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Ausgabe:

1894 Nr. 22

Spalte:

554-557

Autor/Hrsg.:

Hackmann, Heinrich

Titel/Untertitel:

Die Zukunftserwartung des Jesaia 1894

Rezensent:

Budde, Karl

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Theologifche Literaturzeitung. 1894. Nr. 22.

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leitung zu diefen Capiteln niedergefchrieben hat, die es i gäbe, kritifchen Wage- und Klcttermuth bis zur Toll-
mit dem Verftockungsgerichte überjuda zu thun haben. ; kühnheit, fchöpferifche hiftorifche Phantafie, die aus
Diefe Zufammengehörigkeit erkennt Hackmann an, indem Ueberlieferungsbrocken, deren fie fich keinen entgehen
er meine (nicht Duhm's) Verbefferungen ibs und TöMl läfst, glänzende Paläfte aufbaut, fo verlockend, dafs man,
in 7, 3.13 annimmt: daraus folgt das Uebrige, was übrigens die Gefährlichkeit derartiger Niederlaffungen vergeffend,
an fich klar ift. Der Fehler liegt nur darin, dafs man ! oft drauf und dran ift, da einzuziehen. Dazu kommt eine
die Grundlage für den Searjahib in 6, 13 immer wieder glänzende Schreibart, die auch bei den trockenften Deverkennt
. Dafs ,alle alten und neuen Exegeten'-imb iinim . tailunterfuchungen die Aufmerkfamkeit des Lefers zu

- - ... «1.1. , I ----1 _fiT ;i___ ' 1 ,....... ,

von Vernichtung verflehen, thut wohl nichts zur Sache;
aber hat denn Hackmann bei der Behauptung, der Sinn
,es wird wieder beweidet werden' gehe gegen den fonft
gebräuchlichen (S. 73), gar nicht an die nächftliegende
Beweisftelle c. 5, 5 gedacht, wo nur Eigenfinn jene Bedeutung
befeitigen kann? Hier gilt es Berichtigung des
Textverftändnifses. — Ebcnfo unmöglich bleibt es, c. 7,
18 ff. auf das Nordreich ftatt auf Juda zu beziehen. Auch
die Streichung von v. 17, fo gewaltthätig das Verfahren
ift, hilft dazu nichts; denn nach v. 13 dem Ahas noch
Heil weisfagen zu laffen, ftempelt den Jefaia zum Narren.
Der Verf. bemüht fich ausführlich, die Unmöglichkeit
eines fo plötzlichen Umfchlags bei dem Propheten nach-
zuweifen, ohne auf v. 9b zu achten und ohne zu bedenken,
dafs er dem Jefaia denfelben Umfchlag in c. 8 ohne
weiteres zutraut (S. 67). Immer noch wird ferner 7, 15

feffeln und oft ihn durch einen plötzlich losplatzenden
Sprühteufel für die Langweiligkeit des Stoffs zu ent-
fchädigen (vgl. z. B. S. 292) weifs. Leider ift feine Sprache
durch eine Menge ganz überflüffiger, oft fehr häfslicher
Fremdwörter und durch eine oft gefucht undeutliche
Manier des Ausdrucks entftellt. Auf S. 10 zählen wir in
7 Zeilen 10 Fremdwörter. Oft bildet der Verf. ganz
neue, als ob wir deren nicht bereits übergenug hätten;
vgl. S. 242 bouleverfirt, S. 282 debaraffirt, S. 307 eliga-
torifch, S. 33s Cafino-Fanfaronade u. f. w. u. f. w. — Auf
S. 362 lefen wir — um auch einige Undeutlichkeiten anzuführen
— etwas von einer .Entfchüttungsarmee'. S. 145
von ,Lupfnoten' und ,fchnüffelndem Edelmuthe' u. dgl. —
Auf S. 74 wird die Anficht von G. Baur über die Herkunft
der Philifter folgendermafsen vom Verf. kritifirt:
,Man wird, nachdem das erfte Staunen überwunden, fo-

eeftrichen'ftatt"7 Vö^und die Verwerthung des wichen gute Freunde hierin entdecken: das alge-

geitncnen itau 7, 10, unu "™ Tjpru„nff er f,ch nicht braifche Pnncip auf ein hiftorifches Problem angewendet
Abfchnitts v. 2lff., über deffen ™n^ ' und die ftiliftifche Form betreffend das wohlbekannte:

ausladen w,ll W«^«; TetSf Wort V^ocltl ,Wenn der Mops mit der Wurft etc.' Abgefehen von der
Die8 von ^^^o^^t^X^^ ! burfchikofen Nachlaffigkeit diefer Wendungen (vgl. auch

S. 341 A. 1), durfte wohl der Lefer etwas mehr Deutlichkeit
verlangen können. Uebrigens begegnen folche
Gefchmacklofigkeiten nur feiten, öfter vielmehr Bemerkungen
von treffendem Witz. —

