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Ausgabe:

1895

Spalte:

273-276

Autor/Hrsg.:

Jensen, P.

Titel/Untertitel:

Grundlagen für eine Entzifferung der (Hatischen oder) Cilicischen (?) Inschriften 1895

Rezensent:

Schwally, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Göttingen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

N°- 11. 25. Mai 1895. 20. Jahrgang.

Jenfen. Grundlagen für eine Entzifferung der
Hatifchen od. cilicifchon Infchriften (Schwally).

A Concordance to the Septuagint by Hatch

and Redpath, P. IV (Schürer).
Wellhaufen, Ifraelitifche und jüdifche Ge-

fchichte (Kautzfeh).

Reinach, Textes d'auteurs grecs et romains
relatifs au Judaisme (Schürer).

Convbeare, On the codex Pamphili and the Jahrbuch der fachfifchen Miffionskonferenz für

date of Euthalius (Gregory). d. J. 1S95 (Wurm).

Hahn, Das Evangelium des Lucas, 2. Bd. (Joh. j, , „, , , B , .

W Ti ' Eck, Welchen Segen bringt die Befchaftigung

t .1-1 • j 11- . u-, mit der modernen Theologie unferm prak-

M™6-S°Z-La the0,0ß'e P * 1 tifchen Berufsleben! (LobBein). P

(Heinnci). '

Bois, De la connaissance religieuse (Lobftein). | Doerne, Die Ergebnifse der neueren alttefta-

Plitt,GefchichtederlutherifchenMiffion,neuhrsg. mentlichen Forfchungen und ihre Bedeutung

undfortgef.vonHardeland,2llälften(Wurm). für die Kirche (Derf.).

Jensen, P., Grundlagen für eine Entzifferung der (Hatischen gehen (S. 38—70). Der berufene Scharfiinn des Verfaffers

oder) Cilicischen (?) Inschriften. Separatabdruck aus der zeigt Geh hier im glänzendften Lichte. Er hat mit ftaunens-

r, . r , -r , V» r 1 n/r i - jt u r „c^w werther Sicherheit folgendes richtig erkannt: einen Kopf

Zettfchnft der Deutfchen Morgenland.fchen Gefell- ^ ^ deffen ^ ^ * ^ ^

fchaft Bd. XLVIII (Leipzig, Brockhaus, 1894). fielt 2 der Nafe oder der Partie zwjfchen Nafe und Mund zeigt,
(S. 235 — 352), Heft 3 (S. 429—485). als das Ideogramm für ,ich', dazu deffen phonetifche

Hittitifch werden gewiffe Infchriften in Syrien und ' Complemente die Zeichen für .bin' (S 39. 40); den
fonft in Klein-Af.en genannt, weil man diefelben gemeinig- : Doppelkegel oder das Spitzmützenpaar, das regelmäfsig
lieh auf Völker zurückführt, die lange Zeit unter dem I am Anfang und nur auf folchenInfchriften vorkommt,
Namen der H—t den Aegyptern viel zu fchaffen mach- i die nach ihrem Habitus für Königsinfchnften zu halten
ten und deren Name wahrfcheinlich mit dem Hatti »nd, als Ideogramm für irgend einen Königstitel; von
der'Affyrer. dem Hati der Altarmenier und den p,n der gewiffen anderen Zeichen, die häufig und nur in VerHebräer
identifch ift. Aber wie fleht es mit diefer Gleich- bindung mit den zuletzt genannten vorkommen, wird
fetzung? Nun! Die hiftorifchen Hittiter haben niemals wahrfcheinlich gemacht, dafs fie erft zufammen mit diefen
in den Gebieten gefeffen, aus denen unfere Infchriften i einen Titel bilden (S. 41). Obwohl bis jetzt (S. 70) auch
Hammen (Hamat, Karkemifch, Marafch, vgl.S.4). Gewiffe ! "och kein einziger Lautwerth gewonnen war, fo war es
Aehnlichkeiten in Kleidung und Tracht und Gefichtsbildung , doch möglich von der Compofition mancher Infchriften
find unwefentlich (S. 5. 6). Auch die Identität eines oder i eine Ahnung zu bekommen.

des anderen durch die ägyptifche Ueberliefung bezeugten Ebenfo methodifch verfährt der Verfaffer bei der

