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Ausgabe:

1893 Nr. 22

Spalte:

553

Autor/Hrsg.:

Haupt, K. G.

Titel/Untertitel:

Biblisches Kausal-Text-Lexikon. 3. verm. u. nach dem revidierten Bibeltext umgearb. Aufl. von Joach. Hinkel 1893

Rezensent:

Achelis, Ernst Christian

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553

Theologifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 22.

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bearbeitet, dafs die alterte Form vorangeftellt und fodann
die Ueberfetzungen, unter Vortritt der englifchen, abgehandelt
werden — überall mit Angabe der Quellen und
fonltigen literarifchen Nachweifungen. Bei den Liederdichtern
werden aufser den Lebensdaten und der ein-
fchlägigenLitteratur fämmtlicheLiederanfänge verzeichnet,
mit Angabe der Strophenzahl, der Fundorte und, wo
folche vorhanden, der Ueberfetzungen. Die Auffindung
folcher Lieder, denen kein eigener Artikel gewidmet ift,
ermöglicht ein Index, welcher auf 198 Seiten weit über
20,000 Liederanfänge nachweift. Darauf folgt ein Index
der Autoren, Ueberfetzer, Herausgeber u. f. w. und den
Schlufs macht der fchon erwähnte Anhang mit werthvollen
Ergänzungen und Nachträgen.

So kann diefes Buch mit gutem Gewiffen allen, welche
fich in hymnologifchen Dingen Raths erholen wollen, als
eine unerfchöpfliche Fundgrube und ein zuverläffiger
Wegweifer empfohlen werden, und keine öffentliche
Bibliothek, infonderheit keine Univerfitäts-Bibliothek füllte
auf den Befitz desfelben verzichten.

Leipzig. O. v. Gebhardt.

Haupt, vorm. Oberhofpred. K. G., Biblisches Kasual-Text-

Lexikon. 3. verm. u. nach dem revidierten Bibeltext
umgearb. Aufl. von Palt. Joach. Hinkel. Braunfchweig,
Wollermann, 1893. (III, 475 S. gr. 8.) M. 5.— ; geb.
M. 6.50.

Das Werk giebt mehr, als es feinem Titel nach ver-
fpricht. Aufser den Cafualtexten, d. h. nach vorherr-
fchendem Sprachgebrauch: aufser den Texten zu litur-
gifchen Reden, finden wir eine Textfammlung für Paffionspredigten
(Faftenzeit), für Öfter-, Pfingft- und Weihnachtspredigten
u. f. w. So reich die Sammlung ift — etwa
6000 Texte — fo hätten die Texte zu jenen Feftpredigten
fchon aus den Zufammenftellungen alter und neuer Peri-
kopenreihen (bei B.Wohlfahrt: Perikopen- und Textbuch,
Gotha 1888; Allgemeines deutfches Perikopenbuch, Halle
1892) wefentlich vermehrt und vervollftändigt werden
können. Für eine weitere Auflage, die dem fehr nützlichen
und praktifchen Buche hoffentlich nicht fehlen
wird, empfehle ich die Hinzufügung eines Inhaltsverzeich-
nifses, das um fo mehr vermifst wird, als die Bezeichnung
der alphabetifch geordneten Rubriken häufig den Inhalt
nicht ohne weiteres erkennen läfst (z. B. Geburtstagsfeier
[es ift der Geburtstag des Landesherrn gemeint], Ge-
dächtnifspredigten, Gefetz, Geftirnter Himmel, Gewitter,
Glockenweihe, Gott [Glaube an Gott, alphabetifch geordnete
Eigenfchaften Gottes u. f. w.]). Vielleicht dürfte
auch in Erwägung gezogen werden, ob die Speciali-
firung innerhalb der einzelnen Rubriken nicht wefentlich
vereinfacht werden könnte; mehrere Rubriken, mit denen
man nichts Rechtes anzufangen weifs (z. B. 8 Texte unter
dem Titel: ,Akademifche Gottesdienfte'), dürften auch
ohne Schaden in Wegfall kommen.

Doch auch in vorliegender Geffalt ift die Sammlung
wohl verwerthbar und wird für vielbefchäftigte Pfarrer
ein willkommenes Hilfsmittel fein.

Marburg. E. Chr. Achelis.

