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Ausgabe:

1894 Nr. 18

Spalte:

460

Autor/Hrsg.:

Dreher, Theodor

Titel/Untertitel:

Kleine Grammatik der hebräischen Sprache 1894

Rezensent:

Kautzsch, Emil

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung. 1894. Nr. 18.

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der Seele bertreitet. Für die Beurtheilung der Beweisführung
des Apologeten ift diefes Refultat nicht ohne
Bedeutung. Es folgt aber nicht etwa daraus, was Klufs-
mann annehmen zu muffen glaubte, dafs Arnobius
felber Epicuräer gewefen fei (f. dagegen fchon Jeffen).
Der Unterfuchung des ,Verhältnifses des A. zu Plato
und dem Piatonismus' gilt der zweite Abfchnitt. A. hat
Plato aus eigener Leetüre gekannt; und feine Polemik
richtet fich nicht fowohl gegen den Meifter, dem er
vielmehr alle mögliche Verehrung zollt, als gegen die
Schüler, die Zeitgenoffen A.'s, d. h. gegen die Neuplato-
niker. In diefem Zufammenhang kommt das Verhältnifs
zu Cornelius Labeo zur Sprache, den übrigens Röhricht
mit Kahl zu zwei Perfonen, einem Antiquar und einem
Theologen bezw. Philofophen differenzirt, eine Unter-
fcheidung, deren Nothwendigkeit mir nicht eingeleuchtet
hat. Labeo ift der eigentlich Angegriffene, und eben
darum ift es thöricht, ihn zum Stoiker machen zu wollen,
wie Mülleneifen in einer überhaupt ziemlich nichts-
fagenden Difiertation (1889) verfucht hat. Röhricht's
Auseinanderfetzungen haben das Verdienft, zur Klärung
diefer Fragen fehr viel beigetragen zu haben. In einem
letzten Abfchnitt befchäftigt er fich noch mit der ,fpecu-
lativen und philofophifchen Bedeutung des Arnobius'.
Sie fcheint ihm fowohl von Francke (1878) als auch
von Harnack (Dogmengefchichte vv. II), der Fr. folgt,
zu ernft genommen zu fein: ,Wir können nicht zugeben,
dafs man bei A. in der That von einem „Empirismus,
Kritizismus und Skeptizismus" reden darf, die geeignet
feien, ein heilfames Correctiv zu bilden gegenüber den
Standpunkten eines einfeitigen Idealismus und Dogmatismus
' (S. 62). Im Allgemeinen ift das richtig, aber
Röhricht geht in den lefenswerthen Bemerkungen,
mit denen er diefe Thefe erläutert, mit feinem Autor
zu ftreng in's Gericht, und es wäre nicht gut, wenn das
vielfach verbreitete günftige Urtheil über den Arnobius
und feine Schriftftellerei in fein abfolutes Gegentheil
umfchlagen follte.

Indem ich diefe beiden Arbeiten den Fachgenoffen
als wirkliche Bereicherungen unferes Wiffens und als
zur Klärung unferes Urtheils auf einem freilich nur fehr
befchränkten und an fich unwichtigen Gebiet geeignet
empfehle, mache ich ausdrücklich darauf aufmerkfam, dafs
fie durch die Form der Darfteilung und den guten Stil —
auch im Latein ift unnöthiges Wortgeklingel vermieden
— fich vor manchen ähnlichen Unterfuchungen vortheil-
haft auszeichnen.

Giefsen. G. Krüger.

Viteau, Abbe Jos., De Eusebii Caesariensis duplici opusculo

IIsQi zmv ev IlaXaiOzivy paQzvgijöävzmv. Paris,
Bouillon, 1893. (94 S. gr. 8.)

Diefe aus Duchesne's Schule hervorgegangene forg-
fame Abhandlung verfucht eine genauere Beftimmung des
Verhältnifses der kürzeren griechifchen und der längeren
fyrifchen Schrift des Eufebius über die Opfer der dio-
cletianifchen Verfolgung in Syrien zu geben. Das Refultat
ift in folgenden Worten ausgefprochen: ,. . . in
utroque opusculo res ita sese habet, seiheet ut in graeco
res gestas legentes edoceat, in syriaco fidelibus Chris-
tianis documenta virtutum praeferat, quae strenue imi-
tentur1 (p. 58). Erftere ift nach V. zwifchen 311 und
314, letztere zwifchen 314 und 319 oder c. 324 verfafst.

