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Ausgabe:

1892

Spalte:

132-136

Autor/Hrsg.:

Hilarii, S.

Titel/Untertitel:

Tractatus super psalmos 1892

Rezensent:

Preuschen, Erwin

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Theologifche Literaturzeitung. 1892. Nr. 5.

132

noch am Schlufs desliandes (S. 453—9; abgedruckt worden
, leider nur nach den älteren Drucken, da keine Hand-
fchrift auffindbar war.

Die Arbeit ift, foweit fie controlirbar ift, eine höchft
forgfältige; die Indices von feltener Reichhaltigkeit und
Genauigkeit; befonders dankenswerth in dem Index notni-
num et rerum die Zugabe erklärender Bemerkungen wie
bei Aeonius (,Bifchof von Arles, Nachfolger des Leon-
tius vor 494 p. Chr. und Vorgänger des Caefarius') oder
bei Arelatense concilium (,vom Jahre 473') und die Identification
feltener Ortsnamen mit den heutigen [z. B.
Briva=Brives-la-Gaillarde [arr. Brives, dep.Correze] und
Usercä eccl. = Uzerche [dep. Correze], In Nachweifung citirter
oder beiläufig anklingender Bibelftellen dürfte Eng. kaum
etwas zu thun Übrig gelaffen haben — ein paar Augufhncitate
dagegen find nicht identificirt — nur nennt er unter dem
Text wie im Regifter auch bei längeren Citaten immer
nur den erften Vers, und fo entlieht z. B. der Schein, als
komme Hebr. 10, 29 nur S. 69, 21 vor, während er doch
auch S. 41, 30 hinter v. 28 fleht. Bei dem Intereffe,
das die Bibelcitate des Fauftus für die Gefchichte der
Itala und Vulgata haben, ift das ein nicht nachzuahmender
Defect. Die Prolegoniena berichten im Anfchlufs
an frühere werthvolle Unterfuchungen Eng.'s über Leben,
Schriften, Stil des F., fodann über die vorhandenen Ma-
nufcnpte, 3) über Ruricius und feine bisherigen Schick-
fale; zum Schlufs theilt der Herausgeber noch einige Cor-
recturen mit, die er jetzt in feinem bereits vor 2 Jahren
druckfertig geftellten Texte angebracht wiffen möchte.
Im Ganzen zeigt er da die Neigung, feinen Conjecturen
gegenüber mehr die handfchriftlicheUeberlieferung zu bevorzugen
, in vielen Fällen zweifellos mit Recht, wie 51,19
wo jetzt aeqnalitates des Cod. ft. inaequ. wiederhergeftellt
wird, doch legt er auch einige anfprechende neue Conjecturen
vor, wie 50, 21 captae civitatis populum ft. capti-
vitatis p. Kleinigkeiten bleiben natürlich immer noch zu
beffern — abgefehen von den ganz vereinzelten Druckfehlern
wie LXIV, 1. Sichano (1. rdd) oder 468 bei Caf-
fian. 174,13 (1. 8) —: fo löblich es ift, dafs E. im Unter-
fchiede von Krufch fich möglichft an die Orthographie
der Handfchriften hält, würde ich doch im Text nicht
102, 24 aera 214, 8 era fchreiben, auch nicht 58, 21 Ni-
nivitis (Msc.: Neniv.), 91, 1 aber mit dem Msc. Nenivitis
und ebenfo 90, 7, wo kein Msc. vorhanden ift; das fit,
80, 24 hätte im Blick auf 21, 24 f. nicht vor, fondern hinter
remunerator eingefügt, übrigens auch in ( ) ein-
gefchloffen werden follen.

Die Ausführlichkeit der literargefchichtlichen TJnter-
fuchung in den Proll. wird man dem Manne nicht verdenken
, der aus dem Karlsruher Codex 340 zum erften
Male eine Sammlung von 22 Homilien des Fauft. zugänglich
gemacht hat, die früher zwar fchon zum Theil
bekannt, aber unter den unechten Werken der ver-
fchiedenften Väter zerftreut waren; ift doch dadurch die
Grundlage gewonnen, um eine Menge herrenlofen Gutes
an lateinifchen Predigten dem Verfaffer zurückzuerftatten.
Den Verfuch hingegen, auch hier den Vorwurf einer
heterodoxen Gnadenlehre von F. abzulenken, hätte Eng.
lieber unterlaffen follen; dogmengefchichtliche Belehrung
fucht man in den Proll. nicht. So gehört der Bd. 21 des
Corpus scriptt. eccl. mit feinem neuen handfchriftlichen
Material, mit der befonnenen und fcharffinnigen Bearbeitung
desfelben, mit feinen gediegenen Einleitungen und
Regiftern, mit der allerwärts fpürbaren Treue auch im
Kleinen zu den werthvollften der Sammlung.

