Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1895 Nr. 7

Spalte:

180-186

Autor/Hrsg.:

Sabatier, Paul

Titel/Untertitel:

Vie de S. Francois d‘Assise 1895

Rezensent:

Mueller, Karl

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

Download Scan:

PDF

179 Theologifche Literaturzeitung. 1895. Nr. 7. 180

Diöcefen, die eine zuverläffige Lifte haben. Doch kann,
da in neun anderen Fällen auf anderem Wege die Begründung
des betreffenden Bifchofsfitzes zeitlich fixirt
werden kann, von 33 Diöcefen die Zeit ihrer Ent-
ftehung ungefähr angegeben werden. Von den 86

aller Conftructionen enthält: er giebt die feftftellbaren
Daten, ohne aus ihnen über Einfetzungszeit und Todesjahr
u. f. w. werthlofe hypothetifche Schlüffe zu ziehen.
Die Verzeichnifse find daher da, wo zuverläffige Liften
nicht zu Gebote ftehen, lückenhaft. Aber gerade diefe

anderen find nur 17 fchon im vierten Jahrhundert nach- j Zurückhaltung ift werthvoll. Diefe fastes werden ein un

weisbar. Nur einer der Bifchofsfitze (Lyon) ift fchon
im zweiten Jahrh. vorhanden gewefen; die nächftälteften
reichen bis in die Mitte des dritten Jahrh. zurück: es
find die politifch bedeutfamften Städte des damaligen
Gallien. Aus diefen fundamentalen Thatfachen folgt:
1) que V Organisation episcopale s' est produite diabord
dans les centres les plus imporlautes; 2) que, dans les
pays situes a quelque distance de la Mediterranee et de
la hasse vallee du Rhone, il ne s' est fonde aucune eglise
{Lyon exceptee) avant le milieu du HR siede environ;
3) que, dans ces memes regions, la plupart des cites n' ont
pas eu d' eveque special avant IVe siede plus ou moins
avance (S. 31 f.). Dies nicht nur den fpäteren fränkifchen

entbehrliches Hülfsmittel für alle einfchläglichen Arbeiten
werden. Von Einzelheiten erwähne ich nur, dafs D.
S. 147 in Bezug auf das Todesjahr des Avitus v. Vienne
zu dem gleichen Refultat kommt wie Arnold, Caefarius
v. Arelate. Anm. 666: il mourut le J fevrier 518 (7).
Den Liften folgt ein in den Annales du midi (Januar
1893) fchon publicirtes Schlufscapitel über die Legenden
der Heiligen von Bethanien (Maria Magdalene, Martha,
Lazarus). Die Werthlofigkeit derfelben zu zeigen, ift
höchftens ein Nebenzweck der Ausführungen — die
Aufgabe erfordert geringe Gelehrfamkeit; D. legt das
Werden der Legenden feit ca. 1050 dar. Da es mit
der Entftehung vieler Legenden, mit der .Entdeckung'

Legenden widerfprechende, fondern auch gegenüber der vieler Heiligenleiber nicht anders fteht, als bei diefen
frühen Entwicklung der italifchen und afrikanifchen Diö- berühmten Heiligen, fo hat dies Capitel aufser dem

cefen auffällige Refultat wird dann von D. durch den Nach
weis einer analogen Entwicklung in Oberitalien (33—35)
und durch ein Zeugnifs Theodor's von Mopfuefte (36—38)
fichergeftellt. Nachdem dann Lyons Stellung in den
Anfangszeiten eine genauere, nur in einzelnen Worten
[centre ecclesiastique S. 41) m. E. mifsverftändliche Darlegung
erhalten hat (38—45), zeigt eine fehr lehrreiche
Unterfuchung mehrerer zulammengehöriger älterer Legenden
, dafs eine Erinnerung an die wahre Gefchichte des
Werdens der gallifchen Diöcefen, auch in ihnen noch
nachklingt (S. 45—59). — Die Bedeutung diefer Ausführungen
für die allgemeine Kirchengefchichte wird
felbft das vorftehende dürftige Referat fchon erkennen
laffen. Es kommt aber noch eines hinzu, das den von

Reiz, den jede gelehrte und zugleich gefällige Unterfuchung
bietet, eine allgemeinere, ich möchte fagen:
typifche Bedeutung. Den Schlufs {Appendice S. 345—354)
macht ein Abdruck einiger für die gallifchen Bifchofsfitze
oder für mehrere von ihnen wichtiger Documente:
Synodalfubfcriptionen u. drgl. Eine vollftändige Chronologie
der Concile und der anderen für die fastes wichtigen
Documente ift als Anhang zu dem letzten Bande des
ganzen Werks in Ausficht genommen. Für denfelben
Platz find begreiflicher Weife die alphabetifchen Regifter
refervirt. Hier ift nur ein zwei Seiten ftarkes Inhalts-
verzeichniss (S. 355f.) angefügt.

