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Ausgabe:

1892 Nr. 4

Spalte:

92-96

Autor/Hrsg.:

Brockhaus, Heinr.

Titel/Untertitel:

Die Kunst in den Athos-Klöstern 1892

Rezensent:

Meyer, Ph. L.

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Theologifche Literaturzeitung. 1892. Nr. 4.

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z^afe« 25, 31. 55, 23, bei vetustas 61, 22, bei veritas 63,
21 und 71, 7), endlich 6) find die eigenen Zufätze des
Hersg.'s zum Theil recht fraglicher Natur. Er fügt einzelnen
Worten eine Ueberfetzung bei, die aber nicht
immer glücklich in, z. B. repudium Trennung (d. Ehe),
repastinare reinigen, prurigo Begierde — ,piaculariter
fündlich 75, 7' fcheint mir mindeftens kühn —; noch
häufiger führt fie irre, weil fie nicht auf alle erwähnten
Stellen pafst (z. B. speaes Fall, sententia Votum, offensa
Verftofs, Verletzung). Beinahe komifch wirken die zahl-
lofen Sternchen, welche die aus der Rechtsfprache flammenden
Ausdrücke kenntlich machen follen: an und für
fich kein übler Gedanke, aber wenn nun arbitrium, do-
nare, emendare, fraus, meritum, fogar vocatio — das den
biblifchen Begriff der Berufung wiedergiebt, als juriftifche
termini reclamirt werden!

Bei dem ,Verzeichnifs der Bibelftellen' ift zunächft
anzuerkennen, dafs es bedeutend reichhaltiger ift, als
es bei blofser Benutzung der Randangaben bei üehler
und Reifferfcheid hätte werden können. Preufchen hat
fich beflrebt, gleich unter dem Text und dann hier in
der Ueberficht alle Citate und Anfpielungen an Bibelworte
nachzuweifen. Allein einmal ift noch immer keine
Vollftändigkeit erreicht (z. B. vermiffe ich zu 19, 21 Angabe
von Tit. 3, 15, zu 12, 14 h I Kor. 6, 3, zu 73, 23
Mt.25,8. 9, zu 72, 18 Mt. 18,20, zu 75, 7—9 Mt. 26, 41) und
das Regifter läfst nur zu viele unter dem Text vermerkte
Stellen fort (z. B. Ez. 33, 11 in 62, 20. Hof. 13,
3 in 6, 9, Pf. 1, 3 in 6, 10, I Joh. 1, 5 in 10, 2;
umgekehrt find zu 6, 9 Jef. 64, 8 und Rom. 9, 20 f. nur
im Regifter herangezogen); aber namentlich ift auch
hier wieder die Unzuverläfligkeit der Zahlen zu beklagen
(z. B. ift S. 80 ftatt Ezech. 24, 2 f. zu lefen 34, 2—
4, in der folgenden Zeile lt. 22, 16. 61, 28: 22, 17 und
61, 27; weiter unten ft. Pf. 1, 1 f. nur 1, 1 und ftatt Pf.
1, 2 vielmehr 1, 1. 2; auf S. 81 bei Matth. 7, 1 22, 21
ftatt 22, 19 und Rom. 8, 3—5 ftatt Rom. 8, 3) und bei
Parallelftellen ift willkürlich die erfte belle ergriffen: fo
dürfte 22, 19 nicht Eph. 4, 32, fondern Kol. 3,13; 46,22
nicht Marc. 3, 28 f. fondern Mt. 12, 31 f.; 22, 19 auch
wohl nicht Luc. 6, 36 fondern Mt. 5, 7. 9 die zutreffende
Angabe fein.

Und nun die Hauptfache, der Text felber? Es ift
charakteriftifch, dafs in dem zweizeiligen Druckfehler-
verzeichnifs fchon wieder ein Druckfehler vorliegt, 58,
21 ftatt 27. Bei flüchtiger Durchficht find mir im t exte
folgende aufgefallen: 7, 15 ciperas ft. coeperas, 15, 3
affiiütione, 28, 10 successorüm ft. em, 35, 26 praequatio,
55, 21 aequales ft. is, 67, 13 mortüm ft. ein. — Weit unangenehmer
find die Mängel, die fich nicht auf ein Mifs-
gefchick zurückführen laffen. Dafs Pr. die hergebrachte
Orthographie bevorzugt, foll nicht getadelt
werden, aber dann hätte er wenigftens Confequenz üben
und nicht bald Satanas, bald satanas, bald negligo und
intelhgo, bald neglego und intellego, bald tento bald teinpto,
bald adsignare bald assertor, bald accommodatus bald
accomodatus u. f. w. fchreiben follen. Dafs er nicht grund-
fätzlich jedes Capitel in einem Zuge druckt, fondern bei
tieferen Einfchnitten mit einer neuen Zeile anhebt, ift
ebenfo verdienftlich, wie die Zerlegung der oft end-
lofen Capitel in Paragraphen: nur find m. E. die Paragraphen
manchmal recht unglücklich angebracht, fo
Pud. I, 5> w0 die 5 vor nostrorum und nicht fchon vor
malim flehen müfste, oder Pud. XXII 11, wo bei der
Lesart finem der neue Gedanke doch ficher mit ingeram
bereits beginnt. Pr.'s Interpunction erftrebt Verdeutlichung
durch Pulle der Zeichen; neben vielem Discu-
tablen find hier zweifellofe Fehlgriffe zu verzeichnen, z.
B. 74, 27 nescit, quo libet cogi, oder 73, 6, wo Subject
und Prädicat (quis martyr, saeculi incold) durch Komma
getrennt werden, S, 13, 4 ift vor quod ein , zu fetzen,
oder dasfelbe Z. 5 vor non zu ftreichen.

