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Ausgabe:

1893

Spalte:

209

Autor/Hrsg.:

Lea, Henry Charles

Titel/Untertitel:

A Formulary of the Papal Penitentiary, in the thirteenth Century 1893

Rezensent:

Reusch, Franz Heinrich

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Theologifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 8.

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toriae Bysantinae scriptores, S. 105). — Noch einige
Kleinigkeiten. S. 4,n. 9 fehlt die Variante "ttSfc aus dem
cod. Ambr. S. 27, n. 3 wird ftatt mit Hoffmann's

opusc. nestor. S. 116,7 beffer SOU zu lefen fein. Zu rn
2,9 und zu 3,2 war Lagarde's Agathangelus 156 ff. zu
vergleichen. S. 25 giebt B. A. mit feiner Deutung von
T[5]3CS vielleicht die richtige Etymologie an die Hand,
fo dafs wir im Daniel nicht blofs griechifche Wörter,
fondern auch das lateinifche hospes zu finden hätten. Der
Druck ift im allgemeinen correct. S. 73 Peotonike
[=Petronike?]. S. 50 ift das Scholion zu 8,16 unüberfetzt
geblieben. Der Fehler auf dem Titelblatt (Punkt hinter
Bar-Hebräus) fcheint nicht durch Zerbrechen des Zeichens
entftanden. — Die Veröffentlichung kündigt fich als
erftes Heft von .Beiträgen zur Gefchichte der Bibelexe-
gefe' an. Wenn die folgenden gleichfalls pünktlich gearbeitet
find, kann man fich darauf freuen.

Tübingen. E. Neftle.

Lea, Henry Charles, L.L.D., A Formulary of the Papal
Penitentiary, in the thirteenth Century. Philadelphia,
Lea Brothers & Co., 1892. (XXXVIII, 183 S. 8.)

Das Werk, welches Lea nach einer ihm gehörenden
Handfchrift zum erftenMale herausgegeben, hatdieUeber-
fchrift: Incipiunt formae Romanae Curiae compositae a
Magistro Thomasio bonae memoriae Presbytero Cardinall
super casus poenitentiae. Thoma fius, nach S. XXXVIII
wahrfcheinlich Jacobus Thomafius Gaetanus, ein Neffe
Bonifacius' VIII., Cardinal-Priefter 1295—1300, ift nicht
der Verfaffer, fonder der Sammler der Formulare. Diefes
find Erlaffe der Poenitentiarie (von einigen läfst fich
nachweifen, dafs fie aus der Zeit von 1220 bis i26oftam-
men, S. XXXIII), die zufammengeftellt wurden, um bei
analogen Fällen als Mufter gebraucht zu werden. Da die
Competenz der Poenitentiarie erft von Pius V. 1569 auf
das Forum mternum eingefchränkt wurde, im Mittelalter
fich auch auf das Forum contentiosum erftreckte, fo behandeln
die Formulare Dinge der mannigfaltigften Art.

Die Bedeutung des Formelbuchs für die Gefchichte
des Kirchenrechtes mögen Kanoniften würdigen. Lea's
Publication, namentlich die Einleitung und die zahlreichen
und theilweife umfangreichen Anmerkungen bieten auch
dem Kirchenhiftoriker werthvolles Material. Er giebt in der
Einleitung eine Gefchichte der Errichtung und Entwicklung
der Poenitentiarie vom Anfange des 13. Jahrhunderts
an und zeigt, wie ihre Thätigkeit dazu beigetragen hat,
die kirchliche Verwaltung auch im einzelnen in der Hand
der Curie zu concentriren und den Bifchöfen zu entziehen
, was ja auch in dem Consilium de emendanda ec-
clesia von 1538 fcharf gerügt wurde (S. IX). Er zeigt
ferner an einzelnen Beispielen, wie ftark bei der Durchführung
diefer Concentration andere Intereffen als die
der Sittlichkeit und der kirchlichen Ordnung wirkfam
waren. Aus den Anmerkungen ift dazu namentlich die
S. 91 zu vergleichen, die von der Vergebung von Bene-
fizien an Curtifanen in England und Frankreich handelt
und von der Oppofition, die dagegen von dem Bifchof
Groffetefte und von dem König Ludwig IX. erhoben
wurde.

Mehrere Actenftücke beziehen fich auf die Inquifition
gegen die Albigenfer, zwei (S. 53. 56) auf den Inquifitor
Robert le Bougre (f. Th. L.-Z. 1892, 277). Charakteriftifch
find drei Refcripte (S. co) über die Frage, ob Geiftliche,
die bei der Verbrennung von Ketzern Holz zugetragen (in
einem Falle handelte es fich um die Verbrennung von
hundert), fich dadurch die Irregularität (proptcr dcfectum
ienitatis) zugezogen hätten. In der Anmerkung zu S. 56
wird eine allem Anfcheine nach ungedruckte Bulle
Innocenz' VIII. vom J. 1487 über die fpanifche Inquifition
mitgetheilt (die Abfchwörung der Ketzerei bei dem Beichtvater
genüge nicht, fie müffe bei der Inquifition gefchehen).
Bonn. F. H. Reufch.

