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Ausgabe:

1892 Nr. 4

Spalte:

108-109

Autor/Hrsg.:

Furrer, Konrad

Titel/Untertitel:

Das Glaubensbekenntnis der abendländischen Kirchen 1892

Rezensent:

Lobstein, Paul

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107 Theologifche Literaturzeitung. 1892. Nr. 4. 108

Umftänden den Patres und den Laienbriidern auch die
Ertheilung von Elementarunterricht zu geftatten, fügte
aber bei: im allgemeinen fei dafür zu forgen, dafs
Elementarfchulen nicht von Jefuiten übernommen würden
(I, 440).

In dem Protokoll der 20. Generalcongregation von
1820, der erften nach der Wiederherftellungdes Ordens (R I,
436), wird berichtet, fiehabezurBefeitigung aller Zweifel und
ad frangendam aliquorum perturbatorum pertinaciamausdrücklich
erklärt, dafs alle vor der Aufhebung er-
laffenen Verordnungen in Geltung bleiben follten. (Ueber
diefe perturbatores findet man in den angeführten Büchern
von Chaillot und Sanguineti Näheres.) Die General
congregation von 1829 erklärte (I, 448), fie fei nicht
dagegen, dafs Bücher von Jefuiten, die der Gefellfchaft
zur Ehre gereichen könnten und von geeigneten Be-
urtheilern als nützlich anerkannt feien, gedruckt würden;
die jetzigen Umftände verlangten aber nicht fo fehr,
dafs die Mitglieder des Ordens zum Schreiben angetrieben
, als dafs quorundam Pruritus scribendi et sna
scripta edendi freno coerceatur; die Oberen hätten alfo
die beftehenden Verordnungen durchzuführen, namentlich
das Decret der 2. Congregation gegen diejenigen,
welche ohne Approbation anonyme Schriften veröffentlichten
oder von Nicht-Jefuiten veröffentlichen liefsen.
Auch auf der Congregation von 1853 kam die Schrift-
ftellerei zur Sprache. Es wurde die"Nothwendigkeit der genauen
Beobachtung der Cenfurverordnungen des Ordens be
tont, und namentlich hervorgehoben, ein Gutachten, welches
jemand abgebe, dem ein Schriftfteller feine Arbeit
in freundfchaftlicher Weife vorgelegt habe, dürfe nicht
als Cenfur angefehen werden, und die Oberen dürften
nicht dulden, dafs Jefuiten ihre Schriften ohne Cenfur
des Ordens durch irgend einen Nicht-Jefuiten veröffentlichen
liefsen. Die Angelegenheit wurde dem General
überwiefen (I, 454). Im J. 1862 erliefs dann der General
P. Beckx eine Ordinatio de iis, quae servanda sunt in
cvülgandis nostrorum libris vel qnibuscunque lucubrationibus,
die II, 253 abgedruckt und eines der intereffanteffen
Stücke der Sammlung ift. Die älteren Verordnungen
(Moralffr. S. 652) werden darin zum Theil beflätigt, zum
Theil modificirt. Wer etwas veröffentlichen will, foll
zunächft die Erlaubnifs des Provinzials nachfuchen. Das
fertige Manufcript foll der Provinzial Cenforen übergeben,
— diefe werden auf den Vorfchlag des Provinzials
vom General ernannt, — diefen aber den Verfaffer und
dem Verfaffer die Cenforen nicht nennen. (Bücher über
das Inftitut, die Rechte oder Privilegien der Gefellfchaft
müffen von Cenforen geprüft werden, die der General
fpeciell ernennt.) Wenn die Cenforen einftimmig erklären
, das Buch fei werth gedruckt zu werden, quod
nempe mediocritatem in suo genere non mediocriter superare
censeant, kann der Provinzial die Druckerlaubnifs fofort
ertheilen; lind fie uneinig, fo ift an den General zu berichten
. Jeder Cenfor hat ein belonderes Gutachten abzugeben
. Alle von einem Jefuiten verfafsten Schriften
find ohne Ausnahme zur Cenfur vorzulegen, auch
pfeudonyme und anonyme, Thefen, Vorreden u. dgh,
desgleichen Artikel in periodifchen Blättern. Wenn eine
Verleumdung oder ein Irrthum veröffentlicht wird, wodurch
die Gefellfchaft gefchädigt werden könnte, wenn
nicht fofort eine Widerlegung erfchiene, fo kann diefe,
wenn der Provinzial nicht zuvor befragt werden kann,
mit Erlaubnifs des Localobern , womöglich aber erft nach
Befragung von zwei geeigneten Patres, gedruckt werden;
es ift aber fofort an den Provinzial zu berichten. Die
irgendwo geltenden ftaatlichen oder kirchlichen Cenfurverordnungen
find auch von den Jefuiten zu beobachten.
Von allen irgendwie bedeutenden Büchern find wenigltens
zwei Exemplare an den General zu fenden. — Nach
einem Befchluffe der 22. Congregation darf nur denjenigen
Jefuiten geftattet werden, Zeitungen und ähnliche
Druckfachen ganz oder theilweife zu lefen, für welche

