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Ausgabe:

1891 Nr. 3

Spalte:

70-71

Titel/Untertitel:

Collectio liborum iuris anteiustiniani in usum scholarum 1891

Rezensent:

Wellhausen, Julius

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Theologifche Literaturzeitung. 1891. Nr. 3.

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mehrere intereffante alte Flugblätter und Holzfchnitte;
eine Reihe vorzüglicher Bilder von Kirchengebäuden und
Kunftgegenfbänden; prachtvolle Farbendrucke von Mo-
faiken, Initialen u. f. w. —

Welche Zwecke Baum felbft mit feiner Kirchenge-
fchichte verfolgte, ergiebt fich aus feinen Worten: ,Unfere
Zeit bringt für die Glieder der Kirche, zumal für die
heranwachfenden, nicht blofs Anfechtungen, welche ihre
Stellung zur Kirche bedrohen, fondern auch Anforderungen
, denen fie gewachfen fein müffen. Sie verlangt
nicht allein die allgemeine Erweifung des Glaubens in
chriftlichem Leben, fondern auch die Betheiligung an den
kirchlichen Angelegenheiten, die Mitthätigkeit an der
Löfung der grofsen Aufgaben, welche der Kirche in
diefen Tagen geftellt find. Um eine bewufste und fichere
Stellung der Gemeindeglieder zur Kirche und deren Be-
kenntnifs, um eine eifrige und gewiffe Erfüllung des chrift-
lichen Berufs in der kirchlichen Gemeinfchaft zu erzielen,
ift die Einführung in die Gefchichte der chriftlichen Kirche
unerläfslich. Es fördert die Entwicklung, wenn das einzelne
Glied geiftig nacherlebt, was die Kirche im ganzen und
von Anfang an erlebt und gethan, erlitten und erkämpft,
erftrebt und erreicht hat. Die werdende Gemeinde bildet
fich an der Gefchichte der gewordenen Gemeinde'. In
der That ift für diefen Zweck das vorliegende Werk ein
aufserordentlich willkommenes und brauchbares Mittel.
Im Sinne herzlicher Zuflimmung und dringender Empfehlung
fchliefse ich mich dem Wunfche des Bearbeiters
an: ,möchte dies Buch ein ,Sonntagsbuch' werden für
die kleine Hausgemeine des evangelifchen Haufes, eine
Weihegabe für die confirmirte evangelifche Jugend, und
wenn auch nicht ein Schulbuch in gewöhnlichem Sinn,
doch eine Art Chriftenlehre höherer Stufe, und ein Hilfsbuch
für die Lehrer in Kirche und Schule, durch welches
die Gemeinde in ihrer Aufgabe, fich felbft zu erbauen,
gefördert werde'!

Magdeburg. W. Bornemann.

Wirth, Albr., Acta SS. Nerei et Achillei, graece edidit
A. W. Leipzig, Fock, 1890. (42 S. gr. 8.) M. 1. —

Die Acten des Nereus und Achilleus, angeblich
zweier Kämmerer der Prinzeffin Domitilla, der Nichte
Domitians, die mit ihrer Herrin nach der Infel ,Pontiana'
verbannt worden fein follen (vgl. Lipfius, Apokr.
Apoftelgefch. II, 1 S. 200 ff.), waren bisher nur lateinifch
bei den Bollandiften {Acta SS. Mai. Tom. III, p. 9 sqq.)
zu lefen. Wirth veröffentlicht einen griechifchen Text
aus cod. Vat. 866 (V), fol. 292—299, den er für älter
hält, als den lateinifchen, ohne jedoch in ihm die Vorlage
des letzteren zu fehen.

Ich habe gelegentlich der Befprechung von Bonnets
Ausgabe der Narratio de miraculo S. Michaelis (vgl.
diefe Zeitg. 1890 Nr. 25) gemeint, dafs es unnöthig fei,
werthlofen oder doch nicht gerade werthvollen Legen-
dengefchichten den kritifchen Apparat und womöglich
noch den Commentar mitzugeben, die man für einen
wichtigen Schriftfteller mit Recht bereit hat. Freilich
auch das Gegentheil darf nicht eintreten: Erfordernifse
der Ausgabe auch des werthlofeften Productes find in
jedem Falle forgfaltige Textrecenfion, genügende Einleitung
und gutes Regifter. Ich kann nicht finden, dafs
Wirths Ausgabe diefen Anforderungen gerecht geworden
ift. Was zunächft die Wiedergabe des griechifchen
Textes betrifft, fo zähle ich auf nicht ganz 22 Seiten
39, allerdings zum Theil fehr unbedeutende Druckverfehen
. Für eine cditio princeps doch gerade 39 zu
viel! Dazu kommen noch einige Falle, wo der Lefer
im Zweifel bleibt, wie die Handfchrift lieft: fo ift ab-
wechfelnd 1 ioc und vög, hjoovg und 'J^ooix, i£oiö~tv<ö6ai
(S. 19, 4) und il-oiO-evüoai (28, 2) gedruckt. Darüber
müfste man in den textkritifchen Anmerkungen Auf-
fchlufs finden. Endlich läfst fich über einige Wort-

theilungen am Schluffe der Zeilen ftreiten: ttqo—oionov;
na—otöoj/.ev; v.a—!ri£go)0"ijaui'.

