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Ausgabe:

1892 Nr. 5

Spalte:

136

Autor/Hrsg.:

Heikel, J. A. (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Ignatii Diaconii vita Tarasii archiepiscopi Constantinopolitani 1892

Rezensent:

Krüger, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung. 1892. Nr. 5.

136

traits des Mss. de la bibl. Nationale. 29, 2 11880] p. 364fr.
Delandine, Bibliotheque de Lyon I [1812] p. 289) saec.
VI, die Tractate zu den Pff. 51—69, 91, 118—136 enthaltend
, doch durch Blätterverluft etwas verftümmelt.
Die Nichtbenutzung diefer Hf. ift umfoweniger zu rechtfertigen
, als an einem fo leicht zugänglichen Orte auf
fie aufmerkfam gemacht war; fie ift um fo mehr zu bedauern
, als von hier aus wohl ein ficheres Urtheil über
den Werth von V ermöglicht worden wäre, da wir eine
gleich alte Ueberlieferung zur Controle hätten. Ein weiterer
empfindlicher Mangel ift die ganz ungenügende Kenntlichmachung
der Schriftftellen. Die wörtlichen Citate
lind meift angegeben; freilich auch nicht immer (z. B.
183,24: Job. 14,4, wo durch secundum illud ein Citat eingeleitet
ift [wie fehr oft z. B. 185,5. 186,7. 195,18 u. f. w.];
die Benedictiner hatten es fchon verzeichnet, während
bei Z. nicht einmal Sperrdruck angewendet ift). Bei
Stellen, wo deutlich und mit ausdrücklicher Berufung
auf eine Schriftftelle Bezug genommen wird, dürfte diefe
nicht fehlen: 139)9 secundum evangelium (Mc. 14,32ff.)
163,26 apostolus docet (Eph. 6,12) 262,8 secundum apo-
stolum (2 Kor. 8, 2) 357, 11 novit apostolus (1 Kor. 12, 8);
358,8 iussum est (Gen. 17,2) u. a. Aber auch, wo eine
folche directe Berufung fehlt, hätten die Anfpielungen
kenntlich gemacht werden müffen. Darauf hat Z. faft
vollftändig verzichtet; nur von p. 202 an zeigen fich ein
paar fchüchterne Verfuche. Einige Beifpiele von den
erften Seiten mögen zeigen, wie viel zu thun war: 21,5:
Gal. 4,19; 21,23: 1 Kor. 15,20 vgl. Jac. 1,18. Col. 1,16;
22,8: Joh. 1,14; 25,10: Matth. 23,2; 25,11: Matth. 27,9;
25,18: Matth. 27,24; 27,18: iTheff. 5,7; 37,5: Rom. 4, 3;
38,10: Rom. 5,20; 38,14: Nu. 11,24; 4°:7- Rom 5,17,
40,12: Act. 22,3; 40,18: 1 Kor. 9,20; 41,19: Matth. 27,
29k 48. Joh. 19,34; 41,27: Luc. 3,8; 49,3: Rom. 7,19;
50,2: Pf. 19,14; 55,2: Pf. 19,3; 55,26: Phil. 2,8 u. f. f.
Und das find nur Beifpiele, die auf den erften Blick fich
als Anfpielungen erweifen! Diefer Mangel, wie ihn nicht
nur diefer, fondern auch viele andere Bände des Wiener
Corpus aufweifen, giebt zu einer Bemerkung Anlafs.
Die Wiener Ausgabe fcheint alles Gewicht ganz aus-
fchliefslich auf die philologifche Seite legen zu wollen.
Das ift im höchften Grade zu bedauern (einmal angenommen
, dafs alle Bände in diefer Hinficht tadellos
wären), da die Zahl der Benutzer unter den Theologen
wohl eine gröfsere fein dürfte. Soll die Ausgabe das
Bedürfnifs, dem fie doch entgegenkommen will, wirklich
befriedigen, fo mufs fie eben auch Rückficht auf den
praktifchen Gebrauch nehmen. Das ift bei den meiften
Bänden nicht gefchehen. Denn mit dem Variantenapparat
allein ift's doch wahrlich nicht gethan. Auch
das wäre in diefer Hinficht zu wünfchen, dafs die
grofsen Capitel (wie bei dem mufterhaften Lactanz) durch
Paragrapheneintheilung zum Citiren bequemer gemacht
würden. Bei Tertullian z. B. ift das unbedingt erforderlich
. Sodann müffen die Schriftftellen, auch wo kein
wörtliches Citat vorliegt, viel genauer und fyftematifcher
angegeben werden. Der Nutzen eines folchen Verfahrens
auch für die Textkritik liegt doch fo klar zu Tage,
dafs man kein Wort mehr darüber verlieren follte. Doch
fcheint fich diefe Erkenntnifs noch nicht überall durchgefetzt
zu haben. Endlich wäre zu wünfchen, dafs bei
Commentaren der erklärte Text angegeben werde. Z. begnügt
fich damit, die Zahl des betreffenden Pfalms über die
Seite zu fetzen; die Zahl des jeweils behandelten Verfes,
die man doch am Rande fucht, hat er anzugeben unter-
laffen. Derartige Mängel thun dem wiffenfchaftlichen
Charakter keinen Abtrag, find aber doch auch gewifs
keine Zierde für ein wiffenfchaftliches Monumentalwerk,
das von Vielen gebraucht zu werden wünfcht und dem
man viele Benutzer wünfchen möchte.

