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Ausgabe: | 1894 Nr. 4 |
Spalte: | 114-115 |
Autor/Hrsg.: | Paulus, Nic. |
Titel/Untertitel: | Der Augustiner Bartholomäus Arnoldi von Usingen, Luthers Lehrer und Gegner. Ein Lebensbild 1894 |
Rezensent: | Kawerau, Gustav |
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H3 Theologifche Literaturzeitung. 1894. Nr. 4. 114
dinal von S. Peter ift Papft; und da nun das Volk fich
diefem, der ein Römer war, zuwandte, um ihm zu huldigen
, wurde es den Cardinälen möglich, ihre Perfon in
Sicherheit zu bringen. Die einen verbargen fich in ihren
Häufern, andere flüchteten in die Engelsburg, andere
gar verliefsen die Stadt.
Jahr beftreitet trotz diefer Vorgänge, dafs die Wahl
Urban's das Ergebnifs eines von den Römern ausgeübten
Druckes gewefen ift. Die einzigen, welche es genau
wiffen konnten, die Cardinäle felbft, haben ausnahmslos
das Gegentheil behauptet. Freilich als fie ihre Ausfagen
machten, konnten fle nicht gut anders fprechen, da fie
werthe Belefenheit und durch gewandte Verarbeitung des
Materials im Dienft der katholifchen Intereffen aus. In
8 Capiteln behandelt er den Erfurter Lehrer der Philo-
fophie, dann den Ordensmann und Theologen — Ufingen
trat erft in fpäteren Jahren ins Auguftinerklofter ein, nach
Paulus im J. 1512 —; darauf fchildert er die Anfänge der
Erfurter Reformation und Ufingen's Kampf mit den dortigen
Prädicanten. Die drei folgenden Cap. find der näheren
Zeichnung feiner Rechtfertigungslehre, feiner Stellung zur
Kirche und deren Schäden, und feiner Urtheile über die
Reformation gewidmet; das letzte fchildert das Ende
feiner Wirkfamkeit und feinen Lebensausgang in Würz-
fich von Urban losgefagt hatten. Man wird, wie mir ; bürg (f 1532). Ein wohl vollständiges Verzeichnifs feiner
fcheint, unter diefen Umftänden die Frage, ob fie fich Schriften fchliefst fich daran als willkommene Beigabe,
unfrei gefühlt haben, mit voller Sicherheit nicht beant- [ So gewandt hier vor allem die eignen Schriften Ufingen's
worten können, fondern mufs fich darauf befchränken, j durchforfcht und für die Darftellung verwendet find, und
zu prüfen, ob nach Lage der Verhältnifse anzunehmen [ fo fchätzenswerth die wörtlichen Mittheilungen aus diefen
ift, dafs fie für ihre Perfon zu fürchten hatten, wenn fie j Quellen find, fo kann doch ein zweifacher Vorwurf dem
fich dem Verlangen der Römer unbedingt widerfetzten. Verf. nicht erfpart bleiben: dafs er zu fchnell und dafs
Und da mufs ich geliehen, dafs auf mich die Berichte J er nicht ohne Tendenz gearbeitet hat. Was erfteres beeinen
andern Eindruck gemacht haben als auf den Ver- 1 trifft, fo notire ich, dafs er ein fo nahe liegendes Hülfs-
faffer. Vornehmlich der des einen Condavewächters, des mittel wie K. Gillert's Ausg. des Briefwechfels Mutian's
Bifchofs von Todi, zeichnet fich durch Anfchaulichkeit j (Halle 1890) unbenutzt gelaffen hat. Hier konnte er II 249
und Sachlichkeit aus, und diefer, der ein Anhänger j lernen, dafs Ufingen i486 Bacularius artium wurde;
Urban's war, läfst in feiner Darftellung über die Haltung ; noch wichtiger ift die andere, hier befindliche Angabe,
der Bevölkerung keinen Zweifel. Vergegenwärtigt man dafs er im Sommer 1512 Bacularius fomtatus der Theo-
fich dazu die ficheren Thatfachen, wie das Conclave logie und im Winter darauf Licentiatus s. thcol., endlich
äufserlich verlief und endete, fo ift es zum minderten 16. Oct. 1514 Doctor geworden war. Dadurch fcheinen
wahrfcheinlich, dafs die Cardinäle Grund hatten, fich be- mir einige Combinationen unfers Verf.'s unficher gemacht
droht zu fühlen. zu werden. Er läfst Ufingen c. 1465 geboren fein, ums
Indeffen diefer Punkt kann für die Gültigkeit der; Frühjahr 1512 als fünfzigjährige n ins Erfurter Klofter ein-
Wahl überhaupt nicht mafsgebend fein. Am 9. April [ treten, dann bald nach feinem Eintritt auf Staupitz' Rath
war Rom vollkommen ruhig. Die ftädtifchen Beamten die theolog. Grade erwerben. Aber abgefehen von der
erkannten den neuen Papft fofort an, und am Nachmittage Rechnung 1465—1512 = 50 ftöfst hier das Bedenken auf,
