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Ausgabe:

1894 Nr. 14

Spalte:

363-365

Autor/Hrsg.:

Holzinger, H.

Titel/Untertitel:

Einleitung in den Hexateuch 1894

Rezensent:

Siegfried, Carl

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Theologifche Literaturzeitung. 1894. Nr. 14.

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und Grammatik benutzt? Wie nun aber jemand, der eine
fo weitreichende Senfibilität in der Conftatirung literari-
fcher Beziehungen zu erkennen giebt, den Berührungen
zwifchen dem erften Petrus- und dem Römerbrief keine
weitere Bedeutung beimeffen kann, bleibt ein pfycho-
logifches Räthfel. — In diefem zweiten Abfchnitt erhalten
wir übrigens nebenbei eine beachtenswerthe Unter-
fuchung über die Citationsweife des Matthäus. — Im
allgemeinen verlieht es fich natürlich von felbft, dafs die,
zudem fehr abgefluften Beziehungen der drei in Frage
flehenden Schriften zu den LXX für die perrinifche Autorfchaft
nichts beweifen können; es ift ein ftarker Irrthum
, wenn Sch. glaubt, dafs man vergeblich nach Stellen
fuchen würde, in denen z. B. Paulus oder der Hebräerbrief
abgefehen von den ausdrücklichen Citaten irgendwie
von den LXX abhängig wären.

Endlich follen die drei Schriften in charakteriftifcher
Weife in der Verwerthung der Heilsthatfachen überein-
ftimmen. Sch. fucht hier u. A. zu zeigen, dafs im erften
Petrusbrief Tod und Auferftehung Chrifti nie, wie bei
Paulus, für fleh nach ihrem dogmatifchen Werthe verwendet
werden, fondern immer nur in Verbindung mit
dem ganzen Leben Jefu erfcheinen, fodafs letztlich das
Leben Chrifti in feinem ganzen Umfange, nicht aber jene
einzelnen Facta als Urfache des Heiles gelten müfsten.
Aber wenn Petrus auch auf die Geduld Chrifti im Leiden
hinweift, fo hat man deshalb noch kein Recht zu
behaupten, dafs der Tod Chrifti in feiner Heilsbedeutung
nur als Specimen des ganzen Lebens Jefu in Betracht
käme. — Dafs übrigens der erfte Petrusbrief auch abgefehen
von 1, 11 die Präexiftenzvorftellung hat (vgl.
1, 20), welche gerade dem Markusevangelium fremd ift,
und dafs er in feiner ganzen Chriftologie auf dem Boden
des Paulinismus fleht (vgl. z. B. 1. Petr. 3, 18. mit Rom.
1, 3 f.), hat Sch. ebenfowenig erkannt, wie z. B. die That-
fache, dafs die Uebertragung der Ehrenprädicate Israels
auf die Chriftenheit die ganze Lebensarbeit des Paulus
vorausfetzt.

Was Sch. im einzelnen noch vorbringt, um die feiner
Thefe entgegenftehenden Bedenken zu entkäften, ift
nicht von Belang. Nur eins fei zum Schluffe noch erwähnt
: Verf. ift der Meinung, es fei bisher nicht gelungen
, für die Zeitverhältnifse, die der erfte Petrusbrief
hinflehtlich der ganzen Lage der Gemeinden vorausfetzt,
einen paffenden Raum zu gewinnen, wenn man für die
Abfaffung desfelben über das fiebente Jahrzehnt des erften
Jahrhunderts hinausgeht. Gerade das Gegentheil ift
der Fall.

Königsberg. Adolf Link.

Hill, Rev. J. Hamlyn, B. D., The earliest life of Christ ever
compiled from the four gospels being the Diatessaron
of Tatian [circ. a. d. 160]. Literally translated from
the Arabic Version and containing the four gospels
woven into one story. With an historical an critical
introduetion, notes and appendix. Edinburgh, T. & T.
Clark, 1894. (VII, 379 S. gr. 8.) geb. 10 s. 6 d.

Ein mit Liebe und Begeifterung, aber auch mit Sorg
falt veranftaltete Ausgabe. Der Verf., der allerdings m.
E. den Werth des Textes des arabifchen Tatian über-
fchätzt, giebt nach einer Einleitung, in der namentlich
die Ausführungen über die Compofition des Diateffaron
wichtig find, eine vollftändige Ueberfetzung des arabifchen
Tatian auf Grund der lateinifchen Verflon Ciasca's,
aber am Originaltext genau geprüft. Es folgen mehrere
fehr dankenswerthe Appendices, unter denen die 1. 2. 3.
9. und 10. hervorzuheben find. Die 1. ift eine Tabelle,
in welcher die Reihenfolge der Stücke im arabifchen
Tatian mit Zahns Reconftruction, Ephraem Syrus' Angaben
, dem Codex Fuldenfls und modernen Harmoniften
verglichen wird. Die 2., ebenfalls eine Tabelle, giebt

