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Ausgabe:

1894 Nr. 16

Spalte:

412-413

Autor/Hrsg.:

Schaff, Philip

Titel/Untertitel:

Theological Propaedeutic 1894

Rezensent:

Reischle, Max

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Theologifche Literaturzeitung. 1894. Nr. 16.

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die Löfung jener Schwierigkeiten zu entdecken. Ob es
dabei ohne modernifirende Umbiegung der Calvin'fchen
Anficht abgehen wird, muffen die beiden nächften Theile
zeigen. Nicht zu verweigern ift demVerf. das Zeugnifs,
dafs er trotz feines ausgefprochenen Standpunkts die
wiffenfchaftliche Bedeutung auch von Werken, die einen
ganz anderen Ausgangspunkt nehmen, zu würdigen vermocht
hat und oft durch fein treffendes und gerechtes
Urtheil überrafcht. — Störend find in dem fchön ausge-
ftatteten Buch die vielen kleineren Druckfehler in den
griechifchen und deutfchen Citaten, auch in der Schreibung
von Namen (der Name Stäudlin wird beftändig in
Ständlin verwandelt, Kautzfeh in Kautfch, die jOrigines1,
des Ifidorus von Sevilla in Orzgenes).

Giefsen. Max Reifehle.

Siegfried, Carl, u. Bemh. Stade, Proff. DD., Hebräisches
Wörterbuch zum Alten Testamente. Mit zwei Anhängen:
I. Lexidion zu den aramäifchen Stücken des Alten
Teftamentes, II. Deutfch-hebräifches Wörterverzeichnis
. Leipzig, Veit & Co., 1893. (VIII, 978 S. gr. 8.)
M. 18.—; geb. in Halbfrz. M. 20.—

Ein volles Jahr ift verftrichen, feit das neue Wörterbuch
von Stade und Siegfried vollftändig vorliegt; wer
heute von feiner Vollendung berichtet, wird fich daher
den Vorwurf der Säumigkeit gefallen laffen müffen. ,Er
trifft mich wohl; doch trifft er mich nicht tief. Denn
die fehr ausführliche Befprechung der 1. Abtheilung in
der Nummer vom 6. Febr. 1892 hat den Lefer diefer
Zeitfchrift in die Eigenart des neuen Werkes genügend
eingeweiht und, wie ich hoffe, dazu angeregt, fich durch
eigenen Gebrauch damit vertraut zu machen. War es
nicht leicht, dem faft ohne jegliche Erläuterung erfchie-
nenen Bruchftück wirklich gerecht zu werden, fo gewährte
es dem Berichterftatter umfo gröfsere Genugthuung, aus
dem Vorworte des fertigen Buches zu" eYiehen, dafs es
ihm gelungen war, Grundfätze und Ziele der Verfaffer
aus dem Gebotenen in allem Wefentlichen richtig zu er-
fchliefsen, fodafs auch in diefer Hinficht im Verzuge
kein Bedenken lag. Immerhin aber darf ein erneuter
Bericht nicht ganz fehlen; vor allen Dingen fordern dazu
die Mittheilungen auf, die das Vorwort über die Entftehung
des Buches und die Arbeitstheilung unter die beiden Mitarbeiter
darbietet.

Nach der von Siegfried unterzeichneten Anzeige des
Gefenius'fchen Wörterbuches vom 17. Nov. 1883, mochte
man geneigt fein, unter den beiden Verfaffern ihm die
geiftige Urheberfchaft des Werkes, den Entfchlufs und
Entwurf zu diefem Wörterbuche, beizumeffen. Die erfte
Zeile des Vorwortes aber belehrt uns: ,der Plan zu diefem
neuen Wörterbuche rührt von B. Stade her', und zwar
fchon aus dem Jahre 1882. Selbft durch feine Gefchichte
des Volkes Israel länger als erwartet in Anfpruch genommen
, hat er Siegfried gebeten, ,in einen Theil der
Arbeit einzutreten'. Freilich ift nun diefem der Löwenanteil
an dem Werke zugefallen. Von ihm flammen die
Buchftaben X—"ü, dazu die beiden auf dem Titel genannten
Zugaben, das aramäifche und das deutfeh-he-
bräifche Wörterbuch. Aber noch darüber hinaus hat er
Stade beifpringen müffen. In den umfangreichen Buchftaben
1 und Iii werden wir Zeugen eines regelrechten
Wettlaufes. Immer wieder verfucht Stade das Ende zu
erreichen, immer wieder holt Siegfried ihn ein, fodafs er
in 4 Abfchnitten des erften, in 10 des zweiten Buchftaben
ftark 2/3 ihres ganzen Umfanges für fich erobert.
So hat fich Siegfried entfehieden als der flinkere Arbeiter
erwiefen: auch von dem eigentlichen Wörterbuche gehören
ihm 5, Stade nur 4 Neuntel.