Perfonennamens ift, felbft im Falle der abfoluten Sicher- Feflflellung des Lautbeftandes (S. 70 ff.). Die Topo-
heit einer folchen Gleichfetzung, von keinem erheblichen . graphie der Infchriften wird hier mit Recht an die Spitze
Belange (S. 7ff). Schliefslich fcheinen unfere Infchriften— geftellt. Denn die wichtigften und inhaltreichften Denk-
nach der plaufibelffen Annahme von Ramfay und Hogarth | mäler find theils Felfeninfchriften, theils von folcherMaffen-
— aus der Zeit zwifchen 1000 und 550 a. C. zu flammen, haftigkeit, dafs der Fundort identifch fein mufs mit dem
d. h. aus einer Zeit, in der von einem Hatireiche längft j Orte, an dem fie urfprünglich gefetzt find. Es erhellt
keine Rede mehr war(S.4), während die überwiegende Mehr- j daraus, wie wichtig es für die Identificirung der Namen
zahl unferer Momente die Exiftenz des nationalen Staates ift, zu wiffen, ob die Infchrift in Hamat, Karkemifch oder
vorausfetzt. Nach den angegebenen Gründen möchte ich Marafch gefetzt ift. Allerdings mufs dann auch die ohn-
noch fchärfer wie Jenfen (S. 14) dafür plaidiren, dafs gefähre Chronologie der Infchriften zuvor ermittelt fein,
diefe Infchriften mit den hiftorifchen Hittitern rein gar | In dem Abfchnitt,Relative Chronologie derlnfchriften'
nichts zu thun haben. Der Name ,hittitifche' für die eben fieht der Verfaffer das Kennzeichen der älteren Infchriften
erwähnten kleinafiatifchen Infchriften ift als irreführend darin, dafs diefe erhabene Charaktere zeigen, im Unteraufzugeben
und durch den, natürlich rein geographifchen, j fchiedvon denjenigen mit eingegrabenen Zügen. Letzteres
Namen .eilieifche' zu erfetzen. ] fei das jüngere, weil das leichtere Verfahren. Hier mufs

Nach diefer Einleitung giebt der Verfaffer eine Kritik ich nachdrücklich widerfprechen. Mit demfelben Rechte
der bisherigen Entzifferungsverfuche. Der ausfichtsvollfte könnte ein Anderer kommen und das Umgekehrte beunter
denfelben war der, mit Hilfe der vorzüglich erhal- haupten. Jene Thatfachen an fich beweifen gar nichts, fo
tenen ßilingue des Tarkudimmi oder vielleicht beffer Tar- lange man die Gefchichte des Kunfthandwerkes in dem
»tbinaiilmf, in die Geheimnifse der Schrift einzudringen, betreffenden Lande nicht kennt. Mögen Hieroglyphen mit
Aber Jenfen weift nach, dafs die affyrifche Auffchrift erhabenen Characteren in Aegypten nur in älterer Zeit
diefes Siegels, über deren Lefung die Fachgenoffen nicht vorkommen, an einem anderen Orte kann diefer Umftand
einmal einig find, jedenfalls keine genaue Ueberfetzung gerade Kriterium ganz jungen Alters fein. Dafs trotzdem
der eileifchen Legende ift. Und nur eine wörtliche Ueber- Jenfen's Annahme zu anderen mit untrüglichen Mitteln gefetzung
könnte uns etwas helfen. Es bleibt daher nur wonnenen Ergebnifsen ftinimt, ift Zufall,
die fchwierigfte aller Methoden übrig, allein durch Ver- Zu diefen untrüglichen Mitteln rechne ich einen Theil

fenkung in die räthfelhaften Texte und durch Analyfe und der in dem Abfchnitt ,Abfolute Chronologie' S. 72—80
Combination vorwärts zu dringen (— S. 37). vorgetragenen Combinationen, z. B.: Die Infchriften von

Da in den Infchriften viele Zeichen und Zeichen- Jerabis, foweit fie von Königen herrühren, können nicht
gruppen aufserordentlich oft vorkommen, fo gelangte gemacht fein, während affyrifche Statthalter in deffen
Jenfen ,mit ziemlich leichter Mühe' zur Abgrenzung Gebiet refidirten, alfo nicht zwifchen 717 und626, fondern
der meiften Wortgruppen und konnte dann fofort zur Feft- müffen, da wir von fclbftändigen Reichen mit eigenartiger
ftellung der Beden tung der Zeichen und Zeichengruppen Cultur am oberen Euphrat in nachaffyrifcher Zeit nichts

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