Leider hat Pr. der Verfuchung nicht widerflehen

können, eine Art von neuer Textrecenfion zu liefern. Auch
nach dem Studium feiner textkritifchen Anmerkungen
bezweifeln wir feine methodifche Ausrüftung für folche
Arbeit. Diefelbe Klammer [] bezeichnet bei ihm Emendationen
durch Conjectur und auszuftofsende Interpolationen
, was ihn nicht hindert, in anderen Fällen folche
vermeintliche Interpolationen einfach fortzulaffen. Im
Allgemeinen hat er Oehler's Text zu Grunde gelegt;
dafs er ihm nicht ausnahmslos die Abweichungen bei Reifferfcheid
-Wiffowa vorzieht, mag man billigen; 43, 15
ziehe ich auch tot vincula dem neuen totum gulae und
44, 16 das in Christo dem Vulgata-Texte in persona
Christi vor. Aber wo er von beiden abweicht — mein)
auf eigene Fauft, fonft gern den Text von Gangneius
(B) bevorzugend, hat er fall immer Unglück. Das inu-
tilis 20, 26 macht den Satz finnlos, und doch fleht S.
77 keine Sylbe davon, dafs alle Neueren utilis lefen.
De Pud. XXII, 3 lefen B und Oehl. capite, leone, Reiff.
capiti, leoni, Preufch. — wieder ohne jede Notiz S. 79 —
man weifs nicht, ob im Ernft: capiti und leoni. S. 42,
26 fchmuggelt er ohne jede Erklärung auf S. 78 ein
lex vor lenior in den Text hinein. Die Mittheilungen
auf S. 76—79 find von unglaublicher Unzuverläffigkeit
und vielfach irreführend. Nicht erft Pr., fondern fchon
Junius hat 9, 8 das quam geftrichen, wie auch iterasse
61, 30 nicht von ihm erft, fondern von E. Klufsmann
1860 (f. Wiffowa praef. XII not) gefunden worden ift.
Zu S. 13, 3 verfchweigt er, dafs ,fonft' non vor Herum
gelefen wurde, Zu 37, 13 wird Gel. ftatt Ursin. genannt
als Vertreter von imagini, zu 29, 17 ein ,fonft' ft. ,Oehl.',
zu 30, 13 ift Oehl.'s Text ganz mangelhaft wiedergegeben
. Zu 55, 10 lieft man ,fonft' fruticare, nicht frutfä-
care. Abgefehen von 12 offenbaren Druckfehlern auf
diefen 4 Seiten find wohl ebenfo viel falfche Angaben
über den Thatbeftand hier zu conftatiren.

Von eigenen Vorfchlägen Pr.'s fcheinen mir ernftere
Erwägung nur 3 zu verdienen, zu 57, 5 f., zu 58, 27 und
befonders zu 57, 20 delinquere hominem ftatt derelinquere
dominum. Am bedenklichften ift feine Neigung, Gloffen
zu conftatiren, wie cui servabatur 70, 1 oder opera 3, 3
(aber vgl. Apol. XIV structorias operas), zu 10, 21 hat
er die reizende Idee, ein ihm läftiges quoniam werde
urfprünglich Gloffe zu quia gewefen fein! Per hoc 2. I
in per hunc und ut quid 23, 24 in quid zu verbeffern,
hätte ihn die Bekanntfchaft mit Tert.'s Stil verhindern
müffen. Conjecturen wie 71, 3 ne talia delinquant
vollends 42, 9 ac si etiam ftatt des fchon von Gelen, gebotenen
et si iam zeugen von geringer Vertiefung in den
Zufammenhang; an letzterer Stelle will Tert. fagen: und
wenn es bereits chriftliche Weiber gewefen wären, die
Mtth. 26 und Joh. 4 von Chriftus Verzeihung erhalten,
fo nützt das den Gegnern für ihre Thefe gar nichts. In
16, 8, wo Pr. ein iasin in den Text aufnimmt, fcheint
mir das überlieferte miseriam einen belferen Sinn zu
geben.

Keinenfalls ift eine Textausgabe für Studenten der
Ort für eine marcionitifche Textbehandlung; hätte doch
Pr. feine Conjecturen in einem befonderen Auffatze vorgelegt
, hier aber die bislang bellen Texte, für de poen.
den von Oehler, für de pud. den von Reiff, einfach abgedruckt
, höchftens im Aeufseren Ungleichmäfsigkeit
behoben und den Seminariften in Text und Indices ein
Müller forgfältiger und verläfslicher Arbeit gegeben, fo
würden wir ihm viel dankbarer fein.

Marburg. Ad. Jülicher.

Brockhaus, Privatdoc. Dr. Heinr., Die Kunst in den Athos-

Klöstern. Mit 19 Text-Abbildgn., 1 Karte, 7 lith. u.
23 Lichtdr.-Taf. Leipzig, Brockhaus, 1891. (XI, 305 S.
Lex.-8.) cart. M. 20. —
K. Krumbacher fagt in feiner trefflichen neuen
Gefch. der byzantinifchen Litteratur S. 222: ,Ueber die