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Ausgabe:

1893 Nr. 18

Spalte:

446-447

Autor/Hrsg.:

Mercati, Giovanni

Titel/Untertitel:

L‘età di Simmaco l‘Interprete e S. Epifanio ossia se Simmaco tradusse in greco la bibbia sotto M. Aurelio il Filosofo 1893

Rezensent:

Nestle, Eberhard

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Theologifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 18.

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für die fchwierigften und dunkelften Stellen bringen auch
die altern MSS. keine Befferung.

Was die Ueberfetzung und Erklärung des Textes
betrifft, fo hat ja der Verf. manches richtig verbeffert
(obwohl ich feine Bemerkungen zu 61, 10. 65, 11; 37, 2.
71, 14 als unzutreffend, theilweife auf mangelnder Kennt-
nifs des deutfchen Idioms beruhend, zurückweifen mufs);
über anderes läfst fich ftreiten; aber er hat auch mancherlei
verfehlt. Unzuläffig oder unbefriedigend ift z. B.
feine Erklärung von Cap. 44. 60, 6. 81, 4- 89, 6. 90, 15.
IOO, Ii; fprachlich falfch ift 53, 1 avalleywith open and
dcep mouths; 62, 7 beforc him 98,9. 15 transgress against;
unberechtigt ift die S. 371 aus dem Fehlen des la vor
egzia in 38, 4 gezogene Folgerung; auch ift zwifchen
jemeez und jemeez 24, 4 keine Differenz im Sinn, wie
er S. 364 zu meinen fcheint. Dafs er vielfach zu Emendationen
fich genöthigt fieht, ift nur natürlich, aber nicht
alle feine Conjecturen find einleuchtend oder befriedigend
z. B. 54, 7. 60, 24. 67, 3. 90, 20 (in 9, 8 ift sabce nicht
aus jabsc verderbt, fondern die alte Lesart ift medrf.

Dem neugefundenen griechifchen Text Bouriant's
hat er einen langen Anhang S. 318—37O gewidmet, worin
er nicht nur die Differenzen vom Synkellos- und
vom äthiopifchen Text alle einzeln herausftellt, und die
muthmafsliche Entftehung derfelben durch Verderbnifs
fei es auf Seiten der Griechen, fei es auf Seiten der
Abeffinier erörtert, fondern auch die 3 Texte in ein ge-
nealogifches Verhältnifs zu bringen und aus ihnen zu-
fammen den urfprünglichen Text herzuftellen fucht. Das
letztere Bemühen halte ich in vielen Einzelfällen für vergeblich
; ich bleibe dabei, dafs bei den Griechen felbft
verfchiedene Ausgaben im Umlauf waren, über deren
Verhältnifs zu einander wir zur Zeit mit den vorhandenen
Mitteln meift nichts ficheres mehr ausmachen können.
Was die Entftehung der verderbten Lesarten betrifft, fo
liegt ja meift der Hergang auf der Hand, und ift oft viel
einfacher, als der Verf. annimmt (z. B. 31, 3, wo ohne- [
dem von einem jehesjewb nicht die Rede fein kann,
fondern nur von jahasjewo, f. S. 1052 in den obengenannten
SB.). Auch'hat fich der Verf. mit der Art und
Weife der äth. Bibelüberfetzer noch nicht genug bekannt
gemacht, fonft würde er nicht überall ftreng wörtliche
Uebertragung beanfpruchen, und vor Behauptungen, wie
dafs tetcfq aus tcjäqe corrumpirt fei (S. 358), fich gehütet
haben.' Staunen erregt, wenn er 23, 4 (S. 362 f.) za-jenaded
aus za-jesaded = ey.öuöxov, und diefes, weil finnlos, aus
öior/.oiv entftanden fein läfst, und öior/.ovv hinwiederum
für die Ueberfetzung von Hin to feed, nourish, govern
hält. Das fteht auf derfelben'Höhe, wie wenn er 14, 7
(S. 80) für das griechifch und äthiopifch bezeugte la-
lomteg vielleicht richtig vermuthet layövtt-g, aber dann
die Entftehung der Lesart lalovvteg aus Verwechslung
von rTTp mit snp ableitet, als könnte rnp layyäveiv ausdrücken
'. Aehhlichen Schrotes ift die angebliche Verwechslung
von bin und bin S. 73 (allerdings S. 338 zurückgenommen
, "aber nicht, weil fie an fich unftatt-
haft ift).

In der Sacherklärung fchliefst fich der Verf. grofsen-
theils an meinen Commentar an; oft geht er auch, mit
Recht, feine eigenen Wege. Auf das einzelne kann hier
nicht eingegangen werden. Auch feine Unterfuchungen
bezüglich der Zufammenfetzung des Buches können hier
einer näheren Beurtheilung nicht unterzogen werden. Es
genüge, feine Ergebnifse kurz anzugeben, a) Cp. 1 —
36 (mit Ausnahme einiger Einfchübe) fei der ältefte
Theil, fpäteftens vor 170 v. Ch. verfafst; b) Cp. 83—90
zwifchen 166 und 161 v. Gh.; c) Cp. 91—104 in den
Jahren 134—95 oder möglicherweife 104—95; d) die
Bilderreden Cp. 37—70 zwifchen 94 und 79 oder zwifchen
70 und 64 v. Ch.; e) das aftronomifch-phyfikalifche
Buch Cp. 72—78. 82. 79 biete keinen Anhalt zur Zeit-
beftimmung; f) unficher fei auch die Zeit der Noah-
apokalypfe (zu welcher Cp. 6, 3—8. 8, 1—3. 9, 7. 10, !

