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Ausgabe:

1892 Nr. 23

Spalte:

570-572

Autor/Hrsg.:

Baumgarten, Michael

Titel/Untertitel:

Prof. Dr. Michael Baumgarten. Ein aus 45jähriger Erfahrung geschöpfter biographischer Bericht zur Kirchenfrage 1892

Rezensent:

Eck, Samuel

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569 Theologifche Literaturzeitung. 1892. Nr. 23. 570

und Richelieu find für eine Biographie Mabillon's zu aus- I Bulle Unigenitus und was S. 59 über die biblifchen Ar-

führlich. Einige überflüffige Citate aus neueren Bene
dictinern, z. B. die über das Grab Virgil's und über
Subiaco (S. 190. 196) erklären fich nur daraus, dafs der
Verf. ein Beuroner Benedictiner ift, die Notizen über den
h. Placidus (S. 189. 199) daraus, dafs fein Abt Placidus
heifst. — Ueber die Caftrirung der Baluze'fchen Ausgabe
des Cyprianus (S. 70) und das Verbot der Schriften des
Ifaac Voffius (S. 197) vgl. mein Buch über den Index II,
152. 116. Das Buch von Ceppi (S. 209; er ift. identifch
mit dem S. Vll erwähnten) wurde nicht blofs beanftan-
det, fondern 1735 von der Inquifition verboten; vgl.
Index II, 595. Die erften deutfchen Buchdrucker in Rom
(S. 181) hielsen Conrad (Schweinheim) und Arnold (Pannarz).
Verfchrieben oder verdruckt ift: Seeback für Seback
(S. VII), Aegidius Gabriel für Gabrielis (S. 211), Card.

Carpeigna für Carpegna (S. 223). [ aber ,mangelhaftere'zu Venedig 1756—69 und 1797—1807.

1 In einem Anhang wird die in einer ganzen Reihe von

beiten der Mauriner gefagt wird, ift ungenügend. —
Arnauld's Secretär (S. 55) hiefs nicht E. Ruthan, fondern
E. Ruth d'Ans; der Name Gravefon S. 48 ift ganz richtig,
alfo das Eragezeichen nicht angebracht.

3. P. Rottmanner ftellt die Angaben über das Erfchei-
nen der einzelnen Bände der Mauriner Ausgabe richtig:
die elf Bände der Originalausgabe find 1679—17c» er-
fchienen, ein Nachdruck von heben Bänden (nicht von
V, VI, VII und IX) zu Paris 1688—1696, ein anderer,
fchlechterer Nachdruck, angeblich zu Antwerpen, in
Wirklichkeit zu Amfterdam 1700—1702 (als 12. Band
erfchien 1703 die Appendix Aitgustiniana von Phereponus.
d. i. Jean Le Clerc), dann ,ein leidlich guter' Nachdruck
zu Venedig 1729—1735 und zwei bequemere (in Quart),

2. Die Schrift von Kukula liefert wichtige Beiträge
zur Gefchichte des Streites der Mauriner mit den Jefuiten
über ihre Ausgabe des Auguftinus (Bäumer S. 96). Der
Tadel, den ich über den erften Theil (Th. L.-Z. 1890,
573) ausgefprochen und in den Wunfeh zufammengefafst
habe, K. möge in dem folgenden Hefte mehr Auszüge
aus dem handfehriftlichen Schatze, der ihm vorgelegen,
und weniger Reflexionen und Digreffionen bringen, trifft
das vorliegende Heft faft gar nicht. Es bringt u. a. den
gröfsten Theil des Entwurfes der von Mabillon aus
Anlafs jenes Streites verfafsten Praefatio generalis mit
den Randbemerkungen von Boffuet, das (fchon wiederholt
gedruckte) Decret der Inquifition vom 11. Juni 1700,
wodurch vier Streitfchriften der Jefuiten verdammt wurden,
fehr intereffante Auszüge aus den tadelnden Bemerkungen
über Mabillon's fehr vorfichtig gehaltene und vor dem
Druck noch abgefchwächte Vorrede vonQuesnel, Duguet
u. a., und noch intereffantere Mittheilungen über neue
Denunciationen der Auguftinus-Ausgabe im J. 1707, bei
denen namentlich der P. Daubenton, damals Afliftent
des Jefuitengenerals, und der Franciscaner P. Damascenus
(Index II, 732) eine Rolle fpielten (S. 32), und bei denen
unter anderem getadelt wurde, dafs die Mauriner die
Bedeutung der Stelle (Roma locuta est) causa finita est
nicht gebührend hervorgehoben hätten (S. 41), und über
die pfeudonymen Angriffe des Bafilianers Scarfo im J.
1712, bei denen die Jefuiten gleichfalls bethciligt waren
(S. 56). Auffallend ift, dafs K. wie Bäumer nicht erwähnt
, dafs Fenelon 1710 eine neue Ausgabe des Au- Baumgarten, Professor Dr. theol. Michael. Ein aus 45jäh-
guftinus, wenigftens der Schriften über die Gnade plante, riger Erfahrung gefchöpfter biographifcher Beitrag zur
MX Noten, welche die der Mauriner discreditiren follten'. | Kirchenfrage. Als handfehriftlicher Nachlafs hrsg von
Der Jefuit Le-Telher der Beichtvater Ludwig'« XIV., j Paft. H H. Studt 2 Bde. Kid Homann, 1891. (X,
follte ihm dabei durch einige Iheologen feines Ordens, ! TI „

