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Ausgabe:

1891 Nr. 21

Spalte:

524-525

Titel/Untertitel:

Die Predigt der Kirche. Klassikerbibliothek der christlichen Predigterliteratur 1891

Rezensent:

Everling, Otto

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523 Theologifche Literaturzeitung. 1891. Nr. 21. 524

Reden und Ausfprüche im familiären Freundeskreife aufzeichnete
, und er mit Recht fagen konnte: ego viam aliis
fecz, quod idem auderent, fo haben wir doch jetzt feine
Mittheilungen an den gleich alten vorliegenden zu prüfen
und theilweife zu berichtigen.

Für die Herausgabe des Schlaginhaufen'fchen Tagebuchs
hatte Preger zunächft die Aufgabe, die fchon von
dem erften Abfchreiber, wie es fcheint, durcheinandergebrachte
Reihenfolge wieder in richtige chronologifche
Ordnung zu bringen; die Löfung diefer fchwierigen Aufgabe
ift ihm mitteilt Vergleichung der parallelen Reihen
bei Cordatus und Veit Dietrich in glänzender Weife gelungen
. In der fo wiederhergeftellten richtigen Reihenfolge
bringt dann Preger das aus 548 Nummern befte-
hende und fich über die Zeit von November 1531 bis
September 1532 erftreckende Tagebuch felbft. Wenn
anders wir die Nummern, zu welchen Preger keine Pa-
rallelftelle angeführt hat, als in den feitherigen Sammlungen
nicht vorhanden anfehen dürfen, fo find von den
548 Nummern 226, alfo eine beträchtliche Anzahl neu.
— Dankenswerth find auch die den einzelnen Nummern
zugegebenen erläuternden Anmerkungen, fowie das
forgfältig gearbeitete Sach- und Perfonenregifter am
Schluffe.

Zum Text felbft hat Boffert bereits im Th. Literaturbl.
1889 S. 77 eine Reihe von Emendationen gegeben, auf
welche hiermit verwiefen fein möge. Wir haben ihnen, die
in ziemlicher Anzahl auftretenden, aber leicht erkennbaren
Druckfehler bei Seite laffend, nur noch wenige Ver-
befferungen und Ergänzungen hinzuzufügen.

Einleitung S. XXIII, Z. 28 ift die Angabe 1544—
1566 für die Amtirung Tettelbach's in Chemnitz natürlich
falfch, wie fich fchon aus den vorhergehenden Zahlen
ergiebt. Der hier erwähnte Johann Tettelbach aus
Dinkelsbühl war 1542 der erfte Conrector (nicht Rector)
der Kreuzfchule in Dresden, darauf nachdem er des Interims
wegen feine Pfarrei in Dinkelsbühl 1549 verlaffen,
zuerft Diakon an der Kreuzkirche zu Dresden, kam dann
1552 als Pfarrer zu St. Afra nach Meifsen, und erft 1556
als Superintendent nach Chemnitz. Von hier wurde er
1566 wieder nach Dresden berufen, aber, ehe er noch
fein neues Amt antrat, wegen überführter Irrlehre (Fla-
cianismus) entlaffen, und kam dann, wie Preger wieder
richtig angiebt, nach Schwandorf etc. — Nr. 28, Not. 2
am Schlufs: 305 (ft. 306.) — Nr. 29. S. 9 Z. 4 kann ,wol'
(= wohl) flehen bleiben. — Nr. 108 in Not. 3 der Wittenberger
Buchdrucker heifst Schirlentz (nicht Schirleitz);
der dafelbft am Schlufs der Note erwähnte Brief Luther's
an Spalatin ift nicht vom Jahre 1524, fondern vom 20.
September 1522; vgl. meinen Briefw. Luth. Nr. 574. —
Nr. 129. Durch die von Preger hergeftellte chronologifche
Ordnung dürfte es wohl jetzt als entfchieden anzufehen
fein, dafs das plötzliche Wegfterben der ganzen Familie
des Mag. Ambrof. Berndt ins Jahr 1532, und zwar in die
erften Monate diefes Jahres, und nicht erft ins Jahr 1537
fällt. Meine Beanstandung des Jahres 1532 bei der Be-
fprechung des Cordatus (1887, Sp. 179) mufs ich demnach
fallen laffen. — Nr. 251. Des Alberus Schrift
,Widder die verfluchte lere der Carlftadter' erfchien erft
1556 (nicht 1536). — Nr. 297, Note, verbeffert Preger das
Jahr für den Brief Melanchthons an Jonas, den Corp.
Ref. II, p. 574 und Kawerau, Jonasbr. Nr. 219 fälfchlich
ein Jahr zu fpät, 1532, anfetzen; läfst dann aber aufser
Acht, dafs die Tagesangabe des Briefes ,Sonnabendpost
Pascha' (ich für 1531 anders reducirt, als für 1532; ernimmt
aus Corp. Ref. den 6. April herüber, während das richtige
Datum 15. April 1531 ift. — Nr. 312 Note, lies: de
Wette III, 279, und nachher de W. IV, 498. — Nr. 352
S. 96 Z. 1 ift jedenfalls zu lefen: furtum tum est kve
delictutn (ft. dictum), womit fodann auch das ? nach leve
überflüffig wird. — Nr. 393 S. 104 Z. 5 lt. plumbutn et
scanuum lein nicht exiftirendes Wort) ift zu lefen: plumbum
et stannum. — Nr. 522 S. 133 Z. 11 dürfte ft. bidc-

nen zu lefen fein: bidmeu oder bidemen = beben. — Zu
Nr. 529 konnte als Parallele angeführt werden Cord. 804.

