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Ausgabe:

1893 Nr. 16

Spalte:

403-404

Autor/Hrsg.:

Monchamp, Georges

Titel/Untertitel:

Notification de la condamnation de Galilée 1893

Rezensent:

Reusch, Franz Heinrich

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Seite 1

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4°3 Theologifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 16. 404

bedenklich verwerthet. S. dagegen CIL III, App. p. 26*
wo fich noch mehrere diefer Sorte finden.

Der Stil des Buches läfst manches zu wünfchen übrig.
Des Verf.'s Lieblingswort ift ,vorausfichtlich', im Sinne von
,wahrfcheinlich', ,vielleicht'. Die Worte, dafs Thamu-
gadi ,dem Hauptftocke des Aures gerade gegenüber' lag
(S. 74), enthalten eine geographifche Vorstellung, in die
ich mich nicht völlig zu verletzen vermag. S. 125 heifst
es: ,wie nach Baur's Vorgang Goerres darauf hinweift'.
Solche kleine Mängel hätte S. feinem Buche doch leicht
erfparen können.

Die beigegebene Karte ift dankenswerth. Für Mau-
retan. Caes. ift jetzt die vortreffliche Karte bei Cat,
Mauretanie Cesarienne, Paris 1892, z. vgl. Auf dem Plan
von Karthago (nach Tiffot) fcheinen die Piscinen zu
weit vom Meere entfernt, oder eine andere Anlage ift
nicht eingetragen (vgl. Falbe's Plan und die verfchiede-
nen Planfkizzen bei St. Marie, Mission a Carthage, Paris
1884). Bei dem Tiffot'fchen Plane laffen fich die Angaben
über die eine Cypriansbafilika bei Victor Vit.,
hist. pers. Afr. I, 5, 16 (vgl. Acta procons. Cypriani 5)
und Procop, bell. Vand. I, 21 fchwer vereinigen.

Berlin. Erwin Preufchen.

Monchamp, Prof. Georges, Galilee et la Belgique. Essai
historique sur les vicissitudes du Systeme de Copernic
en Belgique (XVIE et XVIIE siecles). Saint-Trond,
G. Moreau-Schouberechts, 1892. (Köln, Boifferee.)
(346 u. 76 S. 8.) Fr. 5.-

— Notification de la condamnation de Galilee, datee de
Lieges 20 Sept. 1633, publiee par le Nonce de Co-
logne dans les pays rhenans et la Basse Allemagne.
Texte d'apres une copie manuscrite avec des remarques
. Ebend. 1893. (30 S. 8.) Fr. 1.—

Der Verf. hat früher eine Histoire du Cartesianisnie
en Belgique veröffentlicht. Seine neue Veröffentlichung
hängt damit infofern zufammen, als die Cartefianer auch
Copernicaner waren. Von allgemeinerem lntereffe find
in der fehr weitfehweifigen Darfteilung der erften oben
verzeichneten Schrift folgende Punkte. Das Decret der
Index-Congregation vom 5. März 1616, wodurch die
Copernicanifche Lehre im Auftrage der Inquifition verdammt
wurde, wurde in Belgien erft Ende 1618 bekannt
(S. 46). Das Urtheil der Inquifition gegen Galilei vom
16. Juni 1633 wurde den Nuncien überfandt mit dem
Auftrage, es namentlich den Profefforen der Philofophie
und Mathematik zur Kenntnifs zu bringen (Reufch, Der
Prozefs Galilei's S. 371). Der bis jetzt unbekannte Wortlaut
des betreffenden Edictes des damals zu Lüttich
refidirenden Kölnifchen Nuncius P. A. Carafa wird von
M. in der kleinen Schrift mitgetheilt. Nach dem Bekanntwerden
des römifchen Urtheils trat der Löwener Profeffor
LibertusFroidmont (Fromondus) als entfehiedener Gegner
der Copernicanifchen Lehre auf, die er bis dahin günftig
beurtheilt hatte (S. 50). Sie fand überhaupt feitdem nur
wenige offene Vertheidiger in Belgien. M. nennt unter
diefen den Pfarrer Gottfried Wendelin, einen tüchtigen
Aftronomen (S. 109. 162). Wenn er {Notification p. 28)
erwähnt, dafs diefer trotzdem zu dem Nuncius Fabio
Chigi in freundfehaftlichen Beziehungen ftand, fo ift zu
bemerken, dafs diefer als Alexander VII. zwar nicht die
Verdammung der Copernicanifchen Lehre durch eine
Bulle von 1664 beftätigt, aber in feine Ausgabe des Index
aufgenommen hat (Reufch S. 443)- Ausführlich, zu ausführlich
(S. 177—318) befpricht M. die beiden Prozeffe
des Löwener Profeffors Martin van Velden, der 1691
(cartefianifche und) copernicanifche Thefen vertheidigen
laffen wollte. Die Actenftücke, die er im Anhange
(S, 1—66) mittheilt, find zum Theil fchon 1871, allerdings
fehr ungenau, gedruckt worden, und ich habe danach

