Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1893 Nr. 5

Spalte:

145-147

Autor/Hrsg.:

Heidrich, R.

Titel/Untertitel:

Handbuch für den Religionsunterricht in den oberen Klassen. 3 Tle 1893

Rezensent:

Bornemann, Wilhelm

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

M5

Theologifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 5.

146

Rechtgläubigkeit fich geftattet1)- Und wenn der Verf. im
3. Art. die ,heil. chriftl. Kirche' und die ,Gemeinde der
Heiligen' auf 2 Predigten vertheilt, unter .Kirche' die
(ichtbare ,Heilsanftalt für die Sünder', unter Gem. der
Heiligen die .unfichtbare Kirche' verlieht, fo fragen wir
verwundert: foll das etwa Luther's Lehre'2) oder die der
Augustana fein? Seiner Predigt von der Jungfrauengeburt
möchte ich noch gern die Decenz nachrühmen,
die der Verf. hier angeftrebt hat; gleichwohl ift zu hoffen,
dafs ein Theil der Predigt von jugendlichen Gemüthern
nicht verbanden fein wird. Die Anfchauung aber, die
hier über die Ehe im Allgemeinen und über diejofephs-
Ehe im Befonderen vorgetragen wird, wurzelt nicht im
Evangelium, fondern in der Ascetik des altkirchlichen

breit und hie und da nicht frei von Wiederholungen; die
Gliederung meift zweckmäfsig und überall überlichtlich,
die Erzählung — zumal in der Kirchengefchichte —
mufterhaft. Die Aufgaben, fragen und Grenzen des
Unterrichts find überall im Auge behalten, auch werthvolle
Winke für die Vertheilung des Lehrftoffes beigefügt.
Die befolgten Grundfätze dürfen faft durchweg als gefund
und praktifch bezeichnet werden. Bei den fchwierigen
Problemen theoretifcher und praktifcher Art ift, wenn
nicht eine fichere Löfung, fo doch eine Ueberficht über
die hauptfächlichen Löfungsverfuche gegeben. Man
wird in dem Werke Heidrich's kaum irgend etwas ver-
miffen, was im Religionsunterricht auf der Oberftufe vorkommen
kann.

Kiel. G. Kawerau.

Mönchthumes. Dafs Luther diefe Gedanken nicht völlig j Für den hervorragendften Theil halte ich die
überwunden hat. entfchuldigt es m. E. nicht, wenn fie , Kirchengefchichte, die in fehhehter Form auch die Er-
noch heutigen Tages bei evangelifchen Theologen nach- ! gebnifse der neueren kirchengefchichtlichen Forfchung
fpuken. verwerthet und glücklich den 1 on trifft, der in der Kirchen-

gefchichtsftunde die Aufmerkfamkeit der jünglinge feffelt
In einigen wichtigeren Fragen würde ich wefentlich abweichen
; z. B. kann ich der Beurtheilung des Ultramontanismus
, der katholifchen und der anglikanifchen Kirche
der Gegenwart nicht zuftimmen, würde auch grundfätz-
lich nicht von ,der einen allgemeinen evangelifchen
Kirche' (p. 172. 273) reden und mufs es für einen folgen-
fchweren Fehler halten, wenn auf das Mönchthum erft
bei der Behandlung des Mittelalters Rückficht genommen
wird. Zuweilen mildsten die charakteriftifchen Merkmale
und Eigenheiten der gefchichtlichen Erfcheinungen und
Strömungen noch fchärfer und genauer formulirt oder
noch klarer hervorgehoben werden. Das gilt befonders
von der Gefchichte der kirchlichen Lehre. Ueberhaupt

Heid rieh, Prof. Gymn.-Oberlehr, R., Handbuch für den
Religionsunterricht in den oberen Klassen. 3 Tie. Berlin,
J. J. Heine, (gr. 8.) M. 17. 40.

Inhalt: 1. Kirchengefchichte. (XI, 420 S.) 1888. M. 5.60. —
2. Heilige Geschichte. (XV, 445 S.) 1890. M. 6.60. — 3. Glaubenslehre
. (XII, 254 S.) 1891. M. 5.20.

Das jetzt vollftändig vorliegende Heidrichfche Werk
bezeichnet einen bedeutfamen Fortfehritt in der auf den
Religionsunterricht bezüglichen Literatur. Auf Jahre —
und wenn es mit derfelben Sorgfalt und Umficht auch .

in zukünftigen Auflagen bearbeitet und zeitgemäfs ge- ! zeigt lieh. eine gew.ffe Neigung zu mildern, auszugleichen,

Haltet wird wie in de? vorliegenden erften Auflage, viel- I zu vermitteln. An Einzelheiten erwähne ich folgende,
leicht auf Jahrzehnte — wird ihm ein ehrenvoller Platz Auf p. 13 vermiffe ich die Erwähnung des römifchen

gefichert fein. Schülern freilich wird man höchftens den
kirchengefchichtlichen Band unmittelbar in die Hände
geben können, — die beiden andern früheftens, wenn fie

