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Ausgabe:

1893 Nr. 12

Spalte:

305-307

Autor/Hrsg.:

Loofs, Friedr.

Titel/Untertitel:

Studien über die dem Johannes von Damaskus zugeschriebenen Parallelen 1893

Rezensent:

Bonwetsch, Gottlieb Nathanael

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305

Theologifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 12.

306

Abdruck der behandelten Epiphaniusftellen in den .Beilagen
') geben eine dankenswerthe Zufammenftellung
deflen, was aus den Quellen des Epiphanius über den
altern Montanismus zu erkennen ift. —

Der Druck in, foweit ich gefehen habe, nur durch
relativ wenige Druckfehler entftellt. Zu ihnen gehört auch
Jakobi (S. 217; vgl. 216 und das Regifter). Auffällig war
mir eine neue Species der vielfarbigen deutfchen Orthographie
. Das absolut gebrauchte ,Das' .Dem' .Diefes'
u. f. w. erinnere ich mich nicht sonst je in der Gegenwart
confequent mit grofsem Anfangsbuchftaben ge-
fchrieben gefehen zu haben. Nach welchen Regeln das
gefchehen ift, errathe ich nicht; aber trotz der im
Auftrage des Cultusminifteriums 1880 herausgegebnen
, Reg ein für die Rechtfehreibung' wird es leider wohl
noch lange dabei bleiben: practica est multiplex.

Halle a. S. Friedrich Loofs.

Loofs, Prof. D. Friedr., Studien über die dem Johannes von
Damaskus zugeschriebenen Parallelen. Halle a/S., Niemeyer
, 1892. (X, 146 S. gr. 8.) M. 5.—

Bereits in feiner Schrift .Leontius von Byzanz und
die gleichnamigen Schriftfteller der griechifchen Kirche.
I. Das Leben und die polemifchen Werke des Leontius
von Byzanz' (Texte und Unterfuchungen von v. Gebhardt
und Harnack III, 1.2) konnte der Verfaffer der Hoffnung
Ausdruck geben, dafs er den Wurzeln der Parallelenliteratur
nahe gekommen fei, in dem vorliegenden,
A. Harnack gewidmeten Werke, deffen erfte 31 Seiten
fchon als Ofterprogramm der Univerfität Halle-Wittenberg
(1892) erfchienen find, fucht er nun diefelben aufzuzeigen
. Mufs Loofs hervorheben, dafs das Intereffe der
Gelehrten zunächft nicht den Parallelen an fich, fondern
den in ihnen enthaltenen Fragmenten verlorener Werke
gegolten habe, fo darf doch auch fchon unter diefem
Gefichtspunkt die Feftftellung der Urgeftalt der Parallelen
und ihrer Entftehungszeit, fowie das Verhältnifs ihrer
einzelnen Zweige unter einander gröfste Bedeutung für
den textkritifchen Werth des durch fie Ueberlieferten bean-
fpruchen. Nach diefer Seite ift die Aufgabe eine ähnliche
, wie bei der Catenenliteratur. Auch dort gilt es,
diefe Literatur als Ganzes zu erforfchen, um dadurch
zu einem geficherten Urtheil über den Werth der Ueber-
lieferung zu gelangen. — Es verdienen aber auch die
Florilegien als folche, dafs Ihnen das Intereffe und eine
dem entfprechende Erforfchung ihrer Urgeftalt nach
allen einzelnen Beftandtheilen zu Theil werde, wie fie
den profanen Sentenzenfammlungen von philologifcher
Seite bereits gewidmet worden ift.

Die in Betracht kommenden bekannten Handfchriften
find: der Vat. cod. graec. 1236 saec. 15 (V), welchen
Lequien feiner Ausgabe zu Grunde gelegt hat, der die
gleiche Recenfion bietende cod. Namanus 228 s. 16 (?),
der Rupefucaldinus (R) jetzt als Pliillipicus 1450 in der
Berliner Bibliothek (vgl. das inzwifchen erfchienene Ver-
zeichnifs der Meermann-Handfchriften des Sir Th. Phillips
von Studemund und Cohn, Berlin 1892, S. 15), der Laur.
plut. VIII, 22 saec. 14, ,eine aus Bruchftücken dreier
Recenfionen beftehende Handfchrift', der cod. Marianus
138 (M) saec. Ii, mehr R als V verwandt, und der
M fehr nahflehende cod. Par. reg. 923 (P), ein Uncial-
codex des 9 Jahrh.'s, welcher mit M zufammen die dritte
Recenfion repräfentirt. Zeigt fich cod. Hterosol. 175
saec. 16 (j) V verwandt, fo ftellt Hier. 15 saec. 11 (H)
eine vierte Form dar. Ueber eine bisher unbekannte
Handfchrift der Parallelen, Matntens. 0,5 saec. 16, der
Gruppe M P angehörend, giebt noch das Vorwort Auskunft
. Eine Mittheilung des Verf.'s an die Redaction
d. Blattes weift noch auf Grund von einer durch Prof.
Elter ihm vermittelten Angabe Herrn Dr. Bethe's darauf
hin, ,dafs im Escurial R HI, 9 (MiUer Nr- 53») ein dem