Indeffen ift doch diefes Uebergewicht nur ein fchein-
bares. Darüber belehrt uns der kurze Satz des Vorwortes
: ,Doch hat Stade bei den von Siegfried ver-

fafsten Theilen Beihilfe geleiftet'. Die Erläuterung dazu
haben wir zweifellos aus der Thatfache zu entnehmen,
dafs der Plan des Buches von Stade herrührt. Man begreift
leicht, dafs es dem hinzugewonnenen älteren Mitarbeiter
fchwer wurde, fich in die eigenartigen Gefichts-
und Zielpunkte des jüngeren Fachgenoffen voll und ganz
zu finden, dafs daher in feinen Beiträgen der Schwerpunkt
vielfach verfchoben oder an den dem Plane nach
wichtigften Stellen nicht genügend mag unterftützt ge-
wefen fein. Um möglichfte Gleichmäfsigkeit zu erzielen,
wird fich deshalb Stade, der feinen eigenen Plan natürlich
am ficherften zu handhaben wufste, genöthigt ge-
fehen haben, die Beiträge des Mitarbeiters einer Durchficht
zu unterziehen. In der darauf verwendeten Zeit
findet das langfamere Fortfehreiten feiner eigenen Arbeit
vollgiltige Erklärung.

Immerhin mufste es für Stade fehr fchwierig fein,
die von Siegfried übernommenen Abfchnitte, für die ihm
ja nicht die gleichen Vorabeiten zu Gebote ftanden, den
feinigen anzupaffen. Dafs auch nach dem Abfchlufs noch
mancherlei zu thun übrig blieb, zeigen die beiden von
Stade herrührenden Nachträge S. 868 und 976 — 978,
deren reicher Inhalt faft ausfchliefslich den von Siegfried
verfafsten Abfchnitten zu gute kommt. Niemand follte
die Mühe fcheuen, alles, was fie bieten, auch wirklich
an feiner Stelle im Wörterbuche felbft nachzutragen;
die Erfahrung lehrt, dafs folche Verzeichnifse, die doch
fo unfägliche Mühe koften, oft wie nicht vorhanden find.
Auch aus dem Vergleich des beigegebenen Neudruckes
von S. 2891! mit dem erften Drucke darf man wohl verbuchen
, fich ein Bild der von Stade geleifteten Beihülfe
zu machen.

Dem wackeren, unermüdlichen Mitarbeiter Siegfried
aber wird jeder Verftändige nur doppelten Dank wiffen,
dafs er in eine unter diefen Umftänden nothwendig fehr
entfagungsvolle Arbeit mit folcher Liebe und folchem
Eifer eingetreten ift und es dadurch ermöglicht hat, dafs
uns dies wichtige Hülfsmittel um eine Reihe von Jahren
eher in die Hand gegeben wurde, als es fonft möglich
gewefen wäre.

Die annähernd vollkommene Verwirklichung des Gewollten
wird man nach dem Gefagten natürlich in Stade's
eigener Arbeit zu fuchen haben, in den Buchftaben D—p,
Ü und n, und den betreffenden Abfchnitten von "1 und ©.
Wer fie genauer muftert, wird bald fehen, dafs die bezeichnenden
Unterfchiede von früheren Wörterbüchern,
wie fie an diefer Stelle (1892 Sp. 58fr.) hervorgehoben
wurden, in jenen Abfchnitten fich befonders fcharf herausheben
. Auf alle Einzelheiten darf bei der zweiten Anzeige
verzichtet werden.

Das biblifche Aramäifch ift, wie fchon das Titelblatt
verhiefs, in einem befonderen kleinen Wörterbuch
(S. 869—894) zufammengetragen, eine höchft dankens-
werthe Neuerung, die der Befchäftigung mit diefem Dialekt
fehr zu gute kommen mufs. Befonders reichhaltig
ift das deutfeh-hebräifche Wörterverzeichnifs (S. 895—972).
Eine bedeutende Verbefferung ift auch hier darin geboten
, dafs nicht wie früher bei Gefenius nur die Seitenzahlen
, fondern die hebräifchen Worte felbft verzeichnet
werden; doch mahnt eine Bemerkung unter der Ueber-
fchrift wohlweislich daran, dafs diefe nachzufchlagen find,
und nur das hebräifch-deutfehe Wörterbuch felbft klare
Erkenntnifs vermitteln kann. Den Schlufs bildel ein Index
analyticus von Stade's Hand (S. 973—976).

Nach alledem wird das Schlufsurtheil lauten müffen,
dafs, was die erfte Hälfte verfprach, von dem Ganzen
nicht nur gehalten, fondern übertroffen wird, dafs alfo
die warme Empfehlung in meiner erften Anzeige vollauf
in Geltung bleibt. Nur einen von mir begangenen
Flüchtigkeitsfehler habe ich zu berichtigen, und daraus
erwächlt ein weiterer Wunfeh für die 2. Auflage. Ich
hatte als felbftverftändlich vorausgefetzt, dafs die erfte,
meiftens nicht näher bezeichnete Geftalt desLXX—Textes