von diefer Leetüre kein Schaden zu fürchten ift
(I, 453)-

In der Appendix des 3. Bandes ift namentlich folgendes
von Intereffe: Auf den Antrag des Generals
L. Fortis hat Leo XII. geftattet, Knaben, die das zwölfte
Jahr vollendet haben, als Novizen aufzunehmen; fie dürfen
aber erft mit 18 Jahren die erften Gelübde ablegen (S. 7).
1859 hat Pius IX. den General ermächtigt, von dem in
den Regeln enthaltenen Verbote, Mefsflipendien und dgl.
anzunehmen, zu dispenfiren (S. 23, vgl. 4.11). In England
, Irland und Amerika kann er auch von dem Verbote
, Schulgeld zu nehmen, dispenfiren (S. 9). Pius IX.
hat 1850 den Jefuiten geftattet, in ihren Kirchen an den
Feiten der Heiligen des Ordens in der Meffe das Credo
zu beten, wie an den Feiten von Apolteln und Kirchenlehrern
(S. 16). 1866 hat Pius IX. auf die Bitte des
Generals eine feit alter Zeit gebrauchte Formel für die
Segnung des Ignatiuswaffers approbirt. Der General
fagt in feiner Bittfchrift: das Ignatiuswaffer habe zu
allen Zeiten, namentlich aber bei anlteckenden Krankheiten
viele und heilfame Wirkungen hervorgebracht und
werde eben jetzt, wo in Belgien und Frankreich die
Cholera herrfche, ftark begehrt (S. 28. Vgl. Reufch, Die
deutfehen Bifchöfe und der Aberglaube S. 62). 1881
ermächtigte Leo XIII. den General, die Facultät, das
Ignatiuswaffer zu fegnen, auch Weltgeiftlichen zu übertragen
(S. 35). Das Meifte in der Appendix betrifft
die dem Orden verliehenen Abiäffe; nach S. 45 können
alle Könige, Fürlten, Herzoge und Grafen und ihre Verwandten
bis zum zweiten Grade, wenn fie Mitglieder
der mit dem Jefuitenorden zufammenhangenden Mariani-
fchen Sodalität find, die diefer verliehenen Abiäffe
gewinnen, ohne die Bruderfchaftskirche zu befuchen.
Das Breve Leo's XIII. vom 13. Juli 1886 (III, 404) ift
durch die neue Ausgabe des Institutum veranlafst. Der
Paplt fagt: er habe gehört, dafs darin auch die den
Orden betreffenden apoftolifchen Schreiben abgedruckt
werden follten; um fein Wohlwollen gegen den Orden
zu bekunden, beftätige er diefelben ausdrücklich, non
obstautibus apostolicis litteris Clementis XIV. (das Auf-
hebungsbreve) aliisque qnibuscunque in contrarium facien-
tibus. Die Gefellfchaft möge fortfahren, in der bisherigen
Weife zu wirken, namentlich die philofophifchen
und theologifchen Disciplinen im Sinne des Doctor
augelicus (Thomas von Aquin) zu lehren (vgl. Moralftr.
S. 499).

Bonn. F. H. Reufch.

Furrer, Pfr. Prof. Dr. Konr., Das Glaubensbekenntnis der
abendländischen Kirchen, genannt das apoftolifche Sym-
bolum. Nach feiner bleibenden Bedeutung betrachtet
. St. Gallen, Huber & Co., 1891. (III, 40 S. gr.
8.) M. —. 60.

Die »bleibende Bedeutung' des fog. Apoftolicums
hat der Verfaffer durch eine praktifch-religiöfe Erklärung
der einzelnen Sätze des Bekenntnifses aufzuweifen und
feftzuftellen gefucht. ,Nicht für Gelehrte', fagt F.,
»wollte ich diefe Schrift verfaffen, . . fondern für den
weiten Kreis von Freunden der chriftlichen Wahrheit, die
ein tiefes Bedürfnifs nach Frieden haben, weil fie dafür
halten, dafs von der zunehmenden Zerfplitterung und
Verwirrung der Chriftenheit dem edelften und heiligften
Leben der Volksfeele die gröfste Gefahr droht'. Wollte
man an diefen Erklärungsverfuch den Mafsffab einer
ftreng wiffenfehaftlichen, d. h. hiftorifchen Exegefe anlegen
, fo könnte man manche Bedenken nicht unterdrücken
; denn ohne Umdeutung und Einlegung hat F.
die religiöfe Verwerthung des Bekenntnifses für die Gegenwart
unferer evangelifchen Kirche nicht vollziehen
können. Jungfrauengeburt, Höllenfahrt, Auferftehung
und Wiederkunft Chrifli, Kirche, Auferftehung des Lei-