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Ausgabe:

1892

Spalte:

226-227

Autor/Hrsg.:

Manen, W. C. van

Titel/Untertitel:

Paulus. II. De brief aan de Romeinen 1892

Rezensent:

Holtzmann, Heinrich Julius

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Kiel.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

Nü- 9.

30. April 1892.

17. Jahrgang.

Baldenfperger, Das Selbftbewufstfein Jefu,
2. Aufl. (H. Holtzmann).

Manen, Paulus, II: De brief aan de Romeinen
(H. Holtzmann).

Wiegand, De ecclesiae notione quid Vv'iclif
docuerit (Befs).

Lateinifche Litteraturdenkmäler des XV. und XVI.

Jahrhunderts, 3. u. 4. Heft (Kawerau).
Ficker, Die Konfutation des Augsburgifchen

Bekenntnifses, ihre erfte Geftalt und ihre Ge-

fchichte (BofTert).
Broglie, La soci£t£ de l'abbaye de Saint-Ger-

main des Pres au dix-huitieme siecle (Reufch).

Weitbrecht, Ketzergerichte (BofTert).
Eduard Langhans, ein Zeuge der Geiftes-

freiheit (H. Holtzmann).
Metzger, Die chriftliche Wahrheit (Reifchlel.
Schmid, Zur Religionsphilofophie (Reifchle).
Rohden, Ueber chriftocentrifche Behandlung des

lutherifchen Katechismus (J. Smend).

Baldensperger, Prof. W., Das Selbstbewusstsein Jesu im Manen, Dr. W. C. van, Paulus. II. De brief aan de Ro-
Lichte der messianischen Hoffnungen seiner Zeit. 2. viel- meinen. Leiden, Brill, 1891. (308 S. gr. 8.) M. 5. 50.

fach verm. Aufl. Strafsburg i/E., Heitz, 1891. (VIII,
283 S. gr. 8.) M. 4. —
Die Hoffnung, ,dafs des Verfaffers Leiftung ihren
Weg machen wird', womit der Unterzeichnete feiner Zeit
die erfte Auflage begleitet hat (Jahrg. 1888, Sp. 81), ift in
erfreulicher Weife erfüllt worden. Die vorliegende zweite
Auflage ift äufserlich beffer ausgeftattet, inhaltlich vielfach
umgearbeitet und erweitert. Der geringere Theil
der Zufätze fällt in die erfte, die meffianifchen Hoffnungen
desjudenthums darftellende, Hälfte; vgl. befonders
S. 13 f. 38 f. 86. 115 C Es erfcheint bemerkenswerth, dafs
der Verfaffer dem Refultate von Spitta's Unterfuchung
über 1 Petr. 3, 18—22 unbedingt zuftimmt (S. 13. 87)
und dafs er die Beziehung des vierten Danielifchen
Reiches auf die Römer ablehnt (S. 6), ohne fleh mit

Dem erften Theil, der die Apoftelgefchichte behandelte
(vgl. Jahrg. 1891, Nr. 7, Sp. 175—177) folgt ein zweiter
auf dem Fufs nach, deffen Refultate angeblich zur genauen
Beftätigung der dort gewonnenen dienen. Wahr
ift, dafs in dem neuen Werke durchaus die Exiftenz jenes
dreiftöckigen Haufes vorausgefetzt wird, in deffen Erd-
gefchofs der Reifeprediger Paulus, ein jüngerer Zeitge-
noffe der Urapoftel, wohnt; eine Treppe hoch dann der,
den Lefern unteres Kritikers in den ntgindoi vorgeftellte,
»Paulus des Paulinismus', ganz oben der lucanifche, bereits
katholifirende Paulus. Wie die Zeit des Letzteren
auf 125 — 150 angegeben wird, fo die der paulinifchen
Briefe, deren Bibliothek zur Ausftattung des mittleren,
etwa um 100 aufgeführten Stockwerkes gehört, auf
120—140. Der Römerbrief felbft war fchon 125 vorhanden.

der, vielleicht erft nach Druck des betreffenden Ab- | ILlE^^ Äajf
fchnittes veröffentlichten, Abhandlung von de Lagarde
(Göttinger Gel. Anz. 1891, Nr. 14) auseinanderzufetzen.

