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Ausgabe: | 1892 |
Spalte: | 66 |
Autor/Hrsg.: | Friedrich, J. |
Titel/Untertitel: | Di unechtheit des galaterbrifes 1892 |
Rezensent: | Holtzmann, Heinrich Julius |
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Theologifche Literaturzeitung. 1892. Nr. 3.
Gojpel. 2. The Ebionite tendency. Beide Themata
hängen dem Verf. eng zufammen, weil fowohl die
Dämonologie, als die asketifch-ebionitifche Weltbeurtheil-
ung des Lukas derfelben .dualiftifchen' Anfchauung ent-
fpringen: die Welt fteht einftweilen unter der Herrfchaft
des Satan, Jefus ift gekommen, um die Menfchen unter
die Herrfchaft Gottes zu bringen. Der Verf. geht nicht
von einer beftimmten Stellung zum fynopt. Problem
aus, fondern befchränkt fich auf eine genaue Betrachtung
des lukanifchen Sonderguts im dritten Evangelium,
ohne dabei die Frage nach Specialquellen des Luk. zu
erwägen. Diefe Unterlaffung rächt fich bisweilen,
weil hier und da dem Lukas Dinge auf Rechnung gefetzt
werden, die auf feine Quellen oder auf Jefus felbft
zurückgehen. Abgefehen hiervon liefert der Verf. einen
wirklich dankenswerthen und äufserft forgfältigen Beitrag
zur Charakteriftik des dritten Evangeliften. Man fleht
wieder, dafs auch in der z. Th. fehr befcheidenen
Thätigkeit eines ,Redactors' eine fehr lebendige religiöfe
Haltung fich kundgeben kann. Luk. fchildert das Leben
des Herrn als den Kampf des mit Gottes Geift ausge-
rüfteten Sohnes des Höchften gegen das Reich
des Satan. Die Verfuchung erfcheint nur bei Luk.
nicht als Epifode,fondern (4,13: <x%ql xaiQOv) als Anfang
eines langen Ringens, das feinen Höhepunkt in Gethfemane
(22,43 L) erreicht. In allen neigaaf-ioi (22,28) fiegt Jefus
über den äoyytv tov xooftov tovtov (4,6), den er bereits
entthront weifs (10,18), wenn auch diefer durch fein
Organ Judas (22,3) ihn äufserlich ums Leben bringt.
Vermöge der dvvaptg des heil. Geiftes (1,35. 4,14. 18. 36.
5,17. 6,19. 46. 9,1. 24,49) bekämpft er die dwaptg
t.yßoov (10,19), befonders indem er Dämonen austreibt.
Für diefen Zweig der Wirkfamkeit Jefu fcheint Lukas ein
befonderes Intereffe feinem allgemeinen Standpunkt ge-
mäfs gehabt zu haben, wofür der Verf. einige fchlagende
Beweife bringt (4,41. 7,21). Die Exorcifmen hat er
von den Heilungen natürlicher' Krankheiten im allgemeinen
fcharf zu unterfcheiden gefucht fowohl in ihrer
Schilderung als hinfichtlich der Methode der Heilung
(Befeffene durchs Wort; Kranke durch Berührung), aber
an einigen Stellen wenigftens geht Beides durcheinander.
Die verkrümmte Frau (13,10 — 17) leidet an einer
natürlichen' Krankheit, die dennoch auf ein nvevfta
da&ei't(ag und auf den Satan zurückgeführt wird. Jefus
heilt fie aber durch Berührung. Andrerfeits wird das
Fieber der Schwiegermutter Petri nach Luk. durch Bedrohung
geheilt (4,39). Diefen Fall erklärt der Verf.
wohl mit Recht fo, dafs Luk. das Fieber mehr in die
Reihe der dämonifchen Krankheiten gerechnet habe.
Bei der verkrümmten Frau aber fcheint mir ein älterer
Standpunkt vorzuliegen, der auch in den alten Stücken
Mtth. 8,16. 10,1. 17,15. 18 (übrigens auch ein Beweis
für die Herkunft der betr. Perikopen aus einer älteren
Quelle als Mk.) durchblickt, wonach alle Krankheiten
auf fatanifche oder dämonifche Einwirkung zurückzuführen
find. — Die Apoflel führen den Kampf Jefu weiter,
nachdem fie mit övva/uig (nur bei Luk.) und il-ovola
ausgerüflet find; aber von den 12 werden keine Exorcismen
erzählt, wie fie ja auch den mondfüchtigen Knaben nicht
heilen konnten, während der fremde Exorcift (9,50) und
die 70 mit Erfolg Teufel bannen (10,17). Wenn diefer
Contraft zwifchen den fchwachgläubigen 12 und den
70 Vertretern der Heidenmiffion wirklich beabfichtigt
und nicht blofs zufällig ift, fo fcheint hierin die Meinung
ausgedrückt zu fein, dafs die Miffion in der Heidenwelt
das Satansreich wirklich mit Erfolg bekämpft habe,
wahrend das Werk der 12 unter Ifrael keine folchen
Refultate aufzuweifen hat. Ueber manches Einzelne
liefse fich mit dem Verf. rechten. Für ein Urtheil bin
ich ihm dankbar: Er erläutert die bekannten Stellen
von einem bereits gegenwärtigen Reich Gottes (11,20.
