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Ausgabe:

1894 Nr. 21

Spalte:

541-545

Autor/Hrsg.:

Gooszen, M. A.

Titel/Untertitel:

De Heidelbergsche Catechismus en het boekje van de breking des broods, in het jaar 1563 - 64 bestreden en verdedigt. OOrkonden en dogmenhistorisch onderzoek. Nieuwe bijdrage tot de kennis van het

Rezensent:

Weiffenbach, Wilhelm

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545

Theologifche Literaturzeitung. 1894. Nr. 21.

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Schwenckfeld u. a. zufammenftellt, fo nennt G. diefes
Urtheil ,einfeitig' und .ungerecht' und bei einem fonft fo
,ernftreligiös und ftrengfittlich' gerichteten Meiner der
D.G. nur erklärbar aus hier ungenügender Kenntnifs der
Urkunden. Und G. ftellt dann der unzulänglichen H.'fchen
feine auf Grund reichften und beften Urkunden-Materials
erwachfene richtigere eigene Beurtheilung (S. 401 ff.)
gegenüber, aus der fich die ,Urfprünglichkeit und
Selbftändigkeit' des ref. Proteft. ergebe, während die
, politifchen Pläne' und die ,bedenklichen Unficher-
heiten in Bezug auf das Wefen des ev. Glaubens' —
weil von den Quellen ganz unbezeugt — in das Reich
der Phantafie zu verweifen feien! Selbftändig und fehr
wenig von Luther beeinflufst find Zwingli und
feine Freunde zu ihrer ev. Anfchauung gekommen;
und, wenn auch in allen für den Glauben wichtigen
Punkten mit Luther vollkommen einig, wufsten fie doch
ebenfo klar, wo ihre Wege von denen L.'s abbogen.
Dafs L. und die Seinen ,den in dem Brod fälfchlich
vorausgefetzten Leib Chrifti leiblich effen wollten',
galt den Vertretern der urfprünglichen ref. Anfchauung
als eine bedenkliche Verdunkelung des grofsen
Princips des Glaubens. ,Wenn der Glaube allein,
fagt Zw., abgefehen von aller Wirkung äufserer Dinge,
nicht vollkommen feiig macht, dann finken wir wieder
zu den Werken herunter' (S. 403 f.), und: ,Das (= dafs)
die leyplich gegenwertigkayt Chrifti an ime ift
kleben blieben, welche die grundfefte des gantzen
babftums und fo tief in die hertzen eingewurzelt war',
beklagt Friedrich III. tief an Luther. Eine Concefüon
war hier unmöglich. Die Zufchreibung felbft der ,ge-
ringflen magifchen Kraft oder vis justificandP an die
Sacramente zerfrört das paulin. Fundament der sola fides;
daher dürfen in der A.M.-Lehre ,die signa gratiae
nicht mit der gratia felbft verwirrt werden' (S. 405).
Darum mufs auch in der Chriftologie mit allem Nachdruck
auf die menfchliche Natur des Herrn (auch
des erhöhten) gedrungen, und darf nicht ,die fo grundwichtige
völlige Wefensgleichheit der Menfchheit
des Gottmenfchen mit uns verdunkelt werden' (S. 410). —
Kurz, die in den urfprünglichen ref. A.M.'s-Liturgien
fich widerfpiegelnde eigenthümliche Auffaffung des
Chriftenthums und eigenthümliche theolog. Richtung
verdient mit Recht den Namen des ,gcuus tertium1
des Proteft., das fich ,neben und gegenüber dem Lutheranismus
und dem fpeculativen Calvinismus auf theol.
Gebiet einen Platz zu erobern und zu behaupten gewufst
hat' (S. 411). Ref. kann diefer aus den Quellen er-
wachfenen Aufftellung Gooszen's, die neuerdings durch
einen fo bedeutenden Forfcher wie Wilh. Dilthey (vgl.
,Die Glaubenslehre der Reformatoren', Preufs.Jahrbb. 1894,
I, p. 44—86) eine fehr wirkfame Unteiftützung gefunden
hat, nur vollauf und aus ihm längft feftftehender Ueber-
zeugung heraus beiftimmen. Und er unterfchreibt Wort
für Wort Dilthey's Satz: ,Die reformirten Kirchen
haben eine eigene grofse, über die der Lutheraner
hinausreichende Energie und Leiftung in der Behauptung
des Proteftant. bewährt; dies aber vermochten fie nur
auf Grund einer neuen Form der chrifti. Religiofität,
welche überall eine fcharfgefchnittene eigene Phy-
fiognomie (vgl. S. 86: gefchloffenftcn Charakter)
zeigt. Diefe Religiofität drückt fich in Dogmen und in
einem Zufammenhange diefer Do. aus, die von jeder
früheren oder gleichzeitig dogmatifchen Grund-
conception abweichen. Ja, man kann fagen, dafs die
ref. Religiof. eine ftärkere dogmenbildende Kraft
gezeigt habe als die lutherifche' (a. a. O. S. 84).