Von Band 25 mufs eher das Gegentheil behauptet
werden. Er enthält den Text von 5 antimanichäifchen
Schriften Auguftin's: de utilitate credendi, de duabus ani-
mabus, contra Adiinantum, contra epist. fund. und contra
Faustum (33 Bb.). Grofse Umwälzungen waren hier ja nicht
zu erwarten, und überPrincipien und Erfolge der Emendation
des überlieferten Textes wollen wir erft urtheilen,
wenn in dem nächften Bande die Proleg. mit einem Bericht
über die Handfchriften erfchienen find. Aber fchon
jetzt ift zu confitatiren 1) eine ftarke Nachläffigkeit, die viele
Druckfehler hat flehen laffen (z. B. 4, ^negatoriae ft. wug.
262, 5 cxprobans (I. braus, 263, 14 quaetio ft. quaestw,
Z. 24 hominen, ib. not. zu lin. 10 Matth. 6, 7 ft. 7, 7,
264, 11 f. item dicit gefperrt ftatt in gewöhnlichem Druck,
264, 22 subtantia ft. subst. und gewuit ft. genuit), die offenbare
Citate wie das aus Cicero 5, 26 ohne Nachweis
läfst und bei den Bibelftellenangaben trotz der hier fo vorzüglichen
Vorarbeiten allerlei Fehler begeht, und 2) eine
Willkürlichkeit, die bei einem Mitarbeiter an diefem
Werke faft empörend wirkt. Dafs dasfelbe Msc. bald Sor-
bonicus, bald Sorbonnicus heifst, ift kaum der Rede werth,
fchlimmer fchon, dafs derfelbe Trecenfis 114 ff. durch
T bezeichnet wird, 192 ff. aber durch R; und follte Z.
nicht lieber, ftatt orthographifche Quisquilien aus den
Hdfchr. in den Noten mitzutheilen (z. B. dafs Kjusticia
fchreibt!), vermieden haben, im Text dicht hinter einander
267, 30 comrnisistis und 268, 2 conmutatus oder 254 (261)
promiscue genealogiartl und g-ian u. A. zu fetzen?

Am ärgften zeigt fich jene Willkürjedoch darin,dafs die
Textzeugen indenNoten nicht in einer beftimmtenReihenfolge
vorgeführt werden, fodafs allmählich fchon dem
Auge fich das Dafein gewiffer Gruppen aufdrängt, fondern
in allen nur denkbaren Combinationen werden fie
notirt, fodafs man fich in jedem Fall erft mühfam auf ihr
Alters-und Werthverhältnifs befinnen mufs. DieVerglei-
chung der Randnoten in der Mauriner-Ausgabe, die Beobachtung
, dafs wiederholt, wo alle Zeugen zu nennen
waren, der eine oder andere fehlt, endlich die That-
fache, dafs Z. es nicht der Mühe werth findet, die Retrac-
tationes Auguftin's heranzuziehen, die doch mit wörtlichen
Citaten aus früheren Schriften gewifs als Zeugen
in erfter Linie in Betracht kommen, erfchüttert das letzte
Vertrauen felbft auf die Sorgfalt der Collationen. Gern
conftatire ich dem gegenüber, dafs in einigen Fällen Z.
gute Conjecturen gemacht hat wie 33, 26 evitabunt, und
viel öfter mitteilt feiner Handfchriften einen befieren
Text als die Mauriner geliefert hat, aber von einer Text-
recenfion im Jahre 1891 verlangt man mehr, als was auch ein
Rigaltius undPamelius 300Jahre früher geleiftet haben —,
übrigens ohne es defshalb an Sorgfalt und Confequenz
fehlen zu laffen.

Marburg. Ad. Jülicher.

Hilarii, S., episcopi Pictaviensis, Tractatus super psalmos,

recensuit et commentario critico instruxit Ant. Zin-
gerle. [Corpus scriptorum ecclesiasticorum latino-
rum, vol. XXII.] Wien u. Prag, Tempsky. — Leipzig,
Freytag, 1891. (XXIII, 888 S. gr. 8.) M. 24. —

Dafs Z.'s Ausgabe der Pfalmentractate des Hilarius,
für die wir feither auf die revidirte Benedictineraus-
gabe, die Maffei beforgt hatte, angewiefen waren, eine
wohlvorbereitete fein werde, durfte man nach den ver-
fchiedenen Abhandlungen, die der Herausgeber als Vorläufer
vorausgefandt hatte, erwarten. Das Werk neunjähriger
Arbeit (praef. p. XIX) liegt nun vor. Die Erwartungen
, welche man ihm entgegengebracht hatte, find
aber leider nicht in vollem Umfange erfüllt, wenn auch
die Ausgabe einen bedeutenden Fortfehritt über die
früheren hinaus bezeichnet.

Die textkritifchen Grundfätze, welche für Z. mafs-
gebend gewefen find, waren fchon aus einer Abhandlung
.Studien zu Hilarius' von Poitiers Pfalmencommentar'
(Sitz.-Ber. d. W. Akad. 108 [1884], 869 ff.) bekannt. Als
den werthvollften Zeugen hätten wir danach das St.
Galler Palimpfeft Cod. Sangall. 722 (G) sc. VII anzu-
zufehen, das aber nur Pf. 119—147 enthält und nicht
überall mit Sicherheit entziffert werden kann. Ihm fleht
verhältnifsmäfsig am nächften Vatic. Regin. 95 (R) sc. X,
der den gröfsten Theil des Commentares enthält. Da-