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Ausgabe:

1893

Spalte:

434-435

Autor/Hrsg.:

Behrmann, Geo.

Titel/Untertitel:

Die Gleichnisse unseres Herrn Jesu Christi. In Bibelstunden ausgelegt. 2. Aufl 1893

Rezensent:

Wächtler, August

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mit dem Denken der Gegenwart einzulaufen. Längere ; fucht nach Freude S. 39 die Worte: ,Aber es giebt
Auseinanderfetzungen und Entwicklungen find überhaupt | Freudenfunken, die bald wieder erlöfchen.....Freudenfeine
Sache nicht, aber ebendeshalb auch nicht leere, J thau, der nur auf den Leib fällt, der die Seele ver-
fchwache Worte und Nebengedanken. Er geht nicht oft fchmachten und dürr werden läfst*. Das Ev. des 2.
ausführlicher in die gewöhnlichen inneren und äufseren j Weihnachtstages Luk. 2, 15—20 veranlafst ihn S. 48 zu
Lebensverhältnifse der Gegenwart ein, zeigt jedoch auch j der fehr verftändigen Mahnung: /Freilich darf aus den
für diefe ein fcharfes Auge und ein kluges Urtheil. Nur Mittheilungen chriftlicher Erfahrungen kein leeres Gefeiten
verleitet ihn die Entfchiedenheit feines theologifchen 1 fchwätz werden, fonft redeft du felbft dir dein Herz leer'.
Standpunktes zu einer fo einfeitig übertriebenen Be- Wenn die Herausgeber bemerken, dafs der Vortrag
hauptung wie die S. 15: ,Freffen und Saufen! Das klingt j und die ganze Erfcheinung Schwartzkopff's den Eindruck
recht frech und derb für unfere Ohren aber alles Effen ; feiner Predigten bei dem Halten fehr erhöht habe, fo darf
und Trinken ohne Gebet verdient keinen anderen Namen', j man andererfeits die Hoffnung ausfprechen, dafs fich
Ganz feiten auch geräth der rafchdenkende, phantafie- 1 diefelben für das Lefen, welches längeres Ueberlegen
reiche Mann einmal auf eine fpielende Ausführung wie und wiederholtes Anfehen geftattet, durch den in fehr
S. 124: /Der Maurer kann bei feinem Bau an die ewigen bündiger, bilderreich fchöner Form gebotenen, tief in den
Hütten denken, welche uns im Himmel bereitet find, wie biblifch-kirchlichen Anfchauungen wurzelnden kernhaften
ein Schneider an die Kleider des Heils, welche Chriftus Inhalt trefflich eignen. Theologen werden an diefen
uns erworben hat, oder der Bäcker an das Lebens- i Predigten einiges vermiffen, aber auch folche, welche
brot u. f. w.' nicht ganz mit der altkirchlichen Richtung des Verf.'s
Wichtiger aber auch gar nicht häufig ift, dafs bei übereinftimmen, werden fich gern von dem eigenthümlich
dem nach allen feinen Grundfätzen faft durchgängig recht j kräftigen, glaubens- und geiltvollen Manne erbauen und
textgetreu predigenden, die Hauptfache des Textes glück- anregen laffen.

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Friedberg. Diegel.

lieh herausgreifenden, den übrigen Text wenigftens ge-
fchickt ftreifenden, auch in der erbaulichen Anwendung
finnreichen (vgl. z.B. S. 447), namentlich aber fachlich

treffend, bündig und formfehön disponirenden Mann fich Behrtnann, Hauptpaft. Geo., Die Gleichnisse unseres Herrn

auch Fehler der analytifch fynthetifchen Methode finden
So wird in der Pred. am 17. S. n. Trin. der für die
Sache nöthige 1. Theil: ,[Jefus] befucht regelmäfsig die
Gottesdienfte im Gotteshaufe' — als im Texte flehend
angekündigt, während letzterer nichts über denfelben
enthält,

Jesu Christi. In Bibelftund en ausgelegt. 2. Aufl. Hamburg
, Gräfe & Sillem, 1892. (IX, 355 S. gr. 8.) M.4.80;
geb. M. 6. —

Dafs nach 12 Jahren eine neue Auflage diefer Auslegung
der Gleichnifse nötig geworden, darf man mit

Doch das find Ausnahmen, zum Theile auch nur die dem Verf. als ein Zeichen dafür anfehen, ,dafs man nicht
Schatten feiten glänzender Lichtfeiten. Die Sprache und authört, Anleitungen zum Verftändnifs des göttlichen
gefammte Darftellung ift zwar etwas hoch, nicht anfehau- | Wortes willkommen zu heifsen.' Damit ift freilich nicht
lich-ausgeführt genug, überhaupt nicht volkstümlich im bewiefen, dafs man darin nicht nachgelaffen hat. Bibelengeren
Sinne, aber benimmt, gedrängt, körnig, bilder- ftunden werden feiten gehalten und wenig gehört oder
reich, herzenswarm, in ihrer Art klar. Biblifch-kirchliche j gelefen. Hier wäre ein Weg, in unferer Zeit ganz beKraft
vereinigt fich ungezwungen mit Formfchönheit der I fonders wichtig, die Gemeinde in tieferes Verftändnifs der

