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Ausgabe: | 1892 |
Spalte: | 177-179 |
Autor/Hrsg.: | Dieterich, Albrecht |
Titel/Untertitel: | Abraxas, Studien zur Religionsgeschichte des späteren Altertums 1892 |
Rezensent: | Schmidt, Carl |
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Theologische Literaturzeitung.
Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Kiel.
Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.
N°- 7.
2. April 1892.
17. Jahrgang.
Dietrich, Abraxas, Studien zur Religionsge-
fchichte des fpäteren Altertums (Carl Schmidt).
Schmidt, Der Kampf ums Dogma (Kaftan).
Schmidt, Der alte Glaube und die Wahrheit
des Chriftentums (Derf.).
Fleifchmann, Das Chriftentum und feine Gegner
(Clüver).
Keibel, Die Religion und ihr Recht gegenüber
dem modernen Moralismus (Reifchle).
Schmid, Erkenntnifslehre, 2 Bde. (Reifchle).
Robertfon, Religiöfe Reden. Neue Folge.
(Hans).
Evangelifch-fociale Zeitfragen, hrsg. von Baumgarten
, 1. Reihe (Stamm).
Dieterich Dr Albr., Abraxas. Studien zur Religionsgeschichte nicht unbekannt fein können. Oder vermag er diefen
des spateren Altertums. Feftfchrift Hermann Ufener nichts zu entnehmen?
zur Feier feiner 25jährigen Lehrthätigkeit an der Bonner
Univerfität dargebracht vom Klaffifch-philologifchen
Verein zu Bonn. Leipzig, Teubner, 1891. (VI, 221 S.
gr. 8.) M. 4. 40.
Die vorliegende Arbeit ift eine Feftfchrift, würdig
des Gelehrten, welcher fich in neuefter Zeit durch feine
Die Unterfuchung felbft knüpft fich an einen Welt-
fchöpfungsmythus an, der in diefer Leid. Handfchrift
enthalten ift, ,von diefem feften Punkte aus verfucht der
Verf. eine Ausfahrt in das wilde, oft grundlofe Meer
des Synkretismus'. Ja, ein wildes Meer, das felbft den
furchtlofeften Schiffer vor der Ausfahrt zurückfchrecken
follte, aber unfer Autor kennt keine Furcht; unverdroffen,
Forfchungen 'auf dem Gebiete der Religionsgefchichte von jugendhcher Bege.fterung erfulft weffs er alle m den
fo namhafte Verdienfte erworben hat. - Bereits vor I We§. *«*fndfn Schwierigkeiten zu befeit.gen. Freilich ift
einigen Jahren haben wir den Verfaffer als den Heraus- I « nicht leicht, dem Verf. auf feinen Bahnen zu folgen,
geber des Papyrus Leidensis I. 384 (Fleckeifen's Jahrb. i dafhi(zr e,"e gr°[se ^ulle von Material und Gelehrfamkeit
Supplem. XVI p. 793 ff.) kennen gelernt, jetzt liegt aufgefpeichert ift aber - fo paradox es auch klingen
uns aus demfelben Gebiete eine gröfsere Arbeit über maS ~f..f,lefe Gelehrfamkeit wird fehr häufig nur als ein
den Leidener Papyrus I. 395 vor. Freilich läfst der fchwerfalhger Ballaft empfunden. Der Verf. hat die
Titel unferes Werkes ,Abraxas< dies nicht erwarten. I Literaturen der verfchiedenften V ölker zur Aufklärung
Ich mufs geliehen, dafs derfelbe höchft unpaffend ge- des Zauberbuches aufgeboten; bald befinden wir uns bei
wählt ift, denn es wird in uns die Vorftellung erweckt, | den Aegyptern bald bei der, Babyloniern und Hebräern,
als ob der Verfaffer über die fog. gnoftifchen Abraxas- j dann wieder bei den Griechen und Römern bei den
gemmen handeln wolle; davon findet fich keine Spur; I Gnoll.kern und Chriften; alles geht bunt durcheinander.
erft das Motto belehrt uns, dafs der Titel dem ,weftöft
liehen Divan' entnommen ift.
Im Uebrigen verdient das Werk die höchfte Be
achtung, wird uns doch zum erften Male die Gelegenheit
Hätte der Verf. die nöthige oaxpgoovvij angewendet, fo
würde er den Stoff viel eingehender beherrfcht, fo würde
fein Buch an Ueberficht und Klarheit gewonnen haben.