Ref. fpricht zum Schlufs den Wunfeh aus, dafs den
anderen Nachfchriften von Luthers Tifchreden recht bald
eine gleiche gediegene Bearbeitung zutheil werden möge,
wie fie jetzt von Wrampelmeyer und Preger für Cordatus
und Schlaginhaufen, und fchon früher für das
Lauterbach'fche Tagebuch von 1538 von Seidemann vorliegt
. Die in Angriff genommene Herausgabe der Veit
Dietrich'fchen Collectaneen wurde dem Ref. durch den
Bearbeiter, einen jüngeren Gelehrten, der damit in die
Lutherforfchung (ich einführen will, gleich nach dem Er-
fcheinen vorliegenden Werkes angezeigt, und die vielfache
nahe Berührung, in welcher Schlaginhaufen mit
Dietrich fteht, liefs es als wünfehenswerth erfcheinen,
diefe Veröffentlichung abzuwarten, um dann beide Arbeiten
zufammen befprechen zu können. Da aber das
Erfcheinen der letzteren fich zu verzögern fcheint, mufste
Ref. wohl der Mahnung der Redaction an feine Schuld
nachkommen, und möchte zugleich damit die fpät kommende
Anzeige des bereits 1888 erfchienenen Preger'-
fchen Buches entfchuldigt haben.

Oberrad bei Frankfurt a/M. Enders.

Die Predigt der Kirche. Klaffikerbibliothek der chrifllichen
Predigtliteratur. Mit einleitenden Monographien.
Hrsg von Lic. Guft. Leonhardi. X.,XI. u.XIII. Bd.
Leipzig, Fr. Richter. (8.) geb. ä M. 1. 60.

Inhalt: X. Gregorius v. Nazianz. Ausgewählte Reden mit
einer einleitenden Monographie in deutfeher Ueberfetzung hrsg. von
Pfr. Lic. F. J. Winter. (XIX, 154 S.) 1890. — XI. Hieronymus
Savonarola. Ausgewählte Predigten. Mit einer einleitenden Monographie
in deutfeher Ueberfetzung hrsg. von Paft. Wilh. v. Langs-
dorff. (XXXII, 151 S.) 1.890. — XIII. Heinr. Müller. Ausgewählte
Predigten. Mit einer einleitenden Monographie hrsg. von
Lic. Gull. Leonhardi. (XVIII, 160 S.)

X. Eine Charakteriflik der in fo vieler Beziehung, wohl
am wenigften als chriftliche Predigten, bemerkens-
werthen Reden des ftjzoQ xat s^oyfv' kann nicht meine
Aufgabe fein. Der Herausgeber diefer Auswahl giebt
eine folche im Zufammenhang mit einer Kennzeichnung
der Predigtweife jener Zeit in feiner ,einleitenden Monographie
', wobei mir zu wenig die Wahrheit des Urtheils
von Kraufs (Homiletik 28) gewürdigt fcheint: ,Diefe oft
als Blüthezeit chriftlicher Kanzelberedfamkeit gefeierte
Periode ift foweit entfernt von echt chriftlicher Predigt-
kunft, als die zwifchen Weltluft und Weltflucht fchwan-
kende Moral von der weltüberwindenden chriftlichen

I Selbstverleugnung-. Von den 45 echten Reden des Gre-
j gorius, die mit einer Ausnahme loyoi ohne biblifchen
J Text find, werden uns 10 in meift abgekürzter Form mit-
! getheilt. Eine Motivirung diefer Auswahl fehlt, dafür
rindet fich in Beziehung auf die Ueberfetzung folgende
überrafchende Anmerkung (S. XVI): ,Von den unten
[in ,Literatur'] genannten, hier verglichenen Ueberfetz-
ungen zeichnet fich die von Röhm durch Fleifs und
Sorgfalt aus. Ihr konnte vielfach, ftellenweife durchweg
gefolgt werden'. Während bei Bd. I (Joh. Chryfoftomus)
der ,Predigt der Kirche' berechtigte Klage von Beur-
theilern erhoben worden war (Zeitfchr. f. prkt. Theol.
XI, 289, auch Chriftl. Welt 1891), dafs die Ueberfetzung
ohne irgend welche Angabe oft nur ein Abdruck älterer,
unbrauchbarer Uebertragungen fei, giebt unfer Verfaffer
wenigftens die Quelle an, der er ,ftellenweife durchweg'
gefolgt ift. So haben wir alfo wirklich eine theilweife
Abfchrift der Kemptener /Bibliothek der Kirchenväter'!
Gewifs keine Ehre für proteftantifche, praktifche Theologie
.

XI. Die Wahl Savonarola's wird willkommen fein. Wer
I diefem vielumftrittenen Mann näher tritt, hat den Wunfeh,
! die Gewalt und Art feiner Beredfamkeit aus eigener An-