Die zweite Hälfte, welche das Selbftbewufstfein Jefu
zur Darftellung bringt, enthält zwar auch meift nur Zufätze
(S. 135. 198 f. 211. 213 [Präexiftenz]. 229 f. 241. 245 f.
250 f. 261 f. 263 k, auch eine gelegentliche Selbftcorrectur
S. 179) und formelle Aenderungen durch Aufnahme des
zuvor nur anmerkungsweife Gefagten in den Text, daneben
aber vier Excurfe, von welchen nur der erfte (über den
mofaifchen Meffiastypus S. 138 k) aus der früheren Auflage
übernommen ift, während der zweite (S. 155 E)
des Verfaffers Aufftellungen über den Leidens- und
Todesgedanken Jefu fowohl gegen Holften's Entwerthung,
wie gegen Nösgen's Uebertreibungen (hier einige gute
Bemerkungen S. 158. 161. 164. 167), der dritte (S. 182 k)
den meffianifchen Menfchenfohn gegen die Betonung des
Niedrigkeitsmomentes bei Holften 'vgl. gegen ihn auch
S. 249 f.) und Wendt vertheidigt. Der letzte Excurs (S.
267 k) wendet fleh gegen die Conftruction der Genefis
des meffianifchen Bewufstfeins fowohl bei den beiden
eben genannten Theologen, wie auch auf der entgegengefetzten
Seite bei Nösgen und H. Schmidt. Einen ge-
meinfamen Grundfehler diefer Unterfuchungen findet der
Verfaffer in der Unklarheit darüber, ,wie die religiöfe
Stimmung des vorchriftlichen Judenthums fich immer
ausfchliefslicher eschatologifch färbte und wie darum
Jefus von vorn herein durch fein innerftes Dichten und
Trachten zum meffianifchen Pole getrieben wurde'(S. 272).
Die Mcffiasidee ift für ihn .nicht, wie für unfere modernen
Theologen, eine reine Form gewefen', fondern ,das Gefühl
, dafs Gott ihm gnädig fei, war fürjefus unzertrennlich
von dem Glauben, dafs das Reich Gottes fleh nahe'
(S. 273). Das ,Schlufsergebnifs' (S. 280 f.) nimmt mit der
Faffung der erften Auflage überein.

Strafsburg i. E. H. Holtzmann.

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Baur's Conftruction ,nach Hegelianismus riecht' (S. 288).
Wer nach deffen Anleitung die Hauptbriefe dem par terre
wohnenden, erft nachgehends zum Rang eines Heiden-
apoftels erhobenen, Paulus zufchreibt, kommt ja fofort
in die Lage, dafs er .mit dem Paulinismus der Periodoi
nichts anzufangen weifs' (S. 234). Schliefst fich der Verf.
auf folche Weife durchaus an Bruno Bauer, Pierfon und
Naber, Steck und Völter an, fo verbindet ihn fpeciell
mit Michelfen der Verfuch, verfchiedene Lagen und
Schichten im Briefe felbft wahrzunehmen. Nur erkennt
unfer Kritiker in der jetzigen Form des Briefes nicht
fowohl das Refultat einer Vereinigung mehrerer auseinanderliegender
Stücke, als vielmehr eines allmählichen
Wachsthums durch verfchiedene Ausgaben und Geftal-
tungen hindurch. Namentlich hat er eine, auf Grund
älterer Vorlagen, darunter auch dem gefchichtlichen
Paulus Einiges zufallen mag, entftandene .kürzere Form'
in Sicht, welche aus den 8 erften Capiteln mit dem
Schluffe 15, 14—33 beftanden hat. Der jetzige Brief
entftand auf dem Wege der Erweiterung, d.h. es reihte fich
zunächft das gar nicht unter das Thema 1, 16. 17 zu
bringende Stück Cap. 9—11 an, während fich mit diefen
Capiteln das weitere Stück 12, I—15, 13 wenigftens am
Schluffe 15, 8—13 berührt. Letztere Beobachtung haben
auch Andere gemacht, ohne dafs fie fich deshalb zur
,Viertheilung' des Römerbriefes genöthigt befunden hätten.
Als vierter Theil erfcheint natürlich das SchlufscapiteL
Nur was über diefes, beziehungsweife über beide Schlufs-
capitel und ihr Nicht-Erfcheinen bei Marcion, Irenäus u. f. w.
gefagt wird, hat einigermafsen feften Boden, ift aber
auch infoweit längft anerkannt und verwerthet worden.
Dagegen ermangeln die Nachweife über angeblich kürzere
Textformen auch der früheren Partien bei Bafilides,
Irenäus, Hippolyt u. f. w. jedweder Evidenz. Bei der
Citationsweife diefer Väter liefse fich derfelbe Abkürzungs-
procefs an allen biblifchen Schriften vollziehen. So ift

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