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Ausgabe:

1893 Nr. 4

Spalte:

106-109

Autor/Hrsg.:

Krüger, G.

Titel/Untertitel:

Sammlung ausgewählter kirchen- und dogmengeschichtlicher Quellenschriften, als Grundlage für Seminarübungen. 4. Hft 1893

Rezensent:

Jülicher, Adolf

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105 Theologifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 4. ioö

fache erft gethan werden mufs, wird durch Klufsmann
beftätigt: wie der Text der Etymologiae noch in recht
mangelhafter Geftalt vorliegt, fo ift für die cardinale
Frage, welche Quellen If. dort benutzt und wie er fie
benutzt, bisher fo gut wie nichts Befriedigendes ge-
fchehen.

Ich habe Kl.'s Arbeit nur theilweife nachprüfen
können, glaube aber behaupten zu dürfen, dafs er für
das von ihm gewählte Gebiet feine Aufgabe gelöft und
Nacharbeitern kaum etwas zu ergänzen übrig gelaffen hat.
Ueber die Anlage und Tendenz der Etymologien ver-
fchafft er dem Lefer eine klare Vorftellung, dann ebenfo
über die Art, wie Ifidor feine Quellen, fpeciell den Ter-
tullian, wiederzugeben pflegt (nämlich keineswegs wörtlich
genau, und ohne den Autor zu nennen), um von S. 8
an der Reihe nach die Tertulliancitate, wie er fie in den
Etymol. von Buch I, 3 bis XIX, 32 gefunden hat, mit-
zutheilen, jedesmal unter Nebenftellung des derzeit angenommenen
Textes Tertullian's und, wo es irgend nöthig
ift, mit Beifügung kritifcher Erörterungen. Schon S. 7
zeigt fleh, wie befonnen Kl. dabei zu Werke geht, mehrere
vermeintliche Benutzungen Tertullian's werden hier
als aus fpäteren Quellen flammend erwiefen; und die
abfolute Verläfslichkeit des von ihm gebotenen Materials
unterliegt keinem Zweifel: die Corrigenda befchränken
fleh auf folche Kleinigkeiten wie dafs S. 16, 6 cap. 29 für
25 zu lefen ift und S. 28, 7 und 12 in ui[jtiov und seiu]gas
die Klammern bei ihm fortgefallen find: auch würde ich
nicht in diefelben Klammern das ohne handfehriftliche
Deckung in den Text Aufzunehmende und das zu Streichende
(z. B. habent] S. 29» Z. 3 v. u.) einfchliefsen.

Nach dem Index S. 37 f. find es 37 Capitel tertullia-
nifcher Schriften — am reichlichften find Apologeticus, ad
nationcs II, de praescriptione haereticorum und de specta-
cu/is vertreten —, die bei Ifidor Verwendung gefunden
haben. Da nun Ifidor felber und die ältefte Ifidor-Hand-
fchrift, ein von Kl. forgfältigft in allen in Betracht kommenden
Abfchnitten verglichener Wolfenbütteler Codex
rescripius von c. 700 unferer älteften und einzig guten
Tertullianhandfchrift, dem Agobardinus an Alter um
mehrere Jahrhunderte überlegen find, wird man von
dorther dankenswerthe Beiträge zur Verbefferung des
Tertulliantextes erwarten. Kl. fchlägt denn auch eine
Reihe von Emendationen vor, oder unterftützt angezweifelte
Lesarten durch Ifidor's Wortlaut, verwirft auch
wohl aus gleichem Grunde neuere, z. B. Hartel'fche Con-
jecturen: in vielen Fällen wird man ihm gern beiftimmen,
z. B. wenn er S. 29 de spect.g nach Ifidor vor ,bigas Lunae'
ein Jrigas dis injeris' einzufchieben vorfchlägt; vielleicht
auch wenn er S. 15 de orat. 24 opportunitas dederit ftatt
des blofsen opportunitas lefen will; andere Conjecturen
wie S. 29 de spect. 9 a [tiaturali] re ftatt a dei mune] re
erfcheinen bedenklicher, aber von jedem Schein willkürlicher
Hypothefenfucht hat Kl. fich frei gehalten. Bisweilen
bringt er auch zur Exegefe Tertullian's werthvolle Beiträge
, fo die archäologifchen Ausführungen S. 16 über
Vigilien und Bäder.

Dafs für Tertullian aus der Arbeit nicht allzuviel
gewonnen wird, ift für den Verf. kein Vorwurf; um fo
gröfser ift der Gewinn für den Ifidorustext. Wie Vieles
an diefem auch nach der gepriefenen Ausgabe des Are-
valus noch zu beffern geblieben ift, wird hier auf Schritt
und Tritt klar, in 2 ,Parergcf S. 33 f. und S. 34 f. hat Kl.
noch eine Reihe von Correcturen der Ifidorusdrucke und
Nachweife der von Ifidor gebrauchten Quellen an Stellen,
die nicht in Berührung flehen mit Tertullian, vorgenommen
; und fo möchte ich diefe Befprechung aufser mit
lebhaftem Dank für fo gediegene Arbeit mit dem Wunfche
fchliefsen, dafs der Verf. in Zukunft neben feinen 1er-
tullianftudien doch auch die Befchäftigung mit Ifidorus
fortfetzen möge, aus der die Patriftik fo bedeutenden
Nutzen erhoffen darf.