Kaftan, Prof. D. Jul., Suchet, was droben ist! Predigten,
gehalten in der Zwölfapoftelkirche zu Berlin. Freiburg
i/B., J. C. B. Mohr, 1893. (VII, 166 S. gr. 8.)
M. 2.— ; geb. M. 3.—

Die Predigten Kaftan's, deren uns in der vorliegenden
Sammlung 16 aus den Jahren 1885—1892 geboten werden,
fetzen gebildete Hörer und Lefer voraus und können
wohl nur von folchen ganz verftanden und gewürdigt
werden. Zwar ift die Sprache, wenn auch gehoben und
edel, im Grunde doch einfach und die kurzen Sätze erleichtern
das Verftändnifs; auch ift der Fortfehritt der
Rede immer durchaus klar, aber diefen in fich gefchloffenen
Gedankengängen vermag doch nur der zu folgen und nur
auf den werden fie die volle Wirkung ausüben, der ein
gröfseresGanze geiftig zu überfchauen vermag, und deffen
eignem Gedankenkreis die ausgeführten Wahrheiten auch
fonft nicht fremd find. Jede Predigt hat eine kurze
Ueberfchrift, wie ,Der Widerfpruch im Chriftenleben'
(2 Kor. 6, 1—10), ,Die Heilsgewifsheit' (Rom. 8, 32—39),
,Die Gotteserkenntnifs' (1 Kor. 2, 6—11), ,Die öffentliche
Meinung' (Matth. 11, 16—19), .Das höchfte Gut' (Matth.
13, 44—46). In der Predigt felbft aber ift das Thema
in der Regel nicht in diefer Form angegeben, überhaupt
nicht fcharf markirt. Der Verfaffer fcheint das abfichtlich
zu vermeiden, wohl im Gegenfatz zu der allerdings bei
vielen Predigern etwas holperigen und fchablonenhaften
Art, in der fie ihr Thema anzukündigen pflegen. Auch
der Text wird nicht in der vielfach in Uebung befindlichen
und als mufterhaft geltenden Weife behandelt,
wonach jeder einzelne Vers eine befondere Berück-
fichtigung findet oder die Theile des Textes zu Predigt-
theilen erweitert werden. Wohl aber wird immer der
Grundgedanke des Textes herausgehoben und durchgeführt
, und infofern find die Predigten doch entfehieden
textgemäfs.

Mancher wird diefe Predigtfammlung aus der Feder
Kaftan's wohl zur Hand genommen haben in der Erwartung
, darin ein oder das andere Wort über den kirchlichen
Streit unferer Tage zu finden, über das alte und
neue Dogma u. dgl. Aber keine Spur davon! Man wird
irgend eine directe Erwähnung diefer Dinge oder auch
nur eine beftimmte Anfpielung darauf vergeblich fuchen.
Nicht einmal in der am Reformationsfefte 1892 gehaltenen
Predigt ift etwas davon zu finden. Der Verfaffer will
die Gemeinde nicht mit Streitfragen unterhalten und fie
durch Streitfragen aufregen, er will ihr das alte Dogma
nicht verleiden und ihr kein neues anpreifen, er will ihr
lediglich das Evangelium verkündigen, er wül ihr zum
Bewufstfein bringen, dafs wir eines Heilandes bedürfen,
dafs uns derfelbe in der Perfon Jefu Chrifti von Gott
gegeben ift, und er will ihr zeigen, was wir an diefem
Heilande haben und was er von uns fordert. Dies in
einer Weife darzuftellen, dafs es gerade für die Menfchen
unferer Tage überzeugend und ergreifend wird, das ift
des Verfaffers Abficht, und das gelingt ihm, wie die vorliegenden
Predigten zeigen, in hervorragendem Mafse. In
neuen und eigenthümlichen Gedankengängen, die eben
deshalb anziehen und feffeln und des gewünschten Eindrucks
nicht verfehlen, kommen die alten Wahrheiten des
Evangeliums zu lebendiger, auch das Gemüth bewegender
Darfteilung. Wie wird aufrichtige und tiefe Sünden-
erkenntnifs erweckt in der Predigt über die Sünderin in
des Pharifäers Haus; wie fehen wir uns das Wefenjefu vor
Augen gemalt in der Predigt über die Heimathlofigkeit
Jefu; wie kommt der hohe Ernft des Evangeliums zur
unverkürzten Geltung in der Predigt über die öffentliche
Meinung. Ich weifs nicht, ob die theologifchen Gegner
Kaftan's, die fich über feine Forderung eines ,neuen
Dogmas' fo fehr entfetzt haben und noch immer entfetzen,
in feiner Predigtweife nicht manches vermiffen; es mag
recht wohl fein, dafs fie vieles anders ausdrücken würden,
obwohl ich nicht einfehe, warum nicht ganze Predigten
wortwörtlich auch von ihnen gehalten fein könnten.
Aber das werden fie doch zugeben müffen, wenn fie als
fchlichte, Erbauung fuchende Chriften unbefangenen
Sinnes diefe Predigten lefen, dafs uns darin ,Brot des
Lebens' geboten wird, der nach Gott verlangenden Seele
zur Erquickung und Speife, dafs uns darin das Bild Jefu
Chrifti entgegentritt in feiner ganzen Gröfse und Herrlichkeit
, dafs darin nicht eine neue Theologie verkündigt
wird, fondern das alte Evangelium.

Augsburg. j. Hans.