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Ausgabe:

1894 Nr. 20

Spalte:

515-517

Autor/Hrsg.:

Anrich, Gust.

Titel/Untertitel:

Das antike Mysterienwesen in seinem Einfluss auf das Christentum 1894

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1894. Nr. 20.

520

fches Product fei, deffen Autor zwar nicht ficher zu ermitteln
, vermuthlich aber identifch ift mit dem Anonymus
, der erftmalig das Gedicht zufammen mit einigen
poetifchen Erzeugnifsen des Philomufus (Locher) und

hervorgerufen. Der Drucker, Herr Rohrer in Brünn,
hat nun, wie mir Herr Prof. Brandt mittheilt, für diefen
Band neue Zeichen und Typen, wenigftens für gewiffe
Buchftabenformen, fchneiden und den ziemlich com-

Zovenzonius in einer Sammlung veröffentlichte, die im j plicirten Druck fo herftellen laffen, däfs er fich neben
zweiten Band der von Aldus 1501 (1502) zu Venedig ' den Holzhaufen'fchen Drucken fehr wohl fehen laffen
gedruckten Poetae christiani minores fchon benutzt ift. kann.

Was Brandt über dies Thema vorbringt, ergänzt und
erweitert feine Ausführungen in den Commentationes
Woeljflinianae, 1891, 77—84. Das Gedicht De resurrec-
tione hat Brandt in feine Ausgabe nicht mit aufgenommen
, fondern fich damit begnügt, von einer im Cod.
Monac. 13241 a. 1529 aufbewahrten Abfchrift, in der eine
andere Versordnung befolgt ift, Mittheilung zu machen.
Selbftverftändlich fehlt auch die Räthfelfammlung, in
der f. Z. Heumann das Sympofium des Lactanz wiederzuerkennen
glaubte.

Das dritte Capitel bringt eine erfchöpfende Ge-
fchichte der gedruckten Ausgaben. Es ift Brandt gelungen
, die bisherigen Angaben über die älteften Ausgaben
zu vervollftändigen oder zu berichtigen. Nach
ihm wurden im 15. Jahrhundert '13 oder 14 Ausgaben
gedruckt, im 16. Jh. 36, im 17. 11, im 18. 10, im 19. 3.
Aufser für die beiden älteften Ausgaben, nämlich die
zu Subiaco von Conrad Sweynheim und Arnold
Pannartz 1465 und die zu Rom 1468 von denfelben
gedruckten, find auch für die römifche Ausgabe von
1470 (J. Andreas) und die venetianifchen von 1471
(Adam de Amberger) und 1472 (Vindelinus de
Spira) Handfchriften eingefehen worden, was bisher
nicht bekannt war. Die übrigen Ausgaben des 15. und
beginnenden 16. Jahrhunderts hängen alle von den genannten
römifchen und venetianifchen ab. Den nächften
Abfchnitt bezeichnet die Ausgabe des J. Parrhafius
von 1509 (Venedig), weniger um ihrer felbft willen, als
weil auf fie die folgenden direct oder indirect zurückgehen
, ohne dafs die älteften Ausgaben herangezogen

Giefsen. G. Krüger.

Carriere, Mor., Religiöse Reden und Betrachtungen für das

deutfche Volk von einem deutfchen Philofophen. 3.
mit kritifchen Beigaben verm. Aufl. Leipzig, Brockhaus
, 1894. (XXVII, 365 S. gr. 8.) M. 7.—; geb.

M. 8.50

Ein Buch wie das vorliegende, 1850 in erfter, 1856
in zweiter Auflage erfchienen, bedarf nur der Ankündigung
, dafs es nach 44 Jahren wieder feinen Gang durch
die Hallen des deutfchen Geiftes antritt, um freudig be-
grüfst zu werden. Der Altmeifter des deutfchen Idealismus,
der in gährender Zeit die Verföhnung von Religion und
Bildung, von Chriftenthum und deutfchem Volksgeift vertreten
hat, ift derfelbe geblieben auch gegenüber verwandten
Erfcheinungen der Negation wie der Reaction,
die feitdem aufgetreten find. Das beweifen die .kritifchen
Beigaben', die zur 2. Auflage dazu gekommen
find, urfprünglich Abhandlungen für Zeitfchriften oder
Vorträge. Weder durch Renan's in dem Schmuck genauer
Orts- und Gefchichtskunde auftretenden Roman,
noch durch die oberflächliche Betrachtungsweife des
fpäteren Straufs, noch durch die Anpreifung Buddha's
als des Meifters der Zukunft, noch durch die Ueber-
menfchlichkeiten Nietzfche's hat er fich blenden laffen,
hält vielmehr daran feft, dafs es die entfcheidende Frage
für die Erkenntnifs ift, wie wir zur Sittlichkeit gelangen,
und das Höchfte im Leben ein gottinniges Leben der
werden. Wahrfcheinlich ift das auch der Fall bei der ! Liebe. Was er über Chriftenthum und Kirche urAusgabe
des J. B. Egnatius, Venedig 1515 {Aldina < theilt, darüber kann man vielfach anderer Meinung fein
prior), der übrigens die Textconftituirung manches zu
verdanken hat. Ihre Autorität hat die der parrhafiani-
fchen abgelöft, bis fie felbft von der des Honoratus
Fafitelius, Ven. 1535 {Aldina altera) in den Schatten