Neuzeit

Alle diefe Vorzüge, insbefondere glückliche Textes-
auffaffung und bündige, ebenmäfsige Formgeftaltung,
zeigen fich oft in überrafchend wohlgelungenen Dispofi-
tionen. Diefe erfreuen um fo mehr, wenn fie bei wohlbekannten
, vielbehandelten Texten entgegentreten. Der
Inhalt der überhaupt fehr guten Predigt am 13. S. n. Tr.
über Luk. 10, 23—37 wird angekündigt: ,Willft du das
ewige Leben ererben, fo lerne das Gefetz anfehauen mit
den Augen des Herrn, den Herrn mit den Augen der
Jünger und deinen Nächften mit den Augen des barmherzigen
Samariters'. Ueber das Ev. des 3. Adv. Matth.
11,2—10 wird die Dispofition aufgeftellt: ,Warum fehlt
in'diefer köftlichen Zeit fo Vielen unter uns die rechte
Adventsfreude? 1) Weil fo Vielen die rechte Adventsfrage
fehlt und 2) weil fo Vielen die rechte Adventsantwort
fehlt'. ,. . ,

Schw. verlieht überhaupt die grofse Kunft, bekannte
Gedanken durch bündig- und treffend-fchönen Ausdruck
neu erfcheinen zu laffen. Die wenigen Beifpiele, auf die
wir uns befchränken müffen, wählen wir möglichft fo,
dafs fie auch des Verf.'s theologifche Anfchauungen und
religiöfe Erfahrung in das Licht Bellen. Auf Grund des
I. Advent-Ev. Matth. 21, 1—9 wird uber Jefu Einzug in
Jerufalem S. 7 bemerkt: ,Auch Dienergefolge hat unfer
König, aber alles in Knechtsgeftalt und doch blitzt aus
feiner& Niedrigkeit feine königliche Herrlichkeit hervor'.
Vorher findet fich S. 6 eine ergreifende Schilderung, wie
zuletzt immer Wenigere um den Heiland waren, in der
Predigt über das I. Weihnachts-Ev. heifst es S. 38: ,Von
den einzelnen Verheifsungen der Propheten, die wie
Glockenklänge durch die Gefchichte der Welt tönen,
wollen wir jetzt nicht reden'. In derfelben Predigt enthält
die fehr fchöne Schilderung der allgemeinen Sehn-

Schrift hineinzuführen, und der Gemeinde unferer Tage
wäre ein Mittel dargeboten, Antwort auf viele Fragen und
Löfung mancher Schwierigkeiten zu finden, die jetzt zahlreicher
und drückender find als früher. Der Verf. hat auch
durch ähnliche Veröffentlichungen (Bibelftunden über
die Bergpredigt, die Reden Jefu nach Johannes, Vorträge
zur Einführung in die h. Schrift u. a.) dankenswerthe Anregungen
gegeben, diefen Weg zu betreten. Die neue
Auflage der uns vorliegenden Bibelftunden bringt nicht
eine Umarbeitung, fondern nur eine Durchficht und Ergänzung
der erften. In 28 Bibelftunden werden faft
fämmtliche Gleichnifse der drei erften Evangelien behandelt
. ,Von der Behandlung der gleichnifsartigen Reden,
die im Ev. Johannis überliefert find, ift abgefehen worden'
weil diefelben einer höheren Stufe der Unterweifung
Jefu angehören.' Der Charakter von Bibelftunden ift durchweg
gewahrt; faft in allen geht der Verf. unmittelbar
auf den biblifchen Abfchnitt ein und legt ihn in fortlaufendem
Anfchlufs an den Text aus, die Anwendung
in ungezwungener Weife hinzufügend. Wo es zweck-
mäfsig erfcheint, wird der Inhalt des Gleichnifses noch
einmal kurz zufammengefafst und mit eindringlichem
Wort auf die Aufgabe hingewiefen, die es dem Hörer
(teilt. Den Schlufs bildet ein Gebet um Kraft und Hilfe
zur Erfüllung diefer Aufgabe.

Ueber die Art feiner Auslegung hat der Verf. fich
in der Vorrede zur I.Auflage ausgefprochen; er .verflicht
die Vortheile der altkirchlichen und derin neuerer Zeit meift
empfohlenen Weife zu vereinigen.' Abgefehen davon,
dafs es nicht wohlgethan ift, dem Fortfehritt in der Methode
der Auslegung, der gerade bei den Gleichnifsen
unverkennbar ift, die altkirchliche Autorität entgegen-
zuftellen, können wir diefe Vereinigung felbft nicht für
eine glückliche halten. Die Fülle von oft zwar finnigen ja