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Ausgabe:

1894 Nr. 18

Spalte:

471-473

Autor/Hrsg.:

Delff, Heinrich Karl Hugo

Titel/Untertitel:

Philosophie des Gemüths 1894

Rezensent:

Reischle, Max

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Theologifche Literaturzeitung. 1894. Nr. 18.

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die Gebetsvermahnung in der Züricher K.-O. 1529 und
zwei Gebete der Pfälzer 1563 werden erwähnt. Die
Abendmahisfeier der lutherifchen Kirche wird auf 4 Seiten
befchrieben; für die reformirte genügt die Notiz in
Anm. 33, dafs die Genfer Ordonnances 1541 vier jähliche
Abendmahlstage feftfetzen, und eine Befchreibung der
Zwingli'fchen Feier 1525. In dem Abfchnitt ,Katechi-
fation und Katechismus feit der Reformation' (S. 53 f.)
empfängt die reformirte Kirche Berückfichtigung mit
dielen Worten: ,Aus den anderen Confeffionen find
folgende Katechismen zu nennen: der Heidelberger
Katechismus und der kleine Katechismus des Canifius',
und in Anm. 23 wird ein Stück aus der Vorrede des
Heid. Kat. mitgetheilt. ' Nichts wird berichtet von dem
Dringen Calvin's auf einen tüchtigen Katechumenen-Unter-
richt, nichts von dergrofsen katechetifchen Wrikfamkeit der
reformirten Kirche, wie fie befonders in der 15. Seffion
der Dortrechter Synode vom 28. November 1618 befchrieben
wird. Geradezu unbegreiflich wird die Verachtung
der reformirten Kirche und die Beeinträchtigung
der lutherifchen Kirche durch Verfchweigung des reformirten
Vorbildes in § 12: ,Die kirchliche Liebesthätig-
keit'; man traut feinen Augen nicht, wenn die grofsartige
und opferfreudige Armen- und Krankenpflege der reformirten
Kirche mit den Worten abgethan wird: ,Die
reformirte Pfälzer K.-O. von 1563 unterfcheidet fleh bezüglich
der Armenpflege in nichts Bemerkenswerthem
von den Anordnungen der Lutheraner'. Nach folchen
Leiftungen wundert man fich allerdings nicht mehr, dafs
der Herr Verfaffer wohl (S.97) berichtet, dafs Bugenhagen
bereits Frauen zum Dienft der Kranken verwendet fehen
will, dafs er aber von dem Beftand des Gemeindediako-
niffenamtes am Niederrhein im 16. Jahrhundert keine
Kenntnifs verräth (das hat fchon E. Simons getadelt:
Die ältefte evangelifche Gemeindearmenpflege 1894 S. 113),
und dafs er bei dem Abfchnitt von der Kirchenzucht
(S. 108) die reformirte Kirche gar nicht nennt. Dafs der
Verfaffer die Kirchenzucht unter die Seelforge rechnet,
fei nur nebenbei bemerkt; man follte heutzutage allerdings
darüber hinweg fein.

Nur Weniges habe ich aus der Maffe deffen, was
corrigirt werden mufs, herausgehoben; lediglich der
Raum verbietet eine Fortfetzung der Ausftellungen, die
auf das Vierfache vermehrt werden follten. Nur zweierlei
fei noch bemerkt. Zunächlf, dafs der Herr Verfaffer der
Inneren Miffion, ,die jetzt von dem geiftlichen Amt
geleitet wird', die Erneuerung der evangelifchen Kirche
zutraut, aber von der Nothwendigkeit der Gemeinde-
organifation nichts verlauten läfst. Sodann, dafs das
Lied: ,0 du Liebe meiner Liebe' (S. 40) nicht von Joh.
Scheffler, fondern von Elifabeth v. Senitz herrührt, dafs
das bekannte Concil von Elvira (S. 48) auf lateinifch nicht
Conc. Eliberitense, fondern Eliberitanum, dafs das Werk
Auguftin's (S. 49) nicht De rudibus catecliizandis, fondern
De catechizandis rudibus heifst, dafs Mönckeberg (S. 54)
nicht mit einem k, fondern mit einem ck gefchrieben
wird, ebenfo S. 90 Walther v. d. Vogelweide im Vornamen
nicht mit einem t, fondern mit einem th.

Marburg. E. Chr. Achelis.

Drews, Archidiak.Lic.P., Christus unser Leben. Predigten.
Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 1894. (VI, 194 S.
gr. 8.) M. 2.40; geb. M. 3. —

