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Ausgabe:

1892 Nr. 3

Spalte:

71-73

Titel/Untertitel:

Texts and Studies. Contributions to biblical and patristic literature. Vol I. Nr. 4 1892

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1892. Nr. 3.

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ytvopavoi (I Kor. 4, 9: bzi IräaxQov iyevrjlriMev xd> /.öaitqi,
lat.: ,spectaculu»i), § 48: /urfi al'oirrjoiv ivdü/.iaxog
vvLicpi/.ov (Mt. 22, 12: qvy. evdsdvfitvov evövfia ydiiov,
lat.: ,non vestüum veste nuptiali), vgl. § 55: wg elg
rvpcpixbv öeinvov v.tY.Xryitvxi (Apoc. 19, 9: tig to öeinvov
xov ydiiov, lat.: ,cenam nuptiarum'J, $ 58: 6 avoiiog d-
voiirpdxio sti v.cxi 6 öixaiog diYMUüBiyw tri (Apoc. 22,
Ii: 6 aöiKtöv adi/.rioäxio ext . . ., v.ai o dt/.cuog öiy.ainauvriv
noirßdxco exi, lat.: qui iniustus cstiniusta faciat adhuc et
qui iustus est iustificatur adhuc'"), c. 2 § 5: t'Xvov uxcavzag,
eöeouevov de ovöeva' xai v7ieo zcov zu öeivd öiaxiD-evxoov
rjvyovxo (vgl. Mt. 16, 19; 18, 18, wo aber dato fleht,
nicht öeoiuvtü, lat.: Jigare', und Lc. 6, 28: TXQooevyeoD-e
7ceql xoZv snrjQeaCnvxcov vftäg, lat.: ,pro calumniantibus
vos'). Die von dem Verfaffer aufgeführten Stellen find nicht
alle von gleichem Gewicht; aber was er beweifen wollte,
fcheint mir wirklich fehr wahrfcheinlich gemacht. Welche
Bedeutung diefer Entdeckung für den Urfprung und die
Verbreitung lateinifcher Ueberfetzungen biblifcher Bücher
zukommt und welches neue Licht auf die chriftlichen
Gemeinden im Rhonethal fällt, kann hier nicht weiter
ausgeführt werden.

Die zweite Zugabe ift die Entdeckung und der Abdruck
des vollftändigen älteften lateinifchen Textes der
Acten der fcillitanifchen Märtyrer (p. 106—117). Robin-
fon fand fie in dem Cod. Brit. Mus. Nr. 11880 saec. IX.
Der neue Text nimmt mit dem Fragment Mabillon's,
foweit diefes reicht, genau überein und ift noch etwas
kürzer als der von Ufener entdeckte griechifche Text,
der vielleicht gleichzeitig mit dem lateinifchen veröffentlicht
worden ift. Zwei weitere Handfchriften, die Robin-
fon entdeckt hat (Wiener Cod. 377 saec. XI. und ein
Ms. von Evreux n. 37 saec j^///), flehen dem Cod.
Brit. Mus. fehr nahe, haben aber doch fchon eine Reihe
von Zufätzen. Die berühmte Stelle über die Bibel lautet
in dem neuen Text alfo: .Quae sunt res in causa
(lies capsa) vestral — Ltbri et epistulae Pauli viri
iusti'. Kürzer konnte der Märtyrer fich nicht ausdrücken
; um fo beachtenswerther ift es, dafs er die
paulinifchen Briefe deutlich von den ,libri' unterfcheidet.
Die Stelle hat eine ganze Gefchichte in den fpäteren
Handfchriften, in welcher fich die Gefchichte des Kanons
fpiegelt. Die griechifche Verfion fchreibt: ^Qnolai
rcgayiiazeiax xoig lueztooig dnÖYEivxax OY.eveoiv; — A
y.a&' rjuäg ßißXoi v.ai cd ngooenixotzoig E7itqxoXai PiavXov
xov öaiov dvÖQog. Die Codd. von Wien und Evreux bieten:
, Quae sunt res in capsa vestra ?— Venerandi libri legis divinae
et epistulae Pauli apostoli viri iusti'. Das Ms. Biblioth. Nat.
Paris. Nr. 2179 (Nouvelle acquis.) fchreibt: ,Quae sunt,
dicite mihi, res doctrinarum in causa et religione vestra i
— Libri evangeliorum et epistolae Pauli viri. sanctissimi
apostoli'. Das Ms. Baronii endlich bietet: ,Qui sunt libri
quos adoratis legentes? — Quattuor evangclia domint
nostri Jesu Christi et epistolas sancti Pauli apostoli et
omnem divinitus inspiratam scripturarn'. Robinfon hat
in dankenswerther Weife auch die jüngeren Recenfionen
des Martyriums abgedruckt, fo dafs man an diefem Ob-
jecte beffer als an irgend einem anderen die Veränderungen
zu ftudiren vermag, die eine alte Märtyreracte
im Laufe der Zeit erlitten hat.

Wilmersdorf bei Berlin. A. Harnack.

Texts and Studies. Contributions to biblical and patristic Ii
terature. Edited by J. Armitage Robinson, B. D.
Vol. I. Nr. 4. Cambridge, at the University Press,
1891. (gr. 8.) 4 s.

Inhalt: The fragments of Heracleon. By A. E. Brooke, M. A.
(VII, 112 S.)