Vatic. Lequien's eng verwandter Parallelencodex saec. 11
fich findet, der mit dem Venetus Lequien's' — über deffen
j Verbleib Loofs S. 5 f. Auskunft zu ertheilen fich aufser
I Stande fah — ,identifch fein könnte'. Auf die Ver-
wandtfehaft des Hier. 15 mit Coisl. 294 saec. 12 hat inzwifchen
Cohn in einem Auffatz Jahrbb. f. prot. Theol.
1892, S. 475 ff. aufmerkfam gemacht und Coisl. 294
näher befchrieben. Loofs bekennt, nur durch Mont-
faucon's kurze Angaben (Eibl. Coisl.) über diefe Handfchrift
orientirt zu fein. Es ift ihm entgangen, dafs ich
(.Methodius v. Olympus' I S. XXX f.) über diefelbe bereits
berichtet habe. Neben Chryfoftomus wird dafelbfl
namentlich Maximus oft — 28 Mal — verwerthet;
Johannes Damascenus kommt als Johannes Manfur dreimal
zu Wort; Leontius wird viermal als Damascenus
citirt. (f. 172 enthält Coisl. 294 auch die S. 88 aus R mit-
getheilten Clemenscitate).

Schon in ,Leontius von Byzanz' hat Loofs darauf
hingewiefen, dafs wie das zweite Buch des urfprünglichen,
aus 3 Büchern beftehenden Florilegiums in Vat. graec^
1553 (K), fo das erfte Buch in Coisl. 276 (C) erhalten
fei. Er unternimmt nun, durch eindringende Unterfuchungen
feftzuftellen, in wie weit fich aus einer Ver-
gleichung von C und K mit den Handfchriften der
Parallela die anfängliche Geftalt des Florilegiums in den
beiden erften Büchern noch erreichen, und was in Bezug
des dritten Buches fich erkennen laffe.

Am befriedigendften ift das Ergebnifs in Betreff des
erften Buches. C nahe verwandt zeigt fich R, wie dies
z. B. auch mir die Excerpte aus Methodius zu erfahren
gaben. An den Capiteln A und B macht es Loofs
durch Vergleichung im Einzelnen evident. Dagegen er-
weift fich die Verwandtfchaft von V und C als eine viel
weniger enge. Wie nahe fteht aber nun ,die in C er-
, haltene Geftalt des erften Buches der legd der urfprünglichen
Geftalt desfelben?' Sicher bildete C nicht die Vorlage
von R, aber beide gehen, wie gleiche Fehler be-
weifen, auf Einen Archetypus gegenüber V zurück,
welcher mit V nur durch den ihm mit diefem gemein-
famen Archetypus verwandt ift. In diefem mufs daher
alles geftanden haben, was fich zugleich in V und C
oder in V und R findet. Die Citatenfolge in dem Archetypus
von C und R läfst fich faft lückenlos feftftellen,
aber Loofs hält auch mit Recht für gefichert, dafs der
Archetypus von CRV vollftändiger war, als eine der
drei Handfchriften. Weil erweislich genauer, wird fie
auch reicher gewefen fein. Ebenfo müffen auch die zahlreichen
Scholien urfprünglich fein, u. A. fchon deshalb,
weil einzelne derfelben mit dem Wortlaut der Capitel-
überfchriften in engftem Zufammenhang flehen. Fehlen
dagegen in C gegenüber dem erften Buch der iegä allerdings
nicht nur einzelne Citate, fondern felbft ganze
Capitel, wie ein handfehriftlicher Verweis auf ein folches
zeigt, fo ift es dennoch im Wefentlichen möglich, jenes
1. Buch aus CRV wieder herzuftellen.

Minder günftig liegt die Sache mit dem 2. Buch, das
in Vat. 1553 (K) erhalten ift, aber ohne Frage viele Veränderungen
erlitten hat. Hier ift das Verwandtfchafts-
verhältnifs der verfchiedenen Recenfionen viel undeutlicher
. Auslaffungen haben in allen drei Recenfionen
(in K, R und V) ftattgefunden, dagegen find Erweiterungen
auch hier unwahrfcheinlich, und zwar nicht nur
in R und V, fondern auch in K, trotz der vielen Citate,
die in V und R (fo mufs es S. 95 Z. 7 v. u. natürlich
heifsen) fehlen; ein Umftand, der zunächft um fo mehr
auffällt, weil K und V Einem Archetypus gegenüber R
angehören. In Bezug auf Differenzen zwifchen dem 2.
und 1. Buch weift Loofs darauf hin, dafs Buch I hanc-
fchriftlich einem Presbyter und Mönch Johannes, Buch II
dem Leontius und Johannes zugefchrieben wird. Er darf
daher als fein Ergebnifs ausfprechen, dafs zwar einzelne
Citate, die in den tegd ftanden, wahrfcheinlich ftets
werden verloren bleiben, und andererfeits bei einzelnen