Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1895 Nr. 1

Spalte:

3-6

Autor/Hrsg.:

Rohrbach, Paul

Titel/Untertitel:

Der Schluss des Markusevangeliums, der Vier-Evangelien-Kanon und die kleinasiatischen Presbyter 1895

Rezensent:

Soden, Hermann

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

3

Theologifche Literaturzeitung. 1895. Nr. 1.

4

1,20 (S. 51 f.) 22 (S. 52f.) 2, 16 (S. 55 tVDiSiE ift keine
üble Vermuthung) 3, 17 JrlfiSTin ft Jfin5 (S. '61). Statt
nniö Jef. 5, 25 nimmt der Verf. "eine Form von Wz. no3
.ausfegen' und lieft iiniOM. — Zu 9, 4 S. 92 MbSHÜ ft.
fl^Viatt. v. 5 anj?«} ft. SnjJ*l, II, 7a Ergänzung von nsij>nn
hinter TltTj". Und fo wäre noch manches Andere zu erwähnen
, was Beachtung verdient, doch wir müffen hier
abbrechen. Unangenehm berührt der geringfchätzige
Ton wie beim Hofea über Nowack (S. 3 Anm. 1) fo hier
über Duhm (S. 79. 82). Man fchadet fich felbft, wenn
man einen Gegner, deffen Widerlegung man doch der
Mühe werth hält, als quantite negligeable behandelt. —
Die Unform Iarchi ft. Raschi S. 88 follte nun endlich
doch als abgethan gelten. — Nr. IV. ,Zu Luther's
hebräifcher Handbibel' ift eine fehr intereffante und
dankenswerthe Unterfuchung, die an frühere Arbeiten
namentlich von Frz. Delitzfch (Allg. Luth. Kirchenzeitung
1883, No. 51, wozu wir noch auf desfelben Artikel über
Luther als Hebraiften ebenda zum 10. Nov. 1883 auf-
merkfam machen möchten) anknüpft. Im Anhange
S. III—VIII werden die Briefe der 3 Enkel Luther's mit-
getheilt, die aus Geldnoth die hebräifche Bibel des Reformators
dem Markgrafen Joachim Friedrich von Brandenburg
zum Verkaufe anboten. Aus des Verf.'s Darlegung
ergiebt fich allerdings, dafs Delitzfch zu rafch aus den
Randgloffen diefer Bibel auf Luther's hebräifche Sprachbildung
gefchloffen hat. Der Notizen find überhaupt
wenige und fie gehen dazu auf mehrere Urheber zurück,
wovon das beigegebene Facfimile eine fehr klare Vor-
ftellung erweckt. — Nr. V. ,Kaleb oder Maleachi'.
In Mal. 1, ib hat MT iDitbti; LXX h> Xt/Qi uyytlnv tevznv
führt auf 'bsb'O. Doch' es folgt noch der Zufatz irtad-e
dt) hil rüg /.atjöiac t/.iwv. Diefer Zufatz, hebräifch abä
VdlO, führe auf den Namen des -Jitbü, denn es fei eigentlich
zu lefen ab3 hHtSI, fein (des ß'öten) Name war Kaleb.
Diefer fei wahrfcheirilich einer der Sarini von Esr. 9 ge-
wefen. — Geiftreich, sed sit fides penes autorem. — Die
2. Abtheilung geht über die Grenze des Titels hinaus.
Sie enthält Recenfionen des Verf.'s über einige neuere
Erfcheinungen der äthiopifchen Literatur, deren Beur-
theilung wir den Specialiften des Fachs überlaffen müffen.
Die befprochenen Arbeiten find: 1. L. Goldfchmidt,
das Buch Henoch aus dem Aethiop. in die urfprüngl.
hebräifche Abfaffungsfprache zurücküberfetzt. Berlin,
1892, Heinrich. XXVI, 92 S. 2. L. Goldfchmidt,
bibliotheca aethiopica. Leipzig, 1893 (ein Verzeichnifs der
gedruckten äthiopifchen Literatur). Die erftere Arbeit
erklärt B. für einen verunglückten Reconftructionsverfuch,
die 2. für ein fehlerhaftes Excerpt aus Fumagalli's biblio-
grafia etiopica (Mailand, 1893). 3. K. Fries, Weddäse
Marjäm. Ein äthiopifcher Lobgefang an Maria, Leipzig,
1892, erhält ein warmes Lob vom Recenfenten. —

Jena. C. Siegfried.

Rohrbach, Dr. Paul, Der Schluss des Markusevangeliums,

der Vier-Evangelien-Kanon und die kleinafiatifchen
Presbyter. Berlin, G. Nauck, 1894. (66 S. gr. 8.) M. 1.20

Die von grofsem Combinationsgefchick zeugende
Fülle von Hypothefen in diefer aus einer Seminararbeit bei
D. Harnack hervorgewachfenen Brofchüre zerfällt in drei
Gruppen. Die erfte (S.i—22) befafst fich mit Mc. 16,9—16
unter der Beleuchtung durch die von Conybeare gefundene
Ueberfchrift ,vom Presbyter Arifton' worunter R. mit
den meiften Forfchern Ariftion, den Lehrer des Papias,
verfteht. Mit guten Gründen weift Verf. die einheitliche
Compofition diefes Schluffes nach und plaidirt für feine
Entftehung in Kleinafien, der Heimat jenes Ariftion.
Dagegen ift m. E. der verfuchte Nachweis nicht gelungen
, dafs jener Schlufs ein erft von einer fpäteren
unbekannten Hand mit dem Ev. verbundenes Bruchftück
eines von Ariftion ohne Beziehung auf Mc. concipirten

