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Ausgabe:

1892 Nr. 14

Spalte:

353-355

Autor/Hrsg.:

Lenz, Max

Titel/Untertitel:

Briefwechsel Landgraf Philipp‘s des Grossmüthigen mit Bucer 1892

Rezensent:

Enders, Ernst Ludwig

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Theologifche Literaturzeitung. 1892. Nr. 14.

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wiefern die Schlangen klug find, aus c. 67 was es mit
dem ,Otterngezüchte' auf fich hat u. f. w. Zu jedem
Capitel find die Belege nicht blofs aus Ariftoteles, Pli-
nius, Aelian, Oppian angeführt, fondern ebenfo aus dem
A. u. N.T., Jofephus, Barnabas, Origenes, Bafilius und
von G. Hoffmann insbefondere auch aus den arabifchen
Naturbüchern. Leider ift der Preis fehr hoch angefetzt
und daher die Frage angezeigt, ob nicht eine Sonderausgabe
des deutfchen Textes mit oder ohne Einleitung
fich empfehlen würde. Von Stellen, wo der Text verderbt
fcheint, fei noch c. 69 genannt, dafs das Wiefel
die Kichererbfen unter die Bohnen, die Bohnen unter
die Linfen, den Reis unter die Hirfe und den Weizen
mifcht ,und thut damit das Werk der Köche,
welche folche Dinge zufammenmifchen'. Der urfprüng-
liche Sinn war ftatt deffen doch wohl ,und macht damit
den Köchen Arbeit, indem es etc.', wie fie der fyrifche
Schreiber durch feine Vermifchung und Verwechslung
der Buchftaben dem Herausgeber oft genug machte, fo
dafs er mit befonders dankbarem Gefühl bei der
Schlufsfchrift angekommen fein wird: Zu Ende ift das
BNG., verfafst vom Philofophen Arestotälis und Gott
fei Preis und Ehre und Dank und Anbetung und mit
uns fei feine Liebe und Gnade in Ewigkeit, Amen.

Tübingen. E. Neftle.

Lenz, Max, Briefwechsel Landgraf Philipp's des Gross-
müthigen mit Bucer. Hrsg. und erläutert. 3. (Schlufs-)
Theil. [Publicationen aus den k. preufs. Staatsarchiven
, 47. Bd.] Leipzig, Hirzel, 1891. (V, 638 S.
gr. 8.) M. 16. —

Mit diefem Band hat der von uns in diefer Zeitung
Jahrg. 1889, Nr. 20 Sp. 501 angezeigte Briefwechfel des
Landgrafen Philipp mit Bucer feinen Abfchlufs erhalten.
Zwar war die Correfpondenz Beider fchon mit dem
zweiten Bande zu Ende geführt und der letzte Band
bringt auch nicht etwa überfehene oder erft fpäter aufgefundene
Nachträge, wie fie ja bei derartigen Arbeiten
gar zu gern nachzuhinken pflegen. Dagegen füllt er
in vier grofsen Partien Lücken aus, welche die Correfpondenz
mit Bucer für die völlige Erkenntnifs der Zeitlage
gelaffen, und in diefem Sinn kann diefer Schlufs-
band als ein Ergänzungsband bezeichnet werden.

Der erfte Abfchnitt, S. 1—148, ift von Lenz über-
fchrieben ,Aus den Akten des Reichstags zu Regensburg.
1541.' Mit der Ankunft des Landgrafen in Regensburg
am 27. März hörte natürlich der briefliche Austaufch
mit dem ebenfalls dort anwefenden Bucer auf, und da
von kaiferlicher Seite über die Verhandlungen im Collo-
qium ftrenges Stillfchweigen beobachtet wurde, fo war
unfere Kenntnifs derfelben meift auf die im Corp. Ref.
Vol. IV. mitgetheilten Aktenftücke und Briefe Melanch-
thon's befchränkt, welche jedoch, befonders für die Be-
urtheilung der Stellung des Landgrafen, nicht ausreichen
. Diefe Lücke wird nun ausgefüllt einerfeits
durch die vom 16. Februar bis 31. März reichenden
Berichte des Augsburger Arztes Gereon Sailer, der
Philipp's Agent in Regensburg und nachher am bairi-
fchen und pfalz-neuburgifchen Hofe war und neben
Bucer der am beften unterrichtete und belehrendfte
Correfpondent des Landgrafen ift; andererfeits durch
die von dem heffifchen Secretär Sebaft. Aitinger vom
28. März bis 11. Juli geführten Protokolle der Regensburger
Verhandlungen der fchmalkaldifchen Stände, die
freilich felbft wieder für den Zeitraum vom 9. Mai bis
9. Juni eine empfindliche Lücke laffen, da während
diefer Wochen Aitinger krank war. — Daran fchliefst
fich (S. 31) der hier nach einer heffifchen Abfchrift zum
erftenmal veröffentlichte Originalentwurf des Regensburger
Buches, von welchem Bretfchneider in Corp.
Ref. IV, 190 in der Einleitung fagte: Nativam libri