den erften Prozefs in dem Auffatze ,Ein Galilei-Prozefs
in Löwen im J. 1691' in der Zeitfchrift ,1m neuen Reich'
1879,11,409—418, befprochen. Bemerkenswerth ift, dafs
bei dem zweiten Prozeffe auch eine Stelle in der Kirchen-
gefchichte des franzöfifchen Bifchofs Anton Godeau, deren
erften Bände von Alexander VII. belobt worden waren,
zur Sprache kam, an der er fagt, die von Urban VIII.
über Galilei verhängte Cenfur fei ,vielmehr eine politifche
als eine apoftolifche' gewefen (S. 238). Van Velden, in
deffen Prozeffen auch der Internuncius in Brüffel eine
Rolle fpielte, mufste fich fchliefslich unterwerfen, fcheint
aber auch fpäter die Copernicanifche Lehre feftgehalten
und fogar vorgetragen zu haben (S. 321). Um 1730 erklärte
ein Profeffor zu Lüttich, freilich nicht in einem
Buche, fondern nur in einem Collegienhefte: .allerdings
habe eine Congregation von Cardinälen das Copernicanifche
Syftem verboten, es werde aber jetzt auch an
den katholifchen Univerfitäten mit Vorwiffen des Papftes
und feiner Legaten vorgetragen; jenes Verbot fei auch
keine dogmatifche Definition, da eine folche den Cardinälen
nicht zuftehe' (S. 339). Im Laufe des 18. Jahrhunderts
mehrte fich auch in Belgien die Zahl derjenigen,
welche die anticopernicanifchen römifchen Decrete igno-
rirten oder fich in einer mehr oder minder fophiftifchen
Weife damit abfanden. Der Verf. fagt aber S. 343: ,Es
würde kindifch fein, zu beftreiten, dafs diefe Decrete bei
uns den Auffchwung, der zu Gunften der copernicanifchen
Ideen begann, aufgehalten haben'. Der letzte nennens-
werthe Bekämpfer derfelben war der bekannte Exjefuit
Feller. Er erwirkte 1777 von der franzöfifchen Regierung
einen Befehl an den bekannten Aftronomen Lalande, als
Cenfor die Druckerlaubnifs für feine Schrift zu unter-
fchreiben. Lalande rächte fich dann aber durch eine vernichtende
Recenfion im Journal des Savants.

Bonn. F. H. Reufch.

Koppehl, Dr. Herrn., Die Verwandtschaft Leibnizens mit
Thomas v. Aquino in der Lehre vom Bösen. Jena, 1892.
[Leipzig, Fock.] (IV, 124 S. gr. 8.) M. 1.60.

Die etwas weitfehichtig angelegte, aber gründliche und
methodifche Unterfuchung geht aus auf den Nachweis,
dafs Leibnizens Lehre vom Wefen und Grunde des
Uebels und des Böfen in der Hauptfache mit der betreffenden
des Thomas übereinftimmt. Der tieffte Grund
desfelben liegt für beide Denker in den Schranken der
göttlichen Allmacht, fofern nach ihnen Gottes Wille an
den Inhalt der in feinem Intellect befindlichen ewigen
Wahrheiten gebunden ift. Beide ferner betrachten das
Uebel nicht als etwas Subftanzielles, fondern als die
,Privation' des Guten und finden gemeinfam feine Rechtfertigung
darin, dafs die Unregelmäfsigkeit und Unvollkom-
menheit in den Theilen der Welt die Schönheit und Vollkommenheit
des Ganzen erhöht; aufserdem darin, dafs
um den Preis des Uebels neue höhere Güter aus den
beftehenden zu haben find. Beiderfeitig kommt weiter
zur Erwägung, dafs die Wirkungen Gottes innerhalb der
Welt als folcher secundum modum ercaturarum gefchehen,
dafs vieles der Befchränktheit oder Intereffirtheit des
menfehlichen Blickes nur als Uebel erfcheint, ohne es
in Wahrheit zu fein, ferner endlich, dafs die normale
Bethätigung des Willens durch deffen Leitung von Seiten
der Vernunftideen, die anormale dagegen durch den
Einflufs der finnlichen Vorftellungen bedingt ift. Dazu
der Hinweis (109), dafs fowohl Leibniz wie auch Thomas
mit ihrer Behandlung des Problems noch wefentlich
im antiken Geilte wurzeln, namentlich fofern ihnen daran
liegt, die Natur und Bedeutung des Böfen abzufchwächen.
Zum Schlufs wird darauf hingewiefen, dafs in der ganzen
Auffaffung des Problems der katholifche Normaltheologe
,nicht viel weniger rationaliftifch verfuhr als der leitende
Geilt des deutfehen Rationalismus'. — Von Erheblich-