Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1893

Spalte:

497-498

Autor/Hrsg.:

Wordsworth, Johannes

Titel/Untertitel:

Novum Testamentum Domini Nostri Jesu Christi Latine secundum editionum Sancti Hieronymi. Partis prioris fasciculus tertius: Evangelium secundum Lucam 1893

Rezensent:

Gebhardt, Oscar

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

497 Therflogifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 20. 498

tbums gebräuchlichen und fehr berechtigten Verfahren.
Hier aber handelt es fich um einen Text, der uns mit
feft abgefchloffener, autoritativer Punktation vorliegt, die
jedem zur Hand ift, fo dafs er jeden Zweifel flugs be-
feitigen kann. Und andererfeits ift fehr zu hoffen, dafs
die Ausgabe auch in weite Kreife dringt, denen mit
einem gelegentlichen Vocal oder Dagefch noch längfl
nicht geholfen ift. Das richtige Verfahren ift unter
folchen Umfländen, alles, was unverändert bleibt, ganz
unpunktirt zu laffen; alles, woran geändert ift, ausnahmslos
zu punktiren. Es wird dadurch zugleich noch leichter
ins Auge fallen, wo die Kritik eingegriffen hat.

Abgefehen von diefen Punkten, wie mir fcheint,
Mängeln, ift die Anordnung wie die Ausftattung eine
vorzügliche, wie wir fie vor allem in Deutfchland nicht
gewohnt find. Eine Ausgabe des Alten Teftamentes in
diefer Geftalt wird eine unüberfehbare Fülle von Anregung
bieten: möchten recht Viele fleh das nicht entgehen
laffen, möchte den muthigen Unternehmern der
Erfolg nicht fehlen!

Auf das in diefer Lieferung Geleiftete einzugehen,
niufste ich mir hier verfagen, weil der Raum dem Unternehmen
im Ganzen gebührte. Mag der Name des Ver-
faffers dafür Hürge fein.

Strafsburg i. E. K. Budde.

Nouum Testamentum Domini nostri Jesu Christi Latine secun-
dum editionem Sancti Hieronymi ad codicum manu-
scriptorum fidem recensuit Johannes Wordsworth, S.
T. P., episcopus Sarisburiensis, in operis societatem
adsumto Henrico Juliano White, A. M., societatis S. An-
dreae collegii theologici Sarisburiensis uice-principali.
Partis prioris fasciculus tertius: Euangelium secundum
Lucam. Oxonii, e typographeo Clarendoniano, 1893.
(S. 269—484. gr. 4.) cart. 12 s. 6 d.

Bei der auch das fcheinbar geringfügige Detail be-
rückfichtigenden Genauigkeit, welche diefe erfte kritifche
Ausgabe der Ueberfetzung des Hieronymus auszeichnet
(f. diefe Zeitung, Jahrg. 1891, Col. 421 f.), ift es nicht zu
verwundern, dafs der Druck nur langfam fortfehreitet:
wie zvvifchen dem erften und zweiten, fo liegt auch zwi-
fchen dem zweiten und dritten Hefte ein Zeitraum von
faft zwei Jahren. Das dritte Heft hat aber dadurch noch
mehr Arbeit gekoftet, dafs der Apparat gegen die beiden
erften nicht unerheblich gewachfen ift. Ganz neu verglichen
wurde der aus Benevent flammende Cod. Muf.
Brit. Add. 5463, aus dem 8. Jahrh., den fchon Bentley
benutzt hatte, und hinzu kamen aufserdem die von Bian-
chini veröffentlichten Lucasfragmente des Purpurcodex
in Perugia. So beträgt die Gefammtzahl der benutzten
Hff. bei Lucas 27 (darunter 18 vollständige) gegen 24
(darunter 16 vollständige) bei Matthäus und 25 (darunter
20 vollständige) bei Marcus. Hieraus fowie aus dem Umstände
, dafs die übrigen alten Verfionen jetzt in noch
gröfserem Umfange als zuvor herangezogen find, wird es
erklärlich, dafs der Text des dritten Evangeliums mit
feinem Apparate (216 S.) der Summe des Umfanges der
beiden erften (254 S.; die erften 14 Seiten des erften Heftes
betreffen das allen vier Evangelien gemeinfame Material
) ziemlich nahe kommt, üb es nöthig war, in einem
folchen Werke auch die lediglich graphifchen Varianten
durchweg zu notiren, und ob namentlich die eigenartige
Orthographie des Codex Cavenfis (vgl. z. B. das zu Anfang
der Wörter beständig wiederkehrende h, wie in
hordo, hamicus, kangelus u. dergl.) in dem Umfange, wie ge-
fchehen, zu berücksichtigen war, darüber liefse fich streiten.
Jedenfalls wird man den Herausgebern ein Zuwenig nicht
vorwerfen können, und darin liegt eine nicht zu unter-
fchätzende Garantie der Zuverläffigkeit des allem An-
fcheine nach auch fehr correct gediuckten Apparates.