kamen die in der Stadt gebliebenen Cardinäle in den | dafs dann Ufingen während feines Probejahrs zwei Pro-
Vatican, um ihn zu inthronifiren. Am 10. April kehrten motionen durchgemacht haben müfste. Iii feine Angabe
auch die in die Umgegend geflohenen Cardinäle zurück ,ego quinquagenarius monasterium intravH genau, fo
und huldigten ihm, und am 18. April wurde Urban ge- 1 wird fein Eintritt in den Orden erft nach der Promotion
krönt. Hier haben wir die für die Rechtmäfsigkeit der zum Doctor anzufetzen, dann aber auch nicht auf Staupitz'
Wahl entfeheidenden Thatfachen. Mochten die Cardinäle i Rath zurückzuführen fein — oder man wird fein Geburts-
im Conclave nicht frei gewefen fein: durch die Inthro- jähr früher anzufetzen haben. Die Erfurter Uni verfitätsacten
nifirung und Krönung zu einer Zeit, wo zweifellos kein müfsten hierüber Auskunft gewähren, da hier bei den
Druck auf ihnen lag. jedenfalls kein Druck, dem fie fich '. Angaben über feine Promotionen die Zugehörigkeit
nicht hätten entziehen können, erkannten fie die Wahl- | zum Auguftinerorden notirt fein mufs, falls er wirklich
handlung felbft als eine correcte an und befeitigten fie fchon das Mönchskleid trug. Aber diefe Urkunden zu
die Mängel, die ihr etwa anhafteten. Dies Moment hätte ! befragen, hat Paulus unterlaffen. Was das andere betrifft
der Verfaffer als ausfchlaggebend in den Vordergrund 1 fo verweife ich auf S. 37, wo er den Lefern die Mär aufrücken
müffen. Er weift freilich darauf hin, aber für ihn ! tifcht, die evang. Prediger in Erfurt hätten gelehrt, ,das
ift die Gültigkeit der Wahl damit gegeben, dafs das AT fchreibe ausdrücklich die Pflicht vor, den Glauben
Conclave ein freies gewefen fei. Auch im Einzelnen der Vorfahren zu verlaffen'; während Culfamer ,Eyn
dürften manche Sätze bei ihm noch auf Widerfpruch wiederlegung' Bl. Aij vielmehr auseinanderfetzt,' der
ftofsen. Es hätte auch wohl die Oertlichkeit des Con- Glaube der Väter führe angezweifelt auf Abgötterei';
claves genauer und anfehaulicher befchrieben fein können, j darum gelte Ufingen's Mahnung, beim Glauben der Väter
was die Quellen erlauben. Immerhin hat er in einer zu bleiben, hier nichts, vielmehr gelte hier Ezech. 20: in
methodifch recht fchwierigen Frage ein anerkennens- ' den Geboten eurer Väter follt ihr nicht wandeln, follt
werthes Mafs von Kritik gezeigt.
Kiel. Rodenberg.
auch nicht nachfolgen ihrem Urtheil, ich bin der Herr
euer Gott etc. War das nicht ein ganz richtiger Schriftgebrauch
, falls der Vorderfatz, dafs der Väter Glaube
in Abgötterei führe, zutreffend war? Ich verweife ferner
Paulus, Prieft. Nie, Der Augustiner Bartholomäus Arnoldi von auf S. 115, wo er Luther's Vorwurf gegen den Leipziger
Theologen Dungersheim, in Mühlhaufen von Th. Münzer
getaufte Kinder wiedergetauft zu haben, damit abfertigt,
dafs er fagt: ,Münzer hatte eine neue Taufformel einge-
Usingen, Luthers Lehrer und Gegner. Ein Lebensbild.
[Strafsburger theolog. Studien, I. Bd., 3. Hft.] Frei-
u in ,o„, zvwt c s w/r 1 Sn t"".*" ,C*BL- nane eine neue xauiiormei einge-
burg i/B., Herder, 1893. (XVI, 136 S. gr. 8.) M. 1. 80. f„hrt> damm waren fie ungütig getauft< Aber Münz*,g
N. Paulus ift ein fleifsiger und gewandter Schrift
fteller. De katholifchen Theologen der Reformationszeit
biographifch zu behandeln, fcheint er fich als feine Specialaufgabe
geftellt zu haben; neben diverfen biographifchen
Studien, die er in Zeitfchriften veröffentlicht hat, find
feine gröfseren Arbeiten bisher Theologen des Augu
Formel lautete: ,Ich tawff dich in dem namen des vatters
und des fons und des heyligen geifts' (vgl. feine Ordnung
des Teutfchen ampts zu Alftadt 1524)." War das eine
neue Taufformel? Zur Sache vgl. vielmehr Erl. Ausg. 262,
284. Er rechnet es S. 75 einfach unter die Verleumdungen
, die man evangelifcherfeits Ufingen angehängt
ftinerordens gewidmet gewefen: Staupitz, Joh. Hoff- 1 habe, wenn man fagte, dafs er gepredigt habe, Chriftus
meifter, und jetzt Ufingen. Wie feine früheren Schriften . fei nur für die unfchuldigen Kinder, nicht für die Erzeichnet
auch diefe neuefte fich durch eine anerkennens- I wachfenen geftorben. Ich möchte ihn erfuchen, diefe Notiz