17,21) nicht in dem gewöhnlich angenommenen fittlich-
rehgiöfen Sinn, dafs das Reich Gottes da fei wo der
Wille Gottes von den Menfchen gethan wird, fondern
in dem allein zuläffigen transcendentalen Sinn, dafs
dort die Herrfchaft Gottes begonnen habe, wo die Herrfchaft
des Satan und der Dämonen zurückgedrängt ift.
Die 2. Abhandlung fammelt mit grofser Vollftändig-
keit die, ebionitifchen' Züge des 3. Evangeliums, wobei eine
Menge feiner, manchmal vielleicht zu feiner Beobachtungen
vorkommen. Gerade hierbei wäre die allerdings fehr
fchwierige Frage nach den ebionitifchen Quellen des
Luk, zu erörtern gewefen. Aber fo viel hat der Verf.
wieder bewiefen, dafs der Redactor des Evangeliums
für feine Perfon die asketifche Stimmung der bekannten
Parabeln und Worte Jefu vollkommen theilt.
Göttingen. J. Weifs.
Friedrich, J. [Maehlifs], Di unechtheit des galaterbrifes.
Ein beitrag zu einer kritifchen gefchichte des ur-
chriftentums. Halle a/S., Kaemmerer & Co., 1891.
(67 S. gr. 8.) M. 1. 20.
Verfaffer möge mir verzeihen, wenn ich feine,
mit der Zeitfchrift .Reform' fich berührenden, Forderungen
bezüglich der Rechtfehreibung auf fich beruhen
laffe. Im Uebrigen ift die Schrift, wie auch ihre Vorgängerin
, die Monographie ,der Glaube Goethe's und
Schiller's', durchaus ernft zu nehmen. Im Abfchnitt
über die Bezeugung des Briefes ignoriert er freilich Marcion
und Muratori's Kanon, während er die fchriftftel-
lerifche Berührung mit Juftin ohne allen Grund zu
Gunften der Priorität des Letzteren auslegt (S. 9). Eben-
fowenig beweifen die fachlichen und fprachlichen Parallelen
des Galaterbriefes mit den Römer- und^Korinther-
briefen Nachbildung auf Seiten des erfteren (S. 15 f.),
find aber an fich, wie auch das Verzeichnifs cha-
rakteriftifcher Eigenthümlichkeiten des Briefes (S. 23 f.)
nicht werthlofe Beiträge zu ,paulinifchen Forfchungen'.
Was dann aber weiter über ,gefchichtliche Unwahr-
fcheinlichkeiten und anderes Anftöfsige' bemerkt wird,
hätte fo gut wie der folgende Auszug aus Steck's Buch
neben Letzterem füglich ungedruckt bleiben mögen.
Auch das Endrefultat ift nur Wiederholung: der Brief
will dem Paulus der Apoftelgefchichte gegenüber einen
entfehiedenen Paulus aufftellen, der das Judenchriften-
thum gänzlich aus der Kirche ausfegt, benutzt anderer-
feits für feine | lehrhaften Aufftellungen die Römer-
und Korintherbriefe, ift übrigens um 120 gefchrieben,
alfo doch erft Vorftufe zu Marcion u. f. w. Möchte der
Verfaffer, ehe er wieder über diefe Dinge fchreibt, fich
etwa den zweiten Band des ,Hand-Commentars zum
Neuen Teftament' recht gründlich anfehen. Ich halte
es nicht für ausgefchloffen, dafs er zu einem competen-
teren und felbftändigen Urtheile gelangen könnte.
Strafsburg i. E. H. Holtzmann.
Beck, weil. Prof. Dr. J. T., Erklärung des Briefes Pauli an
die Epheser, nebft Anmerkungen zum Brief Pauli an
die Koloffer. Hrsg. v. Jul. Lindenmeyer. Gütersloh
, Bertelsmann, 1891. (XII, 271 S. gr. 8.) M. 3. 6b;
geb. M. 4. 50.
In feiner neueften Schrift über ,die Entwickelung der
proteftantifchen Theologie in Deutschland und in Grofs-
britannien' (S. 10/of.) giebt O. Pfleiderer aus eigener
Erinnerung ein knapp und treu gezeichnetes Bild der
Beck'fchen Perfönlichkeit und Theologie überhaupt, der
.pneumatifchen Schriftauslegung' infonderheit, .welcher
man ebenfowenig die Anerkennung religiöfer Tiefe und
Originalität verfagen, als auch den Vorwurf exegetifcher
Willkür erfparen kann'. Vorliegender Commentar liefert
in Ausführungen, wozu Stellen wie Eph. 1, 7. 10. 13. 23
u. f. w. die Gelegenheitsurfache bieten, fprechende Be-
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