Rechts. Im Pfingftfeft kann ich nicht ,die Gründung
der Kirche' fehen (p. 16 u. ö.). Paulus ift nach der
römifchen Legende nicht an derfelben Stätte getödtet wie

die Schule verlaffen. Angehenden Theologieftudirenden , Petrui (p. 22), fondern bei I refontane. Der Bericht über
kann man dagegen das Studium aller drei Bände nur ' den TPd des Anus (p. 58), über die 11000 Jungfrauen
empfehlen, ebenfo denjenigen, die fich ein Oberlehrer- (p- 43). ub<-r d'e Anzahl der Evangelifchen in Italien
zeugnifs im Religionsfache erwerben wollen: zur Orientir- i (P- 253) durfte unrichtig fein. Das Citat aus der Bulle
ung und Repetition wird ihnen das Buch gute Dienfte j Bonifatius VIII p. 125 ift nicht genau; ebenfo wird
leiften. Vor allem aber wird fortan das Heidrich'fche | Auguft.n s berühmtes Wort tfecutt hos ad te* u. f. w.
Werk in der Bibliothek des Lehrers, der in den oberen ! regelmäßig talfch citirt (p. 65 und dreimal in der Glau-
Claffen höherer Schulen Religionsunterricht zu ertheilen | benslehre). Die Reformation der Waldenfer fand nicht
hat, nicht fehlen dürfen; ich kenne kein anderes Werk, i »533. fondern 1523 ftatt (p. 163). Die Schrift Luthers
das ihm als zweckmäfsiges Mittel zur Vorbereitung j 'von der Freiheit eines Chnftenmenfchen' ift nicht an
gleichkäme. Es ift die reife und gediegene Frucht lang- j den deutfehen Adel gerichtet (p 188); dagegen hätte ihre
jähriger, vielfeitiger reeeptiver Arbeit in der wiffenfehaft- ; Ueberfendung an den I apft wohl erwähnt werden können,
liehen Theologie und gewiffenhafter, bewährter Thätig- I ebe,n£ wie die officiellen Ordensnamen der Franziskaner
keit und Erfahrung im Religionsunterricht. Seine Vorzüge und Dominikaner Andere Kleinigkeiten übergehe ich.
find zahlreich und in diefer Vereinigung feiten. Eine . , Der zweite Band, d eilen Titel .Heilige Gefchichte'
umfallende Gelehrfamkeit und gründliche Belefenheit Ich, allerdings gern vermieden gefehen hatte, ift für den
zeigt fich faft bei jeder behandelten Frage; daneben Dehrer befonders inftruetiv, weil er mit Gefchick und
treffende Sicherheit in der Auswahl und Abgrenzung des 1 Umficht in den gegenwärtigen Stand der biblifchen
Stoffes; Gefchick in der Verwendung paffender Citate Wiffenfehaft und Forfchung einfuhrt und Stade, Well-
und Winke; Weitherzigkeit und Ruhe gegenüber den haufen> Schürer u. f. w. ebenfogut berückfichtigt wie
verfchiedenen Richtungen und Anflehten; Müde des Delitzfch, Dillmann, Hommel, Riehm. Aus den Werken
Urtheils; Wärme des Gemüths. Die Sprache ift klar und und Arbeiten der verfchiedenften Richtungen wird mit
fchlicht, die Darfteilung fachgemäfs, nur zuweilen etwas verhältnifsmäfsiger Unbefangenheit manches Gute ver-

_ werthet und mitgetheilt. Im Allgemeinen wird jedem

, w.* na- ™„j„i;a. r. u r a 1 .1 r • , . Standpunkt Verftändnifs und Gerechtigkeit entgegengt-

1) Was für wunderliche Dinge diefe Apologetik fertig brinet dafür ein 1 1 • . .,. . T. , ., ö • , <v ;° °
claffifches Beifpiel auf S. 166 f. .Welch ein Glück für uns ift es dafs braCht; eme dcutllche Untfcheidung Wird oft im ver-

der Heiland fo wenig Jünger und fo viele und mächtige Feinde gehabt mittelnden Sinne gegeben, zuweilen mehr angedeutet, zuhat
in Israel', fo ruft B. zu unferer Verwunderung aus. Aber er hat feine weilen geradezu abgelehnt. Sowohl die Grundfätze wie

Giünde für dies .Glück'. Wäre nämlich Israel gläubig geworden, fo würde die Proben der Ausführung find auch hier mir in der
"MM^Wta.Israel habe die Hauptfache fympathifch, wenngleich ich zuweilen eine

vVeisfagnngen des A.T..s zu Ounlten Cnnlti gefalfcht; nun aber nerade - r r- ./,.", , • r u„ „.~„v.i- j ,

Chrifli Feinde die Hüter des A. T.'s find, haben wir den närkften Stank! g™fsere Entfchicdenheit wunfehen mochte und manch-

würdigkeitsbeweis für die Echtheit der Weisfagungen. mal der fich häufenden Citate aus den verlchiedenen

2) Dafs er mit Luther in Widerspruch tritt, fcheint der Verf. felber Lag<fn dwer theologifchen Wiffenfehaft etwas mude ge-
zu fühlen, da er S. 332 jenen aus den Zeitverhältnifsen zu entfchuldigen worden bin. Um auch aus (JlClem Bande Wenigftens
fucht, wenn er ,in der Gemeinde der Heiligen allein die Kirche fah.' einige Einzelheiten ZU nennen, die ich anders WÜnfchtc,