Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1893

Spalte:

321-328

Autor/Hrsg.:

Schlatter, Adolf

Titel/Untertitel:

Zur Topographie und Geschichte Palästinas 1893

Rezensent:

Schürer, Emil

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

Download Scan:

PDF

Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Kiel.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 13. 24. Juni 1893. 18. Jahrgang.

Schlatt er, Zur Topographie und Gefchichte

Paläftinas (Schürer).
Bonghi, Die römifchen Feile (Benrath).
Nitzfeh, Gefchichte des deutfehen Volkes bis

zum Augsburger Religionsfrieden, 2. Aufl.

3 Bde. (Karl Müller).
Provinciale ordinis fratrum Minorum vetustissi-

mum ed. Eubel (Karl Müller).

Nachbildung des in der königl. Bibliothek zu
Berlin bewahrten Originalexemplars des von
Luther im Jahre 1517 veranftalteten Druckes
feiner Thefen (Kawerau).

Walt her, Die deutfehe Bibelüberfetzung des
Mittelalters (Kauffmann).

Eucken, Die Grundbegriffe der Gegenwart,
2. Aufl. (Glogau).

Richter, Der Bau des kleinen Katechismus

Luthers (Achelis).
BUrkner, Kirchenfchmuck und Kirchengeräth

(Achelis).

Fifcher, Die kirchliche Dichtung (Derf.).
Borchard und Kobbelt, Die deutfehe evan-

gelifche Diaspora, 2 Hefte (Derf.).
Steude, Evangeiifche Apologetik (Derf.).

Schlatt er, Prof. D. A. Zur Topographie und Geschichte meiftens der ohnehin fchon viel mifshandelte Jofephus

Palästinas. Calw und Stuttgart, Vereinsbuchhandlung,
1893. (VIII, 432 S. gr. 8.) M. 6. 80.

Sechsundzwanzig einzelne Studien ,zur Topographie
und Gefchichte Paläftinas' find in diefem Bande vereinigt
, r. Joppe in feiner jüdifchen Zeit. 2. Die Wandlung
von Lydda in Diofpolis. 3. Gefer und Gadara. 4. War
Bethoron der Wohnort Sanballats? 5. Das Heiligtum auf
dem Samuelsberg. 6. Griechifche Berichte über Jerufa-
lem. 7. M. Antonius Julianus, der Prokurator Judäas vom
Jahr 70 und fein Bericht über den Untergang Jerufalems.
8. Das Herodeion. 9. Bittir. 10. Hadrians drei Bogen.
11. Hadrians zwölf Thore. 12. Die fechs alten Tempel-
thore. 13. Die Bauten am Tempel in der griechifchen
Zeit. 14. Das Schafthor. 15. Die Gräber. 16. Mamre.
17. Das Grab der Patriarchen. 18. Bethel. 19. Die Stadt
Ephraim. 20. Gilgal. 21. Adonibefeks Stadt. 22. Jakobs
Brunnen. 23. Die Ebene Dothans. 24. Jefreels Ebene.
25. Hippos und Gamala. 26. Das paläftinenfifche Antiochien
.— Die Reihenfolge der Stücke ift bedingt durch
die Reife-Route des Verfaffers durch Paläftina; denn die
Studien .begleiten meinen Weg durch Paläftina im Frühling
1891' (Vorw. S. V). Dadurch, dafs der Verf. die
Oertlichkeiten aus eigener Anfchaung kennt, erhält die
Darftellung etwas Frifches und Lebendiges. Den 26 Studien
find noch neun ,Kritifche Beilagen' beigegeben, in
welchen einzelne Punkte fpecieller erörtert und aufge-
ftellte Hypothefe weiter ausgeführt werden. Die einge-
hendfte darunter behandelt die Beziehungen zwifchen
Jofephus und dem Gefchichtswerk des Antonius Julian
us (S. 344—403).