Vers für Vers (refp. Halbvers) die kanonifchen Evangelien
und zeigt an, ob refp. in welcher Geftalt und wo
fleh der betreffende Vers im arabifchen Tatian findet. Die
3. giebt die abweichenden Lesarten des arabifchen Tatian
mit Berückfichtigung der Pefchito und des Syrus Curetonianus
. Die 9. bringt eine Analyfis folcher Abfchnitte,
bei denen Zahn's Reconftruction des Ganzen von der
Ordnung des arabifchen Tatian abweicht. Befonders
denkenswerth ift die 10. Beigabe. Nach der Ordnung
des arabifchen Tatian enthält fie alle Stücke des Diateffaron
, die Ephraem in feinem Commentar bringt, in
englifcher Ueberfetzung, welche Prof. Robinfon auf
Grund einer Collation der beiden armenifchen Mff. angefertigt
hat. Somit ift in diefem Werke das auf das
Diateffaron bezügliche Material in zuverläffiger Form
auch folchen zugänglich gemacht, welche die orientali-
fchen Sprachen nicht lefen. Aber warum hat der Verf.
nicht auch die bei Aphraates fich findenden Stücke zu-
fammengeftellt und überfetzt? Sie find doch diejenigen,
die unzweifelhaft dem Original am nächften kommen.
Nur in den Anmerkungen zur Ueberfetzung des arabifchen
Textes (f. S. 85. 91. 143. 167. 170. 223) hat er
Aphraates einige Male herangezogen. Die Befürchtung
kann ich fchliefslich nicht unterdrücken, dafs das Werk
des Verfaffers eine übertriebene und irrige Vorftellung
in Laien- und vielleicht auch in Theologenkreifen verbreiten
wird in Bezug auf das Mafs unferer Kenntnifs
des urfprünglichen Diateffaron. Die Anlage und Compofition
diefes uralten Werkes zu kennen, ift gewifs etwas
fehr Wichtiges; aber nicht einmal fie kennen wir ficher
trotz des Fuldenfis und des Arabers; von dem Text
wiffen wir aber wefentlich nicht mehr, als was uns Aphraates
und Ephraem bieten.

Berlin. A. Harnack.

Gwatkin, Prof. Henry Melvill, M. A., Selections from early
writers illustrative of church history to the time of Con-
stantine. London, Macmillan & Co., 1893. (IX, 167
S. 8.) geb. 4 s.

Gleichzeitig mit E. Preufchen's dankenswerthen
,Analccta, Kürzere Texte zur Gefchichte der alten Kirche
und des Kanons' ift die vorftehende kleine Sammlung er-
fchienen. Sie verfolgt einen fehr verfchiedenen Zweck.
Während Preufchen die wichtigften Texte zur äufseren
Kirchengefchichte und zur Kanonsgefchichte (bis Eufe-
bius) mit einer gewiffen Vollftändigkeit darbietet, hat
Gwatkin charakteriftifcheTexte, gleichfam Probenzu-
fammengeftellt (ebenfalls bis Eufebius) und will die Ge-
fammtgefchichte der vorkonftantinifchen Kirche illuftriren.
Stellt man fich die Aufgabe, dies in 72 Abfchnitten zu
thun, fo ift die Auswahl, die G. getroffen hat, im Ganzen
als eine glückliche zu bezeichnen. Als eine Chreftomathie
für folche, die fonft keine Quellen lefen, mag das Büchlein
feine Dienfte thun. Englifche Ueberfetzungen find
überall beigegeben. 19 Abfchnitte find aus Eufebius, 12
aus Tertulüan, 7 aus Cyprian, je 5 aus Origenes und
Juftin, je 4 aus Clemens Alex, und Lactantius, je 3 aus
Clemens Rom. und Irenäus, je 2 aus Ignatius und Hippolyt
, je 1 aus dem Diognetbrief, Arnobius und Tacitus.
Dazu ift etwa die Hälfte der Didache, der Briefwechfel
des Plinius mit Trajan und das Muratori'fche Fragment
abgedruckt. Einleitungen und Anmerkungen find nicht
gegeben.

Berlin. A. Harnack.

Ficker, Privatdoc. Lic. Dr. Gerh., Studien zur Hippolytfrage
. Leipzig, J. A. Barth, 1893. (VII, 115 S. gr. 8.)

M. 3. 60.

Diefe Studien — eine Hallenfer Habilitationsfchrift
vom 24. Juni 1893 — enthalten eine Revifion der ,Bio-