Wir fcheiden von Gooszen's bedeutendem Buche mit
dem Wunfche, dasfelbe möchte durch eine Ueberfetzung
ins Deutfche weiteren Kreifen zugänglich werden.

Friedberg i. Heff. Wilh. Weiffenbach

Criegern, Diak. Divif.-Pred. Lic. Dr. H. F. v., 23 Predigten
über das Augsburgische Bekenntnis. Leipzig,
G. Wigand, (1893). (X, 338 S. gr. 8.) M. 4. -

Gewifs ift es nicht weniger berechtigt, über das Be-
kenntnifs von Augsburg zu predigen, wie über den Katechismus
. Dafs es noch viel nothwendiger ift, die Gemeinde
mit jenem als mit diefem bekannt zu machen,
wird jeder zugeben, der das Bedürfnifs unferer Zeit
kennt, dafs die evang. Chriften eine zufammenhängende
und lebendige Vorftellung von der ev. Glaubenslehre
gewinnen und in der Ueberzeugung geftärkt werden,
dafs die grofsen Gedanken der Reformatoren fich auch
heute noch als die echte chriftliche Glaubenslehre bewähren
. Darum hat der Verfaffer fich von der Kirchenbehörde
die Erlaubnifs erbeten, das Bekenntnifs in einer
Reihe von Predigten auszulegen. Er hat mit dielen Predigten
am 1. Sonntag n. Trin. begonnen und die 23. und
letzte am Todtenfeft gehalten. Die erfte einleitende
Predigt geht von dem Motto der Auguftana Pf. 119,40
aus und beantwortet die Frage: was müffen wir von dem
augsburgifchen Bekenntnifs wiffen? 1. dafs es ein Gottes-
zeugnifs ift. 2. dafs es vor Königen abgelegt ift. 3. dafs
die Kirche mit demfelben nie zu Schanden werden wird.
In den folgenden 21 Predigten werden nach einander
die 21 Artikel des erften Theils vom Glauben und von
der Lehre behandelt. Die letzte Predigt, zum Todtenfeft
, handelt von dem ,Siebengeftirn der Bekenner', die
in der Unterfchrift verzeichnet find, und wendet auf fie
das Wort Apok. 3, 12 an. Bei den übrigen Predigten
verlieft der Verf. zuerft den betr. Artikel des Bekennt-
nifses und führt dann zu einem Schriftwort über, an
das er in ähnlicher Weife wie bei der erwähnten erften
Predigt die Betrachtung anknüpft; nur bei der Predigt
über den 12. Artikel von der Bufse hat er nicht ein
Schriftwort, fondern den Text der allgemeinen Beichte
zu Grunde gelegt. So bildet der Abfchnitt des Bekennt-
nifses den eigentlichen Text der Predigt, und wenn bei
der Sorgfalt und Umficht des Verf.'s das Schriftwort auch
nicht nur nebenher erwähnt, fondern meiftens eingehend
ausgelegt wird, fo kommt es doch in der Anlage der
Predigten nicht immer zu feinem Recht; ihr Aufbau erfolgt
meiftens nach dem Inhalt des Bekenntnifsartikels,
der für die Wahl und die Verwendung des Schriftwortes
mafsgebend ift. So erfcheint das biblifche Textwort
für folche Predigten entbehrlich und ift es um fo mehr,
als dem Verf. mit Recht daran liegt, die Schriftmäfsig-

keit diefes Bekenntnifses darzuthun--dafs jeder Satz

diefer unferer Glaubenslehre nicht nur mit einem einzelnen
Wort der h. Schrift belegt werden kann, fondern
der Niederfchlag grofser, grundlegender Schriftgedanken
ift. Zudem hindert die Bezugnahme auf das
einzelne Textwort die volle Darlegung des Bekenntnifs-
inhaltes mehr als dafs fie fie fördert. Der Verf. wird
feine Gründe gehabt haben, trotzdem beftimmte Texte
für feine Predigten zu wählen. Gegenüber den grofsen
Schwierigkeiten, die eine folche Arbeit bietet, ilt fein
Werk als eine tüchtige homiletifche Leiftung anzuerkennen
. Die vorwiegend lehrhafte Art, die dem Verf.
in feinen Ausführungen eignet, war bei diefen Predigten
ohnhm nicht zu vermeiden, aber fie ift hin und wieder
in glücklichfter Weife belebt durch hiftorifche Erinnerungen
und Beifpiele, aber auch durch Hinweife auf
die Gegenwart, um die Gemeinde ftrafend und ermunternd
an den Schatz ihrer Glaubenslehre zu erinnern.
Der reiche Stoff, der hierfür vorhanden ift, hätte immerhin
noch mehr ausgebeutet werden können. Aber wir freuen
uns des Unternehmens, das der Verf. fo glücklich durchgeführt
hat, und wünfehen den Predigten viele Lefer
unter Predigern und Gemeindegliedern. Eine allgemein
verftändliche Erläuterung der Glaubensartikel der Augsburger
Confeffion hat vor Kurzem auch Julius Köftlin
herausgegeben (Schriften für das deutfche Volk vom