Zur Herausgabe diefer Predigten hat den Herrn
Verfaffer nach dem Vorwort der Wunfeh bewogen, dem
Mifstrauen entgegenzuwirken, als werde durch die moderne
Theologie, zumal fo weit fie von Albrecht Ritfehl ausgeht
, das Evangelium feines heften Gehaltes beraubt. Es
ift ein nicht geringes Lob der Gabe des Herrn Verfaffers,
dafs die Vermuthung, die Predigten feien in der befangenen
Tendenz, für die ,moderne' — ein häfsliches Wort —
Theologie apologetifch zu wirken, gearbeitet, nicht be-

ftätigt wird; und hat der Lefer die Verfuchung erft überwunden
, nach Ritfchlianismen auf die Suche zu gehen,
fo bleibt der Segen nicht aus, von dem das Vorwort
fpricht, dafs der Glaube an den geftärkt werde, der allein
Weg, Wahrheit und Leben uns fein kann. Dafs der
Herr Verfaffer von der einzigartigen Heilsbedeutung
Chrifti durchdrungen ift, bezeugt faft jede Predigt; er
redet die Sprache des Glaubens, und die Wärme evan-
gelifcher Ueberzeugung theilt fich erwärmend und belebend
dem Lefer mit. Allerdings fetzen die Predigten
einen nicht geringen Grad geiftiger Bildung voraus, befonders
durch den Mangel concreter Bilder und das
Gewiffen packender Volksthümlichkeit. Vielleicht ift
jener Vorausfetzung die Hyperbel zuzufchreiben, dafs
Goethe (S. 3) der unter den Staubgeborenen genannt
wird, der wie wenige im Lichte wandelte; und die andere
Hyperbel: ,wenn du fiehft, wie hier (in Chrifto) Gnade
und Erbarmen fich dem Sünder naht, fo wirft du ein
neuer Menfch' (S. 7). Aber trotz jener Vorausfetzung
fehlt es nicht an Vulgarismen (z.B. S. 148: Schmalhans
Küchenmeifter), und an Provinzialismen (z. B. einhalten
ftatt einwerfen S. 46; auslöfchen intranfitiv S. 4) u. dgl.
— Die Propofitionen fchliefsen fich meiftens an den Text
genau an und zeichnen durch Einfachheit und Prägnanz
fich aus; fie treten jedoch mitunter zu plötzlich auf, ohne
dafs die Einleitung vom Text zum (felbftverftändlichen)
Thema hinführte.

In der Sammlung finden fich manche nach Inhalt
und Form hervorragende Predigten; mit befonderer
Freude rechne ich dahin die 15.: Die Demuth (Lc. 18,
9—14) und (von unbedeutenden Ausftellungen abgefehen)
die beiden Weihnachtspredigten, mit denen die Sammlung
eröffnet wird. Die erftere über Lc. 2, 8—14 entfaltet
fich an der Hand der Strophe des Lutherliedes: Das
ewige Licht geht da herein u. f. w.; die zweite behandelt
das Thema: Jefus ift der Chrift! Das rechte Weihnachts-
bekenntnifs'. Zu den weniger gelungenen dürfte die
5. Predigt, in der ein klarer und geordneter pfychologi-
fcher Aufbau zu vermiffen ift, und die 12. Predigt, in
der die Aufregung des Redners zu Ueberfchwänglich-
keiten fich verirrt und fehr naheliegende, faft unvermeidliche
Schriftparallelen darüber vergifst, zu zählen fein.

Die Predigten werden wahrfcheinlich eine Abfchieds-
gabe an die Gemeinde und das Pfarramt des Herrn
Verfaffers fein. In feinem neuen, akademifchen Wirkungs-
kreife möge feine homiletifche Begabung, von der vorliegende
Sammlung Zeugnifs giebt, dem heranwachfenden
Theologengefchlecht zu reicher Segnung fich bewähren.

Marburg. E. Chr. Achelis.

Bibliographie

von Oberbibliothekar Dr. Johannes Müller.

Berlin W., Reichstags-Bibliothek.

jDcutfdje Literatur.

Neteler, B., Stellung der altteftamentlichen Zeitrechnung in der altorien-
talifchen Gefchichte. 6. Münder, Theiffing, 1894. (gr. 8.) —. 50
Inhalt: Unterfuchung der Berichte der Genefis üb. die Urzeiten der Menfch-
heit. (35 S.)

Hafner, G., Die Dämonifchen des Neuen Teftaments. Ein Vortrag.

Frankf. a/M., Brechert, 1894. (33 S. gr. 8.) —. 70

Sepher Jesirah. Das Buch der Schöpfung. Nach den fämmtl. Recen-
fionen möglichd kritifch redigirter u. vocalifirter Text, nebfl Ueber-
fetzg., Varianten, Anmerkgn., Erklärgn. u. e. ausführl. Einleitg. v.
L. Goldfchmidt. Frankf. a/M., [Kauffmann], 1894. (VIII, 92 S.
gr. 4.) 8. —

Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum, edititm consilio et impensis
academiae litterarum caesareae Vindobonensis. Vol. XXXI. Wien,
Tempsky, 1894. (gr. 8.) 5- 60

Inhalt'. Saudi Eucherii Lugdunensis opera omnia. Pars 1. Formulae
spirilalis intelligcntiae, instruetionum UM II, passio Agaunensium marlyrum,
epistula de laude Heremi. Accedunt epistulae ab Salviano et Hilario et Rustico
ad Eucherium datae. Receusuit et commentario critico instruxit C. Wotke.
(XXV, 199 S.)

Spreitzenhofer, E., Die Entwicklung des alten Mönchthums in Italien
von feinen erden Anfängen bis zum Auftreten des hl. Benedict. Wien,
Kirfch, 1894. (139 S. gr. 8.) 2. 80