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Ausgabe:

1894 Nr. 13

Spalte:

340-341

Autor/Hrsg.:

Kunze, Ioannes

Titel/Untertitel:

De historiae Gnosticismi fontibus novae quaestiones criticae 1894

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1894. Nr. 13.

344

Faft gleichzeitig mit der vorstehenden Schrift erfchien I
im Repertorium für Kunftwiffenfchaft, Bd. XVI, S. 76—87,
von der kundigen Hand Jofeph Neuwirth's eine Abhandlung
über die Herftellungsphafen fpätmittelalter-
licher Bilderhandfchriften, welche eine Sammlung ähnlicher
Anweisungen für den Illuminator aus Handfchriften
böhmifcher Provenienz enthält. Beachtenswerth find hier
namentlich die detaillirten Angaben für die Pfalterillu-
ftration aus der berühmten Wenzelbibel der Wiener Hofbibliothek
.

Leipzig. O. v. Gebhardt.

Hofstede de Groot, weil. Prof. C. P., Hundert Jahre aus
der Geschichte der Reformation in den Niederlanden.

1518—1619. Aus dem Holländifchen von O. Greeven.
Mit Vorwort von D. Fr. Nippold. Gütersloh, Bertelsmann
, 1893. (XXIV.434S. gr.8.) M.6. —; geb. M. 7.—

Der jüngere Hofflede de Groot hatte in feiner holländifchen
Bearbeitung der illuftrirten Gefchichte des Protestantismus
des Schotten Wylie befondere Sorgfalt und
ausgedehnte Studien dem Abfchnitt über das Reformationsjahrhundert
in feinem Vaterlande zu Gute kommen
laffen. DieferTheil des gröfseren Werkes ift daher Leiden
1884 in Separatausgabe erhalten geblieben, während das
Ganze feither von anderer Hand neu redigirt wurde, und
ift nun durch Ueberfetzung auch dem deutfchen Lefer
vorgelegt worden. Leider verzichtet die frifche, oft unmittelbar
aus den Quellen anziehende und anfchauliche
Bilder zeichnende Darftellung auf jeden Quellennachweis.
Die Auffaffung des Gefchichtsverlaufes, den der Verf. fo
eindringlich fchildert, ift durch zwei Eigentümlichkeiten
gekennzeichnet: durch das Bemühen, von vorn herein
der niederländifchen evg. Frömmigkeit ein felbftän-
diges Gepräge zu vindiciren, als Nachwirkung der vor-
reformatorifchen Vertiefung und Vereinfachung des relig.
Denkens, fpeciell auch der aufklärend-moralifirenden Ein-
flüffe des Erasmus; andererfeits durch eine gründliche Abneigung
gegen das Aufkommen des Geiftes, der in die
Dortrechter Befchlüffe hineintrieb. So gern man dem Verf.
in der Hervorhebung einer befonderen niederländifchen
Prägung der reformat. Gedanken Recht angedeihen
laffen wird, fo übertreibt er doch m. E. z. B. den Ein-
flufs, den Corn. Hoen auf Zwingli's Abendmahlslehre ausgeübt
hat, und unterfchätzt andererfeits Luther's Einflufs
auch auf die Niederlande; ich verweife nur auf das Schreiben
der Antwerpener Evangelifchen an Luther 1531
(Krafft, Briefe u. Doc. S. 70f.) und auf die Thatfache, dafs
nicht nur Luther's ältefte Schriften, fondern auch noch
z. B. fein kleiner Katechismus in holländifcherUeberfetzung
zur Verbreitung kamen. Und feine perfönliche Abneigung
gegen die Dortrechter Theologie, die ja fachlich
fehr begreiflich ift, Scheint mir doch den Historiker nicht
unbeeinflufst zu laffen. Die Ueberfetzung lieft fleh gut
und auch der deutfehe Lefer kann an der lebensvollen
Darftellung volle Freude haben. Nippold hat in feiner
bekannten kaleidoskopartigen Weife das Buch eingeführt,
und, wie fchon öfter, das Lob der ihm befonders vertrauten
und fympathifchen Arbeiten der niederländifchen
Kirchenhiftoriker verkündet. Dafs wir in Deutfchland
z. Z. noch nicht fo gründliche Ueberfichten über die
Landeskirchengefchichte befitzen wie die kleinen Niederlande
, vermag ich nicht fo ,befchämend' zu finden, wie es
Nippold erfcheint; auf kleinerem Gebiete läfstfich manches
ausführen, wofür auf grofsem die Kräfte verfagen. An
einigen kleinen, hier befonders überrafchenden Schärfen
gegen die theolog. Schule, gegen welche feine fonft fo
umfaffende Weitherzigkeit verfagt, fehlt es auch hier nicht.
S.XXI lies Adolf Klarenbach St. Johannes Kl. Gegen S.45
(Lambert Thorn) vgl. Höfler, Adrian VI S. 439 u. Enders,
Luthers Briefw. IV 185.
Kiel (Breslau). G. Kawerau.

