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Ausgabe:

1894

Spalte:

21-24

Autor/Hrsg.:

Robinson, Armitage

Titel/Untertitel:

The Philocalia of Origen 1894

Rezensent:

Koetschau, Paul

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2i Theologifche Literaturzeitung. 1894. Nr. 1.

Robinson, Prof. J. Armitage, The Philocalia of Origen.

The text revised, with a critical introduction and
indices. Cambridge, at the University Press, 1893.
(LH, 278 S. 8.) 7s.; geb. 7 s. 6 d.
Die Philokalia des Origenes ift bekanntlich eine von
Gregorius dem Theologen und Bafilius dem Grofsen
hergeftellte Excerptenfammlung. Den Hauptbeftandtheil
bilden gröfsere Stücke aus B. I—VII contra Celsum,
dazu kommen wichtige Fragmente aus B. III und IV
der Schrift de prineipzis, der Brief des Origenes an Gregorius
Thaumaturgus, Stücke aus den Commentaren und
Homilien zum A. T. (Gen., Ex., Lev., Jos., Pfalm., Hohelied,
Jerem., Ezech., Hofea), zum N. T. (Matth., Johannis-Evgl,
Apoflelgefchichte, Römerbrief), ein kurzes Fragment aus
den Clementinifchen Recognitionen und endlich in cap.
XXIV ein intereffantes Bruchftück aus einem Dialog über
den freien Willen (Eufebius, praep. evang, VII 22). Wenn
man nun bedenkt, wie wenig uns von den Schriften des
Origenes erhalten, und faft nur durch einen Zufall erhalten
geblieben ift, wenn man erwägt, dafs die directe
handfehriftliche Ueberlieferung des Hauptwerkes des Origenes
, der acht Bücher gegen Celfus, lediglich auf cod.
Vat. gr. 386 saec. XIII. beruht, fo wird man es den Ex-
cerptoren grofsen Dank wiffen, dafs fie uns nicht nur
werthvolle Fragmente aus verlorenen Schriften des Origenes
gerettet haben, fondern auch die Möglichkeit bieten,
den Text der Schrift gegen Celfus an der indirecten
Ueberlieferung zu prüfen und zu verbeffern.

Die nothwendige Vorausfetzung dabei ift freilich ein
auf ficherer handfehriftlicher Grundlage hergeftellter Text
der Philokalia. Seit der editio prineeps von Tarinus
1619, d'e auf dem cod. Par. 458 saec. XVI. beruht und
nach dem eigenen Geltändnifs des Herausgebers fehr eilfertig
gemacht ift, war bis in die neuefte Zeit fo gut wie
nichts für den Text der Philokalia gefchehen. Dem Ref.,
der feit 1883 mit Sammlung und Sichtung des hf. Materials
für eine neue kritifche Ausgabe der Schrift gegen
Celfus befchäftigt war, fiel deshalb auch die Aufgabe
zu, die grofse Zahl der Philokaliahandfchriften zu prüfen,
zu ordnen und einen möglichft geficherten Text zur
Vergleichung mit der directen hf. Ueberlieferung her-
zuftellen. Da wurde mir im Jahre 1888 bekannt, dafs
Herr J. Armitage Robinfon in Cambridge feit 1886 j
denfelben Plan, wie ich, verfolge. Wir einigten uns daher,
unfere unabhängig gewonnenen und in den Hauptpunkten 1
übereinftimmenden Refultate gefondert zu veröffentlichen;
vgl. des Ref. Schrift ,Die Textüberlieferung der Bücher
des Origenes gegen Celfus' (in den Texten und Unterf.
zur Gefch. der altchriftl. Lit. Bd. VI Heft 1) und Robin-
fon's Abhandlung , 0n the text of the Philocalia of Origen'
(im Journal of Philology, vol. XVIII, p. 36—68). Die
von Dr. Hort und dem Ref. dringend gewünfehte Herausgabe
der Philokalia übernahm Robinfon, die der
Bücher gegen Celfus der Ref., und zwar mit der Abficht,
feine Ausgabe diefer Schrift der Philokaliaausgabe Robin-
fon's thunlichft bald folgen zu laffen.

Ref. kann heute die vollendet vorliegende, der phi-
lofophifchen Facultät der Univerfität Göttingen gewidmete
Philokaliaausgabe Robinfon's als die erfte kritifche
Ausgabe eines Theils der erhaltenen Werke des Origenes
mit lebhafter Freude begrüfsen; feine eingehende Be-
fprechung möge zugleich den Dank für die werthvolle
Gabe zum Ausdruck bringen.