Dafs der Verf. mit befonderer Vorliebe fich folchen
hiftorifchen und geographifchen Einzelftudien zugewendet
hat, fcheint mir auf einer fchweren Verkennung feiner
eigenthümlichen Begabung zu beruhen. Für folche Arbeiten
ift das erfte Erfordernifs eine fichere Methode,
welche keinen Schritt thut, ohne die Richtigkeit des vorhergehenden
umftändlich geprüft zu haben, die Haupt-
Tugend alfo vorfichtige Befonnenheit und Nüchternheit.
Schlatter's Begabung liegt aber augenfeheinlich nach der
entgegengefetzten Seite hin. Leichtbefchwingt fliegen
ihm die Gedanken zu; und fie werden ohne allzu ängft-
liche Prüfung aufgenommen. Aus diefem flüchtigen Material
werden dann mit kühner Phantafie kunftvolle Bauten
aufgeführt, auf deren fchwindliger Höhe dem Lefer fehr
unbehaglich zu Muthe wird — mit vollem Rechte; denn
es find Kartenhäufer, welche zufammenftürzen, fobald
man fie nur ernfthaft anfleht. Ein wahres Verhängnifs
ifl es, dafs Schlatter nach diefer Methode mit unerbittlicher
Beharrlichkeit .Quellenkritik' treibt, deren Opfer

ft. Schon zwei frühere Unterfuchungen bewegen fleh
auf diefem Arbeitsgebiete. In den Studien und Kritiken
1891, S. 633—703, behandelte er .Eupolemus als
Chronolog und feine Beziehungen zu Jofephus
und Manetho'. Ueber Eupolemus, einen jüdifchen
Helleniften, welcher um 150 vor Chr. ein Werk über die
jüdifche Gefchichte verfafst hat, haben wir nur fehr dürftige
und indirecte Kunde. Alexander Polyhiftor hat
Bruchftücke aus ihm in feinem Werke über die Juden
mitgetheilt. Und aus diefem ebenfalls verlorenen Werke
des Alexander Polyhiftor flammt das Wenige, was uns
bei Clemens Alexandrinus und Eufebius erhalten ifl.
Jofephus nennt den Eupolemus nur einmal {contra Apion.
I, 23). Es läfst fich auf Grund diefer Stelle beweifen,
dafs auch er ihn nicht direct, fondern ebenfalls nur
durch Vermittelung des Alexander Polyhiftor gekannt
hat (f. meine Gefch. des jüd. Volkes II, 749). Vielleicht
flammen einige chronologifche Daten in der Archäologie
des Jofephus aus den bei Alexander Polyhiftor von Jofephus
vorgefundenen Bruchftücken des Eupolemus. Dafs
aber letzterer von Jofephus in irgendwie erheblichem
Mafse benützt fei, ift fchlechthin unerweislich. Eben
diefes Unerweisliche wird aber von Schlatter überall als
Thatfache vorausgefetzt und auf Grund diefer Voraus-
fetzung fo ziemlich das ganze chronologifche Syftem
des Jofephus als das des ,Eupolemus' behandelt, welchen
Schlatter uns durchweg wie einen guten alten Bekannten
vorführt. Nach derfelben Methode verfährt auch die
Unterfuchung über Jafon von Kyrene' (Greifswalder
Feftfchrift für Zöckler 1891). Von diefem Manne wiffen
wir lediglich, was II Makk. 2, 23 gefchrieben fleht: Er
hat ein Werk in fünf Büchern gefchrieben, welches in
unferm zweiten Makkabäerbuch in eins zufammengezogen
ift. Dafs auch der Verfaffer unferes erften Makkabäer-
buches das Werk des Jafon gekannt hat, ift bei den
ftarken und durchgängigen Differenzen zwifchen beiden
fehr unwahrfcheinlich. Diefes Unwahrfcheinliche fucht
nun Schlatter nicht etwa zu beweifen, fondern er fetzt es
von vornherein als bewiefen voraus und reconftruirt auf
Grund diefer Vorausfetzuug das Werk des Jafon aus
unfern beiden Makkabäerbüchern.

Die neuen Unterfuchungen Schlatter's beftätigen nur
zu fehr die Erwartungen, die man auf Grund diefer
früheren Arbeiten hegen mufs. Es ift bei der Fülle des
Materiales nicht möglich, allen Studien im Einzelnen zu
folgen. Ich kann nur eine Reihe von Beifpielen hervorheben
.

Die 1. Studie (S. 1—28 und^Beilage S. 321—324)
behandelt die Gefchichte von Jope zur Zeit Johannes
Hyrkan's I und Cäfar's. Nachdem der Makkabäer Simon

321 322