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Ausgabe:

1891

Spalte:

57-59

Autor/Hrsg.:

Delitzsch, Frz.

Titel/Untertitel:

Commentar über das Buch Jesaia 1891

Rezensent:

Guthe, Hermann

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Kiel.

Ericheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrlchs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 3. 7- Februar 1891. 16. Jahrgang.

Delitzfch, Commentar über das Iiuch Jefaia,
4. Aufl. (Guthe).

Zahn, Das Deuteronomium (Buddel.

Bouffet, Die Evangeliencitate Juftin's des Märtyrers
(Schürer).

Baum, Kirchengefchichte für das evangelifche
Haus, 2. Aufl. (Bornemann).

Wirth, Acta SS. Nerei et Achillei (Krüger).

Collectio librorum iuris anteiustiniani edd. Krue-
ger, Mommsen, Studemund, t. III (Wellhaufen).

Thomafius, Die chriftliche Dogmengefchichte,
2. Aufl. hrsg. von Bonwetfch und Seeberg,
2. Bd. 2. Abth. (Kattenbufch).

Kym, Ueber die menfcbliche Seele (Ehrhardt).

Steinheil, Die Gefetze und Verfügungen über
die Kirchengemeinden und Synoden in der
ev. Landeskirche des Königr. Württemberg
(Rieker).

Glauner, Handbuch für den praktifchenKirchen-

dienft in der ev. Kirche Württembergs (Derf).
Stille Gedanken eines der vierzehn Nothhelfer

oder „Friedensbifchöfe" Deutfchlands (Fay).
Drummond, Das Befte in der Welt (Kühn).
Ernft, Der Brief des Apoftels Paulus an die

Chriften zu Ephefus, 2. Aufl. (Kühn).
Frommel, Feflflammen (Kühn).
Jahresbericht über das höhere Schulwefen, hrsg.

von Rethwifch, 4. Jahrg. (Bornemann).

Delitzsch, Prof. Frz., Commentar über das Buch Jesaia.

4. durchaus neubearb. Aufl. [Biblifcher Commentar
über das Alte Teftament, hrsg. von C. F. Keil u. F.
Delitzfch, III. Tl.: Prophetifche Bücher, i. Bd.] Leipzig
, Dörffling & Franke, 1889. (VIII, 642 S. gr. 8.)
M. 16. —

Von den zahlreichen Commentaren, die Franz Delitzfch
gefchrieben hat, ift diefer der letzte, den er in

Immanuelweisfagung in Studien und Kritiken 1888,
S. 217 ff.

Da der ehrwürdige Verf. inzwifchen zur ewigen
Ruhe abberufen worden ift, fo verzichte ich auf eine
eigentliche Prüfung des Inhalts. Diefer ift der Hauptfache
nach auch aus den früheren Auflagen bekannt.
Ich befchränke mich darauf, auf die wichtigeren Aeufse-
rungen aufmerkfam zu machen, in denen fleh die Auflage
von der vorigen unterfcheidet, und hebe namentlich

neuer in der vierten, Auflage hat ausgehen laffen. Wer ! hervor, was die Stellung D.'s zu den kritifchen Fragen
das umfangreiche Wiffen und die jugendliche Arbeitsluft ] des B. Jefaia kennzeichnet.

des Heimgegangenen gekannt hat, wird von vornherein S. 28 ff. u. 407 f. befpricht D. die Zufammenfetzung

erwarten, dafs er in der neuen Bearbeitung alles das- j des B. J. ,Ich habe an fleh nie etwas Anftöfsiges in der
jenige, was feit dem Erfcheinen der dritten Auflage von i Annahme gefunden, dafs Weisfagungsreden Jefaia's und
anderen Gelehrten, wie de Lagarde, Cheyne, Driver, anderer jüngerer Propheten darin planvoll gemifcht und

Bredenkamp u. A. zum Verftändnifs des Buches beige- zufammengefügt feien.....Diefe jüngeren Propheten

bracht worden ift, berückfichtigt oder zu verwerthen ge- find wie Jefaia's Doppelgänger und konnten ebendeshalb
fucht hat. Freilich find feine Commentare nicht in dem von der Nachwelt mit ihm identificirt werden . . . Mit
Grade eine Fundgrube der verfchiedenen Auffaffungen | Recht führt auch bei diefem Sachverhalt das Buch den