Um die Fragmente des Herakleon haben fich in
älterer Zeit Grabe, in neuerer Hilgenfeld (Ketzerge-
fchicte S. 472ff.) verdient gemacht. Wie die neue Ausgabe
lehrt, ift die Zahl der Fragmente bereits bei Hilgenfeld
vollftändig zu finden. Der englifche Herausgeber
wollte einen ficheren Text geben und das Ver-
Itändnifs der zum Theil fchwierigen Ausführungen He-
rakleon's fördern. Beides ift ihm gelungen. Er hat die
Mss. der Commentare des Origenes zum Joh.-Ev., in
denen fich 48 von den 50 bekannten Fragmenten finden,
felbftändig durchforfcht und in feinem erften Capitel (p.
1—30) einen werthvollen Beitrag zur Kritik des Origenes-
textes gegeben, indem er die uns erhaltenen 8 griechi-
fchen Mss. der Commentare auf eine Handfchrift, den
Codex Monacensis saec. XIII. zurückgeführt hat. In dem
2. Cap. (p. 31—49) handelt er von dem Leben und der
Lehre Herakleon's, den Clemens den ,berühmteften'
Schüler Valentin's genannt, Origenes als ,yvioQiuog
ObaXevxivov' bezeichnet hat, d. h., wie Brooke wahrfcheinlich
macht, als perfönlichen Jünger, nicht nur
als Bekannten (oi yvcogiiwi = perfönliche Anhänger,
Jünger). Ueber die merkwürdige Stelle Praedestin.
16 geht der Verf. leider fehr fchnell hinweg. Die
Zeit des Herakleon folgt aus dem Titel: yviugiuog
OvaXevxLvov. Man hat daher keinen Grund, die fchrift-
ftellerifche Thätigkeit Herakleon's unter das J. 170
herabzudrücken. Aus diefer haben fich zu Origenes'
Zeit'Yrcoiivr^iuza erhalten (Comm. in loann. VI. 8). Zahn
und Andere betrachten diefe als einen fortlaufenden
Commentar zum Johannes-Ev., und diefe Annahme
fcheint nach den Citaten des Origenes wahrfcheinlich.
Gegen fie läfst fich anführen, dafs Clemens eine Erklä-
rurfg des Herakleon von Luc. 12, 8—11 citirt, die muth-
mafslich auch in den c Yncqivipiaxa geftanden hat. Daher

j drückt fich Brooke fehr vorfichtig aus: 77«' vnouvxuaxa
iucluded Commentaries on at any rate large portions of
the Gospel according to S. John, and probably also on
ihat according to S. Luke. This follows prom Clements
Statement on Luke XII, 8—II, xovxov i^xjyovuevog xov xönov
b 'Hqc<x.XIojv xtX. Whether he also zurote on S. Matth,
is uncertain. That he used it as authoritative follozvs
from Iiis citation of Mtth. 8, 12'. Betrachtet man aber
die Natur der Citatc bei Origenes, fo ift die Annahme,
dafs die Hypomnemata ein wirklicher Commentar waren,
fehr wahrfcheinlich. Die Erklärung der Lucasftelle hat
dann entweder in einer anderen Schrift geftanden —
dies ift das Wahrfcheinlichere — oder Herakleon ift
beiläufig auf fie zu fprechen gekommen. Uebrigens ift
die Annahme von Zahn, (Gefch. des N.T.liehen Kanons
1. S. 741 f.), dafs das Citat aus Herakleon bei Clemens
Strom. IV, 9 nicht erft bei § 71, fondern fchon bei
§ 70 beginnt, dafs alfo die Verfe Luc. 12, 8; Mrc. 8, 38;
Mtth. 10, 32; Luc. 12, 11. 12 von Herakleon zufammen-
geftellt find, trotz des avvxcvgoutv des Clemens nicht un-
wahrfcheinlich; Brooke hat nicht einmal die Möglichkeit
erwogen. Dagegen ift es fchwer verftändlich, wie Zahn

j a. a. O. S. 744 aus Clemens Belog. Prophet. 25 folgern
konnte: ,Als eines Apoftels Schrift fcheint H. das Matth.-
Ev. citirt zu haben', da in dem Satz: tviox de, tag cpXjOtv

j ' HQaxXttov, 71vq1 xd coxu xwv acpqayi touevtov Y.axiarjiit'yttvxo,
nvxwg dxovoavxeg xb dnoazoXiv.öv (seil. Matth. 3, 11)

1 Clemens der ift, welcher das Ev. als unoaxoXixöv bezeichnet
.

Herakleon's Commentar, die ältefte uns bekannte
Auslegung des Joh.-Ev., ift nicht unbedeutend. An mehreren
Stellen hat er den Sinn des Evangeliften beffer
getroffen als Origenes; viel häufiger freilich fcheint uns

| feine Erklärung willkürlich und abgefchmackt; aber
man kann doch Erhebliches aus ihr lernen, um die gei-
ftige Verfaffung diefes hellenifchen Chriften zu verliehen
. Dazu giebt uns das von Clemens erhaltene
fchöne Fragment über das Bekenntnifs einen guten Begriff
von dem Ernft und der geiftigen Freiheit des

I Valentinfchülers und von der bedenklichen Neigung
feiner chriftlichen Zeitgenoffen, das Bekenntnifs des
Mundes zu überfchätzen. Brooke hat die Fragmente, die