formam nunc non liabemus, sed eam, qua traditus est
Collocutoribus1, Mit Ausnahme des einen völlig ver-
fchiedenen Text darbietenden Artikels V: de justifica-
tione hominis, der in extenso mitgetheilt wird, befchränkt
fich Lenz auf das Verzeichnifs der Varianten zum Corp.
Ref., fowie der wichtigeren Abweichungen der von
Bucer verfertigten fogenannten Strafsburger Ueberfetzung
diefes Buches. — Die weiteren Beftandtheile diefes erften
Abfchnittes bilden: die Verhandlungen Philipp's mit dem
Kaifer und feinen Miniftern, die fchon im April begannen
und in dem — hier ebenfalls zum erftenmal veröffentlichten
— Vertrag zwifchem dem Kaifer und dem Landgrafen
vom 13. Juni, der dem Kaifer befonders in dem
Geldern'fchen Krieg zu Statten kam, während er Philipp
vor der fchliefslichen Kataftrophe nicht bewahrte, ihren
Abfchlufs fanden. Es folgen dann noch die Inftruction,
welche der Landgraf bei feiner Abreife am 13. Juni
feinen Räthen für die Behandlung der Religionsfachen
auf dem Reichstag hinterliefs, fowie feine Correfpondenz
mit diefen und mit Sailer nach feiner Abreife.

Der II. Abfchnitt, S. 149—168, behandelt den Naumburger
Fürftentag, October 1541, und die Entwicklung
der Braunfchweiger Fehde. Er enthält zwar nur 2 Aktenftücke
, dagegen einen um fo inftructiveren Excurs über
diefen wichtigen, von der Gefchichtsforfchung feither zu
wenig berückfichtigten Tag. Unter dem lähmenden Schrecken
, welchen die Einnahme Ofen's durch die Türken am
29. Auguft allenthalben in Deutfchland hervorgerufen
hatte, traten die Kurfürften von Brandenburg, von dem
die Anregung dazu ausging, und von Sachfen, fowie der
Landgraf und Herzog Moriz von Sachfen zufammen,
um über die Bedingungen zu berathen, unter welchen
fie auf dem nach Speier ausgefchriebenen Reichstag eine
,beharrliche Reichshülfe' verwilligen wollten. Die Bedeutung
diefer Verabredung fafst Lenz S. 154 in die
Worte zufammen: ,Man kann wohl fagen, die Führer des
fchmalkaldifchen Bundes übernahmen vereint mit den
beiden gröfsten proteftantifchen Fürften im Reich [nämlich
Kurbrandenburg und Herzogthum Sachfen| die Leitung
der Reichspolitik'. In diefen Auffchwung trat als Hörendes
Moment ein die Braunfchweiger Fehde mit Herzog
Heinrich d. J., die fich geradezu zu einer perfönlichen
Feindfchaft des Landgrafen gegen den Letzteren zufpitzt,
eine Feindfchaft, vor welcher ihm öfter der klare poli-
tifche Blick fchwindet. Dies zeigt fich noch deutlicher
in dem

III. und umfangreichften Abfchnitt, S. 169—482, Verhandlungen
mit Baiern, geführt durch Gereon Sailer,
1541—1547, über welche die von Lenz beigebrachte
Correfpondenz ein ganz neues Licht verbreitet. Es galt
diefen alten Gegner des habsburgifchen Kaiferthums
trotz des religiöfen Gegenfatzes, in welchem man zu
ihm ftand, in die proteftantifche üppofition hereinzuziehen
und mit ihm einen Bund zur Erhaltung der gerade von
Baiern fo fehr betonten ,Libertät' der deutfchen Fürften
aufzurichten. Wenn auch diefes nicht gelang, und der
in feinem Vermittelungseifer allzu optimiftifch urthei-
lende Sailer dem ränkevollen bairifchen Kanzler Leonhard
v. Eck in diefen Unterhandlungen nicht gewachfen
war, fo wurden doch einige Nebenzwecke erreicht, z. B.
die Neutralität Baierns in der Braunfchweiger Fehde. In
diefen Verhandlungen tritt es nun zum Oefteren auf das
Klarfte hervor, wie die Braunfchweiger Frage neben der
Furcht vor den Folgen feiner Doppelehe überall aus-
fchlaggebend für die Politik des Landgrafen in jener
Zeit ift. ,Wer den Landgrafen gegen Herzog Heinrich
ficher ftellte, ob Baiern, ob der Kaifer, der hatte ihn für
fich'. Die Verhandlungen mit Baiern zogen fich bis in
den fchmalkaldifchen Krieg hinein; erft der unglückliche
Ausgang desfelben, nachdem Baierns bis zum Ende geführtes
Doppelfpiel offenbar geworden, öffnete Sailern
die Augen über fein vergebliches Bemühen.

Den letzten Abfchnitt, S. 483—527, bildet die Corre-

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