Namen rpy© denn Jefaia ift der unmittelbare und mittelbare
Autor aller diefer Weisfagungsreden . . . und zumal
die zweite Hälfte c. 40—66 ift das Werk eines den Meifter
überftrahlenden, aber doch dem Meifter fich verdankenden
Jüngers'. ,So verhält es fich vielleicht. Es ift mir
fogar wahrfcheinlich und nahezu gewifs, dafs es fich fo
verhalte, aber unzweifelhaft gewifs ift es mir nicht, und
ich werde fterben, ohne über diefes Schwanken hinausgekommen
zu fein'. Hierzu vgl. die Aeufserung zu C. 40
—66 auf S. 401, die als ihre Ueberfchrift ,Das Problem',
nicht mehr ,Das Verdict der modernen Kritik', fuhrt'
.Auch wir halten diefen einen Gegenbeweis [nämlich die
Nennung des Cyrus] für nahezu, obwohl nicht abfolut
zwingend; er wird aber verftärkt durch andere Beweife
aus dem Heilserkenntnifsinhalt und dem Formcharakter
diefer Reden an die Exulanten — das Refultat fleht unweigerlich
fefl, nicht aber fo, dafs nicht immer noch
mancherlei Räthfelfragen, welche befriedigender Antwort
trotzen, ihren Schatten in das Licht diefes Refultats
werfen'. Diefem Gefammturtheil entfprechen die Antworten
, die auf einzelne Fragen gegeben werden. Zu
C. 13 f. verkennt D. nicht das Gewicht des einen Gegengrundes
, dafs die Weisfagung .keinen zeitgefchichtlichen
Halt in der Gegenwart Jefaia's hat' (201); der Prophet
weisfagt vor der Eroberung des medifchen Reiches durch
Cyrus (205). Jef. 21, 1—10 fleht D. lieber als deutero-
jefaianifch an, als dafs er es von der Eroberung Babels
im J. 710 verfteht. Aus dem überlieferten Tex? von Jef
23, 13 fchliefst D. auf einen jüngeren Propheten als Ver
faffer (280). C. 23—27 hat nicht Jefaia felbft gefchrieben
fondern ,ein Jünger Jeffs, der hier den Meifter überbietet''

des Textes, wie z. B. die Commentare Dillmann's. Delitzfch
gab zuviel auf den Flufs der eigenen Darfteilung
und ihren engen Anfchlufs an das Bibelwort, als dafs er
darauf bedacht gewefen wäre, die vorgetragenen Erklärungen
vollftändig zu verzeichnen; feine Auslegungsweife
ift vorwiegend reproduetiv, nicht gloffatorifch.
Daraus begreift fich, dafs er manches bei Seite gelaffen
oder, wenn es in früheren Auflagen vorhanden war, in
einer neuen Auflage geftrichen hat, was ihm bedeutungslos
zu fein oder geworden zu fein fchien. Hierfür liefse
fich eine grofse Anzahl von Beifpielen aus der 4. Auflage
des Jefaia-Commentares anführen. Auch hat D. eigene
Bemerkungen aus den früheren Auflagen nicht wieder
drucken laffen, namentlich folche etymologifchen Inhalts.
,Man hat dem Commentar in feiner bisherigen Geftalt
vorgeworfen, dafs er zu viel Etymologifches und zu viel
der exegetifchen Aufgabe fernliegende Curiofa enthalte.
Der Vorwurf war nicht unberechtigt, und ich habe dafür
geforgt, dafs er gegen den Commentar in feiner neuen
Geftalt nicht erhoben werden kann' . . . ., heifst es in der
Vorrede. Ebenfo find die etymologifchen Bemerkungen
Fleifcher's faft fammtlich verfchwunden; fie verbleiben
als Eigenthümlichkeit der früheren Auflagen. Im Ganzen
ift die vierte Auflage eine Kürzung gegenüber dem
früheren Umfang des Werkes. Man wird das fchwerlich
als einen Mangel empfinden. Nur in Betreff zweier Arbeiten
ift mir aufgefallen, dafs D. fie weder erwähnt noch
verwerthet hat. Sie mögen hiermit zu der Literatur
S. 34 ff. nachgetragen fein: Budde, Ueber das 7. Kapitel
des Buches Jefaia in Stüdes dediees a Mr. le Dr. I^ee-
mans {Leide, Brill 1885) S. 121 ff. und Giefebrecht, Die

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