 1

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291

Theologifche Literaturzeitung. 1895. Nr. Iii

292

lutherifchen Theologen zu fammeln, welche auf die ! wärtig befindet. Auf der einen Seite, die doppelte
Miffionspflicht gedeutet werden können. Der dänifchen ! Thatfache, dafs das Univerfitätsftudium die unerläßliche
Kirche dagegen wird mit Recht der Vorwurf gemacht, j Vorbedingung für die Uebernahme des geiftlichen Amtes

dafs fie lange Zeit nicht daran gedacht hahe, die heid
nifchen Unterthanen Dänemarks zum Chriftenthum zu
führen (I, S. 19 f.), und erft durch den deutfchen Hofprediger
Lütkens an ihre Pflicht gemahnt noch zögerte,
fo dafs Deutfche die erften Miffionare in dänifchen Colonien
waren (S. 37 ff.). Unter den neueren Miffionsgefellfchaften
wird die Leipziger mit Vorliebe behandelt und über

in, und dafs dies Studium jeden, der arbeitet, in Berührung
mit den Problemen moderner Wiffenfchaft bringt; auf
der anderen Seite Kirchenregimente und Synoden, Auguft-
conferenzen und Kirchenzeitungen, die mit gröfserer oder
geringerer Höflichkeit auf diefen ganzen Apparat, fo wie
er gegenwärtig functionirt, ihr vielftimmiges Anathema
fchleudern. Hieraus ergiebt fich die Frage: Ift die un-

fichtlicher dargeftellt als in dem Werk von Karrten. Die ! geheuere Anklage berechtigt, dafs zwifchen akademifchem
Nichtzulaffung der Kafte in den indifchen Chriftengemein- j und praktifchem Amt fich heute eine unausfüllbare Kluft
den wird auch von Hardeland aus reformiertem Geift ab- | öffnet? Diefe Frage, um welche wir nicht herumkommen,

geleitet (II, S. 69). Die Hermanns burger Miffion wird
einer fortlaufenden Kritik unterzogen. Wir können dem
Verf. in manchen Punkten Recht geben, aber er dürfte
doch auch anerkennen, dafs die Entftehung der Hermannsburger
auf einen Mangel an der Leipziger hinweift, dafs
diefe zu fehr in theologifchen Kreifen fich bewegt und
im Volk keinen rechten Boden hat. Ueberdies find die
Leiftungen der Hermansburger nach dem Vifitations-
bericht der gegenwärtigen Infpectoren, den auch Hardeland
anerkennt, fo bedeutend, dafs man nicht recht begreift
, wie fie bei angeblich fo fehlerhaften Einrichtungen
erfolgen konnten. Von andern deutfchen Miffionsgefellfchaften
werden noch die Schleswig-Holfteinifche
und die Neunendettelsauer behandelt, fodann die
nordifchen und die amerikanifch-lutherifche. —
Der lutherifchen Judenmiffion find 135 Seiten gewidmet
, und auch hier ift die Darftellung diefer Arbeit
im vorigen Jahrhundert fehr anfprechend und über-
fichtlich. In unferem Jahrhundert wird wieder ignorirt,
was nicht exclufiv lutherifch ift. So wird II S. 329 behauptet
, in Württemberg fei mit dem Tod der Familie

fcheint im Lichte der Gefchichte felbft bejaht werden
zu müffen. In der That, jede der drei grofsen Epochen
in der Gefchichte des Proteftantismus, die Reformation,
der Pietismus und die Erweckungszeit am Anfang unferes
Jahrhunderts, find von Impulfen ausgegangen, die aus
einem neuen Glaubensleben entflammten, und haben dem
entfprechend die Theologie neugefchaffen oder umgebildet
. Die moderne Theologie dagegen fcheint von
Factoren hervorgerufen oder bedingt zu fein, die dem
Glauben felbft fremd find. In drei Anfätzen ift das geworden
, was die Gemüther heute verwirrt. Die Aufklärung
im achtzehnten, die fpeculative Philofophie in der erften,
die exacte Wiffenfchaft in der zweiten Hälfte unferes
Jahrhunderts haben auf das allgemeine Denken und Empfinden
mafsgebenden Einflufs gewonnen, und diefe Mächte
find auch an dem theologifchen Erkennen nicht fpurlos
vorübergegangen. Hierin liegt für Viele ein unüberwindliches
Aergernifs: hinter der modernen Gottesgelehrfam-
keit fleht kein neues Glaubensleben, fondern eine neue
weltliche Wiffenfchaft mit ihren Axiomen und Methoden.
Indeffen können wir diefelben Thatfachen, in denen

Herwig die Arbeit für Israel erlofchen, während in diefer ] uns dies Aegernifs entgegentritt, noch von anderer Seite
Zeit Dr. C. G. Barth auch für die judenmiffion eifrig j in anderem Lichte fehen. In der That, die Reformation
wirkte, allerdings für den Verein der Freunde Israels in 1 felbft ift es gewefen, welche den Gegenfatz zwifchen

Bafel, und nicht mit fo viel Reclame wie fpäter Pf. Völter
für die lutherifche Judenmiffion.

