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Ausgabe:

1893

Spalte:

109

Autor/Hrsg.:

Sachsse, Hugo

Titel/Untertitel:

Bernardus Guidonis Inquisitor und die Apostelbrüder. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der Practica 1893

Rezensent:

Frantz, Adolf

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Seite 1

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Theoiogifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 4.

110

28, 2'? Erklärende Zufätze, Ueberfetzungen wie die hier I die Zeit von 1836 —1869. Beilagen, wie fie die beiden
gegebene begegnen übrigens öfter in dem Regifter, find erften Bände brachten, fehlen hier ebenfo wie ,Anmer-
aber faft der ftärkfte Beweis für die Unfähigkeit Wolf- kungen und Nachweife', die Bachmann jedem Buche bei-
hard's, den Auguftin für Seminariften herauszugeben, fügte. Der Verfaffer ift offenbar überhaupt kein Freund
Denn entweder find diefe Zuthaten überflüffig — wenig;- literarifcher Zuthaten. Man begegnet faft nur Verwei-
ftens wer nicht weifs, dafs mocror Traurigkeit, jornicatio fungen auf die Ev. Kirchen-Zeitung und Bücher, die in
flurerei, Vtsanus rafend heifst, wird hoffentlich den 1 diefer befprochen oder erwähnt find. Dafs es eine ganze
Auguftin lieber in Ficker's Ueberfetzung als im Seminar j Literatur giebt, die fich mit Hengftenberg, dem Geilt und
in der Urfprache ftudiren — oder fie find falfch, wie wenn ! Treiben feiner Kirchenzeitung befchäftigt, hält Schmalen-
intimare mit .anpaffen' wiedergegeben wird und cxponere j bach nicht für nöthig, feinen Lefern anders als in allge-
14, 24 mit ,in einer Schrift entwickeln'. Das Aergfte ! meinen Wendungen mitzutheilen. So viel von Angriffen,
freilich ift da die Notiz zu alligator 13, 6 {remediorum j Anfechtungen, Schmach und Verfolgung des Herausgebers
sacrilegorum allig.) ,Anbinder, d. i. einer, der fich mit des Parteiblattes die Rede ift, und fo breit und ausführ-
einer Sache abgiebt', während ein Blick auf 55, 6 remedia lieh deffen Antworten auf Mifsverftändnifse und abficht-
sacrilega sibi alligantes beweift, dafs alligator hier feine ; liehe Verdrehungen mitgetheilt werden, ebenfo kurz
urlnrüneliche Bedeutung hat, einen, der fich rem. sacr. werden die Ausführungen der Gegner abgethan, feiten,

anbindet, umhängt, einen Amulettenträger; und die

dafs man nur überhaupt ihre Namen erfährt. Der Stand-

larüber oben) weifs W. zu 1 punkt, den der Verf."einnimmt, ift damit zur Genüge
Schwierigkeit von 2 3 die im Be- : gekennzeichnet. Es ift ihm wirklich geglückt, in be-

Äff^'üeÄ SÄrSK^ ' ! dingungslofer Verehrung des lieben Profeffors, des treuen

^ST^g^d^t 5. Heft der Quellenfchriften- > Knechts und Zeugen, fernen Vorganger Bachmann noch
uu F ■> Geizer in lena bringen, zu übertreffen. Sein Urtheil gipfelt in dem Satz: ,Wen

Samm ung fol1 «ne[^^^^^^l^t urn* fo' Gott aecreditirt hat, den kann keine Macht discreditiren'
£aVr?Ä wären 1 ^ 4*9 vgl i9,). Das fchliefst wohl jeden Widerfpruch

ThÄgcn nicht mehr fähig, einen lateinifchen Text aus Nur die Präge w.rd emem e.ngefchuclfterten Re-
ausdner guten alteren Ausgabe auch nur leidlich ab- ferenten gehaltet fem, ob fich diefer fupranaturale Credit

zudrücken und ihn mit dem nothwendigen Apparat
auszuftatten.

Marburg. Ad. Jülicher

wirklich auf alle Einzelheiten der Lebensarbeit Hengften-
berg's erftrecken foll? Der Verf. felbft drängt zu diefer
Frage. Denn er fchliefst jedes Capitel diefes Buches
mit einer Reihe brieflicher Aeufserungen, die in faft
ftereotypen Wendungen dem Schreiber der jährlichen
Sachsse, Prof. Lic. Dr. 1 lugo, Bernardus Guidonis Inquisitor 1 /Vorworte' Dank und Anerkennung zollen. Danach fcheint
und die Apostelbrüder. Ein Beitrag zur Entftehungs- j es, als ob doch auch menfehliche Empfehlungsbriefe

gefchichte der Practica. [Aus: ,Feftfchrift für Dr. v.
Buchka".] Roftock, Leopold, 1891.(58 S. Lex.-8.)M. 2.—