Nothwendig wäre ferner Zeilenzählung beim Text
gewefen, zumal Druckkoften nicht gefcheut worden find,
wie die Inhaltsangabe der einzelnen Abfchnitte in Marginalien
zeigt. Das Regifter ift nun in feiner Brauchbarkeit
fchwer gefchädigt. Will man ovvagaig oder ßtoßmo
auffuchen, fo ift es doch etwas viel verlangt, dafs man
dazu jedesmal die betreffende Seite ganz durchlaufen
foll. Die Regifter — der Index graecus fowohl wie der
Index verum memorabilium — hätten reichhaltiger fein
dürfen. In letzterem durften die Namen Linus, Euphro-
fyne, Theodora, in erfterem z. B. xalruQOOJ nicht fehlen.

Endlich die Einleitung läfst viel zu wünfchen übrig.
Der Herausgeber meint zwar: hic 110I0 repetere, quae abunde
de Simone (Mago) flagrantibus studiis disputata sint. Das
verlangte Niemand. Aber da nun einmal ein Theil der
Acten angefüllt ift mit Epifoden aus dem Simon-Petrus-
ftreit, fo mufste der Herausgeber das Verhältnifs feiner
Acten zu ihren Vorgängern oder Paralleltexten wenigftens
kurz erörtern. Konnte er über Lipfius hinaus nichts
vorbringen, fo genügte eine Recapitulation von deflen
Anflehten. Ein reiches Material lag dazu in den ,Quellen
der römifchen Petrusfage' (S. 150 ff.) und an einer Reihe
von Stellen der .Apokryphen Apoftelgefchichten' (vgl.
jetzt den vortrefflichen Index dazu) vor. Gelegentliche
Hinweife unter dem Text, noch dazu nicht für die wich-
tigften Fragen {ngüSac lllzgov), reichen dazu nicht hin.
Auch mit Aube, Histoire de la persecution de Feglist I
(1875) Anhang hätte der Herausgeber fich auseinanderfetzen
müffen. Der Satz auf S. 14 oben:--— legen-

das velut praedictam Pelagiae nec non Asenethis, quam
graece vertit c. a. 540 Zacharias rhetor (Ratiffol, studia
patr. II. Wo?!), translatas syriace constat —, enthält
baaren Unfinn. Auch fleht bei Batiffol (I p. 5. Die
Stelle mufs gemeint fein), wie mir Herr Prof. Harnack
mittheilt, etwas ganz Anderes.

Die nur vermuthungsweife geäufserte Anficht, der
urfprüngliche Verfaffer der Domitilla-Acten möchte Julius
Africanus fein, wird jedenfalls fchlecht mit der Bemerkung
begründet: quod proxime ad eins tempestatem
accedit (martyrium D.J, und: quod Domitiani prineipatus
diversarumque religionum sab eo certamen aut confusio
ea ipsa qua vixit A/ricattus aetate eruditis curat fitere,
ut demonstrat vita Apollonii a Philostrato necessario Iuliae
Domnae conscripta !!

Was über den gnoftifchen Charakter der Acten bemerkt
wird, fleht zum Theil auf der Schneide. Die grofse
Rede des Nereus und des Achilleus über den Unwerth
und die Gefahren der Ehe kann jedenfalls nicht dafür
angeführt werden.

Giefsen. G. Krüger.

Collectio librorum iuris anteiustiniani in usum scholarum
edd. Paul Krueger, Thdr. Mommsen, Guielm.
Studemund. Tom. III. Berlin, Weidmann, 1890 (o-r
8.; M. 4. 60.

Inhalt: Fragmenta Vaticana, mosaicarum et romanarum legum col-
latio, recognovit Thdr. Mommsen. —Consultatio veteris cuinsdam
iurisconsulti, Codices Gregorianus et Hermogenianus, alia minora, ed.
Paul Krueger. (VI, 323 S.)

Es ift nur die (vor 438 A. D. abgefafste) Collalio
legum Mosaicarum et Romanarum, die mich in diefer
Sammlung intereffirt, und es find nur zwei Punkte, auf
die ich die Aufmerkfamkeit theologifcher Lefer richten
möchte. Einmal auf die lateinifchen Bibelcitate, o-röfsten-
theils aus dem Pentateuch. Mommfen hat fich die Muhe
nicht verdriefsen laffen, fie mit anderweitig erhaltenen
Parallelen aus vorhieronymianifchen lateinifchen Bibeln
zu vergleichen. Einzelnes fällt aber aus jeder Aehnlich-
keit heraus, z. B. die Ueberfetzung von Deut. 18, 10 ff.,