Kerygma fei. Der Wechfel des Subjects v. 9 gegenüber
v. 8 ift angefichts v. 6 f. nicht auffallender als etwa 14, 3
nach 1 f., 14, 12 nach 11, 7, 31 nach 30, alfo für einen an
den Stil des Ev. Gewöhnten nahe liegend. Die Maria
Magd, kann in v. 9 auch jemand, der im Anfchlufs an
v. 1—8 weiter erzählen will, näher kennzeichnen, da fie
v. 1—8 nicht .Hauptperfon' war, fondern erft jetzt aus
den drei Frauen herausgehoben wird; eben diefe Auszeichnung
foll damit gerechtfertigt werden. So wenig als
die Verf. von Lc. 24 vor v. 13 oder von Joh. 20 vor v. 14
die Erzählung der Auferftehung felbft als nöthig empfinden
, fo wenig ift aus Mc. 16, 9 zu fchliefsen, dafs vorher
die Auferftehung erzählt gewefen fein müffe. — Ift fo
nicht bewiefen, dafs das Stück unabhängig von feinem
jetzigen und in einem anderen Zufammenhang concipirt
fein müffe, fo ift auch nicht zu beweifen, dafs es einem
Kerygma entnommen fei. Sollte dafür der das Ganze
beherrfchende Gefichtspunkt, den Glauben an den Auf-
erftandenen zu rechtfertigen, beweifend fein, fo entflammen
auch Lc. 24 (vgl. v. 11.22—24. 25. 37. 39. 41) und
Joh. 20 (vgl. v. 8. 18. 20. 25. 27. 29. 30f.) einem folchen
Kerygma. Und warum, wenn dasfelbe nach dem im Can.
Mur. angegebenen Schema aufgebaut gewefen fein foll,
an die Stelle des zweifellos für ein Evangelium viel
effectvolleren Schlufsartikels degemino adventn vielmehr
v. 20 follte gefetzt fein, wäre unverständlich. Vollends
undenkbar in einem Kerygma ift die von R. vertretene
urfprüngliche Zugehörigkeit der bei Hieronymus c. Pelag.
an 16, 14 angehängten Selbftentfchuldigung der Jünger
zu unferem Stück, deren fpätere Zufügung übrigens bei
der fchon in den fyn. Evangelien zu verfolgenden
wachfenden Tendenz, die Jünger zu entlasten, viel begreiflicher
ift, als ihre nachträgliche Ausfchliefsung. Vielmehr
ift v. 9 f. ein Excerpt aus Joh. 20, v. 11 f. ein
folches aus Lc. 24, beidemal mit dem übrigens durch
den Fortgang der Erzählungen bei Joh. und Lc. völlig
gerechtfertigten, alfo nicht mit R. gegen diefe Quelle
geltend zu machenden Acumen, dafs die Jünger fich
dadurch nicht zum Glauben bringen liefsen. v. 14 ift
combinirt aus Lc. 24, 30. Joh. 20, 27. Lc. 24, 25; v. 19»
entflammt Act. 1, 11 (feine Einfchaltung ift alfo derjenigen
der unechten Schlufsworte in Lc. 24, 51 ganz analog),
v. 20 refumirt den Inhalt der Acten unter Einwirkung
von Hbr. 2, 3 f., wie Hbr. fchon v. I9b eingewirkt haben
kann, wenn die beiden Stücke in v. 19 in ihrem folennen
Wortlaut nicht dem Tauffymbol oder fonftigen liturgi-
fchen Fixirungen [cf. 1 Tim. 3, 16) entnommen fein follten.
v. 15—18 aber ift ein originelles Logion, das mit diefen
Excerpten eingerahmt wird, eine Parallele zu Lc. 24,
46—49. Joh. 20, 21—23. Mt. 28, 18—20.

Ich gehe über zu der dritten Hypothefengruppe, die
mir das Werthvollfte der Arbeit fcheint (S. 52—66).
Hier fucht R. mit viel Gefchick wahrfcheinlich zu machen,
dafs der Vier-Evangelien-Kanon in Kleinafien zufammen-
geftellt und bei diefer Gelegenheit die Differenz in den
Auferftehungsüberlieferungen der vier Ev. möglichft ver-
wifcht worden fei durch Einfügung von Mt. 28, 9 f. Lc.
24, 12. (?) Joh. 21. Mc. 16,9—20. Die verfchiedenen litera-
rifchen Schickfale diefer Einfügungen Rheinen auch mir
wohl begreiflich; die Gründe für die Beurtheilung von
Mt. 28, 9 f. als nachträgliche Einfügung berechtigt (R.
konnte noch die auffallende Doublette der Eingänge von
v. 9 und 11 hinzufügen). Auch das ift richtig, dafs bei
den Correcturen von Mt. Lc. Mc. überall Joh. 20 den
feften Ausgangspunkt gebildet hat, während, wie beizufügen
gewefen wäre, bei Mc. Lc. in zweiter Linie, dagegen
Mt. gar nicht, eingewirkt hat, — alfo die beiden
Evangelien Kleinafiens fichtlich die Arbeit bestimmten.
Nur im Motiv fcheint fich mir R. vergriffen zu haben.
Nicht die Zurückftellung des Petrus als erften Zeugen
der Auferftehung zu Gunften eines hypothefirten kleinafiatifchen
Kerygma Ariftion's, das die Frauen die erfte
Krfcheinung erleben läfst, eine antipetrinifche Tendenz,