D. fagt S. VIT. faifait mon possible pour connaitre
ce qtiil ni importait de connaitre; s' il ni a echappe

D. behandelten Verhältnifsen, z. Th. auch dank D.'s ge- ! quelques inexactitudes, ce dont je ne doute guere,

fchickter Darftellung, eine befondere Bedeutung giebt:
nirgends ift fo deutlich wie in Gallien der Anfchlufs der
bifchöflichen Verfaffung an die Municipalverfaffung des
römifchen Reiches zu erkennen. Duchesne giebt die
Ueberficht über die alten gallifchen Bifchofsfitze (S. 7—29),
indem er der Reihenfolge der Städte der Notitia Gal-
liarum fich anfchliefst: nur 2 der in diefer um 400 n.Chr.
genannten civitates (Diablintum und Boiatium, vgl. S. 24,
Anm. 2) fehlen unter den 121 aufgezählten Bifchofs-
fitzen, und nur IO find unter diefen 121, die unter den
civitates der Notitia urfprünglich nicht genannt find; aber
drei diefer 10 {Carpentras, Agde, Maguelonne) werden
in

Interpolationen geboten, und drei andere (Mäcon, Chalon I Diefes Buch hat in Frankreich einen ganz aufser-
und Uzes) werden als castra fchon in der urfprünglichen ' ordentlichen Erfolg gehabt und auch auswärts ift es viel
Notitia genannt (Seeck S. 263, 6, 7 u. 272, 9). bewundert, auch überfetzt worden. Gewifs hat dabei

Der erfte Theil dar fastes felbft wird durch eine Ueber- i die Reclame mitgewirkt, die dafür gemacht worden ift,

elles me seront signalees et je ni empresserai de les
corriger. Ich kann folche Berichtigungen nicht geben,
kann nur mit aufrichtiger Bewunderung danken für das,
was D. geboten hat. Aber ich zweifle nicht, dafs auch
bei den Lefern des D.'fchen Buches, die an Gelehrfamkeit
ihm näher ftehen, der Dank für feine Gabe zunächft
den Gedanken an eine Ergänzungsbedürftigkeit derfelben
zurückdrängen wird.

Halle a. S. Friedrich Loofs.

Sabatier, Paul, Vie de S. Francois d'Assise. Paris, Fisch-
SeeclPs dil^bTls^^Z ^^T.'e) als^afte ! bacher' l894- (CXXVI, 419 S. gr. 8.) fr. 7. 50

ficht über die politifche Organifation diefes Gebiets und
über die Evangelifation desfelben eröffnet. Dann folgt
(S. 84—144) ein langes Capitel über die Metropolen und
über das Vicariat von Arles, ein Capitel das neben vielem
Bekannten in Einzelheiten (z. B. über Patroklus und
Hilarius) foviel neue Anregungen giebt und durch die
folide Baus, auf der hier die Unterfuchungen ftehen, fo
fehr empfohlen wird, dafs es begreiflich ift, dafs D. auch
diefen Abfchnitt feines Buches fchon vor Veröffentlichung
des Ganzen bekannt gemacht hat {Memoires de la
societe nationale etc. vgl. oben tom. LH). Ueber die
dann folgenden Abfchnitte, welche für 46 Bifchofsfitze
die ficheren Bifchöfe der Reihe nach mit allen für die
Chronologie nöthigen Quellennachweifen behandeln,
kann hier nicht referirt werden. Das aber mufs hervorgehoben
werden, dafs D. in mufterhaftefter Weife fich

und deshalb in der Ueberficht übergangenen Bisthümer Nevers, Laon,
Maurienne, Arifitum aufser Berechnung gelaffen werden. So find
S. 7—29 in Summa 121 Bisthümer aufgezählt, während S. 29 fr. nur
mit 119 gerechnet wird.

und es kam dazu, dafs man in Frankreich für die ,welt-
hiftorifche Perfönlichkeit und wunderbare Creatur Gottes',
als die wir Deutfchen durch Hafe Franz längft haben
kennen lernen, nur fo ganz unkritifche und phantaftifch-
fchwache Werke wie die von Chavin de Malan und
neuerdings von Le Monnier hatte, während hier Sabatier
ein Werk bot, das auf der Höhe moderner hiftorifcher
Technik und künftlerifcher Auffaffung und Darftellung
fteht.

Aber der Erfolg des Buchs hängt in letzter Linie
doch eben an diefen Eigenfchaften an fich, nicht an
irgend welchen zufälligen Nebenumftänden. Das Buch
ruht auf der breiteften und forgfamften Benutzung und
Sichtung der Quellen. Sein Verf. kennt die Stätten, die
des Heiligen Fufs betrat, aus eigener, zum Theil langer
Anfchauung. Er hat fie mit den Augen des Künftlers
gefehen und führt fie mit voller Lebhaftigkeit auch dem
Lefer vor. Als Künftler hat er aber auch das Bild feines
Helden in fich aufgenommen und ift wiederum bemüht,
die Stimmungen, die es in ihm wach gerufen hat, auch