Wenn die noch ausstehenden Hefte in den gleichen
Intervallen erfcheinen wie die erften drei, fo würden
darüber noch etwa 9—10 Jahre hingehen. Da aber die
Zahl der für die Apoftelgefchichte, die Briefe und die
Apokalypfe in Betracht kommenden Hff. ungleich geringer
ift, als die der Evangelienhff., fo wird man den
Abfchlufsdes grofsen, fo überaus dankenswerthen Werkes
wohl noch vor Ablauf des Jahrhunderts erwarten dürfen.

Leipzig. O. v. Gebhardt.

1. Kunze, Dr. Joh., Das neu aufgefundene Bruchstück des
sogen. Petrusevangeliums, überfetzt und beurteilt. Leipzig
, Dörffling & Franke, 1893. (48 S. 8.) M. —.60.

2. Lundborg, Matth., Det s. k. Petrusevangeliet ett ny-
funnet fragment ur en fornkristlig apokryf. Lund, Hj.
Möller, 1893. (92 S. 8.)

3. Völter, Prof. Dan., Petrusevangelium oder Aegypterevan-
gelium? Eine Frage bezüglich des neuentdeckten Evangelienfragments
. Tübingen, Heckenhauer, 1893. (46 S.
gr. 8.) M. 1.20,

Aus der Reihe der feit dem Januar über den neuen
Fund von Akhmim erfchienenen fclbftändigen Publica-
tionen find neben den Arbeiten von Zahn und v. Gebhardt
die hier zufammengeftellten drei hervorzuheben,
von denen die zwei erften fich darin fachlich näher flehen,
dafs fie dem PE. nur einen relativ geringen fecundären
Werth zufprechen.

I. Die aus einem Vortrag erwachfene Schrift Kunze's
ift eine frifch und klar gefchriebene Wiedergabe des erften
Eindrucks, ohne tieferes Eindringen, aber auch ohne
Prätention und mit Takt doch wefentlich Richtiges treffend.
Er hat allein Harnack vor fich, durch den ihm allerdings
mitnichten ,die Anflehten von Lods und Robinfon vorläufig
als abgelöst' hätten gelten follen. Von Zahns
Abhandlung, mit der er vielfach zufammentrifft, ift ihm
nur die erfte Hälfte während des Druckes bekannt geworden
, aber es ift erfreulich, dafs auch diefer Autorität
gegenüber die Selbständigkeit gewahrt wird. Man hat
trotz der leichten Form das angenehme Gefühl, dafs
das rafche und fichere Urtheil auf dem Fundament ernsten
Wiffens, wie es des Verf.'s Schrift über die Gotteslehre
des Iren, zeigte, erwachfen ift. Der Verf. glaubt an die
Abhängigkeit des PE. von unferen vier Ew., beftreitet
die Bekanntfchaft Juftin's mit demfelben und läfst es um
170 unter den fyrifchen Doketen entstanden fein. Er
identificirt alfo Euf. VI, 12 .diejenigen, die es eingeführt
', die y.ara^afisvoi mit ihren d'tdrjoyoi, beide find
ihm Doketen (S. 9. 10. 7), die frühere und die damalige
Generation. Er wird damit Zahn, Seeberg (Th. LB1.
1893. No. 28. Sp. 330), Völter u. a. gegenüber Recht
haben. Serapion kannte zuvor das PE. nicht. In der
Vorausfetzung der Orthodoxie aller Rhoffenfer erlaubte
er die Leetüre. Erft nach feiner Rückkehr wird ihm
in Antiochien ein Licht aufgesteckt: ,wir aber in Antiochien
(?J/u7c, woran ich mit Weftcott — Canon of the
new test. p. 391 A. 1 — und Swete gegenSchwegler und
Zahn festhalten möchte) stellten nun Nachforfchungen
an'. Er hört, dafs die Doketen es feit lange gebrauchen,
und wendet fich an die jetzt lebenden Doketen als ,die
Nachfolg er und Erben' derjenigen, die ,es einst eingeführt
, aufgebracht', eig. .eingeweiht'. Ueber den Verfaffer
I ift hiemit noch nichts gefagt. Die Situation bleibt undeutlich
. Mit Unrecht aber leugnet K. nach Zahn (Gefch.
d. Kan. II, 747 f.), dafs irgend ein Streit in Rhoffus vorausgegangen
ift, in dem es fich um den Gebrauch des
PE. handelte. Sonft hätte der Anhang des Marcianus
nicht an fttxQMjtt'xia leiden können (Zahn felbft /. c:
j fchlechte ,Behandlung von Seiten der Majorität', ,geta-
j delt', infolgedtffen ,veistimmt', voll .Verdrufs' und fich
I deshalb .befchwerend' — was ift denn das anders als ein

**