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Ausgabe:

1893 Nr. 1

Spalte:

449-452

Autor/Hrsg.:

Patrick, John

Titel/Untertitel:

The Apology of Origen in Reply to Celsus 1893

Rezensent:

Koetschau, Paul

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449

Theologifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 18.

Wenn daher auch für die gegenwärtige wiffenfchaftliche
Exegefe nichts Brauchbares aus diefen fein- und fcharf-
finnigen Deductionen herausfpringt, fo bieten fie doch
dem Theologen ein intereffantes Beifpiel des Concordismus
zwifchen Vernunft- und Schriftwahrheit, wie er in diefer
fyftematifchen Abrundung wohl feiten erreicht ift. Alle
diefe jüdifchen Philofophen find vollkommen von der
Identität ihrer Philofophie mit der Lehre der Bibel überzeugt
. Saadja findet feine 4 Beweife dafür, dafs die Welt
eine Schöpfung Gottes fei, desgleichen die zehn Kategorien
feines Gottesbegriffs u. a. m. wörtlich in der Bibel wieder;
ibn Gabirol erkennt in Jakobs Himmelsleiter ein Bild der
vernunftbegabten Seele, findet in der Bibel Belege dafür,
dafs jedem der fünf Sinne je zwei Paar entgegengefetzter
moralifcher Eigenfchaften zuzufchreiben feien; Jehuda
Hallevi findet in der Patriarchengefchichte den Beleg für
feine Lehre, dafs Israel der Kern der Menfchheit, der
wahre Sohn Gottes fei u. f. vv. Diefe Philofophen laffen
kein Atom des Schriftwortes verloren gehen, in jedem
wiffen fie etwas zu finden, das fie zum Beweife für ihr
Syftem verwerthen können. Der Reichthum nnd das
Sinnreiche ihrer Combinationen gewährt immer neuen
Genufs, wenn wir uns auch von unferem modernen Standpunkte
' aus fagen müffen, dafs jene unhaltbar find.

Wer eine gediegene Einführung in die jüdifche Literatur
der genanten Zeit fucht, die zugleich den Stoff in
fchöner und klarer Darfteilung bietet, dem können wir
die 3 hier befprochenen Schriften Bacher's nur empfehlen.

Jena. C. Siegfried.

Patrick, John, B.D., minister ofGreenside parish, Edinburgh
; formerly examiner in divinity, university of
Edinburgh, The Apology of Origen in Reply to Celsus.

A chapterin theHistory of Apologetics. Edinburgh and
London, William Blackwood and Sons, 1892. (XII,
340 S. 8.)

Die Streitfchrift des Celfus ift, ihrer grofsen Bedeutung
für die Gefchichte der alten Kirche entfprechend,
fchon mehrfach analyfirt und bearbeitet worden; dagegen
hat es an einer eingehenden Betrachtung und
Beurtheilung der Apologie des ürigenes bis jetzt gefehlt
. Und doch wäre die Löfung diefer Aufgabe
fehr dankenswerth. Wer fie unternehmen will, mufs
die Fragmente der widerlegten Schrift gründlich ftudirt,
ihren Gedankenzufammenhang und Plan klar erkannt,
und vor allem ein richtiges Urtheil über Celfus felbft, feine
Grundanfchauungen, die Urfachen feines Juden- und
Chriftenhaffes und die Methode feiner Polemik gewonnen
haben. Eine erfchöpfende Neubearbeitung diefer Punkte
ift bei den Mängeln der Arbeiten von Keim, Aube,
Pelagaud nothwendig. Erft von diefer Grundlage aus
wird man die Eigenart der Apologetik des Origenes, die
Schwierigkeiten, die er überwinden mufste, fein Schwanken
in der Beurtheilung des Gegners recht verftehen und
auch die Frage entfcheiden können, ob Celfus und
Origenes gewiffe gemeinfame Grundanfchauungen gehabt
haben, oder nicht.

Der Verfaffer des vorliegenden Buches hat fich diefes
hohe Ziel nicht gefleckt, er will nur ,an exposition of the
principlcs and details of the apology of Origen1- und vorher
,a füll aecount of thework which he souglit to refute'
(Preface, p. VII) geben, ohne tiefer gehende Unterfuchun-
gen, wie die oben angedeuteten, damit zu verbinden.
Indeffen ift auch eine folche .Vorarbeit', wenn correct
durchgeführt, mit Dank zu begrüfsen. Im I. Theil behandelt
der Verf. den Angriff des Celfus; er giebt im 2.
Cap. (p. 18—83) eme ausführliche Analyfe des dilnöV/c
loyog, während er im 1. Cap. (p. 3—17) Datirung und
Verfaffer der Schrift, und im 3. Cap. (p. 84—109) die
philofophifch-religiöfe Bildung und die Quellen des Celfus
befpricht. Der II. und Haupttheil hat die Erwiderung des

