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Ausgabe:

1893

Spalte:

307-309

Titel/Untertitel:

Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte. 1. Bd. 1. Thl 1893

Rezensent:

Virck, H.

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3°7

Theologifche Literaturzeitung. 1893. Mr. 12.

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wenigen Citaten in den jüngeren Hf. ihre Urfprünglichkeit
zweifelhaft bleiben wird, aber dafs wir dennoch durch
Reconftruction der Urgeftalt des erften und zweiten
Buches der iegd fehr nahe kommen können (S. 106 f.).

Das dritte Buch enthielt die ,Parallelen' im engern
Sinn, parallel geordnete Tugenden und Lauer. ,Separat
ift dies Buch nicht erhalten'. Aber aus jenem feinem
Inhalt, aus den Verweifungen auf die nagdXXrjXa in K
und C, endlich aus der ,Melissa' des Antonius, welche
neben den loci communes des fog. Maximus dies 3. Buch
benutzt hat und daher für dies Buch ,zwar nicht den
gleichen, aber doch einen ähnlichen Dienft als die Hff.
C und K für das erfte und zweite' leinet, läfst fich der
Inhalt desfelben, freilich nicht die Reihenfolge der
Parallelen feftftellen. ,Dafs einige Parallelen ganz verloren
find, ift ficher. Allein fehr beträchtlich kann die
Zahl der fehlenden Titel nicht fein. Denn die Verweifungen
in K find fchwerlich etwas anderes, als eine
auf dem Wege der handfchriftlichen Ueberlieferung fortgepflanzte
Arbeit des Verfaffers . . der legd' (S. 134),
und faft alle Capitel der Melissa find, wenn nicht bei
Maximus, fo in dem Parallelenverzeichnifs Loofs' nachweisbar
. Eine alphabetifche Anordnung auch diefes
Buchs ift ihm wahrfcheinlich, — die Reihe der hier
citirten Väter wird fich erft nach Vergleichung noch
weiterer Hff. überfehen laffen.

Von grofser Wichtigkeit ift, die Entftehungszeit der
iegd zu beftimmen. Auf Grund zweier Scholien des cod.
R hat man zumeift mit Lequien 614—627 für die Ab-
faffungszeit von R und, wenn die Scholien urfprünglich
find, auch der iegd felbft gehalten. Das erfte Scholion
befagt, dafs b acozrjgiog azavgbg.. diot zb fiefiiaiiftevov ßevezo-
7cgdaivov dvofia, b ineD-ijy.cciiev eavzoig . . elg x£<(?ßS
fiefiictfifievwv übergeben fei, das zweite redet von einer
dvagyja und avyyvatg, und einer xazadwaozeia ei- iDviov,
fie hätten iftcpvXl(p- aifiazi die heilige Stadt befleckt, wg
xtxi fiezavdozrjv yeveoDaizccvzrjg zbv zifiiov ozavgor. Trotzdem
ftimme ich Loofs bei, dafs die iegd auf Leontius
zurückgehen werden. Es hat in der That manches für
fich, an den Aufftand von 532 zu denken, denn fo
fchlimm die Wirren durch die Circusparteien zur Zeit des
Phokas waren, von einem ßevezo7tgdaivov dvofia im
eigentlichen Sinn, d. h. gemeinfamem Revolutioniren
der Parteien kann ftreng genommen nur damals die
Rede fein. Freilich aber ift von einer Wegnahme des
Kreuzes in jener Zeit nichts bekannt. Daher können
auch die Scholien erft fpätere Zuthat fein, oder — als
einen Mittelweg macht Loofs dies namhaft — die legd
zwifchen 614 und 627 im Sabasklofter unter Benutzung
Leontianifcher Materialien ausgearbeitet fein.

Loofs hat in feiner Vorrede auf mehrfache Unvoll-
kommenheiten feiner Arbeit aufmerkfam gemacht; die

