Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1891 Nr. 3

Spalte:

80-81

Autor/Hrsg.:

Drummond, Henry

Titel/Untertitel:

Das Beste in der Welt 1891

Rezensent:

Kühn, Bernhard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

79

Theologifche Literaturzeitung. 1891. Nr. 3.

80

welche Behörde zum Befchlufs auf Erhebung kirchlicher
Umlagen zuftändig fei, dahin entfchieden worden, dafs
die Befchlufsfaffung darüber dem Kirchengemeinderath
zukomme, fo ift darauf aufmerkfam zu machen, dafs das
Gefetz gerade das Organ der Befchlufsfaffung nicht genannt
hat, und dafs es einer künftlichen Auslegung bedarf
, um nachzuweifen, dafs der Kirchengemeinderath
das vom Gefetz gewollte Organ fei. Es liegt hier ein
Verfehen des Gefetzgebers vor, das fich zwar aus der
Complicirtheit der ganzen Gefetzgebungsarbeit erklärt,
aber darum doch ein Verfehen bleibt. — S. 241 ff. hätte
die Unterfuchung von Friedberg, Evangelifches Ver-
faffungsrecht S. 270 ff. berückfichtigt werden follen. —
Die S. XXV ff. angewandte Citirweife der Friedberg'fchen
Sammlung der evang. Kirchenverfaffungsgefetze mit
Bd. I und II ift wegen der feither erfchienenen Ergänzungsbände
I und II irreführend und unnöthig, weil jene
Sammlung durchlaufend paginirt ift.

Das Werk von Glauner foll insbefondere die neu in
den Kirchendienft Eintretenden in demfelben orientiren,
wird aber auch folchen, welche bereits in demfelben
flehen, ein willkommener Berather fein. Es theilt den
Text der ftaatlichen und kirchlichen Gefetze in fytte-
matifcher Ordnung mit; die Behandlung ift durchaus
praktifch, überfichtlich und zuverläffig; für die mitge-
theilten Mufterformularien von Berichten, Beurkundungen,
Eingaben, Rechnungen u. f. w. werden die in folchen
Sachen gewöhnlich rathlofen und ungeübten Anfänger
dem Verf. befonders dankbar fein. Dagegen hätte Verf. in
der Mittheilung von Literatur zumal bei einzelnen Fragen
des praktischen Kirchendienftes weniger fparfam fein
dürfen: hie und da finden fich Verweifungen auf das
1854 erfchienene Schriftchen von Hauber, Recht und
Brauch der evangelifchen Kirche Württembergs, das, in
faft allen Theilen veraltet, nur mit gröfster Vorficht zu
Rathe gezogen werden kann. Nicht zu billigen ift es
ferner, wenn Verf. manchmal für die von ihm angeführten
gefetzlichen Bestimmungen einfach auf das Con-
fiftorialamtsblatt, wo fie abgedruckt find, verweift, ohne
den rechtlichen Charakter derfelben (ob Gefetz im formellen
Sinn oder Verordnung oder Confiftorialerlafs?)
anzugeben. Wenn Verf. III, 156 fagt, das oberfte Kirchenregiment
der evang. Landeskirche fei in der Hand des
Königs, fo hat er damit allerdings Recht, wir verftehen
aber nicht, wie er als Beleg feiner Behauptung den $ 75
der Verfaffungsurkunde citiren kann, wo doch kein
Wort darüber fleht, in weffen Händen jenes Kirchenregiment
liegt.

Druck und Ausstattung der beiden Werke verdienen
alles Lob.

Leipzig. Lic. theol. K. Rieker.

Stille Gedanken eines der vierzehn Nothhelfer oder ,Friedensbischöfe
' Deutschlands. Verrathen von Aleth Christian.
Halle a/S„ Strien, 1890. (63 S. gr. 8.) M. —. 80.

In einem Briefe an Martin Lipfius vom 5. September
1528 Schreibt bekanntlich Erasmus, die Franziskaner und
Dominikaner in England hätten die cpistolae obscurorum
virorum mit aufserordentlichem Beifalle aufgenommen
und wären in der Meinung geftanden, diefelben wären
zu Gunften der Mönche und gegen Reuchlin gefchrieben.
Als wir uns in diefe ,Stillen Gedanken eines der vierzehn
Nothhelfer oder „Friedensbifchöfe" Deutschlands'
vertieften, erinnerten wir uns unwillkürlich an jene Mittheilung
des Erasmus, denn fcheinbar einer der Ihrigen
behandelt Aleth Christian den ,Verfchönerungs-Hirten-
brief der dreizehn Erzbifchöfe und Bifchöfe und des
Armee-Propftes des deutfchen Reiches vom 20. Auguft
1889' mit fo feiner Ironie, dafs man glauben könnte,
der pfeudonyme Verfaffer wäre mit den hochwürdigften
Herren vollständig einverstanden: mit ihrer Berufung auf