Origenes zum Inhalt. Voraus geht (p. 113 —120) eine
Einleitung über Datirung, Urfprung, Bedeutung, Zweck
und Befchaffenheit der Widerlegungsfchrift; fie habe,
meint der Verf. nach Origenes c. Cels. praef cap. 4, ,a
twofold ahn, — to destroy the arguincnts of Celsus and
to exhibit the trutlr (p. 118), und infolge der Änderung
des urfprünglichen Plans des Origenes hätten wir zwar
in der Schrift ,all the viaterials for an apology, but they
lie without order or proportion' (p. 119). Die letztere —
durchaus unbegründete — Anficht hat den Verf. veran-
lafst, die angeblich angeordneten Baufteine' der Apologie
des Origenes nach folgenden fechs Hauptgefichtspunkten
neu zu ordnen: Cap. 2 Vertheidigung der heil. Schriften
(p. 121—152), Cap. 3 Vertheidigung der Menfchwerdung
(P- T53—^o), Cap. 4 Anficht von der Perfon und dem
Werk Chrifti (p. 181—239), Cap. 5 die Kirche und ihre
Anhänger (p. 240 — 262), Cap. 6 Chriftenthum und römi-
fches Reich (p. 263—290), Cap. 7 Gegenangriff auf grie-
chifche Philofophie und Religion durch Origenes (p. 291 —
311). Damit hat der Verf. ein apologetifches Syllem
conftruirt, wie es in den 8 BB. gegen Celfus zwar nicht
vorliegt, aber nach feiner Meinung hätte vorliegen können,
wenn Origenes feinen urfprünglichen Plan nicht geändert
hätte. Ein Glück für uns, dafs er es nicht gethan hat!
Wie wenig Sicheres wäre wohl fonft von der Schrift des
Celfus erhalten!

Aber ift die Widerlegung des Origenes wirklich fo
ungeordnet, wie der Verf. annimmt? Origenes hat ja
doch eine geordnete und gegliederte Schrift widerlegt
und fich dabei im ganzen der Gliederung der beftrittenen
Schrift anbequemt. Wäre es nicht natürlicher gewefen,
wenn der Verf. auf Grund der im I. Theil dargelegten
Gliederung des «ÄijöVjc loyog im II. Theil die Antwort
des Origenes auf die Haupteinwände feines Gegners in
derfelben Ordnung hätte folgen laffen? Diefe einfachfte
Art der Löfung der geftellten Aufgabe hätte keineswegs
fo viele Wiederholungen zur Folge gehabt, wie Verf.
befürchtet, und die beiden Theile des Buches würden bei
gleichmäfsiger Behandlung einen engen und natürlichen
Zufammenhang bekommen haben, der ihnen jetzt fehlt.
Allerdings ift es dem Verf. gelungen, alle wefentlichen
hier und da zerftreuten Einwände des Origenes gegen die
Behauptungen des Celfus zu fammeln und gefchickt zu
gruppiren. Der Lefer erhält jedenfalls ein vollftändiges
Bild von der grofsen apologetifchen Leiftung des Origenes,
bleibt aber über die Schwierigkeiten, die fich dem Origenes
entgegenftellten, über die Art und Weife, wie er
jedesmal den Angriff des Gegners zurückzuweifen verpfänden
hat, im unklaren.

Der I. Theil, der, wie gefügt, des organifchen Zufam-
menhangs mit dem IL Theile entbehrt, befriedigt auch an
fich wenig. Der Verf. hatte hier die Wahl zwischen zwei
Möglichkeiten: er konnte entweder die Fragmente, nach
der urfprünglichen Dispofition geordnet, in wortgetreuer
Ueberfetzung vorlegen und etwaige Lücken durch Con-
jectur ausfüllen, oder er brauchte nur die Hauptgefichts-
punkte der Polemik des Celfus auf Grund der urfprünglichen
Dispofition anzudeuten; letzteres hätte beffer zu
dem II. Theil, wie er jetzt vorliegt, gepafst, als erfteres.
Der Verf. hat aber einen Mittelweg eingefchlagen; er
verfpricht zwar ,a füll aecound zu geben, bietet aber
den Wortlaut der PTagmente hier und da in verkürzter
oder veränderter Geftalt, z. B. I 27 (p. 22), II 49 (p. 32),
IV 61 (p 46) V 2 (p. 50), V 52-64 (p. 54-56), VI 21-34
(p. 59-60), VI 39-41 (p. 60 (X VT 42 (p. 61 f.), VII 18
(p. 68), VIII 2—15 (p. 75 f.), VIII 63-75 (p. 81-83), und
verändert auch gelegentlich ohne Grund die Reihenfolge
der Fragmente, z.B. II 63—67 — 68 — 70 — 72 — 73
(P- 33 f-)- Da Origenes hier nicht angiebt, dafs ein Frgm.
auf das andere folge, fo kann die Reihenfolge geändert
werden. Aber ein zwingender Grund dazu liegt nicht
vor. Wenn der Verf. II 68—63—67—70—73 (mit Aus-
laffung von II 71 und 72) folgen läfst, fo uberfieht er