Wie fchon der Titel befagt, unterzieht der Herr Verfaffer
in der vorliegenden Schrift, die ein Sonderabdruck

nicht ganz zu verachten wären. Ihren gefchichtlichen
Werth will ich auch nicht in Zweifel ziehen. Denn fie
gewähren allerdings einen Einblick in die Verbreitung
und den fteigenden Einflufs der Kirchenzeitung. Aber
eben diefer volltönende Chor von menfehlichen Zeu-

aua einer Feftfchrift der Roftocker Juriftenfacultät für gen ladet doch gar zu dringend ein, auch die ftarken
von Buchka ift, die Stellung des Dominikaners Bernar- j Diffonanzen zu vernehmen, welche fortwährend laut

dus Guidonis, welcher von 1307—1323 als Inquifitor von
Touloufe an der Spitze des dortigen Inquifitionstribunals
ftand, zu den Apoftelbrüdern einer eingehenden Unter-
fuchung. Er nimmt diefelbe vor an der Hand von Bern-
hard's Practica O/ficii Inquisitionis, einem Werke, das,
wie Verf. fich ausdrückt (S. 56), aus der Praxis gewach-
fen war und praktifchen Zwecken dienen wollte. Dabei
befchränkt er fich aber nicht auf die Practica allein, fondern

werden. Denn es find nicht ganz verächtliche Namen,
welche in den Acten des Ketzergerichts, von dem dies
Buch erzählt, als vom Zeitgeift angefreffen .discreditirt'
werden. Neben Goethe, Schiller, Fichte erfcheinen
Schleiermacher, Bunfen, Rothe, Hofmann, Baumgarten,
Kahnis u. v. A. — alle in der gleichen Verdammnifs.
In der Vermittlungstheologie lebt das Zeitalter des
alternden Salomo wieder auf oder fie mufs fich an

zieht zur Vergleichung auch heran den von van Lim- Potiphar's Weib erinnern laffen. Und die Union t'ar

borch herausgegebenen Liber Scntentiarum, welcher,
aus dem Touloufer Inquilitionsarchiv flammend, in chro-
nologifcher Folge die unter Bernhard's Leitung veranftal-
teten Scrmones giebt. Diefen Uber Scntentiarum. der
übrigens nur wenig auf die Apoftelbrüder Bezügliches
bietet, bezeichnet er (S. 7) als die für die Kritik der
Practica vorzüglichfte und nächftliegende Quelle. Ein
Schlufsabfchnitt ift noch befonders der Entftehungs

------- 0—»

offenbar das Product diefer hinkenden Theologie, er-
fcheint im Todesjahre Hengftenberg's in der durchfichtigen
Maske einer .Union zwifchen Jehovah und Baal',
die unter Jefabel .durch königliche Macht vollzogen
wurde'.

Merkt der Verf. wirklich gar nicht, dafs diefer .Zeitgeift
' ein gefährliches Gefpenft ift?, gefährlich nämlich
für die Beurtheilung feines eigenen Helden. Er ftellt

gefchichte der Practica, deren abfchliefsende Bearbeitung j S. 468 Anm. 2 die Ausführungen Hengftenberg's über
in das Jahr 1323 verlegt wird, und ihres Anhanges ge- j die Union, die er in feinem Buche mitgetheilt hat, zuwidmet
fammen, und meint, ihn mit diefer blofsen Zufammen-
v- , Frantz ' ftellung gegen den Vorwurf, als habe er feine Stellung

iSkiei-_____! zur Union gewechfelt, genügend gefchützt zu haben.

c . r . , , ! Aber neben S. 106. 161. in. 254 hat er nicht nur

Hengstenberg, Ernst Wilhelm. Sein Leben und Wirken, ]3achmann>s Ausführungen (H, S. 354 fr.) mitfammt der
nach gedruckten und ungedruckten Quellen dargeftellt. I leifen Kritik, die diefer am jungen Hengftenberg geübt
3 Bd Nach Prof D J Bachmanns Tode dargeftellt ! hatte, aufser Betracht gelaffen, fondern gar feine eigenen
von Superint. Th. Schmalenbach. Gütersloh, Ber- JJJ^fe^^ Derfelbe
o „mti r^v-i c. ,rr « m 7 _• ueb iUann> d(-r noch 1844 111 der heiligen Schrift keine Fnt-
telsmann, 1892. (VIII, 500 S. gr. 8.) M. 7. -, geb. rcheidung ÜDef das^Recht der Anfchauungen Lutlmr's

M. 8. 50. oder Calvins vom Abcndmahle findet, der darum von

Der vorliegende Schlufsband der Biographie Hengften- .untergeordneten Differenzen' redet (S. 116 f.), beruft fich
berg's (vgl. Th. L.-Z. 1879, S. 205; 1880, S. 255), nach ; 1857 gegenüber einer Verfügung des Überkirchenraths,
Bachmann's Tode von Schmalenbach fortgefetzt, umfafst welche von der .freien, aus gegenteiliger Liebe gewährten'