Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1894 Nr. 24

Spalte:

604-609

Autor/Hrsg.:

Chase, Frederic Henry

Titel/Untertitel:

The Old Syriac element in the text of Codex Bezae 1894

Rezensent:

Hackmann, Heinrich

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

Download Scan:

PDF

607

Theologifche Literaturzeitung. 1894. Nr. 24.

608

xag und ftatt 01 viol vuiöv xal ai ß-vyazigsg vpimv hat D
ot viol avzcöv xal al {rvyaztgsg avzcöv. Zur Erklärung
des erften Unterfchiedes fagt Ch.: The Syriac Vulgate
kas jjas, but probably an Old Syriac text had )psi£i
wliich coidd be taken as Singular (as generally) or as
plural {Jude 7 Apoc. 1918. 21). Die Intervention des
Syrifchen ift hier aber gar nicht vvefentlich. Denn wer
fyrifches kjas als Plural las, that mit Bewufstfein um
des Zufammenhangs willen dem Worte diefen Zwang
an, weil er dadurch die Menge der Geiftesempfänger
deutlich ausdrücken wollte. Diefe Rücklicht auf den
Sinn war alfo das Ausfchlaggebende, und fie konnte
eben fo gut ohne jede fyrifche Vorlage einen Grübler
aus dem griechifchen Singular einen Plural machen
laffen, wie Gen. 6,t und Ez. 32-, hebr. niS2 aus ähnlichem
Grunde mit odgxeg wiedergegeben ift. — Zu der zweiten
Verfchiedenheit unferes Verfes bemerkt Ch., fie würde
einleuchtend, fobald wir neben einander fchrieben
und ,qoi^i.s. Alfo foll wohl nach Ch.'s Meinung im
fyrifchen Texte ein Verfchreiben ftattgefunden haben.
Aber ai und 3 find durchaus nicht leicht zu verwech-
feln, und vor allen Dingen: es handelt fich um zweimaliges
avzcöv für zweimaliges vpcöv, was ein Verfchreiben
als Urfache der Abweichung doch fehr zweifelhaft
macht. Sollte denn wirklich ein avzcöv für vficöv
,so inexplicable in thc „Western11 text' fein? Das avzcöv,
auf oägxag bezogen, entftellte doch am Sinne nichts,
und es könnte einfach darin feine Erklärung finden, dafs !
der Schreiber von Cod. D fich bei dem Citate feinem
Gedächtniffe überlaffen hat, welches ihm die fehr naheliegende
Variation fuppeditirte. Jedenfalls liegt hier
kein zwingender Beweis für fyrifchen Einflufs. — Nehmen
wir eine andere der angeblich befonders fignificanten
Stellen: 313f. Die erfte der hier aufftofsenden Differenzen
ift die Einfchiebung von elg xgioiv bei D (sig xgizn-
qiov bei E). Ch. erklärt dies daraus, dafs ,to-give-up
to-jndgment is a ckaracteristic Syriac phrase used in
the Gospels'. Dies wird erwiefen dadurch, dafs an drei
Stellen im /Eh-Texte des N. T. das Verbum für ,to-
give-up' (v-v^l) nach fich hat Li-pS*. Diefe Stellen find
Luc. 2420. Mc. I39. Luc. 2O20. Diefe hätten aber doch
nur dann die verlangte Beweiskraft, wenn an ihnen das
fyr. Lv-pL. keinem griechifchen Aequivalent entfpräche.
Aber an den drei genannten Stellen ift Ll-p^a. nur die
Ueberfetzung für griechifche Ausdrücke, denen es recht
gut entfpricht; in Luc. 2420 für xoTua, in Mc. I39 für
für ovvsögia, in Luc. 2O20 für dgyf). Und doch foll auf
Grund diefer drei Stellen Li_pS» * 1 eine charakte-
riftifch fyrifche Phrafe fein. Obendrein hat Ch. nicht
beachtet, dafs die Urumia-Ausgabe des fyr. N. T. an |
den zwei letztgenannten Stellen wohl mit befferem I
Rechte nicht jj_f? fondern Jjlj refp. jjl» lieft! — Wie [
der Verfaffer überhaupt mit der Heranziehung von
,charakteriftifch fyrifchen' Ausdrücken operirt, möge
noch ein Beifpiel zeigen. Zu 312, wo D ajtoxgid-slg de
6 ndzgog eijitv szgdg avzovg gegen löcbv de 0 Ilszgog
cmexgivazo Jtgög zbv Xaov hat, bemerkt Ch.: the intru-
sion of stsiev (see 913. io47. H9. 2228. 2410) and that
of the pronoun (,to-them') are, I believe, both characte-
ristically Syriac changes. Nun, wenn Ch. das auch
glaubt, andere werden es ihm fchwerlich glauben. Dafs
die angeführten Stellen für den fyrifchen Urfprung i
folcher Erweiterungen nichts beweifen, braucht kaum
bemerkt zu werden. — Act. 7 24 hat D den Zufatz Ix
zov yivovg (E: ix zov yivovg avzov). Diefer Zufatz
weift nach Ch. auf fyrifchen Urfprung, weil Ex. 214 der
Syrer ein ,the sons of Israel' hinzugefügt habe, das auch
in dem Syrer (Pes.) von Act. 724 (ai£^j_A, -i -) feinen
Einflufs zeige. Aber jener Zufatz in Ex. 2n findet fich
fo gut wie im Syrer auch in dem Griechen (,zcöv vicöv