Lateinische Literaturdenkmäler des XV. u. XVI. Jahrhunderts.

Hrsg. von Max Herrmann und Siegfr. Szamatölski.
7. Heft. Deutfehe Lyriker des XVI.Jahrhunderts. Ausgewählt
und hrsg. von Georg Ellinger. Berlin, Speyer
& Peters, 1893. (XL, 122 S. 8.) M. 2. 80.

Es läge kein Grund vor, diefe mit grofser Sachkunde
hergestellte Anthologie aus der Lyrik der Neulateiner des
16. Jhrh.'s (mit Ausfchlufs der älteren Humanisten) hier
anzuzeigen, wenn nicht zwei Capp. derfelben auch ein
direct theologisches Intereffe beanfpruchten, das VI.
(S. 72 ff.) mit Seiner Auswahl aus der religiöfen Lyrik diefer
Dichter u. befonders Cap. IX mit der Zufammenftellung
von Dichtungen, die zeitgeschichtliche Ereignifse behandeln
. In erfterem Cap. können wir beobachten, wie mit
der Imitation der antiken, befonders der von Horaz verwendeten
Formen der Dichtung auch Sprache und Gedanke
unwillkürlich Christliches mit Antikem mifcht.
UeberraSchend wirkt es, dafs Ellinger auch des frivolen
Simon Lemnius Gedicht ad Bersabacam (an Bathfeba),
das mit Behagen die Schönheit der Badenden ausmalt
und auf die Moral (?) hinausläuft ,Forma nocet multis,
formae nocuere puellis1, unter die ,religiöfe' Dichtung gereiht
hat. Höchft dankenswerth ift Cap. IX. Es Stellt
folgende, fonft meift fchwer zugängliche Stücke zufammen:
Eob. Hefsus, De Martini Lutlieri in urbem Erphurdiam
ingressu (1521), desgl. Ad Martinum Erpkurdia abeun-
tem u. Ad J. Jonam theologum cum Martino redeuntem a
Caesare; dann des Euric. Cordus Ecloge Sylvins et Poly-
phetnus (die Gährung im Bauernstände gegen den Druck
der römifchen Kirche), das Freudenlied des Joh. Gigas
auf die aurea tempora, die mit der Reformation gekommen
feien; in die Zeiten des fchmalkaldifchen Krieges
verfetzen Melanchthon's Imago somnii und In effigiem
jfo. Friderici fowie des Nie. Rhodingius Ad Carolina Cae-
sarem epistola monitoria. Darauf folgt des Thom. Nao-
georgus Scharfe u. wohlgelungene Satire auf die Verächter
gelehrter, befonders Sprachlicher Bildung unter den Theologen
. In die Kämpfe der Philippilten führt uns Joh. Majors
intereffantes Idyllion de Philomela (= Phil. Melanch-
thon). Adam Siber's Klage De corrupto saeculi praesentis
statu und eine ähnliche Sah Frenzeis zeigen die peffi-
miftifche Kehrfeite zu dem hoffnungsfreudigen Rühmen
der wiedergekehrten aurea tempora in den Anfängen der
Reformation. Den Schlufs bildet das Strafgedicht eines
Anonymus gegen Karl IX. wegen der Bartholomäusnacht.
(Die Vermuthung, die Ellinger in feinen erklärenden Bemerkungen
S. XXXVI zu diefem Gedicht wegen der
Perfönlichkeit Montgommery's ausfpricht, ift zutreffend,
vgl. die Lebensbefchreibung des Parlamentsrathes Anne
du Bourg in Piper Evg. Jahrbuch II 186S) Gern würde
der Benutzer diefer Anthologie in der — übrigens fehr
gehaltvollen — Pünleitung einige genauere Nachrichten
über die weniger bekannten Persönlichkeiten in diefer
Poetenfchaar fleh geben laffen, wie auch für die Erklärung
dunkler Stellen den Gedichten vielen ein Mehr, als
p. XXXVf. geboten ift, fehr erwünfeht fein würde. Auch
vom Standpunkt der Reformationsgefchichte aus darf
der vom Herausgeber in Ausficht gestellten ,Gefch. der
lat. Dichtung Deutfchlands im 16. Jhrh.', für welche diefe
Anthologie einen Vorläufer bildet, mit Intereffe entgegen-
gefehen werden.

Kiel (Breslau). G. Kawerau.

Dal ton, Herrn., Zur Geschichte der evangelischen Kirche in
Russland. [I. Bifchof Ritfchls Mitarbeit an dem Gefetz
für die lutherifche Kirche in Rufsland. II. Hugenotten
in Rufsland.] Leipzig, Duncker & Humblot, 1893.
(V., 71 S. gr. 8.) M. 1.40.

Die beiden Studien, die Dalton auf diefen Blättern
veröffentlicht, flehen in keinem näheren Zufammenhang