Seine Aufgabe hat der Verf. weit gefafst. Er will
nicht blofs eine Gefchichte des israelitifchen Volkes geben
, fondern eine folche des hebräifchen Zeitalters. Die
Hebräer find allerdings auch hier in den Mittelpunkt der
Unterfuchung geftellt, aber der Blick ift ftets auf die
ganze Periode der älteften Völkergeichichte gerichtet,
der jene angehören. Daraus folgt die beftändige Heranziehung
alles deffen, was die älteften Denkmäler, befon-
ders die affyrifchen und ägyptifchen zum Verftändnifs
diefes Zeitalters beibringen. Man mufs dem Verf. zuge-
ftehen, dafs er fich eine ausgebreitete Kenntnifs diefer
Hülfswiffenfchaften fowie der Kritik des A. T.'s erworben
hat, und dafs er mit grofsem Gefchick die einzelnen
Daten, die hier in Frage kommen, zu combiniren weifs.
Die Unficherheit des Bodens hat die Kühnheit feines
Spürfinns nur noch mehr angefeuert^Mferfen wir einen
Blick auf die Art, wie der Verf. do^fcnng diefer Gefchichte
vorftellt. —

In einem erften Capitel geht der Verf. von den älteften
Ueberlieferungen aus, die fich um die Erinnerung
an die Periode der grofsen Fluth bewegen. Mit Hülfe
der Denkmäler, der linguiftifchen Forfchung, der älteften
Daten der Klaffiker fucht der Verf. vom Wagen Phaetons
aus ein Bild der erften bewohnten Erde und der Raffen,
Völkermifchungen und Zuftände auf ihr zu gewinnen.
Es handelt fich dabei vorzugsweife um die Lage, in der

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Ueberfchrift von 9, I—6 fei, wodurch diefer Abfchnitt
völlig abgelöft wird, leuchtet keineswegs ein. Hier gilt
es tiefer zu graben, forgfältiger herzuftellen und zu verflehen
: dann wird auch 9, 1—6 fich als echtes, altes Gut
bewähren. Hervorgehoben fei hier nur die grofse Schwäche
der fprachlichen Gründe gegen die Echtheit (S. 148f.).
Zu bnc vgl brio Gen. 49, 15, lYlbap Ex. 1, 11. 5, 5; 2, 11.
5, 4; von JNO und jlXD findet fich'die Sache im ganzen
A. T. nicht, auf gleiche Gründe liefse fich Debora-Lied
und Jakob-Segen umwerfen; nbbNtl wird man fchwcrlich
im Ernfte geltend machen. Bleibt nur rntoa, woran
Lagarde mehr gemäkelt hat, als nöthig war.'

Doch ich mufs abbrechen, weil der Raum mangelt.
Ich hoffe gezeigt zu haben, wie fehr man fich bei der
Einzelanpaffung der durchaus richtigen Stade'fchen Vor-
ftellung von dem Zuftandekommen der prophetifchen
Bücher davor hüten mufs, gewaltfam und fummarifch zu
verfahren. So wenig die fcharfe Scheidung der 2 jefaia-
nifchen Zukunftsbilder Guthe's, der 3 Giefebrecht's, mir
durchführbar erfcheint, fo wenig hat man ein Recht zu
fordern, dafs der Prophet folgerichtig einen einzigen Gedankenfaden
feftgehalten habe, und daraufhin alles zu
ftreichen oder umzudeuten, was dem im Wege fleht. Es
wird uns nicht glücken, das Geheimnifsvolle aus der Er-
fcheinung der Propheten zu entfernen; es ift manches
Mal beffer, ein Räthfel, ein non liquet flehen zu laffen, als
mit dem kritifchen Befen dazwifchenzufahren. Das darf
mindeftens nicht gefchehen, ehe eine hingebende, felbft-
verleugnendeExegefc, unterftützt von dergewiffenhafteften
Prüfung des überlieferten Textes, das Ihrige gethan hat.

Was den neuen Mitarbeiter an unferem Fache angeht, j Vorderafien und die Länder um das Mittelmeer herum
fo kann auch, wer anderer Anficht ift als er, ihm zu dem j fich befanden. Das erfte Licht der Gefchichte zeigt uns

Geleifteten aufrichtig Glück wünfehen. An Kenntnifsen,
Scharffinn und Fleifs fehlt es ihm gewifs nicht: möchten
wir ihm öfter wieder begegnen!

Strafsburg i. E. K.Budde.

die Culturftaaten Mefopotamiens und des Nils. Gegen
diefe treten femitifche Mafien in Action. Das gefchah
ca. 2600 v. Chr. Sie ftofsen in Europa auf eine ausgedehnte
baskifch-iberifche Bevölkerung, deren Spuren der
Verf. bis in's Einzelne zu verfolgen fich bemüht. In

Niebuhr, Carl, Geschichte des ebräischen Zeitalters. 1. Bd. ^r!^ MaAen' fs. dere^-

o„i:_ r. Nr,„.v ,8«. rv ,-»c ~a m 8 _ , auls"lte gliche Vorpoften dem Verf. Amorrhaer und

Berlin, G. Nauck, 1894. (X, 378 S. gr. 8.) M. 8. —

Das vorliegende Werk darf als das bezeichnet werden
, was man heutzutage eine fenfationelle Erfcheinung
nennt. Auch im guten Sinne. Der Verfaffer hat Geift
und Witz, vielfeitige Kenntnifse, grofse Combinations-

Honter gelten. In Afrika waren damals gegen die dunkelhäutigen
Urbewohner bereits hellfarbige Einwanderer
vorgedrungen, deren Raffe fchwer zu beftimmen ift Es
bildet fich der grofse ägyptifche Culturftaat im Often, im
Werten ein uns dunkel bleibendes grofslibyfcb.es Reich