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Ausgabe:

1893 Nr. 7

Spalte:

180-183

Autor/Hrsg.:

Chwolson, D.

Titel/Untertitel:

Das letzte Passamahl Christi und der tag seiens Todes nach den in Uebereinstimmung gebrachten Berichten der Synoptiker und des Evangelium Johannis, nebst einem Anhang 1893

Rezensent:

Schürer, Emil

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179 Theologifche Literaturzeitung. 1893. Nr. 7. 180

den Ergebnifsen diefer Unterfuchung fcheint ihm die Annahme
von Pfalmen aus der Makkabäifchen Periode in
den Büchern I—III des Pfalters nicht fo leicht annehmbar
(vgl. befonders die neue Additionul Note D: Maccabee
Psalms in Books I—HI of the Psalter p. 437 ff.). Weiter
lieht er in den Ueberfchriften der Pfalmen, welche David
etc. nennen, nicht fowohl die Autornamen angegeben,
als vielmehr die Bezeichnungen der Sammlungen, welchen
die fo überfchriebenen Pfalmen urfprünglich angehörten,
wofür er die nicht unwichtige Thatfache anführt, dafs
jeder der Pfalmen 120—134 die Ueberfchrift rYib»Hfi "V1©
trägt, was nicht ,a song of Pilgrimage1, fondern nur
,tke songs of Pilgrimage1, überfetzt werden könne (p. 203).
Endlich fei noch erwähnt, dafs der Verf. den Titel "inb
nicht dadurch erklärt fehen will, dafs doch irgendwie
ein Kern des Textes einzelner Pfalmen auf David zurückgehe
, fondern dafs nach der älteften Ueberlieferung über
David viel eher an die Herkunft des mufikalifchen Ele
mentes aus alter Zeit, vielleicht von David felber, zu
denken fei.

Ueber die letzten fechs Vorlefungen, fo wichtig und
vortrefflich fie find, dürfen wir kürzer referiren. Die drei
erfteren werden zu einer Darftellung der israelitifchen
Religion in der Königszeit, wie fie im Volke thatfächlich
war und wie fie die Propheten forderten, und die drei
letzteren befprechen namentlich die drei Stufen in der
Gefetzgebung, wie fie aus den im Pentateuch erhaltenen
Gefetzen erfchloffen werden müffen. Dafs hier überall
die genauefte Einficht in die Art der Religion und Gefetzgebung
und die werthvollfte Anleitung zum richtigen
Verftändnifs derfelben zu finden find, braucht für den,
der des Verfaffers Religion of the Semites kennt, nicht
noch befonders hervorgehoben zu werden; hingewiefen
aber fei auf den Abfchnitt über die bei den alten Völkern
vorkommenden legal fictions (S. 384 h), welche zur Aufklärung
mancher Erzählung im Pentateuche dienen, und
auf die neu hinzugefügte dreizehnte Vorlefung, welche
mit einer zufamnienfaffenden Beurtheilung der hexa-
teuchifchen Erzählung die Befprechung des ganzen
Hexateuchs abrundet.

Aufser den bereits angegebenen Aenderungen, welche
die neue, trotz manchen Kürzungen ein Drittel mehr Stoff
bietende Auflage erfahren hat, feien noch die neu hinzugefügten
Abfchnitte über die hiftorifchen Bücher in der
fünften und die vielfache Umarbeitung der elften Vorlefung
, welche die erfte Gefetzgebung behandelt, sowie
die neuen Beigaben am Ende: 77^ Text of 1 Sani. XVII
und The Development of the Ritual System between
Ezekiel and Ezra erwähnt.

Das ganze vortreffliche Buch, dem ein kurzes Re-
gifter über die behandelten wichtigeren Stellen und ein
umfaffenderes über den reichen Inhalt nicht fehlen, ift
von Anfang bis zu Ende anziehend gefchrieben; es zeigt
einmal in der klaren Darftellung, dafs qui bene distinguit,
bene docet, und dann empfängt man trotz kleineren
Meinungsverfchiedenheiten von der lückenlofen Beweisführung
und umfaffenden und ruhigen Beherrfchung des
ganzen Gebietes einen fo angenehmen Eindruck, dafs
man dem Verf. auch in den weitfehichtigften und ver-
wickeltften Fragen gerne folgt und, von dem hohen
Werth feines Urtheils überzeugt, trotzdem man keine
menfehliche Unfehlbarkeit anerkennt, freudig ihm zuruft:
Divide et impera!

Muttenz bei Bafel. Karl Marti.

Peters, Prof. D. Norbert, Die Prophetie Obadjahs, unter-
terfucht und erklärt. Paderborn, F. Schönigh, 1892.
(VII, 140 S. gr. 8.) M. 4. -

Hundert und vierzig Seiten über die 21 Verfc
Übadja's ift gewifs des Guten reichlich viel, wieviel mehr,
wenn man vergeblich ein brauchbares Korn darin fucht.
Ueber hundert Erklärungen, Abhandlungen und Einleitungswerke
find auf S. III—V zufammengebracht, und
unermüdlich wird im weiteren Verlaufe auf he verwiefen
und werden die Stimmen gefammelt; aber der eigenen
Arbeit fehlt es am Nöthigften, an gefundem Urtheil.

