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Ausgabe:

1891 Nr. 7

Spalte:

171

Titel/Untertitel:

Mitteilungen des akademisch-orientalischen Vereins zu Berlin 1891

Rezensent:

Siegfried, Carl

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171 Theologifche Literaturzeitung. 1891. Nr. 7. 172

fchrift-Kiefel von Antibes in der Provence, S. 575
—600. —

Im XIII. Bande der ,Aiiualcs' handelt Charles Schoe-
bel, P. O., von den religiöfen, philofophifchen und ethi-
fchen Ideen im Rämäyana, dem grofsen indifchen Gedicht
von Held Räma's Schickfal und Thaten (Lc Rämäyana
au Point de Vue Religieux, Pliilosopliique
et Moral). Nach einem Vorwort, in dem er zunächft
feine Anficht, dafs namentlich Scotus Erigena, Duns Sco-
tus, Spinoza und Kant, wenn auch indirect, aus Indien ge-
fchöpft haben, kurz hinftellt, S. 1—4, befpricht der Hr.
Verfi in dem erflen, einleitenden Theil des Werkes
(Critique preliniinaire), S. 5 — 28, die Stellung des Rämäyana
im Allgemeinen; im zweiten und Haupttheil erzählt
und erläutert er den Inhalt unteres Gedichts, S. 29—165;
im dritten befpricht der Hr. Verf., S. 166—226, die Philo-
fophie, die Religion, den Aberglauben der Indier und
ihren Einflufs auf die leitenden Ideen des Rämäyana; und
legt fodann in einem Epilog, S. 227—232, und einem
Schlufswort, S. 233, die gewonnene Anficht zufammen-
faffend nieder.

des verftorbenen Abbot rechtzeitig zur Anzeige zu
bringen. Es ift indeffen auch jetzt noch nicht zu fpät,
denn der Werth von Abbot's Arbeiten wird durch den
flüchtigen Lauf einiger Jahre nicht berührt. Als Ganzes
find fie ein monumentum aere perennius. Ezra Abbot
(geb. 1819, geft. 1884 als Profeffor der neuteftamentlichen
Kritik und Exegefe zu Cambridge in Nordamerika) war
eine jener Naturen, die mit der zäheften Energie am
kleinften Punkte die höchfte Kraft fammeln. Sein Hauptarbeitsfeld
war die Textkritik des Neuen Teftamentes.
Jede Aufgabe die er hier in Angriff genommen hat, fie
mochte grofs oder klein fein, hat er nicht aus den Händen
gegeben, ohne fie bis auf's Jota und Häkchen erledigt zu
haben. Aber neben der eigentlichen Textkritik hat er
auch exegetifche und hiftorifch-kritifche Probleme bearbeitet
, und auch hier feinen Unterfuchungen jene Vollendung
gegeben, die ihnen einen dauernden Werth
fichern. Niemand, der fich als Fachgelehrter mit dem
Neuen Teftamente zu befchäftigen hat, darf fie unbeachtet
laffen., gnip X 3m Vf* HsmiuD 3ü2ü >'• I

Die in dem vorliegenden Bande vereinigten Abhand-
Giefsen P v Bradke [hingen find fämmtlich fchon früher gedruckt erfchienen,

aber zerftreut in den verfchiedenften Zeitfchriften. Es ift
fehr dankenswerth, dafs Abbot's College, Prof. Thayer
in Cambridge, fie durch diefe gefammelte Ausgabe auch
uns Deutfchen zugänglich gemacht hat. Manche find
noch von Abbot felbft mit handfehriftlichen Ergänzungen
und Berichtigungen verfehen worden, welche hier mitge-
theilt werden. Aufserdem hat auch der Herausgeber
häufig ergänzende Anmerkungen hinzugefügt, die durch
eckige Klammern als folche kenntlich gemacht find.