,die Stadt .Gottes' des heiligen Augustinus, mit der Klage
über angebliche Verfolgungen, mit der Freude darüber,
dafs ,auf Jahre fchwerer Leiden und Kämpfe die Morgen-
röthe friedlicherer, befferer Tage gefolgt', mit der Be-
kümmernifs über die Friedensstörung durch den E/vange-
lifchen Bund, ,durch den es nun fehr fchlimm geworden',
(S. 10) und namentlich auch mit dem Ergötzen darüber,
dafs die Verf. des Hirtenbriefes ,fich fehr gefchickt den
Aberglauben vom Hals gehalten hätten'. Die hieraut
bezüglichen Abfchnitte der kleinen Schrift (S. 21—60)
find in behaglicher Ausführlichkeit mit köstlichem Humor
abgefafst und liefern natürlich den glänzendsten Beweis
für den in dem Hirtenbriefe aufgehellten, ftets wiederholten
Satz: ,In Sachen des Glaubens und der Frömmigkeit
ift bei uns zwifchen Gebildeten und Ungebildeten
kein Unterfchied. Alle wirklich gläubigen Katholiken
denken, beten und handeln nach dem Glauben, den die
Kirche lehrt und den jeder Katechismus enthält'. Allerliebst
wird u. a. Reuf ch behandelt. DieSchrift „des früher
von uns mit Stolz genannten" Prof. Reufch: „Die
deutfchen Bifchöfe und der Aberglaube" wird als eine
„gar nicht unbequeme" bezeichnet. ,Man hat gefragt
und fragt auch jetzt wieder öfter, warum wir darauf
nicht antworteten: Sehr einfach, weil er keinen Aberglauben
vorbringt; denn alle die in dem Buch angeführten
Gebräuche haben die Approbation des heiligen
Vaters oder wenigstens eine bifchöfliche, und die wichtigsten
find mit vollkommenen Abiäffen reichlich ausgestattet
, was allein hinreicht, um jeden Verdacht des Aberglaubens
unmöglich zu machen" (S. 21). Was alSo
Reufch Aberglauben nennt, ift kein Aberglaube, fomit
ift in „Sachen des Glaubens und der Frömmigkeit zwifchen
Gebildeten und Ungebildeten folglich auch zwifchen Bi-
fchöfen und Volk kein Unterfchied', da die Bifchöfe doch
gewifs zu den Gebildeten zu rechnen find. ,Alfo das
Schriftchen: ,Die deutfchen Bifchöfe und der Aberglaube
', heifst es auf S. 33, ,hat uns glänzend gerechtfertigt
. Es hat vor allem den Vorzug der reinen und
vollen Wahrheit; darin Steht kein Wort, das wir nicht
unterzeichnen könnten'. Obwohl nun alle Bedenken
hübfeh hinweggeräumt find, fehen fich, wie Aleth Christian
meint, die Herren Verfaffer des Hirtenbriefes zuletzt
doch noch veranlafst, einige Einwendungen zurück-
zuweifen. .Wenn die Sache fo fleht' — das ift ihr
Hauptbedenken — ,und wir mit der ganzen Civilifation
der heutigen Zeit uns auf feindlichem Fufse befinden, zugleich
aber in dem mächtigsten CulturStaate leben, fo
mufs die gebildete Welt uns ja mifsachten; denn diefe
nennt Scapulier, Medaillen, Wunderwaffer, Rofenkranz
und Ablafsgewinnung nun einmal nicht Geift und Leben.
Wirklich? Ei, die Culturmenfchen haben Achtung vor
Macht, Geld und buntem Rock. Von Mifsachtung ift
keine Rede ... Kaifer und Könige zeichnen uns aus, wenn
wir auch gegen ihre Gefetze Streiten und über hundert
Centrumsmänner wählen . . . Und die Organe des Liberalismus
, die Weltblätter? — Sie finden in diefem oder
jenem Acte wohl zuweilen gehäffige Intoleranz oder
Vaterlandslosigkeit oder mittelalterliche Finfternifs; doch
loben Sie uns auch ab und zu unbändig und wenn wir

Sterben......fo rühmen fie in rührenden Nekrologen

unfere hohe Intelligenz und eine reiche Fülle von christlichen
Tugenden, voran Milde und Friedfertigkeit aus
tiefer Religiofität' (S. 63). So ift es leider!

Krefeld. F. R. Fay.

Drummond, Henry, Das Beste in der Welt. Deutfche
autorif. Ausg. 4. Aufl. Bielefeld, Velhagen & Klafing,
1890. (71 S. 8.) M. 1. —; geb. M. 2. —

Das Befte in der Welt ift die Liebe, die heilige Liebe,
der Gefammtbegriff der Sittlichen Vollkommenheit des
Christen, wie ihn das 13. Capitel des 1. Corintherbriefes