Dem Text der Philokalia geht eine, über die Ent-
ftehung der Ausgabe orientirende Vorrede (p. VII—IX)
und eine Einleitung (p. XIII—LH) voraus, in der Robinfon
über die Handfchriften der Philokalia und der Schrift
gegen Celfus, über die benutzten Catenen und Ueber-
fetzungen, über das Excerpt aus Eufebius und das
Fragment aus den Clementinen handelt und endlich feine
Grundfätze für die Textherftellung darlegt. Sehr eingehend
ift hier die Ueberfetzungsmanier des Rufinus

I (p. XXXI—XXXIX) und die Frage nach dem Autor des

; ßusebian Extract' = cap. 24 der Philokalia (p.XL—XLIX)
erörtert. So viele Gründe hier auch für die Verfaffer-
fchaft des Methodius beigebracht find, fo fcheint dem
Ref. doch der Irrthum des Eufebius, der den Maximus
als Verfaffer nennt, noch nicht ausreichend erklärt zu
fein. In der Darlegung der hf. Ueberlieferung der Philokalia
dagegen wäre gröfsere Ausführlichkeit wünfehens-

: werth gewefen. ')

Die älteften und bellen Philokaliahandfchriften find
nach Robinfon's und des Ref. Unterfuchungen: 1. Ven.
47 saec. XI. (==B bei Rob.), 2. der zuerft durch Tifchen-

, dorf bekannt gewordene Patmius 270 saec. X. exeunt.

| (=A), 3. Par. S. Gr. 615 saec. XIII. (==U); zur Ergänzung
diefer 3. theilweife lückenhaften Handfchrift benutzt Rob.
4. Ven. 122 a. 1343 (=//) und 5. die Abfchrift von C,
Bas. A III 9 (=ÜF); endlich zieht er als Vertreter einer
grofsen, aber weniger wichtigen Gruppe von Handfchriften
6. Ven. 48 saec. XIV. (=£) und 7. Par. 940 saec. XV.
(=67) ftellenweife heran. Das Verwandtfchaftsverhältnifs
diefer und der übrigen Handfchriften ift p. XXVI f. über-
fichtlich dargeftellt; vgl. auch die der oben genannten
Schrift des Ref. beigegebene Handfchriftentafel. Sämmt-
liche Handfchriften gehen auf einen Archetypus zurück,
deffen Text in den aus der Schrift gegen Celfus entnommenen
Stücken von der directen Ueberlieferung
nicht unerheblich abweicht, aber im ganzen an Werth
gegen diefe zurückfteht. Von dem Archetypus (« bei
Rob.) ftammt 1. ß, die Vorlage von B ab, wo der Text
von a am reinften wiedergegeben erfcheint, 2. y, der
Archetypus von A und dem mit ()' bezeichneten Archetypus
aller übrigen Handfchriften. Demnach ergiebt der
Confenfus von ß und 7, oder von AB C (DEFG) den
Text von a.

Die Gruppen ß und y laffen fich, abgefehen von
anderen Eigenthümlichkeiten, befonders dadurch fcharf
von einander fondern, dafs in 7 eine Textverwirrung in
cap. XXVII eingetreten ift, die in ß glücklicherweife
fehlt. Rob. weift p. XVI überzeugend nach, dafs der
Grund diefer Verwirrung unteres Vulgattextes in einer
Blattverfetzung zu fuchen ift; doch ift diefe wohl nicht,
wie Rob. meint, durch ,some loose leaves' ,fondern dadurch
verurfacht worden, dafs der Buchbinder beim
Heften eines Quaternio Blatt 2 und 7 vertaufcht hatte,
fo dafs folgende Reihenfolge der Blätter entftand: 1 7
3 4 5 6 2 8. Aus diefer Verheftung, die an eine ähnliche
im cod. Vat. 386 erinnert (vgl. des Ref. Abhdlg.
a. a. O. S. 28- 30), läfst fich auch ermitteln, wie viel ein
Blatt des codex 7 enthalten hat. Auf Blatt 3—6 Banden
durchfehnittlich je 29 Zeilen Text der Ausgabe von Rob.,
während auffallenderweife Blatt 2 und 7 nur je 26—27
Zeilen umfafsten. Die Handfchrift ift alfo ungleichmäfsig
gefchrieben gewefen. Ferner ift das Format als kleiner,
oder, was wahrfcheinlicher ift, ihre Schrift als gröfser
anzunehmen im Vergleich mit Ven. 47, deffen Blätter
etwa je 46—48 Zeilen der Ausgabe von Rob. enthalten.
Weder Tarinus noch die fpäteren Herausgeber haben die
Textverwirrung bemerkt; forgfältige und kritifche Lefer
aber fcheint die Philokalia bis jetzt noch nicht gefunden
zu haben.

Ven. 47, der die richtige Textfolge bietet, unter-
fcheidet fich auch dadurch vortheilhaft von Gruppe 7,
dafs er manche Fehler mit -y nicht theilt und öfter als 7
mit Vat. 386 (K bei Rob.) ftimmt. Dennoch ift er von
derfelben Vorlage wie 7 abzuleiten, theils verfchiedener
Uebereinftimmungen wegen, theils deshalb, weil er wie
cod. Patin, einen langen, offenbar von dem Schreiber
des gemeinfamen Archetypus a verfafsten Prolog aufweift
, durch den die Lefer der Philokalia vor gewiffen

1) So vermifst z. B. Ref. p. XIV eine Unterfuchung der Frage,
nach welcher Hs. der Schrift c. Cels. cod. Ven. 47 durchcorrigirt
worden ift, ob nach cod. Vat. 386, oder nicht.