Echterdingen. P. Wurm.

Jahrbuch der sächsischen Missionskonferenz für das Jahr 1895.
Leipzig, Wallmann. (172 S. m. 2 Karten. 8.) M. 1.50

Schrift und Kirchenlehre aufgedeckt, die Kirchenlehre aus
ihrer unantaftbaren Stellung verdrängt, endlich das ge-
fchichtliche Verftändnifs der Schrift gefordert und angebahnt
hat. Demnach bildet in zwar zeitlich gröfserer
Entfernung, aber darum fachlich in nicht geringerer Be-
deutfamkeit religiöfer chriftlicher Glaube, der Glaube
Luther's, der Hintergrund diefer Theologie. Dazu aber
kommt ein Anderes. Gleichzeitig mit der Reformation

Es ift eine zweckmäfsige Einrichtung, dafs die Sächfifche
Miffionsconferenz ein Jahrbuch herausgiebt, ungefähr in ! hatuldle zwar nicht gleichartige aber in manchen Punkten
demfelben Umfang wie der Basler Miffionskalender, mit ! wahlverwandte Renaiffance den Kampf mit der kirch-
Auffätzen miffionsgefchichtlichen und zur Miffionsthätig- j lichen Weltherrfchaft des Mittelalters aufgenommen und
keit ermunternden Inhalts. Die Auffätze bewegen fich mit eine neue f poche des gefchichthchen Lebens inaugunrt.

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Ausnahme eines Artikels über Neu-Guinea und einigen
Recenfionen gröfstentheils auf dem Gebiet der Leipziger
Heiden- und Judenmiffion. Eine Ueberficht über den
Stand der evangelifchen Miffionsthätigkeit im ganzen bekommt
man nicht. Die wichtigften Miffionsadreffen und
2 Karten über das oftafrikanifche Miffionsgebiet der
Leipziger find eine willkommene Zugabe.

Echterdingen. P. Wurm.

Ihr verdankt die Reformation mancherlei Gaben, welche
fie unbefangen aus der Hand der Humaniften entgegennehmen
kann. In der Entlaffung des wiffenfchaftlichen
Forfchens aus der Bevormundung der Kirche ift doch
die Bereitwilligkeit ftillfchweigend mit befchloffen, die Er-
gebniffe desfelben, wo fie ernfter Prüfung ftandhalten,
willig anzuerkennen, fie unter Umftänden auch zur Berichtigung
eigener Fehler und Vorurtheile zu verwerthen.
So zieht unfere moderne Theologie Kraft und Leben
aus zwei gefchichthchen Wurzeln: aus dem Glauben
Eck, Pfr. Lic. S.( Welchen Segen bringt die Beschäftigung Luther's und aus der freien weltlichen Wiffenfchaft. Die
mit der modernen Theologie unserm praktischen Berufs- i evangelifche Kirche hat weder Recht noch Möglichkeit,

lokan? rH^ff« t,,- rur.a: x/„ui m- t < um der Schwierigkeiten willen, in die fie durch die ge-

euen: nette zur ,Ghriltl. Welt Nr. 14.J Leipzig, ' , , . , ... , a s ,„ „. :u,~, wr-.rf c u r u

„ o , c „, •»#' fchichtliche Doppelftellung ihrer Willenfchaft fich ver-

Grunow, 1894. (25 S. gr. 8.) M. -.40 ; wickelt rieht) d£fen Gang der Dinge zu verurtheilen oder

Doerne, Pfr. Friedr., Die Ergebnisse der neueren alt- I ihm durch einen vorfchnellen Gewaltftreich ein Ende zu

testamentlichen Forschungen und ihre Bedeutung für die bereiten; fie lebt vielmehr des Glaubens, dafs der Welt

Kirche. [Hefte zur ,Chriftl. Welt' Nr. 15.] Leipzig, Lauf in ihres Gottes Händen ift Indem die moderne

„ 1 , ' iv/r Theologie den Geiftlichen lehrt, die Gefchichte als das

Grunow, 1894. (47 b. gr. 8.) M. —.40 ; grorse Wunder Gottes zu betrachten, das nur dem

Das im erften diefer beiden Hefte behandelte Thema
umfafst zwei oder gar drei Fragen, auf die der Verf. eine
einhellige Antwort fucht. Er geht zunächft von der unerträglichen
Lage aus, in welcher der Geiftliche fich gegen-

Glauben als folchem verftändlich wird, leiftet fie dem
Berufsleben des Pfarrers einen unfchätzbaren Dienft. Ihr
höchfter Segen aber liegt darin, dafs fie den Glauben niemals
zu faulem Befitz werden läfst, fondern uns denfelben