Es wäre beffer gewefen, wenn derfelbe fich auf die
ägyptifchen Einflüffe nicht näher eingelaffen hätte, da
geboten, tiefer in eine Literaturgattung einzudringen die > feine Gewährsmänner zuweilen fehr trübe Quellen find
bis jetzt noch wenig Beachtung gefunden hat, d. h. in 1
die Zauberliteratur, welche uns die ägyptifchen Gräber
wieder an's Tageslicht gebracht haben. Zugleich .eröffnet
fich ein Blick in eine ganz verfunkene Literatur, ein j Zauberliteratur zu den Gno"ftikern behandeln' können.
Dagegen macht fich der Mangel an Vertrautheit mit der
Gefchichte und dem Wefen des Gnofticismus fehr fühlbar.
Gerade an diefem Punkte hätte er das Verhältnifs der
fchier unbegreifliches Schriftftellertum des Aberwitzes'.
— Bei der Weitfchichtigkeit des Materiales kann es nicht
in der Aufgabe des Referenten liegen, den Inhalt des
Buches genau darzulegen, vielmehr wird er fich auf einzelne
Punkte befchränken müffen.
Der Verf. hat am Schlufs (S. 169—205), wie gefagt,
den Leidener Papyrus W.oderl. 395 veröffentlicht; zwar war
der Text fchon durch die Publication von Leemans {Papyri
graeci musei Lugdunensis Batavi II, 1885) der Gelehrtenwelt
zugänglich gemacht worden, aber diefe Publication
war nicht abfchliefsend. Der Verf. hat den Papyrus
wiederholt an Ort und Stelle collationirt, daher manche
Lücke ausgefüllt, manche Lesart hergeftellt. Ob derfelbe
und ohne Zweifel waren hier viel handgreiflichere Reful-
tate zu erzielen als bei den Vergleichungen mit orphifchen
Texten, die noch wenig aufgehellt find. — Sehr feltfam
klingt folgende Behauptung (S. 153): ,Das waren denn
auch die Formen, die das Chriftentum, als es in die
helleniftifche Welt hinaustrat, umfchloffen: die Chriften
waren da zuerft nichts anderes als Üictowtcti, 'I^aov. Man
hat kaum begonnen, diefen Hellenifirungsprocefs des
Chriftentums richtig aufzufaffen, kaum recht erkannt ift
das auch in diefer Richtung fo unendlich weite und
grofse Problem der Genefis chriftlicher Religion und
ihrer Formen, das gerade uns heute vornehmlich geftellt
fcheint'. Diefe Anficht ift keineswegs neu, wir brauchen
aber darin, dafs er den Text nach feiner Anordnung und ! nur an Harnack's Dogmengefchichte zu erinnern; neu
Emendation abgedruckt hat, glücklich gehandelt hat, läfst | freilich find die Aufftellungen über die Einwirkungen der
der Ref. dahingeftellt; wenigftens fleht man fich genöthigt, griechifchen Mythologie auf die chriftlichen Schriften.
ftets die Ausgabe von Leemans zu Rathe zu ziehen, zu
mal da eine Reihe von Lefungen übergangen, die Ver-
befferungen in der Handfchrift felber gröfstentheils unerwähnt
geblieben find. Sehr unangenehm berührt es, dafs
der Verf. die Meinungen von Leemans über das Alter
und den Urfprung der Handfchrift nicht anführt, ja
Eine Probe möge genügen. Auf S. 118, A. 2. wird das XII.
Cap. der Apocal. in folgender Reihenfolge hergeftellt:
vs. 1. 2. 3. 4. 14. I5. x6. 5. (6. 17. 12b?) 7. 8. 9. 10. 11.
12». 6 und 14 find Doppelgänger; 13 ift Flickvers. Die
Aehnlichkeit der vorkommenden Handlungen nicht blofs
im Ganzen, fogar in vielem Einzelnen mit den Mythen
fogar die trefflichen Arbeiten von Reuvens {Lettres a und Cultlegenden der pythonifchen Sage foll für jeden,
M. Letronnc, Leiden 1830) todtfehweigt, obwohl fie ihm | der fehen will, auf der Hand liegen. ,Wenn dort Po-
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