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Ausgabe:

1893

Spalte:

228

Autor/Hrsg.:

Franken Az., W.

Titel/Untertitel:

Jezus‘ getuigenis omtrent God naar de vier evangelien 1893

Rezensent:

Holtzmann, Heinrich Julius

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 9.

228

oben gekommen ift als Zeuge von Dingen, die er droben
gefeheu hat, getroft auf ,intuitive Gotteserkenntnifs'
reducirt, zumal da ja, wie es bezeichnender Weife heifst,
,die fynoptifche Inftanz eine andere Auffaffung gar nicht
zuläfst' (S. 79). Mit einem früheren Verfuch desfelben
Verfaffers, auch die gefchichtliche Darfteilung des vierten
Evangeliums mit derjenigen der Synoptiker zu verquicken
, habe ich mich feiner Zeit allfeitig auseinandergefetzt
(vgl. die fich ergänzenden Befprechungen in diefer
Zeitfchrift 1884, S. 425 f. und in den ,Göttingifchen Gelehrten
Anzeigen' 1884, S. 161 f.) und kann mich natürlich
durch die auffallende Gebundenheit, kraft deren der
Verfaffer dagegen einfach .fittliche Bedenken' ins Feld
führt (S. VIII, XIII, XIX), am wenigften für widerlegt
halten. Unter den vielen richtigen Beobachtungen des
Verfaffers ift keine, die fich nicht auch von meiner An-
fchauung aus, wornach der vierte Evangelift allenthalben
auf fynoptifchem Grunde arbeitet, vollkommen begreifen
liefse. Dagegen würde man Behauptungen, wie dafs
,Alles, was religiöfe Wirkung ausübt' — und dazu werden
ja nicht ohne Grund auch ,die Kindheitsgefchichte, die
Wundererzählungen, dieAuferftehungsberichte' gefchlagen
— eben deshalb auch Anfpruch auf Anerkennung als
gefchichtliche Wirklichkeit erheben muffe (S. I f. XVI f.),
in einer, bei aller Voreingenommenheit für Johannes,
fonft fo befonnen und fachlich gehaltenen Arbeit lieber
vermiffen. Es ift für den Verfaffer ein fittliches Poftulat,
dafs der vierte Evangelift ,in erfter Linie die Abficht gehabt
habe, wirkliche Gefchichte zu fchreiben' (S. VIII).
Das werden ihm freilich unzählige Fach-, Amts- und
Gefinnungsgenoffen Dank wiffen, fich aber fofort kraft
ihres eigenen, doch wohl gleichberechtigten, fittlichen
Bewufstfeins feierlichft dagegen verwahren, dafs fo, wie
Joh. 6 gefchieht, ,Niemand fchreibt, der fich den Anfchein
geben will, als fei es ihm um eine ftreng hiftorifche, bis
in'sDetail den Thatfachen entfprechende Berichterftattung
zu thun. Vielmehr trägt der Abfchnitt ganz unverkennbar
das Gepräge einer auf Grund gefchichtlicher Daten
frei entworfenen künftlerifchen Compofition, deren Zweck
ein lehrhafter ift' (S. 157, vgl. damit auch S. 65. 150).
Warum follte das Gleiche nicht auch von anderen Ab-
fchnitten, warum nicht vom Ganzen gefagt werden
dürfen? ,Seiner Gewohnheit gemäfs läfst er durch Mifs-
verftändnifse und verftärkte Behauptungen die Wechfel-
rede ihren Gang gehen. Und je heftiger ihre Tonart
wird, um fo weiter entfernt fie fich von der gefchichtlich
gegebenen Baus' (S. 160). Johannes vervollftändigt und
verftärkt die Bilderrede vom Lebensbrote mit Anwendung
der Abendmahlsterminologie' (S. 218). ,So gewifs nun
in dem Worte V. 5lb—36 vom Abendmahl die Rede
ift, fo gewifs kann fie Jefus an der gefchichtlich hier gegebenen
Stelle nicht gefprochen haben' (S. 163). ,Ein
vernünftiger Zweck für folche Reden ift überhaupt nicht
ausfindig zu machen, man müfste denn glauben, dafs es
damit abfichthch auf das Zurückftofsen der Menge angelegt
gewefen fei' (S. 164). ,Ganz ähnlich wie in
Cap. 6' geht es felbft in den Abfchiedsreden zu, dafs
nämlich ,die Reflexionen, die fich in die Erinnerung
mifchen, immer ftärker und mafsgebender werden' bis
endlich ,von Cap. 14,37* an bis 18, 1 der äufsere Rahmen
gänzlich in's Ungewiffe verfchwimmt' (S. 183). Es geht
nur mit dem Uebrigen, wenn fonach z. B. in Betreff der
Deutung des Todes jefu die gefchichtlich gegebene
Grenze von Johannes in der Richtung der Optertheorie
überfchritten ift (S. 138 f. 200 f.). ,Mehr rhetorifche als
didaktifche Bedeutung' haben auch ,prädeftinatianifch
klingende Reden Jefu' (S. 236 f.) und fpeciell Joh. 6, 64. 65
ift ungefchichtlich (S. 238). Wie viele Compromiffe mufs
doch der Ausleger, der ftatt fein wiffenfchaftliches Ge-
wiffen zu fragen, am unrechten Orte meint, fich ,fittlich'
orientiren zu müffen, fchliefsen, bis er gleichwohl dazu
kommt, fich dabei zu beruhigen, dafs ,die Differenzen
doch nur die Form betreffen' (S. 89) und es an ,der überaus
ftarken Subjectivität des Schriftftellers' liegt, wenn
hier ,Thatfachen der fubjectiven inneren Erfahrung fich
unwillkürlich mit denen der äufseren objectiven vermengen
' (S. 66)! Werkann mir zumuthen, gar in einem
Worte wie Joh. 5, 26 (S. 49) ein echtes Jefuswort zu
erkennen, wenn doch die Jefusreden überhaupt ,über das
urfprüngliche Mafs erweiterte Erörterungen' (S. 146) dar-
Itellen und felbft in den Abfchiedsreden ,der ver-
fchwommene Charakter der Darftellung, welche gleichzeitig
reproducirt, producirt und combinirt', nur Zeugnifs ablegt
von ,der fouveränen Freiheit, mit welcher der Schrift-
fteller feinen Stoff geftaltet und mit Elementen der
fpäteren Lehrentwicklung uud der eigenen inneren Erfahrung
verwebt' (S. 175). ,Er fpricht das aus, was Viele
zu hören wünfchen' (S. 298). Ein folches Wünfchen ift
aber nur zu oft nicht blofs letzte Urfache des Glaubens,
fondern auch eines mit wiffenfchaftlichen Mitteln operiren-
den Denkens gewefen.