darüber ausgefprochen, dafs die Görresgefellfchaft durch
ihre Publication die Herausgabe der von Friedensburg
bearbeiteten Nuntiaturberichte durchkreuze, über deren
beiden erften Bände feiner Zeit auch in diefer Zeitfchrift
berichtet wurde. Um den auf ihr ruhenden Verdacht
eines illoyalen Vorgehens zurückzuweifen, hat nun die
Görresgefellfchaft in ihrem hiftorifchen Jahrbuch Bd. XIV
1893 1. Hälfte S. 223—226 eine von dem Freiherrn von
Hertling und H. Grauert unterzeichnete Erklärung veröffentlicht
, durch welche fie das Zufammentreffen beider
Publicationen auf ein Mifsverftändnifs zurückführt und
zugleich die Hoffnung ausfpricht, dafs ,im Intereffe der
Wiffenfchaft und bei dem beiderfeits in den leitenden
Kreifen vorhandenen beften Willen' ,für die Zukunft
ähnliche unliebfame Collifionen vermieden werden'. Indem
wir von diefer Erklärung mit Genugthuung Kennt-
nifs nehmen, handelt es fich lediglich darum, wie der
Bearbeiter der Nuntiaturberichte Morone's, Prof. Dr. Franz
Dittrich, feiner Aufgabe gerecht geworden ift. Da müffen
wir denn allerdings auch unfererfeits bekennen, dafs er
diefelbe nur in fehr unvollkommener Weife gelöft hat.
Wir fehen davon ab, dafs er es verfchmäht, den Lefer
durch eine Einleitung in das Verftändnifs der nachfolgenden
Depefchen einzuführen, und dafs er fich äufserft
feiten die Mühe giebt, ihn über die in ihnen erwähnten
Perfonen und Dinge, die doch nicht ohne weiteres als
bekannt vorausgefetzt werden dürfen, aufzuklären. Viel
fchwerer wiegt jedenfalls, dafs er es auch verfäumt hat,
die dem Nuntius ertheilten Inftructionen und die Gegen-
fchreiben der Curie auf feine Berichte abzudrucken, wodurch
allein eine richtige Kenntnifs der von der Curie
gegenüber der religiöfen Frage beobachteten Haltung
gewonnen werden kann. Allerdings fcheinen ja nun
diefe Gegenfchreiben der Curie, wie man den wiederholten
Klagen Morone's über mangelhafte Beantwortung
feiner Briefe entnehmen mufs, im Ganzen recht fparfam
gewefen zu fein. Um fo mehr aber hätte der Bearbeiter
Veranlaffung gehabt, durch Heranziehen anderweitigen
Materials uns über die Pläne der Curie aufzuklären, wie
es z. B. Friedensburg in der Einleitung zu dem 1. Theil
der von ihm bearbeiteten Nuntiaturberichte mit Hilfe der
Depefchen des Venetianifchen Orators Bragadin in Bezug
auf die Stellung Paul's III. zur Concilsfrage gethan hat.
Aber nur feiten und lediglich da, wo ihm der Zufall
das Material darbot, fühlt fich Dittrich veranlafst, die,
Depefchen Morone's zu ergänzen. . Am ausgiebigften ge-
fchieht es noch in dem auf das Wormfer Colloquium
bezüglichen Abfchnitt, in dem er uns 2 Depefchen
Cervini's an Farnefe und 2 weitere des Nuntius Poggio
an ebendenfelben mittheilt. Aufserdem find einige in
Anmerkungen gegebeneErgänzungen zu erwähnen, welche
die Berichte Morone's über die im März und April 1540

Lefer derfelben werden vielmehr die Empfindung der J in Gent zwifchen den päpftlichen Nuntien und den Habs-
Dankbarkeit haben für die Grundlage, welche er in diefen burgifchen Brüdern geführten Verhandlungen erläutern

follen, fowie ein Promemoria, das Cöchläus dem König
Ferdinand auf dem Tag zu Hagenau überreichen liefs.
Fügen wir hierzu endlich noch einen Bericht Cervini's an
Morone aus derfelben Zeit, fo dürfte hiermit fo ziemlich
erfchöpft fein, was Dittrich von anderweitigem Material
Quellen und Forschungen aus dem Gebiete der Geschichte. zum Verftändnifs der Depefchen Morone's beigebracht
In Verbindung mit ihrem hiftorifchen Inftitut in Rom hat. Dafs es in keiner Weife genügt, erkennt jeder, der

feinen Unterfuchungen aller ferneren Erforfchung jener
Florilegien gegeben hat.

Göttingen. N. Bonwetfch.

hrsg. von der Görres-Gefellfchaft. I. Bd. 1. Thl.
Paderborn, F. Schöningh, 1892. (gr. 8). M. 7.40.

Inhalt: Nuntiaturberichte Giovanni Morones vom deutfchen
Königshofe 1539. 1540. Bearb. von Prof. Dr. Frz. Dittrich. (IX, 244 S.)

Ueber diefe durch die Görresgefellfchaft herausge-

es auf Grund diefer Nachrichten verfucht, fich ein klares
Bild von den damaligen Plänen der Curie in Bezug auf
Deutfchland zu entwerfen. Wir bleiben darüber völlig
im Dunkeln; nur foviel vermag man den Klagen
Morone's und den gelegentlichen Aeufserungen der anderen
Beauftragten des Papftes zu entnehmen, dafs die Curie

gebene Publication find fchon im December vorigen die deutfchen Angelegenheiten noch immer geradefo
Jahres 2 fehr fcharfe Befprechungen erfchienen, die eine J vernachläffigte wie die Jahre zuvor. Aber wenn fomit

von Prof. Friedensburg in den Göttingifchen gelehrten
Anzeigen 1892 Nr. 24, die andere von Prof. H. Baum
garten in der deutfchen Literaturzeitung 1892 Nr. 49.

auch die Publication in dem angeführten, unferes Erachtens
allerdings wichtigften Punkte nicht befriedigt,
fo ift damit ja noch nicht ausgefchloffen, dafs im

Beide Recenfenten hatten vor allem auch ihr Befremden übrigen durch die in ihr mitgetheilten Actenftücke