Luther's, D. Martin, Dichtungen in gebundener Rede, mit
den nötigen Anmerkungen als eine Feftgabe zum
31. Oktbr. 1892 für alle Lutherfreunde hrsg. von
Archidiak. Georg Schleusner. Wittenberg, Wunfch-
mann, 1892. (VIII, 127 S. 12.) cart. M. 1. 50.

Zum Lutherjubiläum 1883 hatte der Verf. eine
gröfsere Schrift über ,Luther als Dichter' (Wittenb. 1883)
ausgehen laffen, in der er auch als Beilage S. 149—224
Luther's fämmtliche deutfche und lateinifche Gedichte
zum Abdruck brachte. Ein vielfach umgearbeiteter Neudruck
diefer Beilage ift es, was der Verf. jetzt als Feftgabe
zur Schlofskirchenweihe dargeboten hat. Nicht
nur, dafs er jetzt genau bei jedem einzelnen Stück die
Quellen nachweift, aus denen er fchöpft; er hat auch,
befonders durch Mittheilungen von Knaake und Wram-
pelmeyer aus zwei noch unveröffentlichten Tifchreden-
Codices, eine Reihe neuer Stücke hinzufügen können,
fo dafs auch der Kenner der Literatur hier eine Ausbeute
findet; er hat endlich auch fchärfere Kritik an dem Gefundenen
geübt und manches, was er 1883 als Luther'fche
Dichtung ausgegeben, jetzt richtiger als Citat Luthers
aus Volksreimen, aus humaniftifcher, ja fogar aus fcho-
laftifcher Poefie recognoscirt. So ftellt fich uns diefer
2. Druck als ein wefentlich verbefferter dar. M. E. mufs
freilich die Kritik unbarmherzig noch fo manches Stück
aus diefer ftattlichen Reihe von Liedern und Reim-
fprüchen austilgen. Schon bei den Kirchenliedern ver-
mifst man die Scheidung zwifchen originalen Dichtungen,
Ueberfetzungen und den zahlreichen Bearbeitungen mittelalterlicher
geiftlicher Lieder. Der Verf. hat hier wohl
gemeint, bereits von Anderen geleiftete Arbeit nicht
noch einmal wiederholen zu follen; aber dem Leferkreis
gegenüber, auf den er doch gerechnet hat, wäre es ge-
wifs nicht überflüffig, ausdrücklich darauf hinzuweifen,
dafs doch nur wenig originale Schöpfung Luther's in
diefer Abtheilung fich befindet; es wird fonft ein falfches
Bild von Luther's Mitarbeit am Kirchenliede erweckt.
Wie ftehts nun mit den deutfchen Gedichten und Reim-
fprüchen von S. 57 an? Gehört denn Nr. 5 ,Gries fchlägt
gern nach Gramen' überhaupt hieher? Hält Verf. derartige
fprichwörtliche kurze Sätze für ein .Gedicht' oder
einen .Reimfpruch'? Oder foll Nr. 6 ,In grofsem Waffer
fähet man grofse Fifche, aber in kleinem Waffer fäfiet
man gute Fifche' eine ,Dichtung' Luther's fein? Das berühmte
Nr. 13 .Nichts liebers ift auf Erden' ift doch
der Spruch, den Luther von feiner Wirthin in Eifenach
gelernt; mit welchem Rechte fleht er dann unter feinen
Gedichten? Was foll Nr. 16, 20, 40, 43, 44 unter Luther's
.Dichtungen'? Bei Luther's Begabung zu fentenziöfer
Rede in der Form des Parallelismus oder in antithetifcher
Form würde man nach diefem Princip .Dichtungen' ohne
Ende aus Luther's Schriften ausziehen können. Wenn
unter Nr. 24 und 25 Sprüche, die fich in Luther's Tifoh-
gefprächen finden, uns in dreifacher Faffung überliefert
find, fo beweift das doch wohl deutlich, dafs hier aus
dem variantenreichen Spruchfehatz des Volkes Bekanntes
von Luther citirt wird. Ich weifs überhaupt nicht, wie
man fich das vorftellt, dafs Luther gerade in feinen täglichen
Unterhaltungen feine .Dichtungen' zum Berten
j gegeben haben foll; foll er da aus dem Stegreif gedich-
I tet oder vorher von ihm Gedichtetes vorgetragen haben?
| Und nun foll er gar bei Tifche plattdeutfch gedichtet
haben (Nr. 31)? Hier ift doch handgreiflich, dafs er aus
j dem Volksmunde citirt. Man wird fich entfchliefsen
müffen, bei einem grofsen Theil diefer ,Gedichte Luther's,
viel zurückhaltender zu fagen: deutfche Sprüche, die uns
durch Citate Luther's uberliefert find. Auch die lateini-
fchen Gedichte und Vcrfe S. 91 ff. bedürfen m. E. noch
fchärferer Sichtung. Nr. 17 ift ein nach dem saeco di
Koma (vgl. paedes, flamma, rapinaf) gedichteter Spruch,
den Luther doch fchon um des jioslrum Roma»? willen
fchwerlich felber angefertigt haben wird. Nr. 24 und 28