'Iogar'/X'), wodurch der ganze Beweis für fyrifchen Urfprung
hinfällig wird. — Act II27 hat D zwei Erweiterungen
. Er fügt hinzu: r)v ds sxoXXr) ayaXXiaOig.
GvveOzgapuivcov 6s i)ucöv . . . Ch. behauptet, diefe Zu-
fätze verdankten ihren Urfprung dem Streben nach
Affimilirung an act. 8g und 22 7. Das ift eine Frage
für fich. Eigentümlich aber ift, wie fich nun zugleich
ergeben foll, dafs bei diefer Affimilirung ein fyrifcher
Text vorlag. Ch. bemerkt zu dem Zufatze: ijv de stoXXi]
dyaXXtaOig: the gloss in the first line comes front Acts
VIII. 8, where t/ie Syriac renders yagd by the word
used to represent ayaXXiaOig in Lc. I. 4.4., Hebr. I. p,
Jude 24. Note iyivszo(VlII.8) = 2.001 L001 = rv (XI. 27),
comp, note on III. 10. Alfo weil dyaXXiaaig zweimal
(nicht Luc. l44,wo ihm ]tuoi ]Zop- entfpricht) mit dem
fo gewöhnlichen fyr. ]2op- überfetzt ift, fo liegt hier
in dem ayaXXiaOig die Spür davon, dafs es Wiedergabe
jenes l2cr.» act. 88 (für griechifches %aga) ift? Ein felt-
fames Argument. Und dafs iytvszo nur über den Umweg
2.0m }_.ooi 7.u rv geworden fein könne, will doch
wohl niemand im Ernfte behaupten. Die zweite Glofle
ovvsozgauusvmv de tfpcöv foll aus act. 20 7 flammen,
aber über die Gründe gerade einer fyrifchen Vorlage
bleiben wir hier noch mehr im Unklarem — Act. 12 )0
hat D die Erweiterung: xazsßnöav zovg £ ßa&uovg xal.
Diefer Zufatz foll aus der Reminifcenz an Ez. 4O0. 2i
flammen, wo von heben Stufen die Rede ift, die der
i Führer der Vifion hinauffteigt (was übrigens irrig von
Ch. aufgefafst wird als the picture of the prophet guided
by the angel ascending seven Steps . . ., da keine Rede
davon ift, dafs der Prophet die Stufen hinaufgeführt
wäre). Die Hauptfache würde nun aber fein, ein fyrifches
Original bei diefer Einfchiebung nachzuweifen.
Was für Beweife hat Ch.? Er fagt: It is not likely,
that the gloss was originally Greek. For Ezek. XL in
the LXX. has no specialpoints of similarity to Acts XII. 10.
Da es fich aber nur um die zwei Wörter sstzä und
ßaO-ftoi resp. dvaßair/ioi handelt, fo nimmt fich das Argument
Ch.'s fehr komifch aus. Er führt aber ferner
noch eine Aehnlichkeit zwifchen dem Texte der Acta
und Ez. 40e an, wenn beide fyrifch auftreten, nämlich:
L,*^ Ul (Ez.) gegen lijai» Ixo^ qI (Act.). Man ift in
der That in Verlegenheit, was man zu folch einem Beweife
von ,close correspondcnce' fagen foll. Was fodann
noch über die wahrfcheinliche frühere Correfpondenz der
Worte ywhich looketh towards the east' und ,that leadeth
into the city' in dem ,alten Syrer' vorgebracht wird, ift
reine Vermuthung und eben fo werthlos wie die Nachweife
fyrifchen Einftuffes im voraufgehenden Text, welche
ich hier aus Raummangel nicht eingehend widerlege,
j (Man beachte nur, dafs vv^ag act. 12- bei D der Er-
I innerung entfprungen fein foll, dafs Joh. i934 L-ic, ge-
[ wohnlich Correlat zu scazdooaj, zur Ueberfetzung von
vyoöco gebraucht ift!)

Es fei noch einmal hervorgehoben, dafs die be-
fprochenen Stellen nach des Verfaffers eigener Angabe
zu den überzeugendften gehören. Und in der That, verglichen
mit manchen andern Erörterungen, welche uns ein
fyrifches Original der Eigenthümlichkeiten D's glaubhaft
machen follcn, find jene Beweife noch einigermafsen
erträglich zu nennen. Mit Argumenten wie dasjenige
i von S. 84: ,The first five lines are likewise, I believe, a
I dose representation of a Syriac Version (note e. g. xal
mg = pso), glossed front the Petrine history IX. 38, 39'
getraue ich mir, den Einflufs jeder beliebigen Sprache
in den Eigenthümlichkeiten von Cod. D nachzuweifen.

Mit einem gewiffen Bedauern wird man, wenn man
im zweiten Theile der Schrift Chafe's die intereffanten
Beziehungen und weitreichenden Confequenzen fich hat
vorführen laffen, zu denen jener ,alte Syrer' den Weg
I zu öffnen fcheint, den mangelhaften Unterbau bemerken,