Von zwei Werken über Märtyrer Paläftina's ift uns
nichts überliefert. Dadurch würde allerdings nicht aus-
gefchloffen fein, dafs Euf. denfelben Stoff zweimal behandelt
hat. Die diefer Hypothefe ähnliche Annahme
von Lightfoot (,Eusebius 0/ Caes'. im Dict. of Chr.
biogr. II, 320), dafs die griechifche Schrift einem Werk
des Euf. entnommen fei, in dem der Tod der chrift-
lichen Märtyrer mit dem der Verfolger contraftirt worden
fei, fcheitert ebenfalls daran, dafs wir von einer folchen

Schrift nichts wiffen und ift auch durch das Supplement
. 1. VIII der KG nicht genügend motivirt. Der
Haupteinwand, der fich gegen Lightfoot und Viteau erheben
läfst, ift der: der Titel der griechifchen Recenfion
(G) deckt fich faft genau mit dem der fyrifchen (S).
G: Evöeßiov zov UafiqjiXov xegi zmv hv IJaXaiöztvi]
fiagzvgyöävzmv. S hat in der Ueberfchrift wörtlich: liegt
zmv tlaXaiczivriq fiagzvgmv netz Evösßiov Kaiöagdaq.
Aber vielleicht hat der Syrer einen voranftehenden Genetiv
durch ' mntnc|l j^o) wiedergegeben. Dann hätten
wir als griechifche Vorlage Evöeßiov Kaiöageiag jiegi
zcZv IJaXaiözivrjq fiagzvgmv (oder fiagzvgyoavzmv). Die
Unterfchrift lautet: ,zu Ende find die Begebenheiten der
Erzählung der Thaten der hl. Märtyrer in Paläftina',
woraus man den Titel gewinnen könnte: xgä^eiq zmv
äytmv ev IJaXaiözivy fiagzvgmv. Aber fchwerlich wird
man in der Unterfchrift ein getreues Bild des Titels erblicken
dürfen. Wir hätten demnach zwei Schriften mit
einem faft bis in's Einzelnfte gleichlautenden Titel. Die
einfachfte Löfung der Schwierigkeit liegt alfo wohl in
I der Annahme, dafs wir in G und S zwei Entwürfe des-
felben Werkes befitzen, einen älteren, kürzeren, zunächft
nur das hiftorifche Material regiftrirenden (G) und dann
die eigentliche Ausarbeitung in S. So erklärt fich auch
die Verfchiedenheit der Darftellungsweife. Denn nach
Eufeb's eigener Meinung [Ii. e. VIII 23), wie nach der
allgemeinen Anfchauung der Zeit (z. B. Acta Perpet.,
prooem. 1) wirkt der hiftorifche Bericht der Kämpfe
der Märtyrer fchon an und für fich erbauend.

Dafs uns der erfte Entwurf erhalten geblieben ift,
mag dem zufälligen Umftande zu verdanken fein, dafs
j feine Kürze eine Vereinigung mit der Textüberlieferung
I von Eufebius' KG erlaubte. Eine Ergänzung der kurzen
1 Bemerkung //. e. VIII 137 erfchien aber wünfehenswerth.
I Dafs die Schrift urfprunglich felbftändig war, ergiebt
fich daraus, dafs fie das jetzt ausgelaffene Edict des
Galerius enthalten hat {de mart. Pal. 13^ Schlufs), das
auch k. e. VIII 173-10 fleht.

Giefsen. Erwin Preufchen.

j Thümmel, Pfr. W., Zur Beurtheilung des Donatismus. Eine
kirchengefchichtliche Unterfuchung. Halle, M. Niemeyer
, 1893. (IV, 104 S. gr. 8.) M. 1. 50

Durch eine Bemerkung Döllinger's (Kirche und Kir-
j chen S. 4) veranlafst, hat fich Verfaffer die Frage ge-
ftellt: ,Ob und in wie weit in der Gefchichte des Donatismus
neben den perfönlichen Momenten, aus welchen
der Streit feinen Anlafs nahm, und neben den religiöfen
Problemen, welche die Controverfen fubftantiirten, nationale
Elemente wirkfam waren' (S. 11 f.), ob nicht in
diefem Kirchenftreit ein Nationalhafs der Numidier gegen
die vom römifchen Staate anerkannte katholifche Kirche
fich geltend gemacht hat. Er hat fich für die Arbeit
ausgerüftet durch genügende Leetüre des Optatus, der
einschlägigen Schriften Auguftin's und der modernen
! Literatur; und er erledigt fich feiner Aufgabe in gründlicher
Weife. An jedem Punkte holt er weit aus, die
Gefchichte der Bevölkerung Nord-Afrika's erzählt er z. B.
S. 28—37 vom Trojanifchen Kriege an. Aber man
wünfeht kaum irgendwo, dafs er fich kürzer gefafst
hätte; nur bei diefer Breite kommen die Eigenthümlich-
keiten feiner Darftellungsgabe zur Entwicklung. Denn
die Kraft Thümmel's liegt in feiner vortrefflichen Dia
lektik. Das ganze Buch ift mehr die gefchickte Ver-
theidigung einer Thefe, die in Frageform fchon S. 12
fleht, alseine ,kirchengefchichtliche Unterfuchung'. Ganze
Partien hören fich an etwa wie eine gute Disputation,
bei der aber der Gegner kaum zu Worte kommt. Der
Stil ift frifch und anregend, aber keineswegs rein. Kühne
Bilder und fchalkhafte Wendungen erhalten den Lefer
I bei guter Laune; weither geholte hiftorifche Parallelen,