Marburg. Ad- Jülicher.

1 Sammlung ausgewählter kirchen- und dogmengeschichtlicher
Quellenschriften, als Grundlage für Seminarübungen
hrsg. unter Leitung von Prof. D. G. Krüger. 4. Hft.
Freiburg i/B., J. C. B. Mohr, 1892. (gr. 8.) M. 1. 40.

Inhalt: Augustin. De catechizandis rudibus. Hrsg. von Adf. Wolfhard
. (XI, 78 S.)

Das Unternehmen, wichtigere Quellenfchriften aus
der kirchlichen Literatur als Grundlage für Seminarübungen
herauszugeben, ift von uns in diefer Ztg. freudig
begrüfst worden; die Auswahl der Stoffe ift bisher eine
fehr glückliche gewefen, und das gilt nicht am wenigften
von dem vorliegenden 4. Heft — denn der Tractat
Auguftin's de catechizandis rudibus enthält aufserordent-
lich viel für den Hiftoriker wie für den praktifchen Theologen
Intereffantes —; allein die Mängel in der Ausführung
, die bei Heft 2 und 3 fchon recht erhebliche waren,
find bei dem neueften Hefte fo gewaltig angefchwollen,
dafs man folch eine Ausgabe keinem Seminariften in die
Hand geben wird aufser etwa um zu demonftriren, wie
wiffenfehaftliche Arbeit nicht befchaffen fein darf.

Am wenigften ift gegen die Einleitung (S. V—XI) einzuwenden
, die einige Notizen über Auguftinus und feine
Schriftftellerei, fpeciell über das im Folgenden abgedruckte
Werk enthält. Druckfehler wie Hadrumatufn
(S. VIII) und akromnatifch (S. X), auch ein Paar ftiliftifche
Incorrectheiten wären freilich beffer vermieden worden,
und die Auguftin-Ausgabe des Erasmus wäre wohl richtiger
auf 1529 als auf 1859 anzufetzen; dafs die Retractationen
unter den ,pofitiven dogmatifchen und ethifchen Abhandlungen
' eingereiht find, befremdet, und erft recht, dafs
ihnen der Herausgeber S. IX wie unter dem Text S. 37
den Titel retractiones beilegt. Ungehörig ift, dafs bei den
.Ausgaben' S. X die ed. prineeps von Amerbach übergangen
wird, während fie doch S. 62 f. neben den übrigen
figurirt. Wann ungefähr die Schrift de cat. rud. verfafst
wurde, erfährt der Lefer nicht. Mit auffallender Vorliebe
wird ihm nur eine Sonderausgabe des fo oft gedruckten
Büchleins genannt — keineswegs die befte und am leichterten
zu befchaffende; auch diefe wird mit ,Optiscula
patrum selecta. Berlin 1826' kaum hinreichend charakte-
rifirt; fie fleht in pars I diefer opuscula von S. 3— 61;
dafs Lic. G. Böhl jenen Abdruck beforgt und A. Neander
die Ausgabe bevorwortet hat, durfte Wolfhard bei der
Neigung, die er für diefes Buch empfindet, immerhin
beifügen. Warum als Ueberfetzung nur eine — mir unbekannte
— von Th. Ficker erwähnt wird und nicht die
auch durch ihre Anmerkungen intereffante von J. Molz-
berger (Kempten 1877), fehe ich nicht ein. Doch über
dies Alles wäre hinwegzufehen, wenn W. den Haupttheil
feiner Arbeit, die Herftellung des Textes und brauchbarer
Regifter befriedigend gelöft hätte.

Unter Herftellung des Textes verliehe ich, wie die
Dinge liegen, nicht eine neue Recenfion womöglich auf
Grund umfaffender handfehriftlicher Studien, fondern einen
zuverläffigen Nachdruck der betten vorhandenen Ausgabe
— unzweifelhaft der von den Maurinern beforgten. In
Wirklichkeit ift der Wolfhard'fche Text der incorrectefte,
den ich kenne. Drei unliebfame Druckfehler werden
auf S. 78 verbeffert; auf wie viele man aufserd em gefafst
fein mufs, mag man aus folgendem Verzeichnifs der
Fehler fchliefsen, die mir beim blofsen Durchlefen ohne
Vergleichung einer anderen Edition aufgefallen find und
unter denen ich wieder nur die finnftörenden, etwa
ein Drittel, hier vermerke. S. 20, 11 und S. 35, 18 lies
infima ftatt infirma, S. 30, 6 1. erigit ft. riget, S. 35, 17
1. parva ft. parä, S. 41, 28 sig?iandus es ft. est, S.'42,
6 1. spiritum ft. scriptum, S. 44, 1 1. captivitas ft. capti-
vitatis, S. 45, 4 1. persequebantur ft. prosequ., S. 46, 1 1.
magnis et sanetis ft. magnis sanetis, S. 47, 19 1, bonorum
ft. bonorum, S. 51, 8 1. incredidis ft. vicrudelis' S 53 8
l quia ft. qui, S. 56, 12 1. et ft. at, S. 61, 14 1.' ames
ft. omnes!

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