I. Die umfangreichfte, darum auch im Titel erwähnte
Abhandlung über The Authorship of the Pourth Gospcl:
Jixtcrnal Jividcnccs (S. 7—112) ift im Jahre 1880 als felb-
ftändige Schrift erfchienen. Sie behandelt die äufseren
Zeugnifsc für den johanneifchen Urfprung des vierten
Evangeliums mit mufterhafter Akribie, wenn auch nicht
ohne apologetifche Tendenz. Hauptfächlich wird dabei
auf das Werk Supernatural Religion Bezug genommen.
Die Unterfuchung conftatirt 1) die allgemeine Reception
des Evangeliums als johanneifch im letzten Viertel des
zweiten Jahrhunderts (S. 15—22), fucht dann 2) zu zeigen,
dafs auch fchon Juftin das Evangelium als johanneifch
gebraucht und unter die apoftolifchen ä.rouvrjtovtvfK'-t c.
gerechnet habe (S. 22 — 82), ferner 3) dafs fchon vor Juftin,
um 120—130 n. Chr., die Begründer der grofsen gnofti-
fchen Schulen es als johanneifch reeipirt haben (S. 82
—91), endlich 4) dafs bereits die von anderer Hand angehängte
Schlufsbemerkung 21, 24 (welche angefügt
wurde, ehe Exemplare über den Kreis der ephefinifchen
Kirche hinaus fich verbreitet) die Abfaffung durch den
Apoftel Johannes bezeuge (S. 91—93). Die pofitiven In-
ftanzen find hier freilich mit allzu grofser Zuverficht be-
urtheilt; und es fehlt andererfeits eine W ürdigung der
negativen Inftanzen, namentlich des auffallend fpärlichen
Gebrauches, welchen Juftin vom vierten Evangelium
macht, und der Ablehnung desfelben durch die foge-
nannten Aloger. Letztere wird S. 20 mit wenigen Sätzen
erledigt, welche diefer wichtigen Thatfache nicht gerecht
werden. Aber wenn fich hier auch zeigt, dafs ein weiter
hiftorifcher Blick nicht gerade Abbot's Stärke war, fo
find die Einzelausführungen um fo vortreffilicher und
werthvoller. Ich verweife namentlich auf die Erörterungen
über drei Sprüche Chrifti, welche bei Juftin in
einer von unferem Evangelientext abweichenden Form
citirt werden: Matth. II, 27: Niemand kennet den Sohn
etc. (Abbot S. 93—98), Matth. 25, 41: Gehet weg von
mir ihr Verfluchten etc. (Abbot S. 103—105), Joh. 3, 5:
Wenn Einer nicht geboren wird etc. (Abbot S. 30—43).
Man wird das Material hierüber nirgends mit folcher
Akribie zufammengeftellt und behandelt finden wie bei
Abbot. Kleine Monographien von^ bleibendem Werthe
find auch die Bemerkungen über Po svayysXiöv im Sin-

Mitteilungen des akademisch-orientalischen Vereins zu Berlin.

Nr. 3. Berlin, [Peiser's Verl.], 1890. (gr. 8.) M. 3. —

Inhalt: Vereinsnachrichten. — Contributions to the history of
geography. 1) Adscensus Mentis of Gregorius Bar Ebhräyä von
Rieh. Gottheil. —Phönicifches v. Armand Bloch. (IV 52 S. m. I
Taf.)

Seit dem Jahre 1886 giebt der ak.-or. V. zu Berlin
Nachrichten heraus, welche über die Thätigkeit desfelben,
insbefondere über die in feinem Kreife gehaltenen wiffen-
fchaftlichen Vorträge berichten. Aufserdem find jedem
Hefte wiffenfchaftliche Beilagen mitgegeben. Nr. 1 (1886 7)
enthielt eine Abhandlung von H.Winckler über Sumer u.
Akkad, Nr.2 (1888) eine folche von G.Huth zur vergleichenden
Literaturkunde des Orients und desgleichen von R. Gottheil
zur Textkritik der Pclntta. — Das vorliegende 3. Heft
bringt eine werthvolle Arbeit von R. Gottheil's Hand:
,adscensus mentis von Gregorius Bar 'Ebräyä' (S. 1—48).
Der Verf. hat diefe für die Gefchichte der alten Geographie
fo wichtige Schrift im fyrifchen Originaltext nach der
beften Oxforder Handfchrift herausgegeben und eine eng-
lifche Ueberfetzung mit werthvollen, einen wichtigen
literarifchen Apparat enthaltenden, Anmerkungen hinzugefügt
. Sehr dankenswerth ift auch die bibliographifche
Einleitung, in welcher die Quellen aufgeführt werden,
denen B. E. folgt. Den Schlufs diefer feinen Arbeit
bildet ein Index der Eigennamen. — Unter der Ueber-
fchrift ,Phönicifches' unterfucht A. Bloch (S. 49—52)
einige Gruppen phönikifcher Eigennamen. Zuerft die auf
X fich endigenden. Der Verf. Hellt hierüber die neue
Anficht auf, dafs in dem X eine Abkürzung oder ein
Rudiment des Gottesnamens (bK; zu finden fei. Ausge-
fchiedeh werden bei diefer Erklärung die fremdländifchen
Namen. Im Uebrigen fcheitert fie nur an Sinn. Analog
wäre das Abftofsen von Endconfonanten in den Namen
im Neuhebräifchen vgl. Jofe (Jofef) Afche (Afcher) u. a.—
Wenig befriedigt hat uns die Anficht des Verf.'s die Gruppe
von Gottesnamen mit endigendem 13 — betreffend. Er
will letzteres nicht als Abkürzung von fondern =

hebr. ta ,Spröfsling, Glied' faffen. —

Wir danken für das kleine gehaltvolle Heft.

Jena. C. Siegfried.

Abbot, Ezra, The Authorship of the Fourth Gospel and other
Critical Essays. Selected from the published papers
of the late E. A. Boston, Ellis, 1888. (501 S. gr. 8.)

Ref. bedauert, dafs er durch andere Arbeiten verhindert
war, diefe reichhaltige Sammlung von Arbeiten