Arnos ift fchriftftellerifch abhängig von Joel, daher
diefer fpäteftens in die erften Jahre des Uzzia zu fetzen,
beide von Obadja, Jeremia natürlich von Allen (vgl. den
Nachweis S. 18—31). So ift Obadja der ältefte aller
Propheten. Genauer mufs feine Zeit nach v. 10—16
beftimmt werden. Da aber ift nicht von einer einzigen
Eroberung Jerufalems die Rede, fondern von zweien. Die
erfte in v. iof. gehört der Vergangenheit, die zweite in
v. 12 ff. kraft des bit mit dem Impf, der Zukunft, aber
der nahen, und enthält eine Warnung an Edom, es nicht
wiederum zu machen wie ehedem. Solche 2 Eroberungen
Jerufalems nahe bei einander find die durch die Phi-
lifter und Araber unter Joram (Chr. II, 21, i6f.) und die
durch JoaS von Israel (Kön. II, 14, 13 f.). Unmittelbar
vor der letzteren mufs das Buch gefchrieben fein (S. 40 ff.),
eine einheitliche Prophetie (S. 14—18). Die Annahme
einer älteren Vorlage für Obadja aus Jer. 49, 7 ff. ift nur
eine Verlegenheitshypothefe (S. 15).

Alles zu diefer Anfchauung Nothwendige wird mit
fpielender Leichtigkeit bewiefen, in der Einzelausführung
befonders gegenüber der Würzburger Doctordiffertation
von A. Johannes (1885), die, nebenbei bemerkt, mehr
werth ift, als das vorliegende Buch. Mit den vermeintlichen
Beweifen fieht es freilich wunderlich aus. Dafür
I nur wenige Beifpiele. Die Einheit des Buches (alfo die
I Abftammung von 2—9 und 10—21 von demfelben Ver-
| faffer) wird pofitiv bewiefen I) durch den logifchen Zu-
fammenhang, 2) durch ,die gegenfeitigen Beziehungen
j der einzelnen Theile im Gedanken und Ausdruck. Zum
Erweife diene folgende Ueberficht'. Diefe Ueberficht
bietet 25 Berührungen, davon 6 zwifchen v. 1—9 und
fich felbft, 17 zwifchen v. 10—21 und fich felbft, und
ganze 2 ("n»y tri v. 8 f. 19. 21 und tVQI v. 9 und 10)
zwifchen v. 1—9 und v. 10—21. Darauf folgt der
Schlufs: ,Eine folche Befchaffenheit der Prophetie kann
unmöglich das Relültat einer Compilation fein, ift durchaus
unerklärlich, wenn nicht die ganze Schrift zu einer
Zeit von einem Manne als ein Werk aus einem Guffe
verfafst worden ift'. Auch in der Sprache findet fich
keine Verfchiedenheit. ,Dagegen fpricht für die Einheit
die, wie in der ganzen Schrift, fo namentlich in dem für
jünger ausgegebenen zweiten Theile fich findende defective
Schreibung' (S. 16). Diefelbe ,verhältnismässig fehr
oft fich findende' def. Sehr, mufs auch S. 49 für das
hohe Alter des Buches beweifen, ift alfo eine wefentliche
Pfrfcheinung. Mag man über diefe Schlüffe denken wie
man will, bemerkenswerth ift jedenfalls, dafs diefes ,fehr
oft' fich S. 57 in die 5 Schreibungen iniT1 v. 3 (nachBaer),
1TJ>1» v. 11 (Kere, das Ket. TWl»' ift nach v. 13 richtig),
nb5 und bn v. 20, QiJ>üia v. ' 21 (nach Baer) umfetzt,
wozu noch einige für die Vergangenheit aus LXX ermittelt
werden.

Um noch etwas Neues aus dem Buche zu erwähnen,
fei auf die S. 47 aufgeftellte Erklärung der Reihenfolge
im Dodekapropheton hingewiefen. Zuerft 3 Abtheilungen
nach der Zeit, die beiden erften mit Jona und Sephanja
fchliefsend. Innerhalb der erften flehen Obadja und Jona
am Ende, weil fremde Völker betreffend, Obadja darunter
voran, weil älter und über ein näheres Volk; die 3 erften
beziehen fich auf ganz Israel, auf Juda und auf Nordisrael
allein. Ueber den zweiten Theil erfahren wir
nichts; doch darf man fragen, warum Nahum nicht am
Ende fleht.

Strafsburg i/E, K. Budde.

Chwolson, Prof. em. D., Das letzte Passamahl Christi und
der Tag seines Todes nach den in Uebereinitimmung

gebrachten Berichten der Synoptiker und des Evan-