etwa durch Germon und Lallemant, helfen laffen (Index
II, 687). Der Plan kam nicht zur Ausführung. Germon
ift derfelbe, der 1703 Mabillon's Werk De re diplomatica
(Bäumer S. 89. 222) und Couftant's Ausgabe des Hilarius
angegriffen hatte (Kukula S. 44). Bei diefen Angriffen
handelte es fich u. a. um die Frage, ob an einer Stelle
des Hilarius caniis Iiumilitas adoptatur oder adoratur zu
lefen fei. Für diefe Lesart berief fich Germon auf eine
römifche Handfchrift vom J. 510. Neun römifche Gelehrte
bezeugten aber öffentlich, adoratur fei in die Handfchrift
von einer neuen Hand (allem Anfchein nach von P. Le

Büchern, zuerft bei K. Hafe fich findende Angabe widerlegt
, Taffin's Histoirc Utterairc de la Congregation de Saint
Maur fei zuerft 1726 erfchienen. Es giebt nur eine Ausgabe
von 1770. ,Von einer zweiten Ausgabe konnte nur
infofern die Rede fein, als im Intereffe der Abfchwächung
der zu kühn lautenden Stellen (Bäumer S. VII fagt, das
Werk fei „gar zu janfeniftifch gefärbt" gewefen), mehrere,
im Ganzen 14 Cartons neu eingefetzt wurden'.

4. Der Verfaffer der Schrift über den gelehrten Ora-
torianer Louis de Thomaflin (1619—95), Charles Henri
Benjamin Thomaffin, ift nach S. 67 ein Sohn des 1867
zu Wien geftorbenen franzöfifchen Legitimiften Jean Rene
Th. (S. 4 nennt er den Oratorianer feinen ,Ahnen'l).
Es ift ganz löblich, dafs er die ,berühmten Männer aus
dem (altadeligen) Haufe Th.' zufammengeftellt und fich
mit dem beruhmteften unter ihnen eingehender befchäf-
tigt hat. Aber eine wiffenfehaftliche Bedeutung hat feine
Arbeit trotz des viel verfprechenden Titels nicht. Sie
ift zuerft in dem Mainzer ,Katholiken' 1891, II, 97 gedruckt
worden. Wenn überhaupt ein Neudruck derfelben
(mit einigen Zufätzen) veranftaltet werden follte, fo hätte
P. Odilo Rottmanner, dem er gewidmet ift, oder einer
der anderen Bekannten des Verf.'s wenigftens für ein
ordentliches Deutfch forgen follen.

Bonn. F. H. Reufch.

Keine eigentliche Selbftbiographie liegt in diefem
Buche aus Baumgarten's Nachlafs (geb. 25. März 1812,
Prof. in Roftock 1856, abgefetzt 6. Januar 1858, geft'.
21. Juli 1889) vor. Man kann es eher als eine Ueber-
ficht über feine fchriftftellerifche Thätigkeit bezeichnen.
Retractationen freilich brauchte er nicht zu fchreiben.
Wenn er auch von Fortfehritten feiner Erkenntnifs redet,
fo finde ich doch nicht, dafs er irgendwo gemeint hat,
etwas zurücknehmen zu müffen. Aber eben als zufam-
menfaffender Bericht ift das Buch überaus werthvoll.

Tellier, der die Handfchrift im April 1707 in Händen Denn die etwa 64 Schriften, auf die es zurückblickt,
gehabt hatte) ftatt des urfprünglichen adoptatur hinein j werden doch bald nur ganz Wenige lefen. Dies Buch
corrigirt. — S. 48 befpricht K. auch die Angriffe Ficoroni's : wird uns ein Stück deutfeher Kirchengefchichte aufbe-
auf Montfaucon's Diarium italicum und die Gegenfchrift, wahren, von dem wir nicht wünfehen dürfen, dafs es fo
die unter dem Namen des Benedictiners Riccobaldi er- S bald vergeffen werde.

fchien, aber von P. A. Maffei verfafst ift. Die Index-
Congregation verbot 1714 beide Schriften mit donec cor-
rigatur, wohl lediglich wegen der darin vorkommenden
Grobheiten (Index II, 596). — Beachtcnswerth ift die
Andeutung S. 51 über das Verhältnifs der Mauriner zu
Port-Royal. Was fonft über den Janfenismus und die

B.'s Intereffe war mit zunehmender Ausfchliefslich-
keit der ,Kirchenfrage' gewidmet. Es waren nicht blofs
die perfönlichen Erfahrungen, die ihn dahin gedrängt
haben. Schon lange vor dem ungeheuerlichen Roftocker
Gewaltftreich hatten ihn Begabung und Neigung dazu
getrieben, alle Theorie fofort praktifch zu verwerthen.