Strafsburg i. E. H. Holtzmann.

Franken Az., em. Predikant D. W., Jezus' getuigenis

omtrent God naar de vier evangelien. Opgedragen
aan de theologische Faculteit der Utrechtsche Rijks-
Universiteit in 1886. Leiden, Brill, 1892. (IX, 208 S. 8.)
M. 2.75.

Der langjährige Redacteur von ,Geloof en Vrijheid1
widmet der Utrechter Facultät als Dank für die bei dem
250jährigen Jubiläum der Univerfität 1886 empfangene
Doctorwurde diefe Schrift, deren Inhalt fchon in den
letzten Jahrgängen jener Zeitfchrift veröffentlicht war.
Die Synopfe und das vierte Evangelium werden Abfchnitt
für Abfchnitt auf den Gottesbegriff ausgefragt. Re-
fultat iff, dafs ubereinffimmend anffatt eines metaphyfifchen
Begriffes Gott in feiner ethifchen Beziehung zurMenfchen-
welt, d. h. als Vater, als heilige, barmherzige Liebe geoffenbart
wird. Eine beftimmte Stellungnahme zur
fynoptifchen Frage tritt nicht hervor; bezüglich des
vierten Evangeliums dafür die bekannte Hypothefe von
der Wiederbelebung alter Erinnerung aus dem fpäteren
Bewufstfeinsgehalt eines Jüngers (S. 193 f.). Beifpiels-
weife gehöre das Weltgericht 5, 28. 29 und der jüngfte
Tag 6, 40. 44. 54 der Redaction an. Originelles habe
ich in dem von religiöfer Wärme zeugenden Buche
nichts gefunden.

Strafsburg i. E. H. Holtzmann.

Taylor, C, D. D., The witness of Hermas to the four gospels.

London, C. J. Clay and Sons, 1892. (VIII, 148 S. 4.)

Geb. 7 s. 6 d.

,Wer fucht, der findet'. Wie das nicht gemeint ift,
zeigt vorliegendes Buch. Erftens: Hermas und die vier
Evangelien (S. 1—21). Vis. III, 13, 2 lefen wir: ,Denn
wie ein Betrübter, wenn ihm eine gute Botfchaft kommt,
alsbald feiner früheren Betrübnifse vergifst und nichts
Anderes mehr erwartet, als die gute Botfchaft, davon
er gehört (in Erfüllung gehen zu fehen) und hinfort gekräftigt
wird für das Gute und um der erlebten Freude
willen am Geift fich verjüngt, fo habt auch ihr eine Erneuerung
eurer Geifter erlebt, da ihr diefe Guter fahet'.
Da hat unfer Verfaffer gefunden was er fuchte (vgl. S. 6):
das ,Evangelium' (äyyeiJa ttyatti't). Demgemäfs^ war alfo
die Kirche dem Hermas nicht mehr als alte Frau, wie
in der erften Vifion, fondern verjüngt erfchienen (13,1),
zudem auch fitzend nicht mehr auf einem Seffel, wie anfangs
, fondern auf einer gepolfterten Bank, was die fefte
Pofition andeutet, die fie erreicht hat. Den vier Füfsen
der Bank entfprechen nämlich die vier Elemente der
Welt (13, 3). Da hat alfo unfer Verfaffer weiterhin, wie
er gleichzeitig auch im ,Joumal of philology1 (XXI,