als der Verf.; aber das fchöne Wort Vilmar's über
Schiller, das der Verf. einmal anführt, gilt in befonderer
Weife auch von ihm, dafs „die Blüthe feines Denkens
und Dichtens, wenn auch auf der Oberfläche des wogen-
geftellt wurde, der wieder auf Handfchriften zurückging | den Zeitmeeres hingetrieben, doch mit ihren Wurzeln

und nach Brandt's Urtheil für den Text der Inftitutionen
wenn nicht mehr, fo doch mindeftens fo viel wie alle
früheren Herausgeber zufammen geleiftet hat. Er ift auch
nur von Einem übertroffen worden, dem Brandt das
höchfte Lob fpendet, von J. L. Bünemann (Leipz. 1739),

auf dem ewigem Grunde feftgewachfen ift, der gelegt ift,
ehe der Welt Grund gelegt war." Und wenn auch in
diefer neuen Geftalt die Arbeiten und Gedanken des
ehrwürdigen Verf.'s viele Freunde finden, fo find wir überzeugt
, dafs der fchöne Ausdruck, den er eben in diefem

,cnius editio inter eos est libros qui numquam obsolescent, Zufammenhange von Schiller gebraucht, auch an feinem
qni quamqiiam nunc neglegi solet ab iis qui historiam I Buche fich erfüllen wird, „dafs, manche an dem Schafte
pliilologiae scribunt, inter praeclarissimos tarnen philologos diefer aus der Tiefe aufgeftiegenen Lilie herniedergleitend

felbft zu dem Grunde gelangen können, auf dem fie feften
Fufs zu faffen vermögen".

Leipzig. Härtung.

quos saeculum XVIII tulit numcrandus est (LXVI). Dafs
Brandt fich redlich bemüht hat, auch diefe Ausgabe
noch zu übertreffen, beweift derUmftand, dafs er fämmt-
liche Ausgaben, foweit fie irgend einen Werth befitzen
konnten, eingefehen hat, was Bünemann nicht möglich
gewefen war, und dafs er eben dadurch beffer als Hollensteiner, K., Das Weltelend und die Welterlösung,
irgend einer feiner Vorgänger in den Stand gefetzt ift, Verfuch einer Pneumatik. Gütersloh, Bertelsmann,

die Gefchichte des Lactanzifchen Textes in all ihren
Phafen zu überfehen (vgl. die Specimina p. LXX—LXXI).

Kraft feiner im Eingang diefer Befprechung bezeichneten Pneumatik — was heifst denn das? Hängt es vielleicht

1894. (VIII. 676 S. gr. 8.) M. 10.

Eigenfchaften aber hat er es vermocht, feine Kenntnifse ' mit Pneumatologie zufammen und wird vielleicht, wie
entfprechend zu verwerthen. ] bei altkirchlichen Theologen, die ganze Gefchichte des

Das zweite Heft des Bandes wird uns nun, hoffent- ! Reiches Gottes in dem Rahmen der Geifterlehre be-
lich in nicht zu langer Frift, das Buch De mortibus per- j fprochen? Davon ift nicht die Rede. Pneumatik d. h.
secutorum, von Laubmann herausgegeben, und die In- j die Lehre von der Vergeiftigung oder richtiger Ver-
dices bringen. Wir werden dann im Befitz einer Ausgabe 1 geiftlichung des Menfchen. ,Was vom Fleifch geboren
fein, die fich den beften Arbeiten aller Zeiten auf diefem 1 ift, das ift Fleifch'. So lautet das Motto für den erften

Gebiete würdig zur Seite ftellen kann.

Zum Schlufs geftatte ich mir, auf das Aeufsere des
Druckes befonders hinzuweifen. Die letzten Bände des
Corpus haben in diefer Beziehung einige fcharfe Urtheile

Theil des Buches: ,das Weltelend'. ,So wir im Geift
leben, laffet uns auch im Geift wandeln'. Das ift die
Lofung für den 2. Theil, der dadurch wieder in zwei
Theile zerfällt, 1) das Leben im Geift, 2) der Wandel im