1—3. 11. Cp. 17—20. 39, 1. 2*. 41, 3—8. Cp. 43. 44.
54, 7—55- 2- CP- 59- 60. 65- 1—69, 25. Cp. 106. 107
gehören), und des Interpolators, der diefe Bruchftücke
in das übrige Buch hineingearbeitet, und Cp. 50. 56, 5—
57, 3a. Cp. 71. 80. 81. 93, 11—14 von fich aus, wenn
auch auf älterer Grundlage, hinzugefchrieben habe; immerhin
falle diefe Zufammenfetzung noch in das letzte vor-
chriftliche Jahrhundert. Seine Gründe für diefe Zeitbeftim-
mungen, fowie für die literarifche Scheidung der
genannten Beftandtheile find theils von beftimmten hifto-
rifirenden Deutungen gewiffer Ausfagen des Textes,
theils von Verfchiedenheit der Ausdrücke für diefelbe
Sache, von inneren Unverträglichkeiten und von angeblichen
Differenzen in den eschatologifchen und meffia-
nifchen Anfchauungen hergenommen. Ohne Zweifel hat
der Verf. darüber manche gute Beobachtungen gemacht.
Ob aber die Folgerungen, die er daraus zieht, alle haltbar
feien, möchte ich bezweifeln. Die Manier, variirende
Vorftellungen und Begriffe einer Sache in eine geradlinig
fortfchreitende zeitliche Entwicklung zu bringen
und fo eine Gefchichte derfelben zu conftruiren, ift ja
bei gewiffen neueren Schulen fehr beliebt. Wer aber
beobachtet hat, wie Altüberkommenes und Neues, felbft
wenn es fich bei ftrengem Denken gegenfeitig ausschliefst,
doch in einem und demfelben Kopfe Geltung befeffen
hat, der wird gegen derartige Conftructionen immer
mifstrauifch fein.

Werthvoll und für die Gefchichte der Verbreitung
des Henochbuch.es wichtig ift das S. 372—375 beigegebene
lateinifche Fragment.

Der äthiopifche Druck dürfte correcter fein; aufser
den S. XV corrigirten find mir noch 30—40 äth. Druckfehler
aufgeftofsen. Befonders befremdend ift, dafs der
Verf. den allbekannten Parifer Gelehrten Halevy durchaus
(etliche 20 mal) Halle vi fchreibt.

Berlin. A. Dillmann.

Mercati, Dott. Giovanni, L'etä di Simmaco I' Interprete e
S. Epifanio ossia se Simmaco tradusse in greco la
bibbia sotto M. Aurelio il Filosofo. Dissertazione
storico-critica. Modena, 1892. [Freiburg i/B., Herder.]
(104 S. gr. 4.) M. 2. —

An der hier anzuzeigenden Abhandlung ift zuerft zu
rühmen, dafs fie bei einem Umfang von 100 Quartfeiten
in fchönfter Ausstattung nur 2 M. kettet. Man vergleiche
damit unfere deutfchen Preife felbft bei folchen Büchern,
die von vornherein auf einen gröfseren Abfatz rechnen
können. Sodann ift zu bemerken, um künftigen biblio-
graphifchen Irrthümern vorzubeugen, dafs das eigentliche
Titelblatt als Druckort und Druckjahr Modena 1892 nennt,
nur der äufsere Umfchlag Friburgo di Brisgovia 1893'.
Den Anlafs der Schrift fpricht folgende Dedikation aus:
Ioanni Baptistae de Rossi in sacra etoyaiokoyica principi
aetatis immaculatae septuagesimum annum implcnti Ioan.
Michael et Angelus ff. Mercati e viri tanti cultoribus mi-
numi Mulla ominati ojferebant 12. kal. majas a. 1892.
Aus dem Vorwort al lettore erfährt man, dafs der Verf.
fie durante il nostro servizio militare ausarbeitete und
daher in der Zeit und namentlich in der Benützung von
Büchern befchränkt war. Er bedauert insbefondere,
dafs ihm Dindorf's Ausgabe, Lipfius Kritik der Quellen
des Epiphanius und Lagarde's fyrifcher Epiphanius unzugänglich
waren. Letzteres ift am meiften zu bedauern.
Denn die Stelle, von welcher die Unterfuchung ausgeht
[de mens. 16—18), lautet im fyrifchen Text wefentlich
anders. Sein Ergebnifs hat er gleich auf dem Titel angedeutet
, dafs Symmachus nach Epiphanius fchon unter
Marc Aurel 161 —180 gelebt habe, während man ihn bisher
auf Grund derfelben Stelle unter Septimius Severus
193—211 anfetzte. Dafs die chronologifctien Angaben des
Epiphanius verwirrt feien, hatte man fchon lange erkannt.