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Ausgabe:

1893 Nr. 16

Spalte:

411-412

Autor/Hrsg.:

Schürer, Emil

Titel/Untertitel:

Das Buch Henoch im Abendlande 1893

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4ii

Theologifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 16.

412

nichtend für mich. Ich mufs dagegen fagen, dafs Ramfay
den Beweis für feine Behauptung von einer überwältigenden
Mehrzahl der Stellen' fchlechterdings fchuldig geblieben
ift. Der Entrüftungseifer hat ihn offenbar- verhindert
, fich auch nur zu überlegen, um was es fleh
handelt. Ich will verfuchen, es durch ein Beifpiel klar
zu machen. Der Tetrarch Herodes hat fowohl Galiläa
als Peräa beherrfcht. Da Galiläa die wichtigere Provinz
war, wird er der Kürze wegen auch einfach als Herr von
Galiläa bezeichnet. So nicht nur im Ev. Luc. 3,1, fondern
auch bei Jofeph. Antt. XVIII, 5, 4 (ciy de l'ahkat'wv
■ztTQciQxiav ei/si' oixog) und Philo, Legat, ad Cajum § 41
ed. Mang. II, 593, wo Agrippa I. den Caligula daran
erinnert, dafs er ihm rrjv TQcr/wvixiv XsyO[iEvrtv xai xrv
Talilaiav verliehen habe. Mit letzterem Ausdruck ift
das ganze Gebiet des Herodes Antipas gemeint. Noch
niemand hat aber auf Grund diefer Stellen behauptet,
dafs der Name ,Galiläa' auch die Landfchaft Peräa
umfafst habe, und dafs man die Einwohner von Peräa
auch als TaliXaloi bezeichnet habe. Genau fo fleht die
Sache aber in Betreff Galatiens. Ich habe nicht be-
ftritten, vielmehr ausdrücklich gefagt, dafs man den
Statthalter, welcher die Provinzen Galatien, Pifidien und
Lykaonien regierte, a parte potiori auch Statthalter von
Galatien genannt hat. Ich habe aber beflritten, dafs man
die Landfchaften Pifidien und Lykaonien auch einfach
,Galatien' genannt und die Einwohner diefer Provinzen
als Vu'kaxai bezeichnet habe. Wie fleht es nun mit
dem erdrückenden Beweismaterial Ramfay's? Er weifs
auch nicht eine Stelle zu nennen, welche gegen meine
Anficht fpräche. Sowohl in feinem früheren Werke
(Historical Geography of Asia Minor p. 253, 453), als
in feinem neuen Excurfe nennt er lediglich Infchriften,
die mir wohl bekannt waren und von mir eingehend behandelt
find. In allen — mit einer einzigen Ausnahme —
werden die Landfchaften Pifidien und Lykaonien neben
Galatien genannt. Abgefehen von den Schriftftellern
(bei welchen übrigens auch nur ein fehr dürftiges Material
vorliegt) giebt es, wie gefagt, nur eine Infchrift, welche
dem abgekürzten Sprachgebrauche folgt, und fie betrifft
nicht einen Statthalter (legatus Aug. pro pr), fondern
einen Procurator (Finanzbeamten der Provinz). In einer
zu Ikonium, alfo in Lykaonien gefundenen Infchrift aus
der Zeit des Nero heifst nämlich der dort erwähnte
Beamte in'tvqoiinq . . . Ttxi.va werte: ercaqyyiag (Corp. Inscr.
Graec. n. 3991). Auch diefe Infchrift ift von mir be-
rückfichtigt worden. Ramfay fagt nun freilich S. 14:
,lnichn{ten(Inscriptions, Pluralis!), welche in den äufserften
Theilen des galatifchen Pifidien und galatifchen Lykaonien
gefunden worden find, bezeichnen den Statthalter
des Bezirkes als Statthalter von Galatien. Ein fchlagender
Fall ift der folgende': — und nun kommt die uns wohl
bekannte Infchrift Corp. Inscr. Graec. n. 3991; fontt nichts!
Weshalb nicht noch andere? Sollte der ,fchlagende Fall'
auch der einzige fein? Wir Deutfche pflegen diefe Ausdrucksweife
mit einem guten englifchen Wort zu bezeichnen
, dafs ich aber lieber verfchweigen will.

Kiel. E. Schürer.

Das Buch Henoch im Abendlande.

Schon Zahn (Gefch. des Kanons II, 2, 1892, S. 797—
801, Forfchungen zur Gefch. des Kanons V, 1893, S. 158)
hat nachgewiefen, dafs ein Citat aus Henoch, welches
fich in der unter Cyprian's Werken überlieferten Schrift
ad Novatianum c. 16 findet, nicht aus dem Judasbrief,
fondern aus dem Buch Henoch felbft und zwar einem
lateinifchen Texte desfelben gefchöpft ift. Die Exiftenz
eines lateinifchen Henoch hat jetzt eine willkommene
Beftätigung gefunden durch eine Entdeckung von James.
Diefer fand in einem lateinifchen Miscellaneen-Codex des
Britifchen Mufeums aus dem achten Jahrhundert einen
lateinifchen Text des Stückes Henoch Cap. 106, 1—18.

Derfelbe ift von ihm herausgegeben in feinen foeben er-
fchienenen Apocrypha aneedota [— Texts and Studies ed.
by Robinson, vol. II, No. 3, Cambridge 1893] p. 146—
150. Schon einige Wochen früher hat Charles in feinem
Werke über das Buch Henoch den von James ihm
mitgetheilten Text publiciren können (Charles, The
book of Enocli, Oxford 1893, p. 372—375).

Kiel. E. Schürer.

Berichtigung.

Herr D. Cheyne berichtigt meine Bemerkung in diefer Zeitung Sp.
352 über Sir John Lubbock's Hundred Books dahin, dafs Lubbock noch
am Leben ift und dafs unter feinen ,hundert Büchern' lediglich ein von
L. in einem Zeitfchriften-Artikel aufgeftelltes Verzeichnifs von Büchern
zu verliehen ift, deren Lektüre L. jedem gebildeten Menfchen empfiehlt.

Giefsen. G. Krüger.

Bibliographie

von Bibliothekar Dr. Johannes Müller.

Berlin W., Opernplatz, Königl. Bibliothek.

jDeurfcbe Literatur.

Darllellungen aus dem Gebiete der nichtchrilllichen Religionsgefchichte.
IX/X. Münder, Afchendorff, 1893. (gr- 8.) 4. —

Inhalt: Die vedifch-brahmanifche Periode der Religion des alten Indiens.
Nach den Quellen dargeftellt v. E. Hardy. (VIII, 249 S.)

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Novum Testamenttim graece et latine. Texium graecum recensuit, la-
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Pfotenhauer, J., Uie Miffionen der Jefuiten in Paraguay. Ein Bild
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Richter, J., Uganda. Ein Blatt aus der Gefchichte der evangel. Miffion
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Misericordias Domini. Der Landesverein f. innere Miffion der ev.-luth.
Kirche im Königr. Sachfen in feinem I. Vierteljahrhundert. Blätter
der Erinnerg. an die Tage nach Misericordias Domini 1893, hrsg.
vom Sekretariat d. Landesvereins. Dresden, Schriftenniederlage, 1893.
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Schäfer, Th., Zur Erinnerung an die Diakonifien-Einfegnung. 2. Aufl.
Gütersloh, Bertelsmann, 1893. (VII, 152 S. 8.) 1. 40; geb. 1. 80