Sollte fich auch bei dem zweiten Bande diefer neuen
Hilariusausgabe der horazifche Spruch erfüllen, fo ift
hoffentlich nicht zu den gleichen Ausftellungen Anlafs.

Denn dafs Z. als Herausgeber diefes Schriftftellers
geeignet erfcheint, hat er trotz aller Mängel feiner
Ausgabe gezeigt. Ich bemerke noch, dafs die Vorarbeiten
der Mauriner für ihre Hilariusausgabe in
Paris liegen als Cod. Paris, lat. 11619—11622. Es ift
vielleicht nicht ohne Nutzen, davon Einficht zu nehmen.

Der Druck läfst wieder manches zu wünfchen übrig,
namentlich in den Anmerkungen. Einzelne Addenaa
find dadurch veranlafst, dafs die Druckerei die nöthigen
Typen (die griechifchen Uncialen) nicht vorräthig hatte!
Doch ift auch die Schärfe und Sauberkeit des Druckes
nicht überall befriedigend; einzelne Typen (wie namentlich
vi) find offenbar fchon abgenutzt und fchmieren.
Das Gewand der letzterfchienenen Bände zeigt, dafs die
Akademie nicht gut daran gethan hat, von Holzhaufen
wegzugehen. Druckfehler und Verfehen find feiten; mir
find folgende aufgefallen: p. VII, 6, ift nach .Abhandlungen
' das III zu ftreichen; Anmerk. I lies 1884. p. XII,
Anm. 4 fehlt die Angabe des Bandes (I). p. 50, 20 ift
i am Anfang der Zeile abgefprungen; p. 254,14 1. aeris
ft. ceris.

Berlin, 4. 11. 91. Erwin Preufchen.

Ignatii Diaconi vita Tarasiiarchiepiscopi Constantinopolitani.

Graece primum ediditj. A. Heikel. [Aus: .Acta socie-
tatis scientiarum fennicae, tom. XVII.'] Helsingforsiae,
1889. [Berlin, Mayer & Müller.] (V, 45 S. gr. 4.)

Bald nach dem Tode des Tarafius, des Erzbifchois
von Conftantinopel (784—806), der die 7. ökumenifche
Synode geleitet hat, hat der damalige Mönch, fpätere
Diakon Ignatius eine Vita des Patriarchen verfafst. Bereits
Gentianus Hervetius (1499—1584) hat fie in lateini-
fcherUeberfetzung herausgegeben, wie Heikel annimmt
nach demfelben Cod. Vindob., dem er jetzt den Originaltext
entnommen hat, wozu v. Gebhardt Deutfche
Lit.-Ztg. 1890 Nr. 43 Col. 1576 ein Fragezeichen macht.
Der Text des Hervetius findet fich wieder abgedruckt
in den Act. Sänct. Febr. III, 576 ff. mit voraufgefchicktem
Commentar und begleitenden Noten von Bolland und
Henfchen, danach in Migne Pgr. XCVIII, 1371 ff. Der
vorliegende erfte Druck des Originals ift von Heikel auf
Ufener's Veranlaffung nach jenem Cod. Vindob. {ca. sc. XI)
und einem Cod. Paris. 1452 {saec. X;XI) bewerkftelligt
worden. Cod. Vindob. ift fehr lückenhaft und reich an
Fehlern. Cod. Paris, ift beffer erhalten, feine wenigen
Lücken treffen glücklicher Weife nicht mit denen von
Cod. Vindob. zufammen. Der von Heikel gebotene Text
ift fomit ein vollftändiger. Die Vita ift der übliche Pane-
gyricus, von einem eifrigen Ikonodulen gefchrieben. Der
Wiedergabe des Textes folgt eine Abhandlung de quibus-
dam sermonis Ignatii proprietatibus, ein Index nominum
und ein Index graecitatis. In feiner oben citirten Recen-
fion hat v. Gebhardt aufser einigen Bemerkungen zur
Textkritik den Herausgeber auf ein von ihm überfehenes
Fragment der Vita im Cod. Bodl. Barocc. 238 {saec. XI),
fowie einen Auszug aus der Vita aufmerkfam gemacht,
der im Cod. Mosqu. S. Syn. CLXXXIV {saec. XI) enthalten
zu fein fcheint.

Giefsen. G. Krüger.

Schlosser, Jul., Die abendländische Klosteranlage des früheren
Mittelalters. Wien, Gerold's Sohn, 1889. (II, 86 S. m.
3 Grundriffen, gr. 8.) M. 4. —

Die dankenswerthe, methodifch richtig angelegte
kleine Schrift, auf welche aufmerkfam zu machen auch
jetzt noch angezeigt fein wird, bietet folgende Refultate:

,Der Grundtypus der clauftralen Anlage (des Occi-
dents) ift ein ftreng centraliftifcher, das Clauftrum mit
den es umfaffenden, nach aufsen hin abgefchloffenen